JudikaturJustiz32R51/03z

32R51/03z – LG Leoben Entscheidung

Entscheidung
10. April 2003

Kopf

Das Landesgericht Leoben hat als Rekursgericht durch die Richter Hofrat Dr. Ludwig Mayer (Vorsitz), Mag. Michaela Trinker und Dr. Günter Kafrda in der Konkurssache der Schuldnerin C*****vertreten durch die Schuldnerberatung Steiermark GmbH, Regionalstelle Liezen, Wienerstraße 60, 8605 Kapfenberg, wegen Einleitung des Abschöpfungsverfahrens über den Rekurs der Gläubigerin E*****vertreten durch Dr. Michael Augustin und Mag. Peter Haslinger, Rechtsanwälte in Leoben, gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Liezen vom 5.3.2003, 4 S 1/03g-8, beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird F o l g e gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Dem Erstgericht wird die neuerliche Entscheidung über den Antrag auf Einleitung des Abschöpfungsverfahrens nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof ist zulässig. Begründung:

Text

Die Schuldnerin beantragte die Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens und die Annahme des von ihr vorgelegten Zahlungsplans, hilfsweise die Durchführung des Abschöpfungsverfahrens mit Restschuldbefreiung. Sie gab unter anderem an, über ein monatliches Einkommen von EUR 600,-- zu verfügen; davon sei zwar nichts pfändbar, doch könne sie wegen niedriger Lebenshaltungskosten und Unterstützung von dritter Seite pro Monat EUR 150,-- zahlen, sodass sich eine Quote von 21,63 % für die Gläubiger ergebe (ON 1).

Das Erstgericht eröffnete das Schuldenregulierungsverfahren über das Vermögen der Schuldnerin und beraumte eine Tagsatzung für den 3.3.2003 an (ON 2). Dabei wurde unter anderem der Zahlungsplan nicht angenommen; eine Gläubigerin, die E*****AG, machte als Hindernis für die Einleitung des Abschöpfungsverfahrens geltend, es gebe keinen Nachweis, dass die 10 %-Quote erreicht werde (ON 6). Mit dem angefochtenen Beschluss leitete das Erstgericht das Abschöpfungsverfahren ein und bestellte einen Treuhänder; zugleich wies es den Dienstgeber der Schuldnerin an, deren pfändbare Bezüge dem Treuhänder zu überweisen.

Diese Entscheidung bekämpft die Gläubigerin E*****AG mit einem rechtzeitigen und im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags auch berechtigten Rekurs.

Rechtliche Beurteilung

Das Wesen des Abschöpfungsverfahrens besteht darin, dass der Schuldner seine pfändbaren Einkünfte an einen vom Gericht zu bestellenden Treuhänder abtritt, um die Restschuldbefreiung auch ohne Zustimmung der Gläubiger zu erlangen (Kodek, Handbuch Privatkonkurs, Rz 508, 516). Die Abtretungserklärung umfasst nur den pfändbaren Teil der Einkünfte; in die Abschöpfungsmasse fallen lediglich die § 291a EO (nicht auch die § 291b EO) übersteigenden Beträge; allerdings ist sie auch dann erforderlich, wenn der Schuldner zur Zeit der Antragstellung über keine (pfändbaren) Einkünfte verfügt (Kodek aaO Rz 518, 598). Zwar ist eine Herabsetzung des unpfändbaren Freibetrags möglich (§ 205 Abs 1 KO), jedoch nur im Zusammenhang mit einer nicht zu berücksichtigenden Unterhaltspflicht iS des § 292b Z 2 EO oder mit bestimmten Leistungen Dritter im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses iS des § 292b Z 3 EO (Kodek aaO, Rz 603).

§ 201 KO zählt - taxativ - jene Gründe auf, die es verhindern, dass ein Schuldner gegen den Willen der Gläubiger in den Genuss der Restschuldbefreiung kommt. Vor der Insolvenz-Novelle 2002 wurde aus § 183 Abs 1 Z 3 KO aF geschlossen, dass der Schuldner auf Einwand eines Gläubigers zu bescheinigen habe, die Erteilung der Restschuldbefreiung sei zu erwarten (vgl 8 Ob 342/98x). Da nunmehr der Schuldner nach § 183 Abs 1 Z 3 KO nur zu bescheinigen hat, dass seine Einkünfte die Kosten des Verfahrens voraussichtlich decken werden, besteht für eine Prüfung der Erfolgsaussichten vor Einleitung des Abschöpfungsverfahrens keinerlei Grundlage mehr (Kodek aaO Rz 551).

Das von der Rekurswerberin vorgebrachte Einleitungshindernis ist daher unbeachtlich, was das Erstgericht zutreffend erkannt hat. Das Fehlen von Einleitungshindernissen nach § 201 KO reicht aber für die Einleitung des Abschöpfungsverfahrens noch nicht aus. Vielmehr müssen dessen Kosten durch die dem Treuhänder zukommenden Beträge voraussichtlich gedeckt sein (§ 202 Abs 1 KO). Diese Voraussetzung ist - im Gegensatz zu den Einleitungshindernissen - von Amts wegen wahrzunehmen, wobei das Gericht auf die monatliche Mindestentlohnung des Treuhänders von EUR 10,-- pro Monat zuzüglich Umsatzsteuer (§ 204 Abs 1 KO) abzustellen hat (Kodek aaO Rz 552).

Berücksichtigt man nun, dass diese Mindestentlohnung für die Dauer von 7 Jahren (§ 199 Abs 2 KO) etwas mehr als EUR 1.000,-- beträgt, davon aber nach derzeitigem Stand - und es gibt kein Vorbringen in Richtung einer zu erwartenden Änderung - im Wege der Abschöpfung nichts hereingebracht werden kann (auch eine Herabsetzung des unpfändbaren Freibetrags kommt hier offenbar nicht in Frage), so lässt sich bloß auf Grund der Erklärung der Schuldnerin, monatlich EUR 150,-- zahlen zu wollen, noch nicht annehmen, die Kosten des Abschöpfungsverfahrens würden voraussichtlich gedeckt sein. Damit liegt eine von Amts wegen wahrzunehmende Voraussetzung für die Einleitung des Abschöpfungsverfahrens nicht vor.

Auch wenn das Gesetz bei der Einleitung des Abschöpfungsverfahrens - im Gegensatz zur Konkurseröffnung - nicht den Erlag eines Kostenvorschusses als Alternative zum Vorliegen kostendeckenden Einkommens vorsieht und nach Auffassung Kodeks (aaO Rz 553) ein Auftrag an den Schuldner zum Erlag eines Kostenvorschusses im Hinblick auf die regelmäßige Mittellosigkeit auch nicht sinnvoll wäre, ist es in einem Fall wie hier, in dem die Schuldnerin nach ihrem Vorbringen mit Unterstützung von dritter Seite rechnen kann, erforderlich, ihr die Zahlung eines Kostenvorschusses in Höhe der voraussichtlichen Mindestentlohnung des Treuhänders aufzutragen. Um ihr Gelegenheit zu geben, diesen Schritt zu setzen, war der angefochtene Beschluss aufzuheben.

Der ordentliche Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof wurde zugelassen, da sich das Höchstgericht, soweit erkennbar, mit den Voraussetzungen für die Einleitung des Abschöpfungsverfahrens seit der Insolvenz-Novelle 2002 in einer veröffentlichten Entscheidung noch nicht auseinandergesetzt hat.

Landesgericht Leoben

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