JudikaturJustiz32Bs291/23p

32Bs291/23p – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
31. Januar 2024

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A* wegen des Vergehens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Abs 1 Z 1 StGB über die Berufung des Genannten wegen Nichtigkeit und des Ausspruchs über die Schuld, Strafe sowie die privatrechtlichen Ansprüche gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt vom 6. Oktober 2023, GZ 8 Hv 83/23i-9, nach der am 31. Jänner 2024 unter dem Vorsitz der Senatspräsidentin Mag. Seidl, im Beisein der Richterin Dr. Vetter und des Richters Dr. Farkas als weitere Senatsmitglieder, in Gegenwart der Oberstaatsanwältin Mag. Strnad und des Angeklagten A* sowie seiner Verteidigerin Mag. Stiglitz durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde A* des Vergehens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Abs 1 Z 1 StGB schuldig erkannt und hiefür unter Anwendung des § 37 Abs 1 StGB nach dem Strafsatz des § 129 Abs 1 StGB zu einer Geld-strafe von 360 Tagessätzen á 20 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 180 Tagen, verurteilt.

Gemäß § 43a Abs 1 StGB wurde der Vollzug eines Teils der verhängten Geldstrafe im Ausmaß von 180 Tagessätzen unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Gemäß § 369 Abs 1 StPO wurde A* weiters schuldig erkannt, dem Privatbeteiligten B* binnen 14 Tagen 400 Euro zu zahlen. Mit seinen darüber hinausgehenden Ansprüchen wurde der Privatbeteiligte gemäß § 366 Abs 2 StPO auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat A* am 30. April 2023 in ** B* fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, durch Einbruch in ein Gebäude weggenommen, indem er das Fenster des Vereinsgebäudes des SV ** zur ehemaligen Schiedsrichterkabine aufdrückte, durch das Fenster in den Innenraum einstieg, und dort die von B* aufbewahrten Gegenstände, nämlich ein Batterieladegerät der Marke ** im Wert von 490 Euro sowie einen Spannungsprüfer der Marke ** im Wert von 130 Euro, an sich nahm und verbrachte.

Bei der Strafzumessung wertete das Erstgericht keinen Umstand als erschwerend, hingegen als mildernd den bisher ordentlichen Lebenswandel.

Gegen dieses Urteil richtet sich die unmittelbar nach Urteilsverkündung angemeldete „volle“ Berufung des Angeklagten (ON 8.1 S 22), die mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2023 hinsichtlich Nichtigkeit sowie des Ausspruchs über die Schuld und Strafe fristgerecht ausgeführt wurde (ON 10.2).

Rechtliche Beurteilung

Der zunächst zu behandelnden Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld ( Ratz , WK-StPO § 476 Rz 9) ist vorauszuschicken, dass die freie Beweiswürdigung ein kritisch-psychologischer Vorgang ist, bei dem durch Subsumierung der Gesamtheit der durchgeführten Beweise in ihrem Zusammenhang unter allgemeine Erfahrungssätze logische Schlussfolgerungen zu gewinnen sind (RIS-Justiz RS0098390). Die Frage der Glaubwürdigkeit von Angeklagten und Zeugen sowie der Beweiskraft ihrer Aussagen ist der freien richterlichen Beweiswürdigung vorbehalten, wobei das Gericht nur zu einer gedrängten Darlegung seiner Gründe, nicht jedoch dazu verhalten ist, jedes Verfahrensergebnis im Einzelnen zu analysieren (RIS-Justiz RS0104976). Wenn aus den vom Erstgericht aus den vorliegenden Beweisergebnissen folgerichtig abgeleiteten Urteilsannahmen auch andere, für den Angeklagten günstigere Schlussfolgerungen möglich sind, so tut dies nichts zur Sache. Selbst der Grundsatz „in dubio pro reo“ stellt keine negative Beweisregel dar, die das erkennende Gericht – im Falle mehrerer denkbarer Schlussfolgerungen – verpflichten würde, sich durchwegs für die dem Angeklagten günstigste Variante zu entscheiden (RIS-Justiz RS0098336).

Ausgehend von diesen Erwägungen begegnet die Beweiswürdigung der Erstrichterin keinen Bedenken, zumal diese nach einer erschöpfenden Beweisaufnahme, Einbeziehung des von allen in der Hauptverhandlung Vernommenen gewonnenen persönlichen Eindrucks und unter Würdigung aller wesentlichen Ergebnisse des Beweisverfahrens nachvollziehbar darlegte, wie sie zu ihren, für den Schuldspruch maßgeblichen Feststellungen in objektiver wie auch subjektiver Hinsicht gelangte.

