JudikaturJustiz4R19/94

4R19/94 – OLG Innsbruck Entscheidung

Entscheidung
04. März 1994

Kopf

Das Oberlandesgericht Innsbruck als Berufungsgericht hat in der Rechtssache der klagenden Partei L gegen die beklagten Parteien

1) I, 2) Z, sowie 3) M, wegen Feststellung (Streitwert S 100.000,--) über die Berufung der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 13.10.1993, 41 Cg 44/93a-13, nach mündlicher Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil dahin abgeändert, sodaß es zu lauten hat:

"Das Klagebegehren, festzustellen, daß der Kaufvertrag vom 6.3.1984, abgeschlossen zwischen der Firma B, vertreten durch den einzelzeichnungsberechtigten Geschäftsführer Architekt H als Verkäuferin und der Firma L, vertreten durch den einzelzeichnungsberechtigten Geschäftsführer H als Käuferin über den Erwerb jener 104/1658-Anteile an der Liegenschaft EZ 914 GB 82102 Fieberbrunn, Bezirksgericht Kitzbühel (Anteil 12), mit welchem das Wohnungseigentum an der Wohnung Top B/2 verbunden ist und welcher zu GZ 4087/84 BG Kitzbühel verbüchert wurde, sowie der Erwerb der Geschäftsanteile (Gesellschaftsanteile) an der erstbeklagten Partei durch die zweit- und drittbeklagte Partei nichtig seien, wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 34.373,59 (darin S 5.728,93 Umsatzsteuer) bestimmten Prozeßkosten zu Handen der Beklagtenvertreter zu ersetzen."

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 17.165,35 (darin S 2.060,89 Umsatzsteuer und S 4.800,-- PG) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu Handen der Beklagtenvertreter zu ersetzen.

Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt S 50.000,--. Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei brachte vor, die erstbeklagte Partei habe 104/1658 Anteile an der Liegenschaft in EZ 914 GB 82102 Fieberbrunn, mit denen Wohnungseigentum an der Wohnung Top B/2 verbunden ist, erworben. Da zur Zeit des Erwerbs die Gesellschafter Inländer gewesen seien, habe die Grundverkehrsbehörde festgestellt, daß der Verkauf nicht den Bestimmungen des Tiroler Grundverkehrsgesetzes unterliege. In der Folge hätten die zweit- und drittbeklagte Partei, die deutsche Staatsangehörige seien, sämtliche Gesellschaftsanteile an der erstbeklagten Partei erworben. Vermutlich sei schon die Gründung der erstbeklagten Partei ein Umgehungsgeschäft gewesen. Jedenfalls liege hinsichtlich der zweit- und drittbeklagten Partei ein Schein- oder Umgehungsgeschäft vor, da diese dem Personenkreis des § 3 Abs 1 lit i Tir GVG 1983 angehörten. Die Beklagten hätten nie beabsichtigt, mit dem Erwerb der Gesellschaftsanteile die Grundverkehrsbehörde zu befassen, weil mit deren Zustimmung nicht zu rechnen gewesen sei.

Die klagende Partei beantragt, festzustellen, daß der Kaufvertrag vom 6.3.1993 zwischen der Firma B und der Firma L über den Erwerb von 104/1658 Anteilen an der Liegenschaft EZ 914 GB 82102 Fieberbrunn sowie der Erwerb der Gesellschaftsanteile an der erstbeklagten Partei durch die zweit- und drittbeklagte Partei nichtig seien.

Die Beklagten bestritten und wendeten dagegen im wesentlichen ein, es liege weder ein Schein- noch ein Umgehungsgeschäft vor. Die Beklagten hätten nie die Absicht gehabt, gesetzeswidrig zu handeln, es sei ihnen zu keinem Zeitpunkt bekannt gewesen, daß die Vorgangsweise nicht den gesetzlichen Bestimmungen entspreche, da sie ihnen ja vom vertragsverfassenden Notar empfohlen worden sei. Zudem sei zum Zeitpunkt des Erwerbes der Gesellschaftsanteile durch die zweit- und drittbeklagte Partei der Ausländeranteil in der Gemeinde Fieberbrunn nicht so hoch gewesen, daß von einer Überfremdung hätte gesprochen werden können. Die Wohnung sei überdies für einheimische Interessenten aufgrund der Lage und Größe ungeeignet gewesen, wes halb einem Erwerb durch die erstbeklagte Partei nichts entgegengestanden sei.

