JudikaturJustiz32Bs259/23g

32Bs259/23g – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
18. März 2024

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A* wegen § 153 Abs 1 StGB über die Berufung der Genannten wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 1. August 2023, GZ 328 Hv 113/22v 32.3, nach der am 18. März 2024 unter dem Vorsitz der Senatspräsidentin Mag. Seidl, im Beisein der Richterin Dr. Vetter und des Richters Dr. Farkas, in Gegenwart der Vertreterin der Oberstaatsanwaltschaft Staatsanwältin Mag. Weber, LL.M. WU sowie der Angeklagten A* und deren Verteidiger Mag. Ulf Schultze Bauer zu Recht erkannt:

Spruch

Aus Anlass der Berufung wird in amtswegiger Wahrnehmung des Nichtigkeitsgrundes nach § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO das Urteil aufgehoben und in der Sache selbst zu Recht erkannt:

A* wird von der (verbliebenen) Anklage, sie habe in ** als faktische Geschäftsführerin des Lokals "B*" im Zeitraum 7. Juli 2020 bis 31. Oktober 2021 als Zeichnungsberechtigte des auf C* lautenden Unternehmenskontos ** ihre vom Vertretenen C* eingeräumte Befugnis, über sein Vermögen zu verfügen oder ihn zu verpflichten, wissentlich missbraucht und dadurch C* um die unten genannten Beträge am Vermögen geschädigt, und zwar

(I.2.) durch Überweisungen von nicht zustehendem "Kilometergeld" vom Unternehmenskonto auf ihr Privatkonto im Gesamtbetrag von 1.330,56 Euro,

(I.3.) durch Überweisung von 966,82 Euro vom Unternehmenskonto an Rechtsanwalt Dr. D* für nicht dem Unternehmen, sondern ihren privaten Interessen dienende Beratungsleistungen,

gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Mit ihrer Berufung wird die Angeklagte auf den Freispruch verwiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit dem - auch in Rechtskraft erwachsene Freisprüche enthaltenden - Urteil wurde A* des Vergehens der Untreue nach § 153 Abs 1 StGB schuldig erkannt und hiefür nach dieser Gesetzesstelle zu einer Geldstrafe von sechzig Tagessätzen á 4 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Tagen, verurteilt.

Gemäß § 366 Abs 2 StPO wurde der Privatbeteiligte Dr. E* als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des C* mit seinen Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen; die Erklärung des C* sich dem Verfahren als Privatbeteiligter anzuschließen wurde zurückgewiesen.

Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat A* in ** als faktische Geschäftsführerin des Lokals "B*" im Zeitraum 7. Juli 2020 bis 31. Oktober 2021 als Zeichnungsberechtigte des auf C* lautenden Unternehmenskontos ** ihre vom Vertretenen C* eingeräumte Befugnis, über sein Vermögen zu verfügen oder ihn zu verpflichten, wissentlich missbraucht und dadurch C* um die unten genannten Beträge am Vermögen geschädigt, und zwar

(I.2.) durch Überweisungen von nicht zustehendem "Kilometergeld" vom Unternehmenskonto auf ihr Privatkonto im Gesamtbetrag von 1.330,56 Euro

(I.3.) durch Überweisung von 966,82 Euro vom Unternehmenskonto an Rechtsanwalt Dr. D* für nicht dem Unternehmen, sondern ihren privaten Interessen dienende Beratungsleistungen.

Bei der Strafbemessung wurde kein Umstand als mildernd berücksichtigt, als erschwerend eine einschlägige Vorstrafe und die Mehrzahl der Angriffe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die rechtzeitig angemeldete (ON 33) Berufung der Angeklagten wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe, die in weiterer Folge fristgerecht zu ON 36 ausgeführt wurde.

Rechtliche Beurteilung

Aus Anlass der Berufung zeigt sich, dass das Urteil am amtswegig wahrzunehmenden Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO leidet.