So konnte sie die Feststellungen zum objektiven Tathergang in erster Linie auf die als glaubwürdig erachteten Aussagen des Polizeibeamten F* (ON 8.1 S 18 ff) und des Zeugen B* (ON 2.6 S 3 und ON 8.1 S 13 ff) sowie den schlüssigen Spuren-Ergebnisbericht (ON 2.8) stützen. Ausgehend davon, dass die an der Verglasung des aufgebrochenen Fensters gesicherten Fingerabdruckspuren eindeutig dem Angeklagten zugeordnet werden konnten (vgl ON 2.2, 2.7 S 4 ff und 2.8), bestehen gegen die Annahme seiner Täterschaft keine Bedenken (US 3). In ihrer nicht zu beanstandenden Beweiswürdigung hat sich die Tatrichterin letztlich auch ausführlich mit dem Aussageverhalten des Zeugen B* auseinandergesetzt und mit überzeugender Begründung dargelegt, weshalb sie seinen Angaben umfassend Glauben schenkte (US 3 f). Auf seine Depositionen gründete sie im Übrigen auch beanstandungsfrei die Konstatierungen zum Neuwert der weggenommenen Gegenstände und zu deren Alter (US 4).

Unter Zugrundelegung dieser Verfahrensergebnissen versagte die Tatrichterin der leugnenden Verantwortung des Berufungswerbers unter Hinweis auf wiederholte Widersprüche in seinen Angaben (US 4 ff) mit nachvollziehbarer Begründung die Glaubwürdigkeit.

Auch das Vorliegen der subjektiven Tatseite wurde vom Erstgericht empirisch einwandfrei aus dem (zuvor dargestellten) äußeren Tatgeschehen abgeleitet (vgl US 3), wobei der Schluss von einem gezeigten Verhalten auf ein zugrundeliegendes Wollen oder Wissen bei einem - wie hier - leugnenden Angeklagten rechtsstaatlich vertretbar und in der Regel methodisch gar nicht zu ersetzen ist (RIS-Justiz RS0116882, RS0098671; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 452).

Mit seinen Ausführungen, wonach er sich gegen die Glasscheibe „gelassen“ habe, um durch das Fenster in das Rauminnere sehen zu können, wiederholt der Angeklagte lediglich seine vom Erstgericht als unglaubwürdig angesehene Verantwortung in der Hauptverhandlung (US 5). Mit seinem weiteren Vorbringen, wonach begründete Zweifel an seiner Täterschaft bestünden, weil er sich nur außerhalb des Gebäudes aufgehalten habe, stellt der Berufungswerber bloß eigene, für ihn günstigere Beweiswerterwägungen an, ohne dadurch Bedenken an der Lösung der Schuld- und Tatfrage durch das Erstgericht zu wecken. Selbiges gilt auch für seine die Täterschaft in Abrede stellenden Spekulationen, wonach im Inneren des Vereinsgebäudes keine Fingerabdrücke von ihm gefunden worden seien und ungeklärt geblieben sei, wem die Schuhabdruckspur gehöre.

Inwiefern der Umstand, dass der Zeuge B* zum Tathergang mangels Anwesenheit am Tatort keine Angaben machen habe können, einem Schuldspruch entgegenstehen soll, macht die Berufung - insbesondere mit Blick auf die Übrigen den Angeklagten belastenden Verfahrensergebnisse - nicht klar.

Mit seinen weiteren Ausführungen, denen zufolge er in der Hauptverhandlung vor dem Erstgericht ehrlich und um Wahrheit bemüht gewesen sei, stellt er neuerlich eigenständige Beweiswerterwägungen an, die nicht geeignet sind, Bedenken an der tatrichterlichen Beweiswürdigung zu wecken. Selbiges gilt auch für seine Erklärungsversuche, weshalb er eingangs des Ermittlungsverfahrens seine Anwesenheit am Tatort dem einschreitenden Polizeibeamten gegenüber geleugnet habe, und seine weiteren Ausführungen, wonach er – den erstgerichtlichen Erwägungen zuwider (US 5) - den Tatort lediglich aus Anlass seines Hobbys, verlassene Orte („lost places“) zu besuchen, aufgesucht haben will, ein „lost place“ nicht immer gleich zu erkennen sei und er seit geraumer Zeit keine Postings mehr auf seiner Facebook-Seite (zu „lost places“) veröffentlicht habe.

Soweit die Berufung auf die Einlassung des Angeklagten in der Hauptverhandlung rekurriert, dergemäß er mit den gestohlenen Gegenständen gar nichts anfangen könnte und nicht einmal wisse, was ein Spannungsprüfer sei, gelingt es ihm ebenso wenig die überzeugende erstrichterliche Beweiswürdigung sowie die darauf gegründeten Feststellungen in objektiver und subjektiver Hinsicht zu erschüttern.

In einer Gesamtschau hat auch das Berufungsgericht bei der im Rahmen der Überprüfung der Beweiswürdigung in Erledigung der Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld anzustellenden Gesamtbetrachtung keine Zweifel an der erstrichterlichen Lösung der Schuldfrage.

Die von der (eine Subsumtion der Tat nach § 135 StGB anstrebenden) Berufung (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO) vermissten Feststellungen zum Bereicherungsvorsatz des Angeklagten finden sich auf US 3.

