JudikaturJustiz32Bs23/24b

32Bs23/24b – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
18. April 2024

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien als Vollzugssenat nach § 16a StVG hat durch die Senatspräsidentin Mag. Seidl als Vorsitzende sowie den Richter Dr. Farkas und den fachkundigen Laienrichter Oberst Turner als weitere Senatsmitglieder in der Vollzugssache des A* über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Vollzugsgericht vom 20. November 2023, GZ 25 Bl 78/23k-6, nach § 121b Abs 3 StVG in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen .

Text

B e g r ü n d u n g:

Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Vollzugsgericht einer Beschwerde des A* gegen das Straferkenntnis des Leiters der Justizanstalt Graz-Jakomini vom 21. August 2023, GZ JAK/0152-OV/2023, mit dem über den Beschwerdeführer wegen der Ordnungswidrigkeit nach § 107 Abs 1 Z 10 iVm § 26 Abs 1 StVG gemäß §§ 109 Z 4 und 113 StVG die Ordnungsstrafe der Geldbuße in Höhe von 40 Euro (einzubehalten vom Hausgeld in zwei Teilbeträgen zu je 20 Euro) verhängt wurde, nicht Folge. Weiters wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 17 Abs 2 Z 2 StVG iVm § 52 VwGVG aufgetragen, einen Betrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von acht Euro zu leisten.

Begründend hielt das Vollzugsgericht – soweit für das vorliegende Beschwerdeverfahren relevant – wortwörtlich fest wie folgt:

Der Beschwerdeführer A* verbüßte bis zu seiner Überstellung in die Justizanstalt Leoben eine zeitliche Freiheitsstrafe in der Justizanstalt Graz-Jakomini.

Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Leiters der Justizanstalt Graz-Jakomini vom 21. August 2023, dem Beschwerdeführer am 20. September 2023 kundgemacht, JAK/0152-OV/2023, wurde A* der Ordnungswidrigkeit nach § 107 Absatz 1 Z 10 StVG iVm § 26 Absatz 1 StVG schuldig erkannt und hiefür gemäß §§ 109 Z 4 und 113 StVG mit der Ordnungsstrafe der Geldbuße in der Höhe von EUR 40,00, die in zwei Teilbeträgen vom Hausgeld einzubehalten ist, bestraft. Der zu leistende Verfahrenskostenbeitrag wurde mit EUR 4,00 festgesetzt.

Nach dem Inhalt des angefochtenen Straferkenntnisses hat A* entgegen den Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes vorsätzlich den allgemeinen Pflichten der Strafgefangenen nach § 26 StVG zuwider gehandelt, indem er am 4. März 2023 etwa um 08.30 Uhr im Haftraum M1 12 der Justizanstalt Graz-Jakomini die Anordnung des Beamten B*, ein am Bettgestell aufgehängtes Badetuch, welches die Sicht versperrte, abzunehmen, nicht befolgte.

[…]

Voranzustellen ist, dass eine Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens nicht ersichtlich ist.

Aufgrund der Meldung von Ordnungswidrigkeiten vom 14. März 2023 (AS 15 verso) wurde der Beschwerdeführer zunächst am 24. Juli 2023 förmlich im Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten vernommen. Er deponierte, dass der Sachverhalt nicht stimmen würde. Er sei entgegen den Behauptungen in der Meldung der in Rede stehenden Ordnungswidrigkeit nicht aufgefordert worden, das Handtuch zu entfernen, sondern habe der Justizwachebeamte das beim Bettgestell aufgehängte Handtuch selbst entfernt. In Abänderung dieser Verantwortung deponierte der Beschwerdeführer schließlich, es sei doch richtig, dass er vom Beamten aufgefordert worden sei, das Handtuch zu entfernen. Er habe erwidert, dass dieses nass sei, weswegen der Justizwachebeamte das Handtuch selbst entfernt habe. Auch in der Meldung erwähnte Beschimpfungen habe er nicht ausgesprochen.

