JudikaturJustiz4R180/23d

4R180/23d – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
13. Februar 2024

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Rendl als Vorsitzenden sowie die Richter Mag. Dr. Sengstschmid und Mag. Falmbigl in der Rechtssache der klagenden Partei ***** , vertreten durch die Gheneff-Rami-Sommer Rechtsanwälte GmbH Co KG in Wien, gegen die beklagte Partei ***** , vertreten durch Dr. Peter Zöchbauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Urteilsveröffentlichung und Zahlung von EUR 20.000 samt Nebengebühren (Gesamtstreitwert zuletzt: EUR 52.000) über den Rekurs der beklagten Partei (Rekursinteresse EUR 52.000) gegen den Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 30.10.2023, GZ: 17 Cg 4/22b-37, in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 2.234,04 (darin EUR 372,34 USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

B egründung:

Text

Mit Urteil des Erstgerichts vom 18.1.2023 wurde die Beklagte neben der Unterlassung wettbewerbswidriger Behauptungen und der Zahlung von EUR 12.000 an Schadenersatz auch dazu verpflichtet, binnen 14 Tagen den Urteilsspruch auf ihrer Website für die Dauer von 4 Wochen zu veröffentlichen. Der dagegen erhobenen Berufung gab das Oberlandesgericht Wien mit Urteil vom 30.5.2023 zu AZ 4 R 20/23z nicht Folge und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands EUR 30.000 übersteigt und die ordentliche Revision nicht zulässig ist. Das Urteil des Berufungsgerichts wurde den Parteien am 21.6.2023 zugestellt.

Am 6.7.2023 bestätigte das Erstgericht die Vollstreckbarkeit der Urteile erster und zweiter Instanz (ON 32). Die Rechtskraft wurde erst am 31.8.2023 bestätigt (ON 33).

Die Beklagte beantragte am 27.10.2023 die Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung und brachte dazu vor, die Urteile seien am 6.7.2023 nicht vollstreckbar gewesen. Die Frist zur Erhebung einer außerordentlichen Revision sei der Beklagten noch bis 22.8.2023 offen gestanden. Aus § 25 Abs 7 UWG werde abgeleitet, dass nur rechtskräftige Urteile veröffentlicht werden müssten. Die 14-tägige Leistungsfrist hätte daher erst mit Rechtskraft des Urteils zu laufen begonnen. Es habe daher an einem Exekutionstitel nach § 1 Z 1 EO gefehlt.

Die Klägerin begehrte die Abweisung des Antrags und entgegnete, § 25 Abs 7 UWG sei nicht anwendbar, weil es nicht um die Veröffentlichung im Medium eines Dritten gehe. Außerdem liege zwar kein rechtskräftiges Urteil, aber ein anderer vollstreckbarer Exekutionstitel nach § 25 Abs 7 UWG vor.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den Antrag der Beklagten auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung ab.

Die Leistungsfrist habe mit dem Tag der Zustellung der Berufungsentscheidung an die Parteien begonnen. Eine außerordentliche Revision hemme nur den Eintritt der Rechtskraft, nicht aber den Eintritt der Vollstreckbarkeit. Das Urteil sei daher am 6.7.2023 vollstreckbar gewesen. Dass aufgrund eines noch nicht rechtskräftigen Urteils nach § 25 Abs 7 UWG keine Exekution geführt werden dürfe, sei im Titelverfahren bei Erteilung der Vollstreckbarkeitsbestätigung nicht zu berücksichtigen.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass die Vollstreckbarkeitsbestätigung vom 6.7.2023 aufgehoben wird. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt .

1. Ob die Bestätigung der Vollstreckbarkeit gesetzwidrig oder irrtümlich erteilt wurde (§ 7 Abs 3 EO), ist nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Erteilung zu beurteilen. Die Vollstreckbarkeitsbestätigung ist daher auch dann aufzuheben, wenn die Vollstreckbarkeit des Exekutionstitels inzwischen eingetreten ist (RS0001576 [T1]; Jakusch in Angst/Oberhammer , EO 3 § 7 Rz 103). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Voraussetzungen für die Bestätigung der Vollstreckbarkeit ist daher der 6.7.2023. Dass zwischenzeitlich die Rechtskraft und damit die Exekutionsfähigkeit des Urteils eingetreten ist, beseitigt grundsätzlich nicht die Beschwer (vgl 1 Ob 225/17w).