Die gesetzmäßige Ausführung einer Diversionsrüge (§ 281 Abs 1 Z 10a StPO) erfordert eine methodisch korrekte Argumentation auf Basis der Tatsachenfeststellungen unter Beachtung der Notwendigkeit des kumulativen Vorliegens sämtlicher Diversionsvoraussetzungen (RIS-Justiz RS0124801). Diesen Kriterien wird die Berufung nicht gerecht, weil sie das Erfordernis einer – für die diversionelle Erledigung erforderlichen – von entsprechendem Unrechtsbewusstsein getragenen Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme (RIS-Justiz RS0126734, RS0116299) des Angeklagten negiert (vgl US 6). Inwiefern es die Aufgabe die Erstgerichts gewesen wäre, den bis zuletzt den Tatvorwurf dezidiert von sich weisenden Angeklagten (vgl hiezu ON 8.1 S 3 und 21) zu einer allfälligen Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme zu fragen, lässt das Rechtsmittelvorbringen offen.

Der Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe kommt ebenso keine Berechtigung zu.

Soweit der Angeklagte die mangelnde Vorbereitung seiner Tat und deren Spontaneität als mildernd für sich ins Treffen führt, ist ihm ebenso entgegenzuhalten, dass die reifliche Tatplanung und die sorgfältige Vorbereitung im Rahmen der allgemeinen Strafzumessungskriterien nach § 32 Abs 3 StGB als erschwerend zu berücksichtigen wäre, deren Fehlen umgekehrt jedoch keinen Milderungsgrund darstellt.

Dem Berufungsvorbringen zuwider wurde der bisher ordentliche Lebenswandel des Angeklagten ohnedies als mildernd gewertet (US 7).

Ausgehend von den erstgerichtlichen Erwägungen, wonach der Angeklagte an der Tatörtlichkeit „Batterien und Kabel“ wahrnahm (US 5), diese aber nicht an sich nahm, obwohl ihm dazu die Gelegenheit offenstand, liegt jedoch der geltend gemachte Milderungsgrund der freiwilligen Abstandnahme von einer weiteren Schadenszufügung (§ 34 Abs 1 Z 14 erster Fall StGB) vor.

Unbesonnen handelt nur, wer spontan einem augenblicklichen Willensimpuls folgt, der aus besonderen Gründen der Lenkung durch das ruhige Denken entzogen ist und ohne diese unterdrückt worden wäre (RIS-Justiz RS0091000 [T11]). Besondere Gründe für eine Beeinträchtigung der Willensbildung werden weder behauptet noch ergeben sich solche aus dem Akt, sodass der Milderungsgrund der Unbesonnenheit - dem Berufungsvorbringen zuwider - nicht vorliegt (vgl 15 Os 118/03; Leukauf/Steininger/Tipold , StGB 4 § 34 Rz 13).

Bei objektiver Abwägung der nach dem Vorgesagten dargestellten Strafzumessungslage und der allgemein im Sinn des § 32 Abs 2 und Abs 3 StGB anzustellenden Erwägungen ist als Ergebnis originärer Strafbemessung nach § 37 Abs 1 StGB (RIS-Justiz RS0120194, RS0091264 [T1]) die vom Erstgericht ausgemessene Sanktion schuld- und tatangemessen und damit nicht korrekturbedürftig. Weder das Berufungsvorbringen des Angeklagten noch der Akteninhalt bietet begründeten Anlass für eine Herabsetzung der verhängten Sanktion.

Dem im Rechtsmittel behaupteten „mäßig[en]“ Handlungsunwert, „relativ gering[en]“ Erfolgsunwert und „unauffällig[en]“ Gesinnungsunwert wurde vom Erstgericht ohnedies bereits durch die Anwendung des § 37 Abs 1 StGB Rechnung getragen ( Flora in WK² StGB § 37 Rz 19; Leukauf/Steininger/Tipold , StGB 4 § 37 Rz 7).

Die – von der Berufung gar nicht kritisierte - Höhe des Tagessatzes entspricht angesichts eines monatlichen Nettoeinkommens von 2.500 bis 3.500 Euro den persönlichen Verhältnissen und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Angeklagten im Zeitpunkt des Urteils erster Instanz (US 7; § 19 Abs 2 StGB; Lässig in WK² StGB § 19 Rz 27).

Die vom Berufungswerber (in der schriftlichen Rechtsmittelausführung) unter Verweis auf seine Unbescholtenheit und das behauptete „relativ gering[e]“ Tatgewicht geforderte bedingte Nachsicht der gesamten Geldstrafe ist gemäß § 43a Abs 1 StGB nicht zulässig. Die bedingte Nachsicht der Hälfte der verhängten Geldstrafe trägt seinem bisher ordentlichen Lebenswandel ausreichend Rechnung, sodass kein Anlass für eine weitergehende (bis zu drei Viertel der Geldstrafe zulässige) bedingte Nachsicht besteht.

Die für die Uneinbringlichkeit der Geldstrafe vom Erstgericht festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe entspricht § 19 Abs 3 StGB.

Der (nicht ausgeführten) Berufung wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche ist schließlich zu antworten, dass der auf Grundlage des § 273 ZPO vorgenommene Privatbeteiligtenzuspruch von 400 Euro an B* (§ 369 Abs 1 StPO) vom Schuldspruch sowie den Feststellungen (US 8) gedeckt ist.

Die Kostenentscheidung ist eine Folge der Sachentscheidung und gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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