JudikaturJustiz4R181/93

4R181/93 – OLG Innsbruck Entscheidung

Entscheidung
02. Juli 1993

Kopf

Beschluß.

Das Oberlandesgericht Innsbruck hat als Rekursgericht in der Rechtssache der klagenden Partei R wider die beklagten Parteien

1. W, 2. G, wegen S 1,173.623,80 s.A. über den Rekurs der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch vom 27.5.1993, 5 Cg 62/93k-17, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Aus Anlaß des Rekurses wird der angefochtene Beschluß als nichtig aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung über den Verfahrenshilfeantrag der klagenden Partei aufgetragen. Die Rekurskosten sind weitere Kosten des Verfahrens über den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

In der auf Zahlung eines Betrages von S 1,173.623,80 s.A. als restliches Honorar für Planungsarbeiten gerichteten, am 15.12.1992 bei Gericht eingebrachten Klage beantragte der Kläger unter Hinweis auf das beigeschlossene Vermögensbekenntnis die Bewilligung der Verfahrenshilfe im Rahmen des § 64 Z 1 lit a-f ZPO.

Die Beklagten haben im Rahmen der Klagebeantwortung auch zum Antrag des Klägers auf Bewilligung der Verfahrenshilfe Stellung genommen, sich mit den Angaben in dem vom Kläger gelegten Vermögensbekenntnis auseinandergesetzt und den Antrag gestellt, dem Kläger Verfahrenshilfe nicht zu gewähren.

Das Erstgericht hat mit dem angefochtenen Beschluß dem Kläger nach dessen Vernehmung zu seinen Angaben im Vermögensbe kenntnis die Verfahrenshilfe gemäß § 64 Abs 1 lit a-f ZPO bewilligt. Dieser Beschluß enthält keine Begründung.

Die Beklagten bekämpfen diesen Beschluß mit einem rechtzeitigen und zulässigen (§ 72 Abs 2 ZPO) Rekurs seinem gesamten Inhalt nach und stellen den Rekursantrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß dem Kläger die Verfahrenshilfe versagt wird.

Rechtliche Beurteilung

Geht man vom Wortlaut der veröffentlichten Leitsätze aus, so ist die Rechtsprechung zur Frage, ob Beschlüsse über die Bewilligung der Verfahrenshilfe begründet werden müssen, nicht einhellig. Nach der unter E 1 zu § 428 ZPO-MGA14 veröffentlichten Entscheidung des Landesgerichtes Wien vom 30.10.1974 (Arb 9.333) besteht für einen die Verfahrenshilfe bewilligenden Beschluß keine Begründungspflicht, während nach der zu EFSlg 64.110 veröffentlichten Entscheidung des LGZ Wien vom 29.11.1990 auch Beschlüsse über die Bewilligung der Verfahrenshilfe zu begründen sind. Ob letzterer Entscheidung widerstreitende Anträge zur Frage der Bewilligung der Verfahrenshilfe zugrunde lagen, läßt sich aus dem veröffentlichten Text nicht entnehmen. Wohl aber ergibt sich aus der zu Arb 9.333 veröffentlichten Entschei dung, daß sich diese auf einen Fall bezog, in dem der Prozeßgegner vor der Entscheidung über den Verfahrenshilfeantrag nicht gehört worden war. Zwischen den beiden zitierten Entscheidungen besteht daher möglicherweise nur ein scheinbarer Widerspruch.

Auszugehen ist für die Beurteilung der Frage der Begründungspflicht eines Beschlusses über die Bewilligung der Verfahrenshilfe davon, daß die Bestimmungen der §§ 63 bis 73 ZPO dafür keine eigene Regelung vorsehen. Der zu Arb 9.333 veröffentlichten Entscheidung ist insoweit beizupflichten, daß allein aus dem Umstand, daß gemäß § 72 Abs 2 ZPO gegen alle Beschlüsse über die Verfahrenshilfe auch dem Gegner der Rekurs zusteht, noch nicht auf eine allgemeine Begründungspflicht für den Bewilligungsbeschluß geschlossen werden kann. Mangels einer Sonderbestimmung für Beschlüsse über die Bewilligung der Verfahrenshilfe ist auf die allgemeinen Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Begründungspflicht für Beschlüsse zurückzugreifen. Danach besteht eine Begründungspflicht für Beschlüsse über widerstreitende Anträge und für Beschlüsse, durch welche ein Antrag abgewiesen wird (§ 428 Abs 1 ZPO). Ein Beschluß, mit dem die Verfahrenshilfe antragsgemäß bewilligt wird, muß also dann begründet werden, wenn zur Frage der Bewilligung der Verfahrenshilfe widerstreitende Anträge vorliegen. Dies trifft hier zu, weil sich die beklagten Parteien schon vor der Entscheidung über den Antrag des Klägers aus drücklich gegen die Bewilligung der Verfahrenshilfe ausgesprochen und die Abweisung dieses Antrages beantragt haben.

Das Erstgericht hat somit eine gesetzlich ausdrücklich vorgeschriebene Begründung des angefochtenen Beschlusses unterlassen; dies bewirkt die Nichtigkeit des angefochtenen Beschlusses gemäß § 477 Abs 1 Z 9 ZPO iVm § 514 Abs 2 ZPO (Fasching, Lehrbuch2 Rz 1595; E 112 und 114 zu § 477 ZPO-MGA14). Diese Nichtigkeit wird im Rekurs zwar nicht geltend gemacht, ist aber aus Anlaß des zulässigen Rechtsmittels auch von Amts wegen wahrzunehmen (Fasching, Lehrbuch2 Rz 2011).

Der angefochtene Beschluß ist somit aus Anlaß des Rekurses als nichtig aufzuheben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung über den Verfahrenshilfeantrag des Klägers auf zutragen. Dabei wird das Erstgericht auch Gelegenheit haben, sich mit den im Rekurs vorgebrachten Argumenten der Beklagten auseinanderzusetzen. Die Entscheidung über die Rekurskosten stützt sich auf § 52 ZPO. Der Revisionsrekurs ist nach § 528 Abs 2 Z 4 ZPO jeden falls unzulässig, was gemäß §§ 526 Abs 3, 500 Abs 2 Z 2 ZPO auszusprechen war.

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