JudikaturJustiz32Bs87/24i

32Bs87/24i – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
02. April 2024

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien als Vollzugssenat nach § 16a StVG hat durch die Senatspräsidentin Mag. Seidl als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Vetter und den fachkundigen Laienrichter Oberstleutnant Posch Fahrenleitner als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen A* wegen § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 1 und 3 SMG, § 12 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Beschwerde des A* gegen den Bescheid der Generaldirektion des Bundesministeriums für Justiz vom 16. Februar 2024, GZ VOÄ 2024/000239, nach § 121b Abs 3 StVG in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen .

Text

Begründung:

Beim Landesgericht für Strafsachen Graz ist zu AZ 21 HR 14/24h (vormals: AZ 25 HR 13/21m) ein Ermittlungsverfahren gegen A* anhängig. Mit Beschluss vom 14. Jänner 2024 wurde über den Genannten die Untersuchungshaft aus den Haftgründen der Flucht , Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 2 und 3 lit a und b StPO verhängt. In Folge einer dagegen erhobenen Beschwerde des A* setzte das Oberlandesgericht Graz mit Beschluss vom 12. Februar 2024, AZ 8 Bs 37/24p, die Untersuchungshaft aus den genannten Haftgründen fort (vgl die aus der Verfahrensautomation Justiz beigeschafften Beschlüsse auf Verhängung bzw Fortsetzung der Untersuchungshaft).

Mit dem angefochtenen Bescheid ordnete die Generaldirektion gemäß § 183 StPO die Zuständigkeit der Justizanstalt Klagenfurt für den Vollzug der über den Untersuchungshäftling A* verhängten Untersuchungshaft an.

Begründend wurde ausgeführt, dass im Strafverfahren des Landesgerichts für Strafsachen Graz, AZ 21 HR 14/24h (AZ 25 HR 13/21m), die Leitung der Justizanstalt Graz Jakomini um Anordnung der Zuständigkeit der Justizanstalt eines anderen Gerichtshofes für den Vollzug der über den Genannten verhängten Untersuchungshaft ersucht habe. Als Begründung für die Notwendigkeit der Anordnung werde angeführt, dass die dauerhafte Trennung der im selben Verfahren in der Justizanstalt Graz Jakomini angehaltenen Untersuchungshäftlinge auf Dauer nicht gewährleistet werden könne. Die Staatsanwaltschaft Graz und das Landesgericht für Strafsachen Graz hätten keine Einwände gegen die Verlegung erhoben, der Untersuchungsgefangene habe sich beim Parteiengehör am 18. Jänner 2024 mit der Haftortänderung einverstanden erklärt. Aus den geschilderten Umständen ergebe sich die Notwendigkeit, A* zur Erreichung der Haftzwecke in die Justizanstalt Klagenfurt zu überstellen.

Beim Parteieingehör vom 18. Jänner 2024, wurde von A* tatsächlich zu Protokoll gegeben, dass er mit der Überstellung in eine andere Justizanstalt einverstanden sei (ON 3).

Nach § 16a Abs 1 Z 2 StVG entscheidet das Oberlandesgericht Wien für das gesamte Bundesgebiet über Beschwerden gegen Bescheide der Generaldirektion des Bundesministeriums für Justiz.

Vorauszuschicken ist, dass der bekämpfte Bescheid von A* am 16. Februar 2024 übernommen wurde (ON 8). Mit Schreiben vom selben Tag (ON 5) ersuchte das Bundesministerium für Justiz die Leitung der Justizanstalt Graz Jakomini bzw der Justizanstalt Klagenfurt, in die der Insasse bereits als Passant überstellt worden war, je eine Bescheidausfertigung dem „Strafgefangenen“ nachweislich (mittels Zustellnachweis), der Staatsanwaltschaft, dem Gericht sowie dem Verteidiger auszufolgen. Die vom Verteidiger des A* erhobenene, mit 12. März 2024 datierte Beschwerde (Postaufgabestempel unleserlich) langte am 15. März 2024 beim Bundesministerium für Justiz ein. Im Vorlagebericht hält das Bundesministerium für Justiz fest, dass „der RA“ den Eingangsstempel 27. Februar 2024 aufweise.

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerde erweist sich als verspätet.

Gemäß § 121a Abs 1 StVG iVm § 120 Abs 2 StVG kann eine Beschwerde wie auch aus der Rechtsmittelbelehrung des bekämpften Bescheids ersichtlich spätestens 14 Tage nach Zustellung der Entscheidung erhoben werden. Durch die Zustellung an A* am 16. Februar 2024 ergibt sich ein Ende der Rechtsmittelfrist am 1. März 2024.

Nach § 183 Abs 4 StPO sind vor einer Änderung des Haftorts der Beschuldigte, die Staatsanwaltschaft und das Gericht zu hören, nach der Überstellung sind Staatsanwaltschaft, Gericht und der Verteidiger durch die nunmehr zuständige Justizanstalt unverzüglich zu verständigen . Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung ist eine (eine Rechtsmittelfrist auslösende) Zustellung des Bescheids an den Verteidiger nicht vorgesehen, sondern lediglich eine Informationszwecken dienende Verständigung von der Änderung des Haftorts (Oberlandesgericht Wien, AZ 132 Bs 167/17d, 132 Bs 242/19m; Drexler/Weger, StVG 5 § 10 Rz 3; aA noch 33 Bs 170/14p und 33 Bs 121/16k).

Dies zumal im Bereich der Vollzugsbehörden und Vollzugsgerichte nach §§ 16 Abs 3, 16a StVG primär die verfahrensrechtlichen Bestimmungen des StVG (insb §§ 22, 116, 116a, 120, 121) anzuwenden sind ( Pieber in WK² StVG § 17 Rz 19; Drexler/Weger aaO § 17 Rz 6). Für die Anwendung des § 83 Abs 4 StPO, wonach dem Verteidiger zuzustellen ist, soweit der Beschuldigte durch einen solchen vertreten wird, bleibt damit kein Raum. Vielmehr hat die erstinstanzliche Vollzugsbehörde (neben dem StVG) im Verfahren das AVG und das VStG anzuwenden. Ein Wechsel der Verfahrensart findet auch im Instanzenzug nicht statt und die StPO gilt daher auch im Beschwerdeverfahren nach §§ 16 Abs 3 und 16a StVG nicht subsidiär ( Pieber aaO § 17 Rz 19 mwN).

Auch aus der Bestimmung des (gemäß § 17 Abs 2 Z 1 StVG im Verfahren anzuwendenden) § 10 AVG über die Vertretung im Verfahren lässt sich nicht ableiten, dass der Bescheid dem Verteidiger des Beschwerdeführers zuzustellen gewesen wäre. Vielmehr ist nach der strengen Rechtsprechung des VwGH die Entscheidung, ob von einer schon beigebrachten Vollmacht auch in anderen Verfahren Gebrauch gemacht wird, allein der Partei und ihrem Vertreter überlassen und muss daher in dem jeweiligen anderen Verfahren gegenüber der Behörde unmissverständlich zum Ausdruck gebracht werden ( Hengstschläger/Leeb, AVG § 10 Rz 18 mwN).

Fallkonkret hat der Untersuchungshäftling daher in der ihm offen stehenden Rechtsmittelfrist keine Beschwerde erhoben, zumal er auch weder bekanntgegeben hat, im Verfahren über die Änderung des Haftorts von seinem Verteidiger vertreten zu werden, noch verlangt hat, dass diesem der Bescheid zugestellt werde.

Die Beschwerde erweist sich sohin als verspätet und war daher zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel zulässig.

Rechtssätze
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