JudikaturJustiz6R73/05k

6R73/05k – LG Ried/Innkreis Entscheidung

Entscheidung
05. April 2005

Kopf

6R73/05k

Das Landesgericht Ried im Innkreis hat als Rekursgericht durch Dr. Johannes Payrhuber als Vorsitzenden sowie Dr. Walter Koller und Dr. Ernst Knoglinger in der Pflegschaftssache der minderjährigen Kinder E***** S*****, A***** S*****, in Obsorge der Eltern H***** S*****, und A***** S*****, infolge Rekurses des Revisors beim Landesgericht Ried im Innkreis gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Braunau am Inn vom 24.01.2004, 3 P 65/05p-32, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird t e i l w e i s e Folge gegeben. Der angefochtene Beschluss, der in seinen übrigen (unbekämpft gebliebenen) Punkten unverändert aufrecht bleibt, wird in seinem Ausspruch nach § 2 Abs. 2 GEG dahin abgeändert, dass dieser zu lauten hat:

„Die Eltern H***** S*****, und A***** S*****, sind zur ungeteilten Hand zum Ersatz der aus Amtsgeldern zu bezahlenden restlichen Sachverständigengebühr von € 933,80 verpflichtet; bei der Einbringung ist auf die der Mutter H***** S***** bewilligte Verfahrenshilfe Rücksicht zu nehmen.“

Der Revisionsrekurs ist gemäß § 62 Abs. 2 Ziffer 3 AußStrG jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Die Ehe der Eltern wurde mit Beschluss des Bezirksgerichtes Mauerkirchen vom 25.02.2004 im Einvernehmen gemäß § 55 a Ehegesetz geschieden. Im Rahmen der auch vom Pflegschaftsgericht in diesen Punkten genehmigten Scheidungsvereinbarung einigten sich die Eltern darauf, die gemeinsame Obsorge für die beiden oben genannten Kinder aufrecht zu erhalten, wobei sich die Kinder in Hinkunft bei der Mutter *****, aufhalten sollten.

Am 17.08.2004 beantragte die Mutter, ihr aufgrund von Problemen in der Besuchsausübung die alleinige Obsorge für beide Kinder zu übertragen (ON 13). Umgekehrt beantragte der Vater mit dem am 23.08.2004 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz (ON 16), ihm die alleinige Obsorge für seine Tochter und ihm ein umfassendes Besuchsrecht zu seinem Sohn einzuräumen.

Anlässlich eines Gerichtstermines am 31.08.2004 einigten sich die Eltern darauf, dass die gemeinsame Obsorge für beide Kinder zunächst aufrecht bleiben, der hauptsächliche Aufenthalt der Tochter sich beim Vater und der hauptsächliche Aufenthalt des Sohnes sich bei der Mutter befinden soll; gleichfalls wurde eine Besuchsrechtsvereinbarung getroffen. Abschließend beantragten beide Eltern, es möge ein Gutachten, insbesondere zur Besuchsrechtsausübung und vor allem hinsichtlich der Tochter eingeholt werden. Nachdem der Mutter über deren Ansuchen die Verfahrenshilfe bewilligt worden war (ON 25), holte das Erstgericht ein psychologisches Sachverständigengutachten ein. Darin wird beiden Elternteilen grundsätzlich die Fähigkeit, die Erziehung für die Kinder zu übernehmen, attestiert. Zum Besuchsrecht wird im Ergebnis ausgeführt, dass beiden Eltern ein ausgiebiges Besuchsrecht eingeräumt werden soll.

An Gebühren für die Gutachtenserstellung beanspruchte die Sachverständige € 1.733,75. Der Vater hatte einen Kostenvorschuss von € 800,-- erlegt.

Mit Beschluss vom 24.01.2004 bestimmte das Erstgericht die Sachverständigengebühren antragsgemäß und nahm entsprechende Auszahlungsanordnungen vor. Weiters bestimmte das Erstgericht gemäß § 2 Abs. 2 GEG, dass zum Ersatz der Kosten die Mutter und der Vater je zur Hälfte verpflichtet sind, wobei bei der Mutter auf die Verfahrenshilfe hingewiesen wurde.

