JudikaturJustiz6R283/06v

6R283/06v – LG Ried/Innkreis Entscheidung

Entscheidung
31. Oktober 2006

Kopf

6 R 283/06 v

Das Landesgericht Ried im Innkreis hat als Rekursgericht durch Dr. Johannes Payrhuber als Vorsitzenden sowie Dr. Walter Koller und Dr.

Ernst Knoglinger in der Exekutionssache der betreibenden Partei

S***** AG *****, vertreten durch Mag. Rudolf Mondre, Rechtsanwalt,

Vogelweiderstraße 21, 5020 Salzburg, wider die verpflichtete Partei

H***** W*****, wegen € 2.403,61 s.A., infolge Kostenrekurses der

betreibenden Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes

Mattighofen vom 22.8.2006, 1 E 1153/06 m-5, in nichtöffentlicher

Sitzung den

Spruch

Beschluss

gefasst:

Dem Rekurs wird F o l g e gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass er einschließlich seiner bestätigten Teile zu lauten hat:

„Die weiteren Exekutionskosten der betreibenden Partei für die Beteiligung beim Vollzug am 10.8.2006 werden mit € 92,84 (darin enthalten €13,90 an Umsatzsteuer und € 9,40 an Fahrtkosten) bestimmt“.

Der Revisionsrekurs ist gemäß den §§ 78 EO, 528 Abs. 2 Z 3 ZPO jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Beschluss vom 31.3.2006 (ON 2) hat das Erstgericht der betreibenden Partei zur Hereinbringung ihrer vollstreckbaren Forderung von € 2.403,61 s.A. wider die verpflichtete Partei die Forderungsexekution gemäß § 294 a EO sowie die Fahrnisexekution (Exekutionsvollzug mit Beteiligung) antragsgemäß bewilligt.

Die Anfrage an den Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger ergab keinen möglichen Drittschuldner. Der am 10.8.2006 von 11.30 Uhr bis 11.40 Uhr am Wohnort des Verpflichteten durchgeführte Vollzug der Fahrnisexekution blieb ohne Ergebnis, weil keine pfändbaren Gegenstände vorgefunden wurden. Dazu wurde vom Vollstreckungsorgan festgehalten, dass bei Gericht zu AZ 1 E 3154/05 z ein mit 14.9.2005 abgegebenes Vermögensverzeichnis aufliegt, welches nicht älter als 1 Jahr ist.

Der beim Vollzug anwesende Vertreter der betreibenden Partei beantragte an Interventionskosten nach TP 7/2 RATG sowie für Zeitversäumnis gemäß TP 9 RATG und für Fahrtkosten insgesamt €108,98 (inklusive € 18,16 an Umsatzsteuer).

Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss hat das Erstgericht die Interventionskosten der betreibenden Partei nur mit € 65,58 bestimmt. Wäre ein ortsansässiger Rechtsanwalt eingeschritten, so hätten die Fahrtkosten nur € 9,40 betragen. Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Natur seien von der betreibenden Partei weder bescheinigt worden noch tatsächlich aufgetreten. Die Interventionskosten seien daher nicht nach TP 7/2, sondern nach TP 7/1 RATG zu bemessen.

Gegen die letztgenannte Kostenreduktion richtet sich der rechtzeitige Rekurs der betreibenden Partei mit dem Begehren, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass ihr ein weiterer Betrag von € 27,26 zuerkannt werde.

Der Verpflichtete hat keine Rekursbeantwortung erstattet. Der Rekurs der betreibenden Partei ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Nach Ansicht der Rekurswerberin stünde ihr ein Kostenersatz nach TP 7/2 RATG zu, weil aus der Neufassung nach TP 7 Abs. 2 RATG durch die EO-Novelle 2005 der Vorrang einer Intervention unter Beteiligung eines Rechtsanwaltes gegenüber einer Beteiligung durch einen Rechtsanwaltsgehilfen festgelegt worden sei. Entgegen der bisherigen Rechtsprechung sei es sohin nicht mehr notwendig, die beim Vollzug zu erwartenden Schwierigkeiten sachlicher oder rechtlicher Natur zu behaupten und zu bescheinigen.