Allerdings hat das Oberlandesgericht Wien bei vergleichbarem Sachverhalt in der (unveröffentlichten) Entscheidung zu AZ 1 R 37/16t vom 1.4.2016 entschieden, dass schon für einen Antrag nach § 7 Abs 3 EO das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn der Antrag sein Ziel, eine verfrühte Exekutionsführung zu verhindern, (zeitlich) nicht erreichen kann. Ein solcher Fall liegt auch hier vor. Die Veröffentlichungspflicht war (auch nach Rechtsansicht der Beklagten) jedenfalls 14 Tage nach Eintritt der Rechtskraft, das heißt am 6.9.2023 vollstreckbar. Sowohl zum Zeitpunkt der Exekutionsbewilligung (13.10.2023) als auch zum Zeitpunkt der Antragstellung nach § 7 Abs 3 EO (27.10.2023) hätte daher das Erstgericht sofort eine neue Vollstreckbarkeitsbestätigung ausstellen können. Damit war der Antrag nach § 7 Abs 3 EO zeitlich nicht geeignet, eine verfrühte Exekutionsführung zu verhindern und schon aus diesem Grund abzuweisen.

2. Darüber hinaus wird auch die Ansicht des Rekurses, die Vollstreckbarkeitsbestätigung sei rechtswidrig erteilt worden, nicht geteilt:

Nach § 505 Abs 4 letzter Satz ZPO hemmt die Erhebung einer außerordentlichen Revision nicht den Eintritt der Vollstreckbarkeit, sondern nur den der Rechtskraft. Hat daher das Berufungsgericht – wie hier (4 R 20/23z) – in einer Rechtssache mit einem EUR 30.000 übersteigenden Wert des Entscheidungsgegenstandes ausgesprochen, dass die ordentliche Revision nicht zulässig ist, kann grundsätzlich auf Grund des Berufungsurteils Exekution geführt werden ( A.Kodek in Rechberger/Klicka , ZPO 5 § 505 ZPO, Rz 4).

Mit seinem Abänderungs- und Aufhebungsantrag wendet sich der Rekurs gegen die Abweisung des Antrags auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung hinsichtlich des gesamten Ersturteils. Inhaltlich enthält er aber nur Ausführungen zur (mangelnden) Vollstreckbarkeit der Verpflichtung zur Urteilsveröffentlichung. Warum das Ersturteil auch in seinen sonstigen Spruchpunkten (Unterlassung, Zahlung) am 6.7.2023 nicht vollstreckbar gewesen sein sollte, wird nicht ausgeführt. In diesem Umfang kann dem Rekurs schon deswegen kein Erfolg beschieden sein.

4. Für seinen Standpunkt, die Vollstreckbarkeit der Verpflichtung zur Urteilsveröffentlichung sei gesetzwidrig bestätigt worden, verweist der Rekurs auf die Bestimmung des § 25 Abs 7 UWG. Zu dieser Bestimmung hat das Oberlandesgericht Wien in seinem Beschluss vom 14.2.2022 zu AZ 1 R 4/22y (= RW0001011; MR 2022, 58; ÖBl 2022/51 [ Hinger ]) ausführlich Stellung genommen. Demnach ist (stark zusammengefasst) aus dem Wortlaut des § 25 Abs 7 UWG und dem Zweck der Urteilsveröffentlichung unzweifelhaft zu schließen, dass das Vorliegen der Vollstreckbarkeit für eine zwangsweise Durchsetzung der Verpflichtung zur Vornahme einer Urteilsveröffentlichung nicht ausreichen soll. Insofern ist § 25 Abs 7 UWG als lex specialis zur generellen Norm des § 1 Z 1 EO anzusehen. Hat der Verpflichtete entsprechend dem Titel eine Urteilsveröffentlichung entweder im eigenen Medium oder in einem Drittmedium vorzunehmen, kann diese analog § 25 Abs 7 UWG also nur bei Vorliegen eines rechtskräftigen Urteils im Weg der Exekution erzwungen werden.

