JudikaturJustiz6R39/11v

6R39/11v – LG Ried/Innkreis Entscheidung

Entscheidung
08. März 2011

Kopf

Das Landesgericht Ried im Innkreis hat als Rekursgericht durch Dr. Payrhuber als Vorsitzenden sowie Dr. Bergsmann und Dr. Koller in der Beweissicherungssache der Antragsteller W***** U***** G***** , beide vertreten durch Dr. Sabine Wintersberger, Rechtsanwältin in 4910 Ried im Innkreis, wider den Antragsgegner J***** B***** , vertreten durch WKG Korp-Grünbart Rechtsanwälte GmbH, Dr. Armin Grünbart, Rechtsanwalt in 4910 Ried im Innkreis, wegen Beweissicherung, über den Kostenrekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Ried im Innkreis vom 11.01.2011, 4 Nc 8/10 d-11, in nichtöffentlicher Sitzung den

BESCHLUSS

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben und die angefochtene Entscheidung dahin abgeändert, dass die von den Antragstellern dem Antragsgegner zu ersetzenden Kosten – anstelle von EUR 490,73 – mit EUR 510,20 (darin EUR 85,03 USt.) bestimmt werden.

Der Rekurswerber hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs. 2 Z 3 ZPO jedenfalls unzulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

Im vorliegenden Beweissicherungsverfahren fand am 29.10.2010 die Befundaufnahme des Sachverständigen statt, worauf der Antragsgegner mit seinem am 02.11.2010 eingebrachten Kostenbestimmungsantrag begehrte, den Antragstellern den Ersatz seiner mit insgesamt EUR 76,89 verzeichneten Kosten aufzutragen.

Neben der jetzt nicht mehr aufrecht erhaltenen Verzeichnung von Kosten nach TP 1 für eine Vollmachtsbekanntgabe setzt sich dieses Kostenbegehren zusammen aus den nach TP 3 A für eine Dauer von 4/2 Stunden mit einem tariflichen Ansatz von EUR 232,40 geltend gemachten Kosten für die Intervention bei der Befundaufnahme zuzüglich doppeltem Einheitssatz und 10 % Streitgenossenzuschlag, sowie weiters aus den nach TP 2 verzeichneten Kosten dieses Kostenbestimmungsantrages.

Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss verpflichtete das Erstgericht unter ausdrücklicher Abweisung des darüber hinausgehenden Mehrbegehrens die Antragsteller, dem Antragsgegner die mit EUR 490,73 bestimmten Kosten des Beweissicherungsverfahrens zu esetzten.

Bezugnehmend auf die Bestimmung des § 388 Abs. 3 ZPO, wonach der Antragsteller die Kosten der Beweisaufnahme – unbeschadet eines ihm zustehenden Ersatzanspruches – zu bestreiten hat, vertrat das Erstgericht die Auffassung, dass demgemäß ein Kostenersatz ausschließlich für die Teilnahme an der Befundaufnahme selbst gebühre, nicht aber für Schriftsätze welcher Art auch immer. Neben einer geringfügigen Korrektur des verzeichneten Ansatzes im Cent-Bereich wurde darüber hinaus bei den geltend gemachten Befundaufnahmekosten auch noch insofern ein weiterer Abstrich gemacht, als unter Verweis auf § 23 Abs. 5 RATG nur der einfache Einheitssatz Berücksichtigung fand. Somit gelangte das Erstgericht zu einem Kostenzuspruch in Höhe von EUR 490,73.

Dagegen richtet sich der rechtzeitige Kostenrekurs des Antragsgegners mit dem Begehren, die den Antragstellern auferlegte Kostenersatzverpflichtung um weitere EUR 219,90 auf insgesamt EUR 710,63 zu erhöhen.

Eine Rekursbeantwortung wurde nicht erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist in dem im Spruch ersichtlichen Umfang teilweise berechtigt.

Die vom Rechtsmittelwerber angestrebte Abänderung ergibt sich daraus, dass einerseits für die Intervention bei der Befundaufnahme wie ursprünglich begehrt der doppelte und nicht bloß der einfache Einheitssatz verlangt und darüber hinaus auch noch eine Honorierung des bestellten Kostenbestimmungsantrages nach TP 1 gefordert wird. Ein 120%-iger Einheitssatz für die Teilnahme an der Befundaufnahme sei deswegen gerechtfertigt, weil diese im Gemeindegebiet von Neuhofen und damit im Sinn des § 23 Abs. 5 RATG an einem Ort außerhalb des Sitzes der Kanzlei des Antragsgegnervertreters stattgefunden habe.

Allerdings ist unter der eben erwähnten Voraussetzung nach der ausdrücklichen Regelung des § 23 Abs. 5 RATG der doppelte Einheitssatz darüber hinaus nur für solche Leistungen zuzusprechen, die unter TP 2 A Abschnitt II – sowie weitere hier nicht in Betracht kommende Tarifposten – fallen, während die Teilnahme an der Befundaufnahme durch Sachverständige eine in TP 3 A III geregelte Leistung darstellt.

