JudikaturJustiz6R34/17t

6R34/17t – LG Ried/Innkreis Entscheidung

Entscheidung
04. April 2017

Kopf

Das Landesgericht Ried im Innkreis hat als Rekursgericht durch die Richter Dr. Koller als Vorsitzenden sowie Dr. Bergsmann und Dr. Knoglinger in der Verlassenschaftssache nach dem am 15. März 2016 verstorbenen A***** O***** , zuletzt wohnhaft gewesen in *****, über den Rekurs des bestellten Verlassenschaftskurators DDr. Karl Robert Hiebl, Rechtsanwalt, Stadtplatz 50/2, 5280 Braunau am Inn, gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Braunau am Inn vom 20. Jänner 2017, 3 A 113/16a-37, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben und der angefochtene Beschluss mit der Maßgabe bestätigt, dass im Punkt 1. die Passage „für seine bisherigen Tätigkeiten im Verfahren“ durch: „für die Verwertung der Liegenschaft EZ 831, Grundbuch 40005 Braunau am Inn“ ersetzt wird.

Der Rekurswerber hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Der Revisionsrekurs ist gemäß § 62 Abs 2 Z 1 AußStrG jedenfalls unzulässig.

Begründung:

Text

Im Verlassenschaftsverfahren nach dem am 12. März 2016 verstorbenen A***** O***** wurde der Rechtsanwalt DDr. Karl Robert Hiebl mit Beschluss vom 5. April 2016 (ON 7) zum Verlassenschaftskurator für sämtliche Angelegenheiten bestellt. Nachdem zwischenzeitig unter anderem die Raiffeisenbank ***** als Verlassenschaftsgläubigerin eine Forderung von insgesamt EUR 1,749.131,82 angemeldet hatte, erstattete der Verlassenschaftskurator am 28. April 2016 seinen ersten Bericht, worin er unter anderem den – mit Pfandrechten belasteten – Liegenschaftsbesitz des Verstorbenen auflistete und auf die vorgesehene Verwertung dieser Immobilien verwies.

Mit Beschluss vom 30. September 2016 (ON 31) genehmigte das Erstgericht antragsgemäß den am 8. September 2016 zwischen der durch den Verlassenschaftskurator vertretenen Verlassenschaft als Verkäufer und der Firma I***** GmbH als Käufer zu einem Kaufpreis von EUR 570.000,00 abgeschlossenen Kaufvertrag betreffend die Liegenschaft EZ *****, Grundbuch 40005 Braunau am Inn.

In der Folge stellte der Verlassenschaftskurator den Antrag, seine Kosten für die freihändige Verwertung dieser der Verlassenschaft zugehörigen Liegenschaft mit EUR 22.560,00 (einschließlich EUR 3.760,00 USt) zu bestimmen und ihn zur Entnahme dieses Betrages vom näher bezeichneten Verlassenschafts-Anderkonto zu ermächtigen.

Nach dem einleitenden Hinweis auf die einem Verlassenschaftskurator grundsätzlich nach § 276 ABGB zustehende – dann mit 5 % der Einkünfte aus der Sondermasse zu bemessende – Entlohnung wurde dazu ausgeführt, dass „nach neuerer Rechtsprechung“ dem Verlassenschaftskurator bei einer Liegenschaftsverwertung als Sondermasse eine Entlohnung in Anlehnung an § 82 IO zustehen solle und sich der Entlohnungsanspruch daher im Sinn des § 82 d-Z 2 IO mit EUR 22.560,00 errechne (4 % aus den ersten EUR 250.000,00 sowie 2,75 % aus den weiteren EUR 320.000,00 zuzüglich MwSt). Mit dieser Entlohnung seien alle Kosten des Verlassenschaftskurators im Zusammenhang mit der Verwertung und dem Verkauf dieser Liegenschaft abgegolten und es sei dieser Erlös bei einer künftigen Kostenbestimmung nicht mehr zur Bemessung heranzuziehen.

Ergänzend legte der Verlassenschaftskurator danach noch eine von der Hauptgläubigerin Raiffeisenbank ***** an den Erbenmachthaber übermittelte E-Mail-Nachricht des Inhaltes vor, dass aus ihrer Sicht – mit EUR 22.560,00 - „die Kostenbestimmung von DDr. Hiebl okay geht“, wobei der Verlassenschaftskurator dazu noch anmerkte, dass dieser Gläubigerin aufgrund ihrer hohen Forderungen der gesamte Erlös aller Liegenschaftsverkäufe zukommen werde, und sie somit auch die festzusetzenden Verwertungskosten wirtschaftlich trage.

Mit dem angefochtenen Beschluss erkannte das Erstgericht dem Verlassenschaftskurator „für seine bisherigen Tätigkeiten im Verfahren“ gemäß § 276 Abs 1 ABGB eine von der Verlassenschaft zu tragende Entschädigung von EUR 11.200,00 zu, während das auf einen weiteren Entschädigungsbetrag von EUR 11.360,00 gerichtete Mehrbegehren abgewiesen wurde.