Gegen diesen Ausspruch richtet sich der rechtzeitige Rekurs des Revisors beim Landesgericht Ried im Innkreis mit dem Antrag, diesen angefochtenen Teil der erstgerichtlichen Entscheidung dahin abzuändern, dass sämtliche am Verfahren beteiligten Parteien, nämlich sowohl die Kinder als auch die Eltern gemäß § 2 Abs. 1 GEG zur ungeteilten Hand zum Ersatz der aus Amtsgeldern zu bezahlenden restlichen Sachverständigengebühr von € 933,80 verpflichtet werden. Hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist teilweise berechtigt.

Mangels einer ausdrücklichen Kostenersatzregelung für das Verfahren außer Streitsachen sind gemäß § 2 Abs. 1 GEG Sachverständigenkosten von denjenigen Beteiligten zu ersetzen, die sie veranlasst haben oder in deren Interesse die Amtshandlung vorgenommen wurde. Mehrere Personen, die zum Ersatz desselben Betrages verpflichtet sind, haften zur ungeteilten Hand.

Im Verfahren außer Streitsachen kommt eine analoge Anwendung des § 40 ZPO über die Kostentragung nicht in Betracht. Für die Kosten des außerstreitigen Pflegschaftsverfahrens, das sich nach den Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren Außerstreitsachen richtet, besteht keine generelle Kostenersatzvorschrift (MGA, Gerichtsgebebühren7, Entscheidung 67 zu § 2 GEG). Zum Kostenersatz im Sinne des § 2 Abs. 1 GEG sind daher jene Beteiligten zu verpflichten, die die Kosten veranlasst haben oder in deren Interesse die Amtshandlung vorgenommen wurde. Bei der Prüfung der Frage, ob ein Sachverständigengutachten im Interesse eines Beteiligten eingeholt wurde, kommt es nicht abstrakt darauf an, ob das Ergebnis des Gutachtens für den Ausgang des Verfahrens, an dem jemand beteiligt ist, von Belang ist, sondern es ist vielmehr die jeweilige verfahrensrechtliche Situation, aus der heraus das Gericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens für erforderlich erachtete, zu prüfen. Bedarf es z.B. der Einholung eines Gutachtens, um zu überprüfen, welcher Elternteil besser zur Pflege und Erziehung des Kindes geeignet ist, so wird der Sachverständigenbeweis im Interesse beider Elternteile aufgenommen (a.a.O., Entscheidungen 77 und 79 zu § 2 GEG). Dasselbe gilt auch, wenn zwischen den Eltern keine Einigkeit über Art und Umfang der Besuchsausübung besteht (hg. 6 R 183/03h, 15 R 7/03k des Landesgerichtes Linz).

Beide Eltern haben im vorliegenden Fall die Einholung eines kinderpsychologischen Sachverständigengutachtens zur endgültigen Abklärung der Obsorge, des hauptsächlichen Aufenthaltes der Kinder und der Besuchsausübung beantragt. Sohin besteht im Sinne der dargelegten Rechtsprechung kein Zweifel, dass die Einholung des Sachverständigengutachtens sowohl von beiden Elternteilen veranlasst wurde, als auch im Interesse beider Eltern lag. Wenn auch der Frage des Kindeswohles eine ganz entscheidende Bedeutung zukam, so ergibt sich insbesondere aus den bisherigen Erhebungsergebnissen und aus dem vorliegenden Gutachten, dass grundsätzlich beide Elternteile sowohl zur Betreuung als auch zur Übernahme der gesamten Obsorge für die beiden Kinder geeignet sind, sodass im Sinne der Nachbemerkung von Arnold in Anwaltsblatt 1981/1319 ein wesentliches Interesse der Kinder an der Einholung des Gutachtens nicht bestanden hat. Was daher die vom Rekurswerber angestrebte Einbeziehung der Kinder in den Kreis der kostenersatzpflichtigen Personen betrifft, so konnte seinem Rechtsmittel kein Erfolg beschieden sein.