Von dem auf S 5 bis 10 (= AS 89 bis 99) des angefochtenen Urteiles festgestellten Sachverhalt, auf den das Berufungsgericht verweist (§ 500a ZPO), wird als für das Berufungsverfahren relevant hervorgehoben:

Die Firma B, vertreten durch den Geschäftsführer Arch. H, errichtete auf der Liegenschaft EZ 914 GB 82102 Fieberbrunn die Wohnungseigentumsanlage Prama 9a und 9b, 6391 Fieberbrunn. Mit Kaufvertrag vom 6.3.1984 veräußerte die Firma B 104/1658 Miteigentumsanteile, mit denen das ausschließliche Nutzungsrecht an der Wohnung Top B/2 verbunden ist, an die erstbeklagte Partei, die mit Gesellschaftsvertrag vom 22.11.1983 von Arch. H und der Firma W gegründet worden war. Da die Gesellschafter ausschließlich Inländer waren, erließ die Grundverkehrsbehörde einen "Negativbescheid". Zweck der Gründung der erstbeklagten Partei war der Erwerb der oa. Miteigentumsanteile sowie die Verwaltung des damit verbundenen Wohnungseigentums bis zu jenem Zeitpunkt, zu dem die Gesellschaftsanteile und damit indirekt das Wohnungseigentum an ausländische, möglichst deutsche, Staatsbürger veräußert werden sollten. Arch. H veröffentlichte diesbezügliche Annoncen in verschiedenen, auch deutschen, Zeitschriften. Im November 1993 nahmen die zweit- und drittbeklagte Partei mit Arch. H und in der Folge mit Notar Dr. T Kontakt auf, der der zweit- und drittbeklagten Partei erklärte, daß der Erwerb der Wohnung über eine Gesellschaft gehe. Nicht festgestellt werden kann, daß die zweit- und drittbeklagte Partei in gutem Glauben auf die Rechtsmeinung des Notars Dr. T vertraut hätten und die Gesetz widrigkeit des Erwerbs der Gesellschaftsanteile nicht erkannt hätten.

Mit Abtretungsvertrag vom 25.2. bzw. 3.4.1985 erwarben die zweit- und drittbeklagte Partei die Geschäftsanteile der erstbeklagten Partei. Die Verständigung der Grundverkehrsbehörde von diesem Rechtsgeschäft wurde unterlassen. Die zweit- und drittbeklagte Partei haben diese Vertragskonstruktion gewählt, obwohl es ursprünglich ihr Wunsch gewesen ist, als natürliche Person ins Grundbuch eingetragen zu werden, weil sie vom Notar die Auskunft erhalten hatten, daß sie es eben auf diese Art machen sollten. Die erst beklagte Partei hat seit der Gründung keine andere Tätigkeit, als Eigentümerin der Wohnung zu sein, entfaltet.

Der Kläger ist im Zuge eines Verfahrens bei der Landesgrundverkehrsbehörde darauf gestoßen, daß beim Appartementhaus Prama 9a und 9b, Fieberbrunn, Gesellschaften mit persönlicher (richtig wohl: beschränkter) Haftung aufscheinen, wobei zunächst Mag. H allein Gesellschafter aller dieser Gesellschaften gewesen ist, in der Folge aber sämtliche Geschäftsanteile an Ausländer verkauft worden sind.

Ein direkter Erwerb der Wohnungseigentumsanteile durch die zweit- und drittbeklagte Partei wäre nicht genehmigt worden, da der Ausländeranteil in Fieberbrunn sehr hoch ist und es sich darüber hinaus um einen Zweitwohnsitz handelt. Der Ausländeranteil war vor 10 Jahren bereits gegeben, zumal in den letzten Jahren keine Genehmigungen mehr in diesem Ausmaß erteilt wurden. Wäre die Grund verkehrsbehörde im Jahr 1985 davon in Kenntnis gesetzt worden, daß die Anteile an der Käufergesellschaft an Ausländer übertragen werden und für diese ein Zweitwohnsitz begründet werden sollte, wäre damals die Bewilligung nicht erteilt worden.

Mag. H war bewußt, daß der Erwerb der Gesellschaftsanteile durch die zweit- und drittbeklagte Partei der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde bedurfte. Weil mit einer Zustimmung nicht zu rechnen war, wurde eine Verständigung der Grundverkehrsbehörde unterlassen.

