JudikaturJustiz32Bs296/23y

32Bs296/23y – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
26. Februar 2024

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien als Vollzugssenat nach § 16a StVG hat durch die Senatspräsidentin Mag. Seidl als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Vetter und den fachkundigen Laienrichter Oberstleutnant Posch Fahrenleitner als weitere Senatsmitglieder in der Vollzugssache des A* über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Vollzugsgericht vom 23. November 2023, GZ 191 Bl 48/23f-5, nach § 121b Abs 3 StVG in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Vollzugsgericht einer Beschwerde des A* vom 4. September 2023 (ON 2) gegen die Entscheidung des Leiters der Justizanstalt Stein vom 31. August 2023 (ON 3 S 7 f) nicht Folge.

Zusammengefasst führte das Erstgericht – soweit für das Beschwerdeverfahren von Belang - begründend aus, dass nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden könne, dass ein am 18. Mai 2022 für den Beschwerdeführer in der Justizanstalt Stein eingelangter Brief der Mag. B* von der C* der Justizanstalt Wien-Josefstadt von einem Strafvollzugsbediensteten der Poststelle geöffnet worden sei.

Beweiswürdigend legte das Erstgericht dar, dass diese Feststellung aufgrund der fehlenden Nachvollziehbarkeit einer derartigen Sendungsöffnung zu treffen gewesen sei, zumal keine Aufzeichnungen über eine Meldung/Beanstandung des A* anlässlich der Aushändigung eines Briefes am 18. Mai 2022 existieren würden. Die den diesbezüglichen Ausführungen des Anstaltsleiters widersprechenden Beteuerungen des Beschwerdeführers, wonach er Fehlbehandlungen seiner Post sofort reklamiere, würden nicht überzeugen, zumal selbst A* ausführe, dass der Ein- und Ausgang von jedem einzelnen Schriftstück von der Poststelle genauestens registriert werde. Demzufolge wäre fallbezogen eine vorhandene Dokumentation einer Reklamation der Öffnung einer geschützten Briefsendung zu erwarten gewesen, wobei nicht einmal der Beschwerdefüher derartige Aufzeichnungen behaupte. Es sei A* allerdings zuzugestehen, dass er seine Beschwerde bereits am 20. Mai 2022 verfasst habe. Da er diese aber nicht dem Anstaltsleiter, sondern dem Landesgericht für Strafsachen Wien übermittelt habe, sei diese erst am 30. Mai 2022 zur Erledigung im eigenen Wirkungsbereich dem Anstaltsleiter der Justizanstalt Stein übermittelt worden und diesem daher erst am 31. Mai 2022, somit stark zeitverzögert vorgelegen. Sohin sei eine Verifizierung des Beschwerdevorbringens durch persönliche Wahrnehmungen der Bediensteten der Post- und Kontrollstelle nicht mehr möglich gewesen.

Rechtlich schlussfolgerte das Vollzugsgericht, dass selbst bei Zugrundelegung des von A* behaupteten, aber nicht erwiesenen Sachverhalts der Beschwerde keine Berechtigung zukomme, weil es sich bei einem Seelsorger/einer Seelsorgerin weder um eine in § 90b Abs 4 StVG taxativ angeführte öffentliche Stelle noch um einen Rechtsbeistand iSd § 90b Abs 5 StVG und auch nicht um eine der in § 90b Abs 6 Z 1 StVG angeführte Betreuungsstelle handle. Ein Seelsorger/eine Seelsorgerin sei auch keine allgemein anerkannte Vereinigung oder Einrichtung, die sich mit der Beratung und Unterstützung von Angehörigen der Strafgefangenen und mit der Entlassungsbetreuung befasse. Demnach würden Briefe eines katholischen Seelsorgers der allgemeinen Überwachung des Briefverkehrs nach § 90 StVG unterliegen. Diese seien vor ihrer Aushändigung an den Strafgefangenen oder Untergebrachten im Allgemeinen nur zu überwachen, soweit dies notwendig sei, um allenfalls darin enthaltene unerlaubte Sendungen von Geld und anderen Gegenständen zurückzuhalten. Die Öffnung von Briefen (ohne Lektüre) zwecks Untersuchung auf unerlaubte Gegenstände könne regelmäßig vorgenommen werden, was in der Praxis auch tatsächlich geschehe, um das Einschmuggeln von Suchtmitteln zu unterbinden. Demgemäß sei eine fallkonkret zwar nicht verifizierte, aber behauptete Brieföffnung der Seelsorgerpost durchaus zulässig.

Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des A* (ON 7), der moniert, dass der Missstand klar nachvollziehbar sei, da der geöffnete Brief mit einer Schnellhefterklammer wieder verschlossen worden sei, was dem ausfolgenden Beamten mitgeteilt worden sei. Der ausfolgende Beamte habe sofort nach Augenschein die Poststelle angerufen und die nach § 90b StVG verbotene Öffnung im Zuge seines Anrufs mitgeteilt, sohin offiziell im Dienstweg unbestrittenen zur Kenntnis gebracht. Die Post- und Kontrollstelle habe keine Meldung über den Verdacht eines illegalen Handelns dem Anstaltsleiter erstattet. Die Post sei ohne rechtliche Grundlage geöffnet worden. Das Gericht versuche, die unglaubwürdigen Schutzbehauptungen des Anstaltsleiters mit „Gewalt“ zu decken, dies ohne Rücksicht auf Verluste und vernichtende Wirkung in den Glauben der Rechtssicherheit und Rechtseinheit.

Nach § 16a Abs 1 Z 1 iVm Abs 2 StVG entscheidet das Oberlandesgericht Wien für das gesamte Bundesgebiet über Beschwerden gegen einen Beschluss des Vollzugsgerichts nach § 16 Abs 3 StVG wegen Rechtswidrigkeit, wobei Letztere nicht vorliegt, soweit das Vollzugsgericht Ermessen im Sinne des Gesetzes geübt hat.

Gemäß § 16a Abs 3 StVG ist gegen den Beschluss des Vollzugsgerichts nach § 16 Abs 3 StVG eine Beschwerde nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Vollzugsgericht von der bisherigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung abweicht, eine solche fehlt oder uneinheitlich ist.

Das Vorbringen des A* ist nicht geeignet, die nachvollziehbare Entscheidung des Erstgerichts zu erschüttern. Insbesondere vermag die Beschwerde – die alle vom Erstgericht angeführten Argumente im Zusammenhang mit der rechtlichen Einordnung der Seelsorge ausblendet – die völlig richtigen rechtlichen Schlussfolgerungen des Vollzugsgerichts, die vom Oberlandesgericht Wien geteilt werden (vgl insb auch die vom Erstgericht ins Treffen geführte Entscheidung AZ 132 Bs 224/17m des Oberlandesgerichts Wien), nicht in Frage zu stellen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht zulässig.

Rechtssätze
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