JudikaturJustiz4R19/05a

4R19/05a – LG für ZRS Graz Entscheidung

Entscheidung
01. März 2005

Kopf

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz, Marburgerkai 49, Abteilung 4, hat als Rekursgericht durch die Richter Dr. Wetzelberger (Vorsitz), Dr. Seyffertitz und Dr. Katter der Exekutionssache der betreibenden Partei *****vertreten durch Dr. Obrecht Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in 4020 Linz, wider die verpflichteten Parteien 1.) *****geboren am 23.10.1975, Angestellte, und 2.) *****, geboren am 17.9.1977, Angestellter, beide wohnhaft in *****wegen € 227,26 sA, über den Rekurs der betreibenden Partei gegen die Kostenentscheidung im Beschluss des Bezirksgerichtes Voitsberg vom 18.11.2004, 12 E 4396/04h-2, in nicht öffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs, dessen Kosten die Rekurswerberin selbst zu tragen hat, wird F o l g e gegeben.

Der angefochtene Beschluss, der in der Hauptsache (auf Bewilligung der Fahrnis- und der Forderungsexekution nach § 294a EO gegen die beiden verpflichteten Parteien) und im Zuspruch von € 132,85 an Antragskosten als unbekämpft unberührt zu bleiben hat, wird im Übrigen (somit in der [negativen] Entscheidung über das weitere Kostenbegehren von € 34,--) aufgehoben und dem Erstgericht in diesem Umfang die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Text

Begründung:

Die betreibende Partei begehrte mit ihrer elektronischen Eingabe die Bewilligung der Fahrnis- und der Forderungsexekution nach § 294a EO wider beide verpflichteten Parteien zu Hereinbringung von € 227,26 samt Anhang. Sie verzeichnete Normalkosten nach TP 2 RATG zuzüglich Einheitssatz, Streitgenossenzuschlag, ERV-Zuschlag, Umsatzsteuer, Pauschalgebühr und Vollzugsgebühr sowie zwei Positionen "Auskunft EUR 17,--", zusammen € 166,84. Sie brachte unter "weiteres Vorbringen" vor: "Bescheinigung: Die verzeichneten Kosten für die Geburtsdatenerhebungen bei den zuständigen Meldebehörden sind angefallen, da aufgrund der momentanen Rechtslage eine Erhebung durch das Internet nicht möglich ist."

Mit dem angefochtenen Beschluss bewilligte das Erstgericht in der Hauptsache die Exekution antragsgemäß und bestimmte die Kosten "nur" nach TP 2 (RATG). Die Auskunftskosten seien nicht bescheinigt. Es bezog sich auf § 78 EO, § 54 Abs 1 ZPO und § 74a EO. Gegen diese Kostenentscheidung richtet sich der fristgerechte Rekurs der betreibenden Partei insoweit, als ihr die von ihr als Barauslagen verzeichneten Kosten für "Auskunft" von zusammen € 34,-- nicht zugesprochen werden; die Rekurswerberin begehrt die entsprechende Abänderung der angefochtenen Kostenentscheidung. Sie vertritt den Standpunkt, dass ihr Vertreter im Antrag vom 8.11.2004 zur Bescheinigung, dass die verzeichneten Barauslagen aufgelaufen wären, die Erklärung abgegeben habe, die verzeichneten Kosten für die Geburtsdatenerhebung bei der zuständigen Meldebehörde seien angefallen. Es sei für Rechtsanwälte unmöglich, über das Internet bzw im Zusammenhang mit dem ZMR das Geburtsdatum zu erfragen. Eine gesonderte Oneline-Geburtsdatenabfrage sei überhaupt nicht möglich. Die Rekurswerberin sei daher wie bisher gezwungen gewesen, die Auskunft über das Geburtsdatum des Verpflichteten über das Inkassobüro Haydn GmbH bei der zuständigen Meldebehörde einzuholen, wobei eine Kopie des Zahlungsbefehles beigelegt hätte werden müssen, wodurch die im Antrag verzeichneten Barauslagen im Sinn von Verwaltungsabgaben und Gebühren zu bezahlen gewesen wären. Das Erstgericht hätte im Fall von Bedenken zumindest einen Verbesserungsauftrag erteilen müssen.

Die verpflichteten Parteien haben den Beschluss unbekämpft gelassen und eine ihnen freigestellte Rekursbeantwortung nicht erstattet. Der Rekurs erweist sich im Sinn des in einem Abänderungsantrag kraft Gesetzes mitenthaltenen Aufhebungsantrages als zielführend.