Nach der zentralen Kostennorm des § 74 Abs. 1 EO hat der Verpflichtete dem betreibenden Gläubiger auf dessen Verlangen alle ihm verursachten, zur Rechtsverwirklichung notwendigen Kosten des Exekutionsverfahrens zu erstatten. Die Beteiligung am Vollzug einer Fahrnisexekution wurde auch schon in der früheren Rechtsprechung, wenn die Forderung nicht geringfügig war, zur Wahrung der Interessen des betreibenden Gläubigers grundsätzlich als zweckmäßig angesehen (RPflE 1986/21, 1993/55). Primär dient in der Praxis die Beteiligung am Vollzug dazu, einen persönlichen Eindruck von der Vermögenssituation des Verpflichteten zu gewinnen, und in der Folge besser abschätzen zu können, ob es sinnvoll ist, allenfalls in Zukunft neuerliche Vollzugsanträge oder einen Konkursantrag zu stellen. Der Gewinn, der aus diesem persönlichen Eindruck zu erzielen ist, steht jedoch bei Forderungen, die eine gewisse Höhe nicht erreichen, in keinem Verhältnis zur Last, die dem Verpflichteten durch die Entstehung weiterer Kosten aufgebürdet wird, sodass die durch die Beteiligung entstehenden Kosten den durch sie erzielten Erfolg erst bei Forderungen in der Größenordnung ab € 2.000,-- rechtfertigen (§ 253 b EO; Regierungsvorlage - Materialien 928 der Beilagen XXII. GP zu Art. I Z 19).

Im vorliegenden Fall wurde bei einer betriebenen Forderung von €

2.403,61 s.A. die durch § 253 b EO festgelegte Wertgrenze überschritten. Im Sinne der obigen Ausführungen war daher grundsätzlich die Intervention beim Vollzug zur zweckentsprechenden Rechtsverwirklichung notwendig, um die persönlichen Verhältnisse des Verpflichteten, in dessen Wohnort seit Abgabe des Vermögensverzeichnisses eine Änderung eingetreten war, besser abschätzen zu können. Grundsätzlich war daher – was auch vom Erstgericht nicht bezweifelt wurde – die Notwendigkeit einer Intervention durch den Vertreter des betreibenden Gläubigers als gegeben anzunehmen.

Zur Frage, ob eine Entlohnung nach TP 7/1 oder nach TP 7/2 RATG vorzunehmen ist, hat der Gesetzgeber durch die Neufassung der TP 7/2 RATG den Erfahrungen der Praxis folgend festgehalten, dass die Beteiligung am Vollzug im Regelfall von einem Rechtsanwalt oder Rechtsanwaltsanwärter verrichtet wird und daher auch entsprechend entlohnt werden soll, es sei denn, dass die Beteiligung aus besonderen Gründen nicht erforderlich war und auch aus anderen Gründen keine Schwierigkeiten beim Vollzug zu erwarten waren. Als besondere Gründe wären etwa anzunehmen, dass der betreibenden Partei der Zustand des Vollzugsortes bereits aus einem Parallelverfahren hinreichend bekannt ist und auch aus anderen Gründen keine Schwierigkeiten beim Vollzug zu erwarten waren (vgl. Regierungsvorlage – Materialien 928 der Beilagen XXII. GP zu Art. V Z 4). Damit hat aber auch die zu TP 7 Abs. 2 (alt) ergangene Judikatur ihren unmittelbaren Anwendungsbereich verloren; sie könnte nur für die Frage, ob im Einzelfall die Beteiligung des Rechtsanwaltes bzw. Rechtsanwaltsanwärters nicht erforderlich war, hilfreich sein (vgl. Angst-Jakusch-Pimmer, MTK, EO14, 190).

Im vorliegenden Fall sind keine Umstände aktenkundig, aus denen entnommen werden könnte, dass aus besonderen Gründen die Beteiligung durch einen Rechtsanwalt nicht erforderlich gewesen wäre. Auch das Vermögensverzeichnis, auf welches anlässlich des Vollzuges hingewiesen wurde, lag bereits ca. 11 Monate zurück und war damals der Verpflichtete noch bei seiner Mutter unter der Anschrift R***** in *****L***** wohnhaft. Aus den damaligen Angaben des Verpflichteten, wonach er nur über wertlosen Hausrat verfüge, konnte daher die betreibende Partei, noch dazu, als zu diesem Zeitpunkt die Sperrfrist des § 49 Abs. 1 EO schon beinahe abgelaufen war, nicht ohne Weiteres annehmen, dass beim Verpflichteten nach wie vor keine pfändbaren Gegenstände vorgefunden werden könnten. Sohin liegen keine besonderen Gründe vor, die ein Abgehen von der Bestimmung der TP 7/2 RATG rechtfertigen könnten, sodass der betreibenden Partei die Interventionskosten auf dieser Bemessungsgrundlage zustehen. Einschließlich der Umsatzsteuer beträgt der zusätzliche Kostenersatzanspruch € 27,26, sodass insgesamt die Interventionskosten der betreibenden Partei mit € 92,84 (inklusive € 13,90 an Umsatzsteuer und € 9,40 an Barauslagen) zu bestimmen waren. Im Rekursverfahren hatte eine Kostenbestimmung zu unterbleiben, weil die Rekurswerberin (zutreffend) keine Rekurskosten verzeichnet hat. Landesgericht Ried im Innkreis,

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