Die Zuerkennung des doppelten Einheitssatzes für solche Leistungen nach TP 3 A III trotz der darauf gerade nicht Bezug nehmenden Formulierung des § 23 Abs. 5 RATG käme also nur dann in Betracht, wenn man von einer durch Analogie zu schließende Gesetzeslücke im Sinn einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes und damit von einem bloßen Redaktionsversehen ausgehen müsste. Diesbezüglich ist aber vor allem bei einer – auch in § 23 Abs. 5 RATG enthaltenen – taxativen Aufzählung größte Zurückhaltung geboten (P. Bydlinski in KBB², Rz 2/§7). Der Werdegang der hier zu erörternden Regelungen stellte sich zusammenfassend folgendermaßen dar:

Bei seiner Kommentierung der durch die EO-Nov 2005 vorgenommenen Anfügung des besagten Abschnittes III zu TP 3 A gelangte Obermaier (Das Kostenhandbuch, Rz 602ff) zum Ergebnis, dass mangels einer entsprechenden Anordnung des auf diesen Abschnitt eben nicht Bezug nehmenden § 23 Abs. 5 RATG für solche Leistungen nur der einfache Einheitssatz zustehe. In weiterer Folge wurde vom Gesetzgeber mit dem BerufsrechtsÄnderungsgesetz 2008 – BRÄG 2008, unter anderem eine Änderung des Wortlautes der TP 3 A III insbesondere in der Form vorgenommen, dass für die Teilnahme an der Befundaufnahme durch Sachverständige in allen Verfahren „die in Abschnitt 2 festgelegte Entlohnung“ gebührt. In diesem Zusammenhang findet sich in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage sogar eine Bezugnahme auf die vorher angesprochene von Obermaier vertretene Lehrmeinung.

Nicht zuletzt aufgrund dieser ausdrücklichen Auseinandersetzung des Gesetzgebers mit dieser Auffassung bleibt aber mit Rücksicht auf die ungeachtet dessen nicht erfolgte Anpassung des § 23 Abs. 5 RATG durch die Aufnahme des Abschnittes III in die dortige – taxative – Aufzählung kein Raum für die Annahme eines bloßen Redaktionsversehens, sodass die Zuerkennung des doppelten Einheitssatzes für derartige Leistungen im Wege eines entsprechenden Analogieschlusses ausscheidet (vgl. 2 R 216/08 m des OLG Wien, RIS-Justiz RW0000444 und 22 R 379/08 d des LG Wels, RIS-Justiz RWE0000024 mit der dortigen eingehenden Auseinandersetzung zu dieser Problematik und zu der zum Teil vertretenden abweichenden Judikaturlinie anderer zweitinstanzlicher Gerichte).

Aufgrund dieser auch vom Rekursgericht geteilten Einschätzung hat das Erstgericht daher die Zuerkennung des doppelten Einheitssatzes zu Recht abgelehnt. Beizupflichten ist dem Rekurswerber lediglich darin, dass mangels einer bestandenen Möglichkeit, dass Kostenverzeichnis etwa dem Sachverständigen bei der Befundaufnahme wirksam zu übergeben, für die Geltendmachung der Kosten des Beweissicherungsverfahrens notwendigerweise ein Kostenbestimmungsantrag an das für das Verfahren zuständige Gericht zu stellen ist (Angst in Angst², Rz 9b zu §141 EO). Der Kostenbestimmungsantrag ist somit als Teil des dortigen Kostenbestimmungs- und nicht des eigentlichen Beweissicherungsverfahrens anzusehen, sodass ein solcher Antrag auch im Anwendungsbereich des § 388 Abs. 3 ZPO grundsätzlich nach TP 1 ersatzfähig ist, jedoch nur auf der Basis des zuerkannten Kostenbetrages (vgl. RIS-Justiz, RWE0000024).

Unter Berücksichtigung der aus obigen Erwägungen mit EUR 490,73 zu honorieren gewesenen Teilnahme an der Befundaufnahme ergibt sich auf dieser Basis abweichend von dem im Rekurs herangezogenen tariflichen Ansatz von EUR 15,90 aber nur ein solcher von EUR 8,20.

Zuzüglich Einheitssatz, Streitgenossenzuschlag und Umsatzsteuer errechnet sich demnach für diesen Kostenbestimmungsantrag ein von den Antragstellern zusätzlich zu ersetzender Betrag von EUR 19,47 und damit eine entsprechende Erhöhung des vom Erstgericht vorgenommen Kostenzuspruches auf EUR 510,20.

Aufgrund dieses gegenüber dem gestellten Rekursbegehren vergleichsweise unbedeutenden Rechtsmittelerfolges hat der Rekurswerber die Kosten seines Rechtsmittels gemäß den §§ 50 und 40 ZPO bzw. 11 RATG selbst zu tragen.

Rechtssätze
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