Rechtliche Beurteilung

§ 74a EO wurde durch die EO-Novelle 2000 eingeführt. Danach braucht der betreibende Gläubiger, der einen Antrag im elektronischen Rechtsverkehr einbringt, Barauslagen nur auf Aufforderung des Gerichtes zu belegen, wenn sie den Betrag von € 30,-- nicht übersteigen. Diese Aufforderung ist bei Bedenken gegen die Richtigkeit der verzeichneten Barauslagen und auf Verlangen des Verpflichteten zu erlassen. Das Einspruchsverfahren ist sinngemäß anzuwenden.

Die erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (abgedruckt zB bei Mohr, Die neue Zwangsversteigerung - EO-Novelle 2000, 67) gehen (unter anderem) davon aus, dass der Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs ein wichtiges Anliegen sei, weil er zu einer wesentlichen Arbeitserleichterung und damit zur Verfahrensbeschleunigung führe. Der mit der EO-Novelle 1995 begonnene Weg solle fortgesetzt werden. Auch die urkundliche Bescheinigung der Barauslagen des betreibenden Gläubigers solle daher in Hinkunft entfallen, dies solle allerdings nur bis zu einem Betrag von € 30,-- gelten. Damit sollten jedenfalls die Kosten einer Meldeauskunft erfasst und höhere Kosten, etwa Auskünfte eines Detektivbüros, nach wie vor bescheinigt werden.

Hiebei dürfte - nach Ansicht des Rekursgerichtes - vom Regelfall ausgegangen worden sein, dass einem betreibenden Gläubiger ein Verpflichteter gegenübersteht. Hier betreibt ein Gläubiger die Exekution gegen zwei verpflichtete Parteien. Der erkennende Senat sieht ausgehend von dem aus den Gesetzesmaterialien erkennbaren Zweck dieser Bestimmung kein Argument, § 74a EO nicht dahin auszulegen, dem betreibenden Gläubiger den "Freibetrag" von € 30,-- gemäß § 74a EO für jeden Verpflichteten zuzugestehen, wenn ihm zwei (oder mehrere) verpflichtete Parteien gegenüberstehen (zur Vermeidung von Missverständnissen ist klar zu stellen, dass dies aber nicht dazu führen kann, dass im Falle mehrerer verpflichteter Parteien eine nur einen Verpflichteten betreffende entsprechend kostenaufwändige Auskunft [etwa einer Auskunftei] unter Berufung auf diese Bestimmung verzeichnet werden kann, solange sie nur unter dem mit der Anzahl der Verpflichteten vervielfachten Betrag von € 30,-- bleibt. Maßgeblich ist, dass der Betrag je Verpflichteten verzeichnet werden kann. Sollten Bedenken bestehen wird - wie im Gesetz vorgesehen - über Aufforderung des Gerichtes der betreibende Gläubiger die Barauslagen zu belegen haben).

Im vorliegenden Fall hat das Erstgericht erkennbar lediglich deswegen die die Auskünfte betreffenden Kosten (zusammen € 34,--) nicht zugesprochen, weil der Schwellenwert gemäß § 74a EO überschritten war; es ist deswegen von der Pflicht zur Bescheinigung der verzeichneten Barauslagen im Sinn von § 54 Abs 1 ZPO und § 78 EO ausgegangen. Da diese Rechtsansicht vom erkennenden Senat - wie dargelegt - nicht geteilt wird und aus der Begründung der angefochtenen Entscheidung nicht ersichtlich ist, ob das Erstgericht sonstige Bedenken gegen die verzeichneten Kosten hegte, ist die Kostenentscheidung - soweit sie Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens ist - aufzuheben und dem Erstgericht in diesem Umfang die neuerliche Entscheidung unter Bedachtnahme auf die obigen Ausführungen aufzutragen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 40 und § 50 Abs 1 ZPO iVm § 78 EO und insbesondere § 11 RATG. Grundsätzlich wären gemäß § 52 ZPO, § 78 EO die Kosten der Endentscheidung vorzubehalten. Zufolge § 11 RATG bestünde gegenüber dem Gegner nur Anspruch auf Barauslagenersatz, weil im Kostenrekurs ein Betrag begehrt wird, der € 100,-- nicht übersteigt. Da Barauslagen im Rechtsmittel nicht verzeichnet wurden, könnte auch bei einem allfälligen Erfolg im zweiten Rechtsgang ein Kostenzuspruch nicht in Betracht kommen. Die Zulässigerklärung des Rekurses kommt kraft Gesetzes nicht in Betracht, weil es sich um eine Kostenentscheidung handelt (§ 527 Abs 2, § 528 Abs 2 Z 3 ZPO jeweils in Verbindung mit § 78 EO).

Rechtssätze
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