Diese Entscheidung wurde damit begründet, dass nach der laut gleichzeitig zitierter Judikatur und Lehre auch auf Verlassenschaftskuratoren anwendbaren Bestimmung des § 276 ABGB grundsätzlich eine 5 % sämtlicher Einkünfte betragende jährliche Entschädigung zustehe und bei einem EUR 10.000,00 übersteigenden Wert des Vermögens des Pflegebefohlenen darüber hinaus 2 % des Mehrbetrages als Entschädigung zu gewähren seien. Da die Verpflichtung, zur Wahrung der Interessen des Pflegebefohlenen im Regelfall eine amtswegige Prüfung der geltend gemachten Entschädigungsansprüche vorzunehmen, auch gegenüber einer Verlassenschaft bestehe, sei zu berücksichtigen, dass – entgegen der Darstellung im Kostenbestimmungsantrag – die erfolgte Umwandlung von Liegenschaftsvermögen in Geldeswert in Form des erzielten Verkaufserlöses von EUR 570.000,00 keine Einkünfte der Verlassenschaft darstelle. Folglich sei die Entschädigung des Kurators von dem insoweit EUR 10.000,00 übersteigenden Vermögen vorzunehmen, sodass sich unter Zugrundelegung einer Bemessungsgrundlage von EUR 560.000,00 (EUR 570.000,00 Verkaufspreis abzüglich EUR 10.000,00) der spruchgemäß zuerkannte Entschädigungsbetrag von EUR 11.200,00 ergebe.

Die vom Verlassenschaftskurator geforderte Bemessung seines Entschädigungsanspruches unter Heranziehung der Bestimmung des § 82d IO entspreche abweichend von den dortigen Ausführungen nicht der neuesten Rechtsprechung, sondern jenes Zitat betreffe bloß eine Rechtsansicht, wobei die dort erwähnte oberstgerichtliche Entscheidung 6 Ob 125/10s eine gänzlich andere Fragestellung behandle und somit nicht einschlägig sei.

Gegen den antragsabweisenden Teil dieser Entscheidung richtet sich der rechtzeitige Rekurs des Verlassenschaftskurators mit dem Begehren, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass ihm – außerdem konkret nur für die freihändige Verwertung der näher bezeichneten Liegenschaft als Sondermasse – eine Entschädigung in der gesamten geforderten Höhe von EUR 22.560,00 (und damit in einem um EUR 11.360,00 höheren Betrag) zuerkannt werde; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Eine Rekursbeantwortung wurde nicht erstattet.

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Im Rekurs wird vorerst besonders auf den – allerdings insoweit auch vom Erstgericht gar nicht prinzipiell in Zweifel gezogenen – Umstand verwiesen, dass der Verlassenschaftskurator für alle Angelegenheiten bestellt wurde und er gemäß diesem Auftrag gleich einem Insolvenzverwalter agiert habe bzw weiterhin agiere. Aus diesen Erwägungen heraus erachtet es der Rekurswerber für gerechtfertigt, als Verwerter der pfandrechtlich belasteten Liegenschaften dieselbe Entlohnung im Sinn des § 82d IO wie ein Insolvenzverwalter für die inhaltlich gleiche Tätigkeit zu erhalten.

Wie auch im Rekurs eingeräumt wird, sind jedenfalls keine veröffentlichten Entscheidungen zur Frage ersichtlich, wie die Kosten eines Verlassenschaftskurators zu bestimmen sind, der Liegenschaften im Interesse der Verlassenschaft wie ein Insolvenzverwalter verwertete, doch sei die vom Rekurswerber vertretene Auffassung auch ergangenen oberstgerichtlichen Entscheidungen in ähnlich gelagerten Fällen „zumindest implizit“ zu entnehmen.

Allerdings behandelt die in diesem Zusammenhang angeführte oberstgerichtliche Entscheidung zu 1 Ob 285/00v im Wesentlichen nur die Frage, ob eine dem Verlassenschaftskurator zustehende Belohnung im Insolvenzverfahren als Masse- oder als Konkursforderung anzusehen ist, woraus aber noch nichts für die hier zu klärende Frage gewonnen werden kann, auf welcher gesetzlichen Grundlage – nämlich entweder nach § 276 ABGB oder nach § 82 IO – jener Belohnungs- bzw Entschädigungsanspruch zu bemessen ist. Gleiches gilt für die im Rekurs weiters erwähnte, zwar nicht mit einem konkreten Aktenzeichen, sondern lediglich mit dem Entscheidungsdatum 19. Mai 1988 angesprochene Entscheidung, wonach der OGH im Hinblick auf die damit einhergehende Ersparnis an entsprechendem Masseverwalterhonorar für die Konkursmasse die einem Verlassenschaftskurator aufgrund einer Tätigkeit für die Verlassenschaft zugebilligte Belohnung eben auch als Masseforderung gemäß § 46 Abs 1 Z 2 KO (nunmehr IO) angesehen habe.