Rechtlich führte das Erstgericht aus, durch die gegenständliche Vertragskonstruktion sei das Tiroler Grundverkehrsgesetz umgangen worden. Damit sei der Kaufvertrag zwischen der erstbeklagten Partei und der B, aber auch der Abtretungsvertrag, mit welchem die zweit- und drittbeklagte Partei die Anteile an der erstbeklagten Partei erworben hätten, nichtig. Hinsichtlich der zweit- und drittbeklagten Partei sei zur Abtretung der Gesellschaftsanteile die Zustimmung der Grundverkehrsbehörde erforderlich gewesen.

Entsprechend dieser Rechtsansicht stellte das Erstgericht fest, daß der Kaufvertrag vom 6.3.1993 (richtig wohl: 1984), abgeschlossen zwischen der Firma B als Verkäuferin und der Firma L als Käuferin über den Erwerb von 104/1658 Anteilen an der Liegenschaft EZ 914 GB 82102 Fieberbrunn, Bezirksgericht Kitzbühel (Anteil 12), mit welchem das Wohnungseigentum an der Wohnung Top B/2 verbunden ist und welcher zu GZ 4087/84 BG Kitz bühel verbüchert ist, weiters der Erwerb der Geschäftsanteile (Gesellschaftsanteilte) an der erstbeklagten Partei durch die zweit- und drittbeklagte Partei nichtig sind.

Dagegen richtet sich die auf unrichtige Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung sowie unrichtige rechtliche Beurteilung gestützte Berufung der Beklagten mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Klagsabweisung abzuändern, in eventu aufzuheben.

Die klagende Partei bestreitet das Vorliegen der geltend gemachten Berufungsgründe und beantragt, der Berufung keine Folge zu geben.

Die Berufung ist im Ergebnis berechtigt.

In der Beweisrüge monieren die Beklagten die Feststellungen

1. eine Voraussetzung, daß in Umgehung der Bestimmungen des Tiroler Grundverkehrsrechtes auch ausländische Kaufinteressenten mit dem Kauf der Gesellschaftsanteile indirekt Wohnungseigentum erwerben konnten, war mit der Verbücherung des Kaufes der genannten Miteigentumsanteile (Anteil 12) an der genannten Liegenschaft durch die Erstbeklagte bereits erfüllt;

2. es kann nicht festgestellt werden, daß die zweit- und drittbeklagte Partei in gutem Glauben auf die Rechtsmeinung des Notars Dr. T vertraut und die Gesetzwidrigkeit des Erwerbs der Gesellschaftsanteile nicht erkannt hätten;

3. ein direkter Erwerb der Wohnungseigentumsanteile durch die zweit- und drittbeklagte Partei hätte nie eine Genehmigung gefunden, da der Ausländeranteil in Fieberbrunn so hoch ist und es sich darüberhinaus um einen Zweitwohnsitz handelt; der Ausländeranteil war bereits vor 10 Jahren schon so hoch, daß die Grundverkehrsbehörde, wäre sie im Jahre 1985 in Kenntnis gesetzt worden, der Übertragung der Anteile an der Käufergesellschaft an Ausländer nicht zugestimmt hätte;

4. H war bewußt, daß die Einholung der Genehmigung der Grundverkehrsbehörde erforderlich war und daß mit deren Zustimmung im Falle einer Verständigung vom Abtretungsvertrag nicht zu rechnen gewesen wäre

als unrichtig und führen dazu aus:

1. Die Frage des Eigentumserwerbes durch ausländische Kaufinteressenten sei rechtliche Beurteilung;

2.1. abgesehen davon, daß die Abtretung nicht gesetzwidrig, sondern nur genehmigungspflichtig sei, liege, soweit von Gesetzwidrigkeit des Erwerbes die Rede sei, wiederum - unrichtige - rechtliche Wertung vor; es könne der zweit- und drittbeklagten Partei nicht vorgeworfen werden, wenn sie sich Informationen über die Möglichkeiten des Eigentumserwerbes an Liegenschaften einholten;

3.1. diese Feststellungen stützten sich lediglich auf die Darstellung des Klägers, der zum Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages weder Landesgrundverkehrsreferent noch entscheidendes Organ der Grundverkehrsbehörde erster Instanz gewesen sei; aufgrund seiner Aussage könne die Feststellung nicht getroffen werden; darüberhinaus habe der Kläger konkret die Zahl über den Ausländeranteil damals oder heute nicht nennen können, sodaß für die Feststellung eines "hohen Ausländeranteiles" keine ausreichenden Beweisergebnisse vorlägen;

4.1. für diese Behauptung fehle jede Grundlage; der Zeuge H habe dagegen angegeben, diese Konstruktion sei von Rechtsanwalt Dr. Z bei der Landesregierung abgeklärt worden.