Ob eine Haftung der Eltern zur ungeteilten Hand oder nach Kopfteilen, wie sie das Erstgericht ausgesprochen hat, besteht, wird von verschiedenen Rekursgerichten unterschiedlich beurteilt. So vertreten z. B. das Landesgericht Wels (21 R 58/04k) und das Landesgericht Leoben (3 R 104/03f) die Ansicht, dass die Eltern, in deren Interesse ein Sachverständigenbeweis aufgenommen wurde, nur dann zur ungeteilten Hand haften würden, wenn sie etwa als Parteienmehrheit auf einer Seite auftreten würden oder wenn ihre Interessenslage identisch wäre. Nur unter diesen Voraussetzungen könnte davon ausgegangen werden, dass sie zum Ersatz desselben Betrages nach § 2 Abs. 1 letzter Satz GEG verpflichtet seien; andernfalls würden sie nur nach Kopfteilen haften (a.a.O., Anmerkung 6 zu § 2 GEG). Nach Ansicht des gefertigten Rekursgerichtes steht eine derartige Interpretation im Widerspruch zum eindeutigen Wortlaut des § 2 Abs. 1 letzter Satz GEG. Demnach haften mehrere Personen, die zum Ersatz desselben Betrages verpflichtet sind, zur ungeteilten Hand. Wenn - wie im vorliegenden Fall - ein einziges Sachverständigengutachten im Interesse beider Eltern eingeholt wurde, so besteht „derselbe Betrag“ in den gesamten zum Teil aus Amtsgeldern bezahlten Sachverständigengebühren und kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, dass er eine Solidarhaftung nur für den Fall einer einheitlichen Interessenslage oder einer Parteienmehrheit auf einer Seite begründen wollte. Schließlich dient gerade in der Praxis ein derartiges Gutachten überwiegend dazu, eine Entscheidungsgrundlage zu widerstreitenden Anträgen oder zur unterschiedlichen Interessenslage der Parteien zu gewinnen. Hätte aber der Gesetzgeber für diese in der Praxis bei weitem überwiegenden Konstellationen nur eine Haftung nach Kopfteilen vorgesehen, so wäre es wohl nicht zu einer ausdrücklichen Verankerung der Solidarhaftung im § 2 Abs. 1 letzter Satz GEG gekommen.

Ausgehend von den Bestimmungen des ABGB (§§ 889 f) würde, außer in den im Gesetz bestimmten Fällen, ein Mitschuldner einer teilbaren Sache nur für seinen Anteil haften. Grundsätzlich bestünde daher bei einer Geldschuld, welche zweifellos teilbar ist, nur eine anteilige Haftung. Gerade durch § 2 Abs. 1 letzter Satz GEG wurde aber ein sich aus dem Gesetz ergebender Fall geschaffen, in welchem mehrere Kostenpflichtige zur ungeteilten Hand (solidarisch) für den selben Betrag haften. Ebenso wie das Landesgericht Linz (dg. 14 R 373/01y, 15 R 7/03k) ist daher auch das gefertigte Rekursgericht der Ansicht, dass beide Eltern zur ungeteilten Hand für die auferlaufenden Sachverständigengebühren haften. Ob im Innenverhältnis zwischen den beiden Kostenpflichtigen die Regressregelung des § 896 ABGB zur Anwendung kommt, ist hier nicht weiter zu erörtern. Soweit die Sachverständigengebühren nicht ohnedies im erlegten Kostenvorschuss Deckung finden, war daher - in teilweiser Stattgebung des Rekurses - dem Rekurs des Revisors zu entsprechen.

An der Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hat sich durch die Außerstreitreform nichts geändert, weil die Bestimmung des § 62 Abs. 2 Ziffer 3 AußStrG jener des § 14 AußStrG alte Fassung im Wesentlichen entspricht (Fucik-Kloiber, Außerstreitgesetz, Randzahl 1 zu § 62).

Landesgericht Ried im Innkreis,

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