JudikaturJustiz54R172/06t

54R172/06t – LG Salzburg Entscheidung

Entscheidung
07. September 2006

Kopf

Das Landesgericht Salzburg hat als Rekursgericht durch die Richter LGVPräs. Dr. Bauer als Vorsitzenden sowie Dr. Singer und Dr. Hemetsberger in der Exekutionssache der betreibenden Partei Gem. Wohn- und Siedlungsgenossenschaft *****, vertreten durch Mag. Albert H. Reiterer, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, gegen die verpflichtete Partei O***** K*****, wegen Räumung sowie Fahrnis- und Forderungsexekution, infolge Rekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Hallein vom 21.7.2006, 21 E 2631/06k-2, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass er zu lauten hat:

"Auf Grund des Versäumungsurteiles des Bezirksgerichtes Hallein vom 1.12.2005, 2 C 1913/05z, Vollstreckbarkeitsbestätigung vom 11.1.2006, wird der betreibenden Partei gegen den Verpflichteten die zwangsweise Räumung der im Haus 5400 Hallein,*****, gelegenen Wohnung Top A 1 samt Nebenräumen sowie des zu dieser Wohnung gehörigen Kellerabteils bewilligt.

Die weiteren Anordnungen und Verfügungen im Zusammenhang mit dem Vollzug der Räumungsexekution obliegen dem Erstgericht.

Die Kostenentscheidung wird der Entscheidung über die ebenfalls beantragte Fahrnis- und Forderungsexekution vorbehalten."

Der Verpflichtete ist schuldig, der betreibenden Partei binnen vierzehn Tagen die mit EUR 277,63 (darin EUR 46,27 USt) bestimmten Rekurskosten zu ersetzen.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist zulässig.

Text

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Erstgericht den Antrag auf Bewilligung der Räumungsexekution mit der Begründung abgewiesen, dass er außerhalb der Sechsmonatsfrist des § 575 Abs. 2 ZPO bei Gericht eingelangt sei. Diese Frist beginne nicht mit der Rechtskraft des Räumungstitels, sondern bereits mit Ablauf der Leistungsfrist. Der Zeitpunkt der Erteilung der Vollstreckbarkeitsbestätigung sei ohne Belang.

Dagegen richtet sich der Rekurs der betreibenden Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Abänderungsantrag auf Bewilligung der Räumungsexekution.

Der Rekurs ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Frist des § 575 Abs. 2 ZPO beginnt erst zu laufen, wenn die Vollstreckung des Räumungstitels objektiv möglich ist (Weixelbraun in Fasching, Zivilprozessgesetze², Rz 8 zu § 575 ZPO; Stohanzl, JN-ZPO15, E 32 zu § 575 ZPO; Frauenberger in Rechberger, ZPO-Kommentar², Rz 4 zu § 575). Fallen Rechtskraft und Vollstreckbarkeit auseinander, beginnt die Frist erst mit Rechtskraft (Frauenberger in Rechberger, aaO; Stohanzl, aaO, E 36 zu § 575 ZPO; hg. 54 R 24/04z). Vorliegend wurde das Versäumungsurteil vom 1.12.2005 dem Beklagten durch Ersatzzustellung am 7.12.2005 zugestellt, sodass das Versäumungsurteil mit Ablauf des 4.1.2006 in Rechtskraft erwuchs. Folgt man der neueren Judikaturlinie, wonach es sich bei der Frist des § 575 Abs. 2 ZPO um eine materiellrechtliche Frist handelt (Weixelbraun in Fasching, aaO, Rz 6 zu § 575 ZPO), wäre der am 5.7.2006 beim Erstgericht eingelangte Exekutionsantrag verspätet.

Zu berücksichtigen ist aber auch in Entsprechung der Rekursausführungen, dass seit der EO-Novelle 1995 der Betreibende gemäß § 54 Abs. 2 EO, auch wenn das als Bewilligungsgericht angerufene Gericht gleichzeitig das Titelgericht ist, dem Antrag auf Bewilligung der Exekution zwingend eine Ausfertigung des Titels anzuschließen hat, die eine Bestätigung der Vollstreckbarkeit aufweisen muss. Die bereits in der Verhandlung vom 1.12.2005 begehrte Zustellung eines vollstreckbaren Urteils wurde vom Erstgericht erst nach Bestätigung der Rechtskraft des Versäumungsurteil am 11.1.2006 veranlasst, sodass die hier betreibende Partei erst mit Zustellung dieser Urteilsausfertigung die Räumungsexekution betreiben konnte. Demgemäß wurde der am 5.7.2006 beim Erstgericht eingelangte Exekutionsantrag innerhalb der 6-Monatsfrist des § 575 Abs. 2 ZPO eingebracht.

In Stattgebung des Rekurses war sohin die Räumungsexekution zu bewilligen. Da über die gleichzeitig mit der Räumungsexekution beantragte Fahrnis- und Forderungsexekution vom Erstgericht noch nicht entschieden wurde, ist die Entscheidung über die Kosten der Räumungsexekution der Entscheidung über die Fahrnis- und Forderungsexekution vorzubehalten (§ 78 EO iVm § 52 ZPO).

Die Kostenentscheidung im Rekursverfahren beruht auf § 78 EO iVm den §§ 41 und 50 ZPO.

Der ordentliche Revisionsrekurs war zuzulassen, weil eine höchstgerichtliche Rechtsprechung zum Beginn der 6-Monatsfrist des § 575 Abs. 2 ZPO, insbesondere unter Berücksichtigung der EO-Novelle 1995, sowie aktuelle höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob es sich bei der Frist des § 575 Abs. 2 ZPO um eine materiell- oder verfahrensrechtliche Frist handelt, fehlt.

Landesgericht Salzburg