Die beklagten Parteien begehren,

1.2. diesen Satz aus den Feststellungen zu streichen;

2.2. die Feststellung, daß die zweit- und drittbeklagte Partei in gutem Glauben auf die Rechtsauskunft des Notars Dr. T auf die Gesetzmäßigkeit des gesamten Erwerbsvorganges vertraut haben;

3.2. diese Feststellung zu streichen;

4.2. die Feststellung, daß der Zeuge Hölzl davon ausging, daß den Erwerb der Gesellschaftsanteile durch die zweit- und drittbeklagte Partei grundverkehrsbehördliche Bedenken nicht entgegen stünden.

Dazu ist auszuführen:

1.3. Die Feststellung der Verwirklichung einer Möglichkeit zur Umgehung ist eine Tatfrage (vgl Stohanzl ZPO14 § 498 E 29). Da aber damit nur eine der (objektiv in Betracht kommenden) Möglichkeiten zur Umgehung des Grundverkehrsgesetzes aufgezeigt wird, können sich die Beklagten durch diese Feststellung nicht beschwert erachten.

2.3. Die Beklagten räumen selbst ein, zunächst den Wunsch gehabt zu haben, selbst im Grundbuch eingetragen zu werden, aber die von Dr. T genannte Variante gebilligt zu haben, obwohl sie diese nicht durchblickt hätten. Der Kauf einer Wohnung über Gesellschaftsanteile hätte vor allem beim Zweitbeklagten als Kaufmann, aber gewiß auch bei seiner am Erwerbsvorgang mitbeteiligten Ehegattin, Bedenken erzeugen müssen, immerhin ist diese Konstruktion beim Kauf einer Wohnung doch sehr ungewöhnlich.

3.3. Da im gegenständlichen Verfahren das Verfahren vor der Grundverkehrsbehörde nicht nachzuvollziehen ist, kommt den bekämpften Feststellungen keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu, daher war darauf nicht weiter einzugehen.

4.3. Das Wissen Mag. H um die Bestimmungen des Tiroler Grundverkehrsgesetzes kann ebenso lebensnah unterstellt werden wie sein Bemühen, Mittel und Wege zu finden, um Ferienwohnungen an Ausländer zu verkaufen.

Das Berufungsgericht hat somit keine Bedenken gegen die Richtigkeit der Tatsachenfeststellungen zu 1.2. und 4. und der diesen zugrunde liegenden Beweiswürdigung. Die in der Berufung vorgebrachten Argumente vermögen nicht zu überzeugen, weshalb die Feststellungen vom Berufungsgericht mit der Maßgabe der zu 3.3 angestellten Erwägungen übernommen werden (§ 500a ZPO).

In der Rechtsrüge wenden sich die beklagten Parteien gegen die Beurteilung des Rechtsgeschäftes als nichtig. Die von der zweit- und drittbeklagten Partei gewählte Konstruktion entspreche dem dezidiert in § 3 Abs 1 lit j Tir GVG 1983 angeführten genehmigungspflichtigen Tatbestand. Ein Umgehungsgeschäft, das Gegenstand einer Feststellungsklage des Landesgrundverkehrsreferenten sein könne, liege daher nicht vor. Das bloße Fehlen einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung sei vom Klagerecht nicht umfaßt.

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat, da eine ordnungsgemäße Rechtsrüge vorliegt, die rechtliche Beurteilung ohne Beschränkung auf die von den beklagten Parteien geltend gemachten Gründe nach jeder Richtung hin zu überprüfen (Fasching, Komm IV 323; ders. in ZPR, Rz 1774; SZ 53/74; Stohanzl ZPO14 § 462 E 11).

