JudikaturJustiz7Bs371/11z

7Bs371/11z – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
15. Dezember 2011

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richter Dr. Gföllner als Vorsitzende, Dr. A. Henhofer und Dr. Morbitzer in der Strafsache gegen Martin P***** wegen der Vergehen nach §§ 33 Abs 1 und 2 lit a und b, 38 Abs 1 FinStrG und 153c StGB über die Beschwerden der Fachverbände der Österreichischen Sparkassen, der Volksbanken, der Banken und Bankiers, der Raiffeisen banken und der Landes-Hypothekenbanken gegen den Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 7. November 2011, 18 HR 300/11z-3, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:

Spruch

Den Beschwerden wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass der Antrag der Staatsanwaltschaft Linz vom 4. November 2011 auf Bewilligung der Anordnung der Auskunftserteilung hinsichtlich Hildegard P*****, geboren am 10. Juni 1965, Katrin (Kathrin) P*****, geboren am 30. September 1983 und Martin P*****, geboren am 17. Juli 1989, abgewiesen wird.

Text

BEGRÜNDUNG:

Bei der Staatsanwaltschaft Linz behängt zu 3 St 198/11h ein Ermittlungsverfahren gegen Martin P***** wegen des Verdachtes der Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgaben hinterziehungen nach §§ 33 Abs 1, Abs 2 lit a und b und 38 Abs 1 FinStrG und des Vergehens des Sozialbetruges nach § 153c StGB. Nach dem Anlassbericht der Steuerfahndung des Bundesministeriums für Finanzen besteht der begründete Verdacht, dass Martin P***** als Einzelunternehmer unter Verletzung der abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht zumindest seit dem Jahr 2003 Verkürzungen an Umsatzsteuer und Ein kommensteuer sowie Lohnabgaben (Dienstnehmerbeiträge), aber auch Normverbrauchs abgabe und Kraftfahrzeugsteuer in noch zu bestimmender Höhe bewirkt hat, wobei der strafbestimmende Wertbetrag jedenfalls EUR 100.000,00 übersteigt, wodurch gemäß § 53 Abs 1 FinStrG die Zuständigkeit des Landesgerichtes zur Durchführung des Finanzstraf verfahrens begründet ist.

Mit dem angefochtenen, an die fünf zentralen Fachverbände des österreichischen Banken- und Sparkassensektors zugestellten Beschluss (ON 3) bewilligte der Erstrichter - antrags konform - die staatsanwaltschaftliche Anordnung der Auskunftserteilung über Bankkonten und Bankgeschäfte gemäß §§ 109 Z 3 lit a, 116 Abs 1 StPO dergestalt, dass die Fachverbände die Anordnung an die Mitgliedsbanken ausschicken und diese auffordern, das Bestehen oder Nichtbestehen einer - aufrechten bzw gelöschten - Geschäftsverbindung (Konten, Spar bücher, Wertpapierdepots, Schließfächer, Safes, Depots etc) zu

1. Martin P*****, geboren am 8. Oktober 1963,

2. Hildegard P*****, geboren am 10. Juni 1965,

3. Katrin (Kathrin) P*****, geboren am 30. September 1983,

4. Martin P*****, geboren am 17. Juli 1989

für den Zeitraum ab 1. Jänner 2003 bis laufend abzufragen und ein positives Ergebnis unter Angabe der konkreten Bankverbindung (Kontonummer, Sparbuchnummer etc) an die Steuer fahndung, Team Fahndung Linz (Sachbearbeiter: Wilhelm B*****), schriftlich bekanntzugeben, wobei auch jene Konten, Sparbücher, Wertpapierdepots, Schließfächer, Safes, Depots bekanntzugeben sind, die nicht auf die vorgenannten Personen lauten, über die diese jedoch verfügungs- bzw zutrittsberechtigt sind.

Gegen diesen Beschluss richten sich die gleichlautenden Beschwerden des Österreichischen Sparkassenverbandes (ON 7), des Fachverbandes der Volksbanken (ON 8), des Fachver bandes der Banken und Bankiers (ON 9), des Fachverbandes der Raiffeisenbanken (ON 10) und des Fachverbandes der Landes-Hypothekenbanken (ON 11), mit welchen sowohl der Umfang als auch die Herausgabepflicht bekämpft und insoweit die teilweise Aufhebung der Anordnung angestrebt wird.