Der zu diesem Sachverhalt vernommene Zeuge B* (AS 11 bis 13) verwies auf die von ihm verfasste Meldung der Ordnungswidrigkeiten und deponierte, dass sich der Sachverhalt wie in der Meldung geschildert ereignet habe.

Sodann wurde der Beschwerdeführer ergänzend zu den Angaben des Zeugen B* vernommen, wobei er von seinem Recht Gebrauch machte, keine weiteren Angaben zu tätigen.

Das Ermittlungsverfahren wurde somit mängelfrei geführt.

Auch ein Feststellungsmangel ist nicht ersichtlich. Neben den hinreichend deutlichen Feststellungen zum objektiven Sachverhalt wurde die subjektive Tatseite ausreichend festgestellt. Auch die Beweiswürdigung der Vollzugsbehörde erster Instanz kann nicht mit Erfolg kritisiert werden. Schlüssig und nachvollziehbar stützt sich der Leiter der Justizanstalt Graz-Jakomini auf die als glaubwürdig erachteten Angaben des Zeugen B*, wobei keinerlei Anlass besteht, an der Richtigkeit der schriftlichen Meldung als auch der Angaben des Zeugen zu zweifeln. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführer den Sachverhalt zumindest im Kernbereich zugestand.

Auch ein Rechtsfehler ist nicht festzustellen, da die Nichtbefolgung der Anordnung eines Justizwachebeamten zutreffend gegen § 26 Absatz 1 StVG verstößt, wodurch die Ordnungswidrigkeit nach § 107 Absatz 1 Z 10 StVG verwirklicht wurde.

Schließlich ist auch der Sanktionsausspruch nicht zu kritisieren.

[…]

Als massiv erschwerend wirkt, dass der Beschwerdeführer in der derzeitigen Strafverbüßung bereits 13-mal verschiedener Ordnungswidrigkeiten schuldig erkannt wurde, wobei insoweit auf die der Stellungnahme angeschlossenen Straferkenntnisse, Ordnungsstrafverfügungen und Niederschriften (AS 19 bis AS 49) zu verweisen ist. Im Einklang mit der Vollzugsbehörde erster Instanz bringt der Beschwerdeführer dadurch eine hartnäckige Ablehnung gegen ein angepasstes Vollzugsverhalten zum Ausdruck. Als erschwerend erweist sich weiters der rasche Rückfall in Bezug auf die Ordnungsstrafverfügung zu AZ: KAR/0982-OV/2022. Die Verantwortung des Beschwerdeführers vermag den Milderungsgrund des Geständnisses nicht zu verwirklichen, weil das Zugestehen bloßer Tatsachen ohne Eingeständnis auch der subjektive Merkmale des strafbaren Verhaltens nicht strafmildernd wirken kann (RIS-Justiz RS0091585).

Angesichts dieser besonderen Strafzumessungsgründe kann sich der Beschwerdeführer durch die Höhe der über ihn verhängten Geldbuße nicht für beschwert erachten.

Zusammengefasst bleibt die Beschwerde daher ohne Erfolg.

Da die Beschwerde zur Gänze erfolglos blieb, war dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Absatz 1 und 2 VwGVG iVm § 17 Absatz 2 Z 2 StVG ein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe, somit in Höhe von EUR 8,00 aufzutragen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des A* (ON 10 S 3), der ausführt, dass der Beamte B* und auch „andere Beamte“ nicht Dienst gehabt hätten und diese demzufolge eine „Falschaussage gemacht“ hätten.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 16a Abs 1 Z 1 iVm Abs 2 StVG entscheidet das Oberlandesgericht Wien für das gesamte Bundesgebiet über Beschwerden gegen einen Beschluss des Vollzugsgerichts nach § 16 Abs 3 StVG wegen Rechtswidrigkeit, wobei Letztere nicht vorliegt, soweit das Vollzugsgericht Ermessen im Sinne des Gesetzes geübt hat. Gemäß § 16a Abs 3 StVG ist gegen den Beschluss des Vollzugsgerichts nach § 16 Abs 3 StVG eine Beschwerde nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder der Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Vollzugsgericht von der bisherigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung abweicht, eine solche fehlt oder uneinheitlich ist.