Da die zweit- und drittbeklagte Partei Staatsangehörige der Bundesrepublik Deutschland sind, Gegenstand des Rechtsstreites die Frage der Nichtigkeit eines Vertragswerkes bezüglich einer in Österreich gelegenen Liegenschaft ist, sind zunächst kollisionsrechtliche Fragen zu beurteilen, auch wenn sie von den Streitteilen nicht releviert wurden (EvBl 1985/63 mwN). Da es ausschließlich auf die Anwendung der öffentlich-rechtlichen Eingriffsnormen des Tiroler Grundverkehrsgesetzes (Tir GVG 1983), das auch den Grund verkehr mit Ausländern regelt, ankommt, ist österreichisches Recht anzuwenden (Schwimann in Rummel2 vor § 35 IPRG Rz 13; 1 Ob 520/89 mwN).

Für den vorliegenden Fall sind die Bestimmungen des Tir GVG LGBl 69/183 idF der Kundmachung LGBl für Tirol 44/1984 und 45/1988 sowie die Novelle LGBl für Tirol 74/1991 (kurz Tir GVG 1983) maßgebend. Bedenken gegen die Anwendung dieser Bestimmungen wegen Verfassungswidrigkeit und gegen ihre Geltung hat das Berufungsgericht nicht.

Die Länder können im Rahmen ihrer Kompetenz nach Art 15 Abs 1 B-VG gesetzliche Regelungen treffen, die den Grundstücksverkehr für Ausländer verwaltungsbehördlichen Beschränkungen unterwerfen; sie sind aufgrund des Art 15 Abs 9 B-VG auch befugt, die zur Regelung des Grundverkehrs unerläßlichen Bestimmungen auf dem Gebiete des Straf- und Zivilrechtes zu treffen (VfSlg 2.658 u.a.). Nach ständiger Rechtsprechung des OGH muß der Anwendungsbereich des Art 15 Abs 9 B-VG auch auf solche Bestimmungen erstreckt werden, die mit der geregelten Materie in einem solchen engen inhaltlichen Zusammenhang stehen, daß ohne sie die landesgesetzliche Regelung notwendigerweise unbefriedigend ausfallen müßte (ZVR 1977/33 mwN).

§ 16 Abs 1 Tir GVG 1983 normiert die Nichtigkeit von dem Zivilrecht zuzuordnenden Rechtsgeschäften, soweit eine nach dem Tir GVG 1983 erforderliche Zustimmung versagt wurde. Die Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung, der auch unerlaubte Umgehungs geschäfte unterworfen sind, steht außer Zweifel. Bei Umgehungsgeschäften besteht die Gefahr, daß das Erfordernis der grundverkehrsbehördlichen Bewilligung nicht erkannt wird und daß sie somit die Grundlage für grundbücherlich durchgeführte Rechtserwerbe sein können, die der Zielrichtung des Tir GVG 1983 widersprechen, ohne daß die zuständigen Verwaltungsbehörden die Möglichkeit gehabt haben, dagegen rechtzeitig vorzugehen. Dabei ist auch von Bedeutung, daß die Umgehungsmöglichkeiten zwar im Laufe der Zeit durch Novellen des Tir GVG 1983 eingeschränkt wurden, wegen der im Zivilrecht herrschenden Vertragsfreiheit und der Vielfalt möglicher rechtlicher Konstruktionen aber nie zur Gänze beseitigt werden können. Eine befriedigende und letztlich alle gleich treffende Regelung des Grundverkehrs für Ausländer ist daher nur dann gegeben, wenn die Nichtigkeit von Rechtserwerben, die nicht dem erforderlichen Verfahren vor den Grundverkehrsbehörden unterworfen wurden, aus öffentlich-rechtlichen Gründen von einer nicht mit den Vertragsparteien identen Person geltend gemacht und auf diese Weise ein Urteil erwirkt werden kann, das zur Beseitigung rechtswidriger Grundbuchseintragungen führt.