Die Beschwerden sind im spruchgemäßen Umfang berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 109 Z 3 lit a StPO ist unter "Auskunft über Bankkonten und Bankgeschäfte" die Bekanntgabe des Namens und sonstiger Daten über die Identität des Inhabers einer Geschäftsverbindung sowie dessen Anschrift und die Auskunft, ob ein Beschuldigter eine Geschäftsverbindung mit diesem Institut unterhält, aus einer solchen wirtschaftlich berechtigt ist oder für sie bevollmächtigt ist, sowie die Herausgabe aller Unterlagen über die Identität des Inhabers der Geschäftsverbindung und über seine Verfügungsberechtigung zu verstehen. In § 109 Z 3 lit a erster Halbsatz StPO ist somit die Ermittlung der Identität des Inhabers einer Geschäftsverbindung verankert. Der zweite Halbsatz umfasst die Auskunft darüber, ob eine den Ermittlungsbehörden schon bekannte Person eine Geschäftsverbindung zum befragten Kredit oder Finanzinstitut hat (Flora in WK-StPO § 109 Rz 9).

Mit der hier begehrten Auskunft nach § 109 Z 3 lit a zweiter Halbsatz StPO - die aufgrund der Verpflichtung Österreichs nach Art 1 Prot EU-RHÜbk als Ermittlungsmaßnahme in die StPO eingefügt wurde (Flora, aaO, § 116 Rz 39; § 109 Rz 17 bis 19) – muss Auskunft über Geschäftsbeziehungen gegeben werden, deren Inhaber Beschuldigter in einem Strafver fahren ist, für die der Beschuldigte bevollmächtigt ist oder aus der er wirtschaftlich berechtigt ist. Diese Auskunft ist daher auf die Ausforschung von Geschäftsverbindungen von beschuldigten Personen beschränkt (Flora, aaO, § 116 Rz 37 und 38); sie umfasst nur „äußere“ Kontodaten (Flora, aaO, § 109 Rz 21). Es ist insoweit nicht zulässig, Ermittlungen über Geschäftspartner, Familienmitglieder oder Freunde des Beschuldigten vorzunehmen. Für die Auskunft nach § 109 Z 3 lit a zweiter Halbsatz StPO reicht es nicht, dass diese Personen mit dem Beschuldigten in beruflichem oder privatem Kontakt stehen (Flora, aaO, § 116 Rz 45). Zutreffend machen die Beschwerdeführer daher geltend, dass die gegenständliche Anordnung hinsichtlich der Angehörigen des Beschuldigten nicht gerechtfertigt ist.

Eine „Auskunft“ über Bankkonten und Bankdaten verlangt nicht immer nur eine schriftliche Rückäußerung durch ein Kredit- oder Finanzinstitut, sondern kann auch die Herausgabe von Unterlagen umfassen (Flora, aaO, § 116 Rz 5). Die Kreditinstitute müssen daher – dem Beschwerdevorbringen zuwider - nicht nur darüber Auskunft erteilten, welcher Art die Geschäftsverbindungen (zB Girokonto, Sparkonto, Wertpapierdepot, Safe) sind, sondern gegebenenfalls auch jene Unterlagen herausgeben, die über die äußeren Kontodaten einer Geschäftsverbindung Auskunft geben. Herauszugeben sind demnach alle Unterlagen, die zur genauen Bezeichnung der ausgeforschten Geschäftsverbindung notwendig sind. Dazu zählen zB die Nummer der Geschäftsverbindung, Kopien des Kontoeröffnungsblattes, des Unterschriftenblattes oder eines Safemietvertrages (Flora, aaO, § 116 Rz 50). Inhaltliche Daten (zu Inhalt und Umfang der Geschäftsbeziehung) sind davon nicht umfasst.

Gemäß § 116 Abs 1 StPO ist die Auskunft über Bankkonten und Bankgeschäfte zulässig, wenn sie zur Aufklärung einer vorsätzlich begangenen Straftat oder eines Vergehens, das in die Zuständigkeit des Landesgerichtes fällt, erforderlich erscheint und verhältnismäßig ist. Sowohl die Verhältnismäßigkeit als auch die Erforderlichkeit ist im angefochtenen Beschluss durch Bezugnahme auf den aktuellen Ermittlungsstand ausreichend dargetan. Der angestrebte Erfolg steht in einem vertretbaren Verhältnis zu den voraussichtlich bewirkten Eingriffen in die Rechte des Beschuldigten. Weder mit einer Vernehmung des Beschuldigten oder von Zeugen noch mit einer Hausdurchsuchung ist das gewünschte Ermittlungsziel, nämlich alle Geschäftsverbindungen des Beschuldigten aufzudecken, mit gleich hoher Wahrscheinlichkeit gewährleistet (Flora, aaO, § 116 Rz 93).

Auch der angeführte Zeitraum der Überwachung ist nicht unverhältnismäßig, zumal diese Maßnahme dazu dient, den Verbleib der nach der Verdachtslage in den Jahren 2003 bis 2010 lukrierten Schwarzgelder zu ermitteln.

Es war daher in teilweiser Stattgebung der Beschwerden spruchgemäß zu entscheiden.

RECHTSMITTELBELEHRUNG:

Gegen diese Entscheidung steht ein weiteres Rechtsmittel nicht zu.

Rechtssätze
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