Das Vergehen der Untreue nach § 153 Abs 1 StGB ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen. Gemäß § 57 StGB beträgt die Verjährungsfrist der Strafbarkeit daher ein Jahr, diese Verjährungsfrist beginnt zu laufen, sobald die mit Strafe bedrohte Tätigkeit abgeschlossen ist oder das mit Strafe bedrohte Verhalten aufhört ( Marek in WK 2 § 57 Rz 3). Ihr Ablauf wird etwa durch die erstmalige Vernehmung als Beschuldigter oder der ersten staatsanwaltschaftlichen Anordnung oder Antragstellung auf Durchführung oder Bewilligung von im 8. Hauptstück der StPO geregelten Ermittlungsmaßnahmen und Beweisaufnahmen gehemmt (§ 58 Abs 3 Z 2 StGB).

Ausgehend von den Urteilsfeststellungen, wonach zu I./2./ die in Rede stehenden Auszahlungen auf das Privatkonto der A* am 31. August 2020 (147 Euro) und am 29. September 2020 (1.183,56 Euro) erfolgten (US 6 f) und die Angeklagte die Überweisung an Dr. D* (I./3./) am 14. Oktober 2020 vornahm (US 8, ON 2.5 S 2) ist Verjährung angezeigt. Die Sachverhaltsdarstellung des Masseverwalters im Konkurs über das Vermögen von C* vom 22. Juni 2022 (ON 2.1) langte nämlich erst am 24. Juni 2022 bei der Staatsanwaltschaft Eisenstadt ein.

Da sohin durch den in der Hauptverhandlung vorgekommenen Sachverhalt Feststellungen zu einem Ausnahmesatz (hier: § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO) indiziert sind, die dem Urteil nicht zu entnehmen sind und daher die daran anknüpfende rechtliche Konsequenz nicht gezogen werden kann, leidet das Urteil an einem Nichtigkeit nach dieser Gesetzesstelle begründenden Rechtsfehler mangels Feststellungen (vgl Ratz, WK StPO § 281 Rz 600 ff).

Gemäß § 489 Abs 1 iVm § 471 iVm § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO ist eine derartige materielle Nichtigkeit ungeachtet des Umstands, dass diese in der Berufung nicht geltend gemacht wurde von Amts wegen wahrzunehmen, wenn sich das Berufungsgericht wie vorliegend aus Anlass einer von wem immer ergriffenen Berufung überzeugt, dass das Strafgesetz zum Nachteil des Angeklagten unrichtig angewandt worden ist.

Zweifellos gereicht die Verurteilung wegen eines verjährten Vergehens der Angeklagten zum Nachteil, sodass dieser materielle Nichtigkeitsgrund von Amts wegen aufzugreifen war.

Für die Ergänzung derartiger Feststellungen ist eine Beweiswiederholung zwingend vorgeschrieben (14 Os 26/91). Es wird daher nach teilweiser Beweiswiederholung in der mündlichen Berufungsverhandlung vom 18. März 2024 durch Verlesung der ON 1.1, ON 1.2 S 1, ON 2.1 und ON 3.6 wie folgt festgestellt:

Die Sachverhaltsmitteilung des Dr. E* als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des C* vom 22. Juni 2022, in der unter anderem das noch in Rede stehende strafbare Verhalten geschildert wird (ON 2.1), langte am 24. Juni 2022 (ON 2.1 S 1) bei der Staatsanwaltschaft Eisenstadt ein. Nach Abtretung des Ermittlungsverfahrens gemäß § 25 Abs 1 StPO an die Staatsanwaltschaft Korneuburg gab diese am 29. Juni 2022 strafrechtliche Ermittlungen gegen A* wegen § 133 Abs 2 erster Fall StGB in Auftrag (ON 1.2 S 1). Die Vernehmung der Angeklagten als Beschuldigte erfolgte im Übrigen am 22. August 2022 (ON 3.6).

Diese Feststellungen gründen sich auf die oben angesprochenen Verlesungen.

Rechtlich ist aus diesen Feststellungen zu folgern, dass die einjährige Verjährungsfrist betreffend beider Schuldspruchfakten verstrichen ist.

Zumal keine aktenkundigen Anhaltspunkte für eine Hemmung der Verjährungsfrist gegeben sind, lag sohin der in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmende materielle Strafaufhebungsgrund der Verjährung vor, sodass das Urteil aufzuheben und die Berufungswerberin gemäß § 259 Z 3 StPO freizusprechen war.

Mit ihrer Berufung war die Angeklagte auf diese Ent

scheidung zu verweisen.

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