Die mit § 16a Tir GVG 1983 normierte Befugnis des Landesgrundverkehrsreferenten, die zweifellos auch zivilrechtlicher Natur ist, konnte daher vom (Tiroler) Landesgesetzgeber als "erforderlich" im Sinne des Art 15 Abs 9 B-VG ohne Eingriff in die Kompetenz des Bundes nach Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG erlassen werden. Nach Art II Abs 4 der Novelle vom 3.7.1991 zum Tir GVG 1983, LGBl 74/1991, erstreckt sich das Recht des Landesgrundverkehrsreferenten nach § 16a Abs 1 Tir GVG 1983 auch auf die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bestehenden Schein- oder Umgehungs geschäfte, und zwar ohne zeitliche Beschränkung. Da bei Offenlegung einer vom Gesetzgeber pönalisierten Umgehung des Grundverkehrsge setzes ein nichtiges Umgehungsgeschäft im Sinn des § 879 ABGB vorliegt, stellt sich die Frage der (die Normunterworfenen schlechter stellenden) Rückwirkung des Gesetzes oder der Eingriff in wohler worbene Rechte nicht. Absolut nichtige Rechtsgeschäfte werden auch durch Zeitablauf nicht geheilt, die Anfechtungsmöglichkeit nach § 879 ABGB ist zeitlich unbegrenzt (5 Ob 508/89 unter Berufung auf Koziol-Welser8 I 140). Die Einräumung einer auch in zeitlicher Hinsicht gleichgelagerten Befugnis des Grundverkehrsreferenten verstößt nicht gegen das Gleichheitsgebot und ist sachlich geboten, um der Intention des Tir GVG 1983 Rechnung tragen zu können. Vollständigkeitshalber sei darauf hingewiesen, daß der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 28.9.1993, B 517/93, ausführte, daß gegen § 16a Tir GVG 1983 verfassungsrechtliche Bedenken nicht bestehen.

Das Berufungsgericht sieht daher keine Veranlassung, im Sinne der Anregung der beklagten Parteien einen Antrag auf Aufhebung der in Betracht kommenden Bestimmungen des Tir GVG 1983 an den Verfassungsgerichtshof zu stellen. Gegen deren Geltung, Rechtswirksam keit und Verfassungsmäßigkeit bestehen nämlich seitens des Berufungsgerichtes keine Bedenken.

Die Feststellungsklage des Landesgrundverkehrsreferenten dient dem Zweck, bereits verbücherte Rechtserwerbe rückabzuwickeln. Nach § 16a Abs 2 Tir GVG 1983 hat das Grundbuchsgericht auf eine bloße Mitteilung des Landesgrundverkehrsreferenten hin eine bereits erfolgte Eintragung des Rechtserwerbes im Grundbuch zu löschen und den früheren Grundbuchsstand wieder herzustellen, wenn das Gericht die Nichtigkeit des Rechtsgeschäftes festgestellt hat. Nach dem Willen des Landesgesetzgebers wirkt daher ein solches Feststellungsurteil unmittelbar gegen alle Vertragspartner und leitet zwangsläufig die Rückabwicklung ein. Damit nähert sich die Wirkung eines derartigen Feststellungsurteils bereits jener eines Rechtsgestaltungsurteils.

Ob nun ein Vertrag nichtig ist, kann im Hinblick auf die in § 16a Abs 2 Tir GVG 1983 angeordneten Sanktionen daher nur einheitlich allen als Vertragspartnern in Betracht kommenden Personen gegenüber festgestellt werden. Ob das Rechtsgeschäft wegen Umgehung gesetzlicher Vorschriften nichtig ist, berührt nämlich nicht nur eine am Rechtsgeschäft beteiligte Person, sondern alle Partner des Vertrages.

Nach § 14 ZPO bilden die Beteiligten an einem Rechtsgeschäft, wenn die Wirkung des zu fällenden Urteiles sich kraft der Beschaffenheit des streitigen Rechtsverhältnisses oder kraft gesetzlicher Vorschrift auf sämtliche Streitgenossen erstreckt, eine einheitliche Streitpartei (Fasching, ZPR Rz 374). Diese einheitliche - notwendige - Streitgenossenschaft liegt vor, wenn sich die Wirkung eines Urteiles kraft der Beschaffenheit des Rechtsverhältnisses auf sämtliche Streitgenossen erstrecken muß, wenn das Urteil also zwangsläufig nur sämtliche am Rechtsgeschäft Beteiligten betreffen kann und diese dadurch gebunden sind.