Entgegen der Argumentation des Rekurses ist aus dieser Entscheidung jedoch nicht abzuleiten, dass die Vollstreckbarkeit erst mit (bzw nach) Rechtskraft des Urteils eintreten würde, sondern dass für das Vorliegen eines durchsetzbaren Exekutionstitels im Fall des § 25 Abs 7 UWG die Vollstreckbarkeit allein nicht ausreicht.

5. Der Inhalt der Vollstreckbarkeitsbestätigung betrifft jedoch nur die formelle Vollstreckbarkeit. Das Vorhandensein der weiteren Voraussetzungen nach § 7 Abs 1 und Abs 2 EO wird dadurch gerade nicht festgestellt. Gegenstand der Vollstreckbarkeitsbestätigung ist der rein verfahrensrechtliche Umstand der formellen Vollstreckbarkeit. Diese ist gegeben, wenn der Exekutionstitel einerseits prozessual wirksam geworden ist und andererseits gegen ihn kein die Vollstreckbarkeit hemmender Rechtszug mehr offen steht. Im Verfahren nach § 7 Abs 3 EO wird nur die formelle Vollstreckbarkeit vom Titelgericht überprüft (RS0119666, RS0119667). Ob der Exekutionstitel materiell vollstreckbar ist, also die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 und 2 EO, der § 1 EO ergänzt, erfüllt und damit Grundlage einer Exekutionsbewilligung sein kann, ist hingegen vom Exekutionsgericht vor Bewilligung des Exekutionsantrags zu prüfen (3 Ob 8/07h, RS0000494). Eine Einschränkung dieses Grundsatzes hat die Rechtsprechung nur insoweit vorgenommen, als mit der Bestätigung der Vollstreckbarkeit auch der Ablauf der Leistungsfrist bestätigt wird (3 Ob 289/04b; 4 Ob 16/10x; RS0000188; Höllwerth in Deixler-Hübner , EO § 7 Rz 151).

Nach diesen Grundsätzen hat das Erstgericht am 6.7.2023 die formelle Vollstreckbarkeit zu Recht bestätigt. Das Urteil unterlag keinem die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug mehr und die 14-tätige Leistungsfrist ab Zustellung der Berufungsentscheidung war abgelaufen.

Selbst die irrtümliche Annahme des Ablaufes der Leistungsfrist allein würde auch dann, wenn man – der herrschenden Praxis entsprechend – der Bestätigung der Vollstreckbarkeit auch die Bedeutung einer Bestätigung über den Ablauf der Leistungsfrist beimisst, keinen Grund zu deren Aufhebung nach § 7 Abs 3 EO bilden, weil der Ablauf der Leistungsfrist keine Frage der (formellen) Vollstreckbarkeit (also der Unzulässigkeit eines weiteren die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtsmittels) des Exekutionstitels ist ( Jakusch in Angst/Oberhammer , EO 3 § 7 Rz 102).

Ein Urteil, das eine Verpflichtung zur Urteilsveröffentlichung enthält, ist im Hinblick auf § 25 Abs 7 UWG mit den Exekutionstiteln nach § 1 Z 7, Z 8 und Z 9 EO vergleichbar, die für ihre Exekutionstauglichkeit bereits in Rechtskraft erwachsen sein müssen. In diesen Fällen genügt für den Antrag auf Exekutionsbewilligung entgegen § 54 Abs 3 EO nicht die Beifügung der Bestätigung bloß der Vollstreckbarkeit, sondern es muss eine Bestätigung der Rechtskraft beigebracht werden (vgl Jakusch in Angst/Oberhammer , EO 3 § 1 Rz 63, § 7 Rz 93/1, § 54 Rz 49; Höllwerth in Deixler-Hübner , EO § 1 Rz 83).

Aus all dem folgt, dass die Bestätigung der Vollstreckbarkeit durch das Erstgericht weder gesetzwidrig noch irrtümlich erteilt wurde. Der Antrag der Beklagten auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung wurde daher zu Recht abgewiesen und dem Rekurs dagegen war nicht Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

Nach § 528 Abs 2 Z 2 ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig.

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