Einzuräumen ist dem Rekurswerber durchaus, dass sich Tschugguel (vgl Zak 2013, 324) zur Entschädigung des Verlassenschaftskurators dafür ausspricht, die Regelung des § 276 ABGB über das Sachwalterentgelt weder direkt noch analog auf den Verlassenschaftskurator anwendbar anzusehen, weshalb die Entlohnung eines Verlassenschaftskurators, wenn dieser im Interesse der Gläubiger als Liquidator eingesetzt werde, in Anlehnung an § 82 IO bemessen werden solle. Die dort zur Bekräftigung der Unterscheidung zwischen einem Sachwalter und einem Verlassenschaftskurator erwähnte Entscheidung 6 Ob 125/10s thematisiert jedoch nicht die Grundlage der Entschädigung des Verlassenschaftskurators, sondern trifft nur insoweit eine – hier allerdings nicht relevante – Differenzierung, als die Bestimmung des § 274 Abs 2 ABGB, wonach ein Rechtsanwalt oder Notar die Übernahme einer Sachwalterschaft nur unter den dort näher umschriebenen Voraussetzungen ablehnen kann, nicht auf einen Verlassenschaftskurator zu erstrecken ist.

Für die Anwendbarkeit des § 276 ABGB auf die vorliegende Fallkonstellation spricht allerdings insoweit schon der Gesetzeswortlaut, als nach der einleitenden konkreten Nennung des Sachwalters (ausdrücklich) auch der „Kurator“ erwähnt wird und sich die gesetzliche Grundlage für den Verlassenschaftskurator tatsächlich auch im ABGB (vgl § 811) findet.

Bezüglich der hier zu klärenden Frage schließt sich der Rekurssenat somit den von Stabentheiner (in Rummel/Lukas, ABGB Teilband, §§ 231 bis 284h ABGB, 4. Auflage, Rz 16 zu § 276 ABGB) vertretenen und auf die zuvor erwähnte Rechtsmeinung Tschugguels eingehende Auffassung an, dass die nach dem Normtext an sich gebotene Anwendung des § 276 ABGB zwar auf die Sachwalterschaft zugeschnitten sein mag, jedoch auch innerhalb dieses nicht optimal passenden normativen Rahmens wegen der in dieser Regelung eingeräumten Flexibilität die Erzielung angemessener Lösungen möglich erscheint.

Die rein hypothetische Überlegung im Rekurs, dass es in dem – jedoch eben nicht eingetretenen – Fall eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der überschuldeten Verlassenschaft zur selben Vorgangsweise in Form der Verwertung der Liegenschaften durch einen dann jedenfalls nach § 82d IO zu entlohnenden Insolvenzverwalter gekommen wäre, vermag an der Aufrechterhaltung der erstgerichtlichen Entscheidung genauso wenig etwas zu ändern wie der Hinweis, dass die wirtschaftlich betroffene Pfandgläubigerin ihrerseits keinen Einwand gegen die Bestimmung der Kosten des Verlassenschaftskurators im Sinn des § 82d IO erhoben habe.

Die geringere Bemessung der Entschädigung des Verlassenschaftskurators schlägt sich nämlich wegen der damit verbundenen Schonung der Masse in einer Verringerung der letztlich verbleibenden Verbindlichkeiten für die Verlassenschaft nieder, worüber aber ein Verlassenschaftsgläubiger nicht durch die allfällige Zustimmung zu einer erhöhten Kuratorenentschädigung zu disponieren berechtigt ist.

Zuzustimmen ist dem Rekurswerber jedoch darin, dass entgegen dem entsprechenden ausdrücklichen Antrag die festgelegte Entschädigung im Spruch der erstgerichtlichen Entscheidung dem Verlassenschaftskurator „für seine bisherigen Tätigkeiten im Verfahren“ und nicht bloß für die freihändige Verwertung der genannten Liegenschaft zuerkannt wurde. Da aber aus der Beschlussbegründung unmissverständlich hervorgeht, dass sich die zuerkannte Entschädigung ausschließlich nur auf diese Liegenschaftsverwertung bezieht, war der erstgerichtliche Beschluss dahingehend mit der im Spruch ersichtlichen Maßgabe zu bestätigen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf § 185 AußStrG, der im Verlassenschaftsverfahren abweichend von der allgemeinen Regel des § 78 AußStrG, außer im Verfahren über das Erbrecht, den Ersatz von Vertretungskosten ausdrücklich ausschließt.

Da alle Entscheidungen über die Kosten des Kurators oder dessen Belohnung den Kostenpunkt betreffen, war der Revisionsrekurs gemäß § 62 Abs 2 Z 1 AußStrG für jedenfalls unzulässig zu erklären (vgl RIS-Justiz RS0007696).

Rechtssätze
0

Keine verknüpften Rechtssätze zu diesem Paragrafen