Gemäß § 45 Abs 2 AVG gilt bei der Feststellung von Tatsachen der Grundsatz der freien Beweiswürdigung, somit ist lediglich die Überzeugungskraft der Beweismittel im gegebenen Zusammenhang für ihre Bewertung maßgebend. Die dabei vorgenommenen Erwägungen müssen schlüssig sein, das heißt, mit den Gesetzen der Logik und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut in Einklang stehen. Allein der Umstand, dass aus den vorliegenden Ermittlungsergebnissen auch andere Schlüsse gezogen werden könnten, macht die Beweiswürdigung nicht unschlüssig ( Thienel/Zeleny , Verwaltungsverfahrensgesetze 21 § 45 Anm 4; Hengstschläger/Leeb , AVG § 45 Rz 8 mwN).

Das Vollzugsgericht hat vorliegend unter Vornahme einer lebensnahen Beweiswürdigung – dem Beschwerdevorbringen zuwider - plausible Feststellungen getroffen. Dabei stützte es sich – wie auch der Anstaltsleiter – neben dem Verweis auf die widersprüchlichen Angaben des Verurteilten im Ermittlungsverfahren (ON 5 S 14; ON 6 S 2) auf die als glaubwürdig eingestuften Angaben des Justizwachebeamten B* (ON 6 S 3).

Mit seinem das Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit in Abrede stellenden Vorbringen vermag der Beschwerdeführer die sorgfältige Beweiswürdigung des Erstgerichts, das aus den vorliegenden Beweisergebnissen nachvollziehbare Schlussfolgerungen gezogen hat, nicht zu erschüttern.

Bei der Strafbemessung im Ordnungsstrafverfahren ist gemäß § 107 Abs 4 erster Satz StVG (unter anderem auch) § 19 VStG anzuwenden. Nach Abs 1 dieser Bestimmung sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Dabei ist nicht nur auf das Ausmaß des Verschuldens besonders Bedacht zu nehmen, sondern sind unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts auch die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden (§ 19 Abs 2 zweiter und dritter Satz VStG).

Vorliegend wertete das Vollzugsgericht keinen Umstand als mildernd, als erschwerend hingegen die Vielzahl der im aktuellen Haftblock wider den Verurteilten ausgesprochenen Ordnungsstrafen (ON 5 S 35 ff) und den raschen Rückfall in Bezug auf die Ordnungsstrafverfügung (vom 13. Februar 2023) zu AZ KAR/0982-OV/2022 (ON 5 S 49).

Ausgehend davon, dass für die verwirklichte Ordnungswidrigkeit eine Geldbuße von bis zu 200 Euro (§ 113 StVG) verhängt werden kann, erweist sich angesichts des vorliegend verwirklichten Unwerts der Tat, des Ausmaßes des Verschuldens und der Vorstrafenbelastung des Verurteilten eine Reduktion der verhängten Geldbuße nicht angezeigt, zumal diese - ausgehend vom Strafcharakter - so zu bemessen ist, dass der Insasse die zusätzliche Beschränkung als solche verspürt ( Drexler/Weger , StVG 5 § 113 Rz 1), wobei der zur Verfügung stehende Strafrahmen fallkonkret ohnedies nur mit einem Fünftel ausgeschöpft wurde.

Den Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens hat das Erstgericht zutreffend auf § 17 Abs 2 Z 2 StVG iVm § 52 VwGVG gestützt.

Da der angefochtene Beschluss der Sach- und Rechtslage entspricht, war die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel zulässig.

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