JudikaturJustiz7Bs161/08p

7Bs161/08p – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
16. Mai 2008

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richter Dr. Morbitzer als Vorsitzenden, Dr. A. Henhofer und Dr. Engljähringer in der Strafsache gegen T***** H***** wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Ried i.I. gegen den Beschluss des Landesgerichtes Ried i.I. vom 19.03.2008, 10 Hv 21/08k-4, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:

Spruch

Der Beschwerde wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluss aufgehoben und dem Einzelrichter des Landesgerichtes Ried i.I. die Anordnung einer Hauptverhandlung aufgetragen.

Text

Begründung:

Mit Strafantrag vom 26.02.2008, 4 St 21/08p (= ON 3) legt die Staatsanwaltschaft Ried i.I. T***** H***** die Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB und der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB zur Last.

Demnach soll er am 16.8.2007 in Braunau/Inn J***** T*****, M***** O***** und J***** S*****

1) durch die Äußerung „ich habe einen Butterfly in meiner Hosentasche und stech' euch damit ab" zumindest mit der Zufügung einer Körperverletzung gefährlich bedroht haben, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen und

2) dadurch, dass er mit einem Fahrradschloss auf sie einschlug J***** T***** in Form einer Schädelprellung M***** O***** in Form von Abschürfungen am linken Unterbauch und J***** S***** in Form einer Schädelprellung sowie eines Blutergusses über dem rechten Jochbein vorsätzlich am Körper verletzt haben.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies der Einzelrichter des Landesgerichtes Ried i.I. den Strafantrag der Staatsanwaltschaft Ried i. I. gemäß § 485 Abs 1 Z 2 StPO zurück; im Wesentlichen mit der Begründung, aufgrund der im Jänner 2005 festgestellten geistigen Behinderung des Beschuldigten in Verbindung mit einem erheblichen Alkoholmissbrauch ohne Krankheitseinsicht bedürfe es der Einholung eines psychiatrischen Gutachtens zur Abklärung der Zurechnungsfähigkeit und allenfalls zu den Voraussetzungen des § 22 StGB.

Der dagegen von der Staatsanwaltschaft Ried i.I. erhobenen Beschwerde kommt Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 485 Abs 1 StPO hat der Einzelrichter vor Anordnung der Hauptverhandlung den Strafantrag von Amts wegen zu prüfen und gegebenenfalls zurückzuweisen, wenn der Sachverhalt nicht so weit geklärt ist, dass eine Verurteilung des Angeklagten nahe liegt oder der Strafantrag sonst an wesentlichen Formmängeln leidet (Abs 1 Z 2).

Damit soll eine voreilige Anklageerhebung (auf Basis eines nicht hinreichend geklärten Sachverhalts) und die Durchführung einer Hauptverhandlung vermieden werden, wenn bei Einbringung des Strafantrages realistischerweise nicht mit einer Verurteilung gerechnet werden kann. Die Einbringung eines Strafantrags setzt mithin eine sich aus den Akten ergebende einfache Wahrscheinlichkeit voraus, das Gericht werde aufgrund des in der Hauptverhandlung durchzuführenden Beweisverfahrens den Angeklagten der ihm vorgeworfenen Tat schuldig erkennen (Pilnacek/Pleischl, Das neue Vorverfahren, Rz 807).

Der von der Staatsanwaltschaft erhobene Strafantrag gründet sich auf die Erhebungsergebnisse der Stadtpolizei Braunau/Inn (ON 2 in ON 2), insbesondere auf die Angaben der Zeuginnen T*****, O***** und S***** sowie die Verletzungsanzeigen des Krankenhauses St. Josef (AS 21 ff in ON 2 in ON 2).

T***** H***** hat - konfrontiert mit den belastenden Angaben der Mädchen - die Aussage verweigert (AS 11 in ON 2 in ON 2). Diese Ermittlungsergebnisse begründen einen ausreichenden Tatverdacht. Einer weiteren Beweisaufnahme im Ermittlungsverfahren bedurfte es bei dieser Verdachtslage nicht. Insbesondere bietet auch die Aussageverweigerung des Beschuldigten keine Anhaltspunkte für zusätzliche ihn entlastende Beweismittel. Die Voraussetzungen des § 212 Z 3 und 4 (§ 485 Abs 1 Z 2) StPO liegen damit nicht vor. Soweit der Einzelrichter Bedenken an der Zurechnungsfähigkeit des T***** H***** (§ 11 StGB) hegt, bezieht er sich inhaltlich auf § 212 Z 1 StPO (Grund, der die Verurteilung des Angeklagten aus rechtlichen Gründen ausschließt) und hätte demgemäß das Verfahren einzustellen gehabt (§ 485 Abs 1 Z 3 StPO). Dabei übersieht der Erstrichter aber - wie der Beschwerdeführer zutreffend aufzeigt -, dass T***** H***** mit Urteil des Bezirksgerichtes Braunau/Inn vom 10.09.2007 (rechtskräftig seit 14.09.2007) - also etwa ein Monat nach den inkriminierten Taten - zu 4 U 10/06x wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt wurde. In diesem Verfahren wurde ein neuropsychiatrisches Sachverständigengutachten eingeholt; bei den Strafbemessungsgründen führte der Einzelrichter beim Bezirksgericht Braunau als mildernd unter anderem die verminderte Zurechnungsfähigkeit an (ON 35 in 4 P 54/05b). Gründe, die eine sofortige Verfahrenseinstellung nach § 485 Abs 1 Z 3 StPO rechtfertigten würden, liegen damit nicht vor. Entgegen der Auffassung des Erstrichters ist daher von einem hinreichend geklärten Sachverhalt und einer durch die Ermittlungsergebnisse entsprechende vorbereiteten Hauptverhandlung auszugehen. Die Zuweisung der Führung des Ermittlungsverfahrens an Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft setzt voraus, dass der Schwerpunkt des Strafverfahrens in der Hauptverhandlung liegt. In dieser sind - grundsätzlich - alle entscheidungswesentlichen Tatsachen unmittelbar zu klären (Fabrizy StPO10 § 13 Rz 1). Die Frage der Zurechnungsfähigkeit des Beschuldigten und eine allfällige Unterbringung in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher nach § 22 StGB ist daher in der Hauptverhandlung zu klären.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diese Entscheidung steht ein weiteres Rechtsmittel nicht zu. Oberlandesgericht Linz, Abt. 7,

Rechtssätze
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