Sämtliche Parteien eines Kaufvertrages bzw. des Vertrages, mit dem Gesellschaftsanteile übertragen werden, bilden somit im Streit um die Feststellung der Nichtigkeit dieser Verträge eine notwendige Streitgenossenschaft. Es müssen daher in einem solchen Fall alle Vertragspartner auf der beklagten Seite Parteistellung einnehmen. Die auf Feststellung der Nichtigkeit des Kaufvertrages bzw des Erwerbs der Gesellschaftsanteile gerichtete Klage des Landesgrundverkehrsreferenten hätte daher wegen Bestehens einer notwendigen Streitgenossenschaft iSd § 14 ZPO gegen sämtliche an den als Umgehungsgeschäft apostrophierten Rechtsgeschäften beteiligten Personen erhoben werden müssen, weil ein über diesen Rechtsstreit ergehendes Urteil zwangsläufig, wie sich aus § 16a Abs 2 Tir GVG 1983 ergibt, Rechtswirksamkeit für und gegen alle am Rechtsgeschäft Beteiligte haben muß (Fasching, ZPR Rz 374, 375; Holzhammer, Parteienhäufung und ein heitliche Streitpartei 30; EvBl 1989/40; JBl 1980, 547; MietSlg 21.787; MietSlg 20.676; SZ 43/239 u.a.). Selbst wenn man aber entgegen dieser Auffassung von keiner (unmittelbaren) Wirkung des Feststellungsurteils auf alle Vertragspartner ausgehen wollte, müßte doch zumindest die Erwägung Platz greifen, daß bei Nichterfassung aller Beteiligten die Gefahr unlösbarer Verwicklungen durch verschiedene Entscheidungen zu besorgen wäre. Auch dies reicht aber schon zur Bejahung einer notwendigen Streitgenossenschaft aus (NZ 1977, 55; MietSlg 29.596; RZ 1994/19).

Wenn auch von den beklagten Parteien der Mangel der Passivlegitimation nicht eingewendet wurde, so ergibt sich doch aus dem gesamten Vorbringen, daß die erstbeklagte Partei Käuferin und nun mehrige bücherliche Eigentümerin der streitgegenständlichen Anteile an der Wohnungseigentumsanlage und die zweit- und drittbeklagte Partei Erwerber der Gesellschaftsanteile sind. Im Urteil wurden die Verkäufer sowohl der streitgegenständlichen Anteile an der Wohnungseigentumsanlage als auch der Gesellschaftsanteile festgestellt. Dies ist von Bedeutung, weil der Mangel der Sachlegitimation dann von Amts wegen zu beachten ist, wenn - was hier der Fall ist - das Sachvorbringen die Sachlegitimation in Frage stellt oder diese nach dem festgestellten Sachverhalt nicht gegeben ist (Miet Slg 16.545; JBl 1965, 316). Den hier beklagten Parteien allein fehlt die passive Klagslegitimation. Aus diesen Erwägungen war der Berufung Folge zu geben und das Klagebegehren abzuweisen.

Die Abänderung des angefochtenen Urteiles erfordert, die Kosten des Verfahrens erster Instanz durch das Berufungsgericht (§ 50 ZPO) neu zu bestimmen (Fasching, Komm II 353; Neumann I4, 554; M. Bydlinski, Prozeßkostenersatz 409). Gemäß § 41 ZPO haben die Beklagten Anspruch auf Ersatz der Kosten des Verfahrens. Für den Antrag auf neuerliche Zustellung der Streitverkündung, der durch die fehlerhafte Angabe der Adresse notwendig wurde, sowie für den Vertagungsantrag, dessen Ursache in der Sphäre der Beklagten liegt, gebührt gemäß § 48 ZPO kein Kostenersatz (vgl Stohanzl ZPO14 § 48 E 4; 4 R 182/93, 4 R 26/94 des OLG Innsbruck u.a.).

Der Kostenspruch bezüglich des Berufungsverfahrens stützt sich auf §§ 41, 50 ZPO. Für den Schriftsatz, mit dem die beklagten Parteien einen Antrag auf Prüfung der Gesetzmäßigkeit von Gesetzesbeschlüssen des Tiroler Landtages durch das Berufungsgericht anregten, stehen Kosten nicht zu, da das darin enthaltene Vorbringen bereits in der Berufung erstattet hätte werden können (§ 22 RATG).

Bei der gemäß § 500 Abs 2 Z 1 ZPO vorzunehmenden Bewertung des Entscheidungsgegenstandes bestand kein Anlaß, von der von der klagenden Partei vorgenommenen Bewertung abzugehen.

Für die Zulassung der Revision bestand kein Anlaß, weil keiner der im § 502 Abs 1 ZPO genannten Tatbestände vorliegt und das Berufungsgericht von der herrschenden Rechtsprechung, wie durch Zitate belegt, nicht abwich.

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