JudikaturJustiz32Bs13/24g

32Bs13/24g – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
19. Januar 2024

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Senatspräsidentin Mag. Seidl als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Vetter und den Richter Dr. Farkas als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen A* wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 12 dritter Fall, 146, 147 Abs 1 Z 1 und 3, Abs 2 und 2a StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über den Einspruch des Angeklagten gegen die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Wien vom 4. Jänner 2024, Zahl 701 St 24/23h, GZ 113 Hv 3/24z-78 des Landesgerichts für Strafsachen Wien, nichtöffentlich entschieden:

Spruch

Dem Einspruch wird Folge gegeben und die Strafsache gemäß § 215 Abs 4 erster Satz StPO aus dem Grund des § 212 Z 5 StPO dem gemäß § 31 Abs 4 Z 1 StPO zuständigen Einzelrichter des Landesgerichts für Strafsachen Wien zugewiesen.

Die über A* verhängte Untersuchungshaft wird aus den Haftgründen der Flucht- und Tatbegehungsgefahr gemäß § 173 Abs 2 Z 1 und Z 3 lit a StPO fortgesetzt.

Die Wirksamkeit dieses Beschlusses ist durch eine Haftfrist nicht mehr begrenzt (§ 175 Abs 5 StPO).

Text

Begründung:

Die am 4. Jänner 2024 beim Landesgericht für Strafsachen Wien eingelangte Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Wien vom selben Tag (ON 78) legt A* zur Last, er habe in **

A./ im März 2023 als Mitglied der nachgenannten kriminellen Vereinigung zu strafbaren Handlungen des zu AZ 153 Hv 42/23b des Landesgerichts für Strafsachen Wien unter anderem wegen dieses Faktums verurteilten B*, „der mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, am 16. März 2023 C* durch Täuschung über Tatsachen, nämlich vom abgesondert verfolgten D* telefonisch angekündigter Polizeibeamter zu sein und aus Sicherheits- bzw. Vorsichtsgründen Wertgegenstände zur Verwahrung zu übernehmen, sohin sich fälschlich als Beamter ausgegeben, sowie unter Verwendung einer falschen Urkunde, nämlich eines falschen Polizeiausweises, zur Übergabe von Schmuck und Goldstücken in einem EUR 5.000,- übersteigenden Betrag, nämlich im Gesamtwert von zumindest EUR 30.000,-, verleitet hat, die diese in diesem Betrag am Vermögen schädigte, als Mitglied einer seit Oktober 2018 bestehenden kriminellen Vereinigung um den abgesondert verfolgten D*, sohin einen auf längere Zeit angelegten Zusammenschluss von mehr als zwei, nämlich ihm selbst sowie D*, B*, E*, F* und weiteren, abgesondert verfolgten, teilweise unbekannten Personen, die darauf ausgerichtet ist, dass von einem oder mehreren Mitgliedern der Vereinigung nicht nur geringfügige, sondern schwere Betrugshandlungen zum Nachteil betagter Personen begangen werden“, beigetragen, indem er B* zur Tatbegehung ein verschlüsseltes Mobiltelefon samt Entschlüsselungscode zur Verfügung stellte;

B./ am 30. März 2023 G* am Körper zu verletzen versucht, indem er ihm drei Schläge gegen das Gesicht versetzte.

Die Anklagebehörde sieht dadurch in rechtlicher Hinsicht das Verbrechen des schweren Betruges nach §§ 12 dritter Fall, 146, 147 Abs 1 Z 1 und 3, Abs 2 und 2a StGB (zu A./) und das Vergehen der Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs 1 StGB (zu B./) verwirklicht.

Gegen diese Anklageschrift richtet sich der rechtzeitig eingebrachte Einspruch des Angeklagten (ON 79.1), in dem er darauf verweist, dass das angeklagte „Grunddelikt keine Schöffenzuständigkeit“ aufweise und daher trotz des Vorliegens einer kriminellen Vereinigung die sachliche Zuständigkeit des Einzelrichters gegeben sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Einspruch ist berechtigt.

Zunächst ist der Erledigung des vorliegend bloß auf § 212 Z 5 StPO gestützten Einspruchs vorauszuschicken, dass das dem angerufenen Gericht übergeordnete Oberlandesgericht nach der von § 215 StPO vorgegebenen Systematik vor einem allfälligen Ausspruch nach § 215 Abs 4 erster Satz StPO zu prüfen hat, ob nicht ein anderer der in § 212 StPO genannten Mängel der Anklageschrift vorliegt (RIS-Justiz RS0124585).

Die Anklagebehörde bringt mit gerichtlicher Strafe bedrohte Taten zur Darstellung, ohne dass rechtliche Ausschlussgründe vorliegen (§ 212 Z 1 StPO). Die dem Einspruchswerber zur Last gelegten Lebenssachverhalte erfüllen – hypothetisch als erwiesen angenommen ( Birklbauer , WK-StPO § 212 Rz 4) – die unter Anklage gestellten, mit gerichtlicher Strafe bedrohten Tatbestände des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 12 dritter Fall, 146, 147 Abs 1 Z 1 und 3, Abs 2 und 2a StGB (zu A./) und des Vergehens der Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs 1 StGB (zu B./). Ein Anklagehindernis iSd § 212 Z 1 StPO liegt somit nicht vor.

Das Einspruchsverfahren dient dem Schutz des Angeklagten vor voreiliger (§ 212 Z 3 StPO) oder haltloser Anklage (§ 212 Z 2 StPO). Prüfungskalkül ist demnach, ob der Sachverhalt, Maß nehmend an § 13 Abs 2 StPO, § 210 Abs 1 StPO, hinreichend ausermittelt ist (Z 3) und bejahendenfalls, ob eine Verurteilung (zumindest) für möglich gehalten werden kann (Z 2; Birklbauer , WK-StPO § 212 Rz 18 ff; Ratz , Verfahrensführung und Rechtsschutz nach der StPO Rz 523 f). Auch nach eigenständiger Prüfung der Verfahrensergebnisse durch das Einspruchsgericht sind derartige Anklagehindernisse zu verneinen (§ 212 Z 2, Z 3 StPO).

Vorliegendenfalls kann sich die Anklagebehörde hinsichtlich des einfachen Tatverdachts zu I./ in objektiver Hinsicht insbesondere auf die (zu seiner Tat vom 16. März 2023) geständigen Angaben des – die Betrugstat (mit zwei Mittätern - ON 76) unmittelbar durchgeführt habenden und diesbezüglich rechtskräftig verurteilten – B* stützen (vgl ON 76 S 10 f). Insbesondere belastete er in seiner polizeilichen Vernehmung vom 17. März 2023 (ON 2.4 S 7) den Angeklagten dahingehend, dass sich dieser (durch näher bezeichnete Handlungen) an Aktivitäten der genannten kriminellen Vereinigung beteiligt habe. In Zusammenhalt mit dem Inhalt der zwischen dem Angeklagten und B* geführten Chat-Korrespondenz (ON 35.2 S 2) lässt sich nachvollziehbar der Verdacht ableiten, dass der Angeklagte als für die vorgenannte kriminelle Vereinigung tätiges Mitglied B* ein eigens von dieser zur Verfügung gestelltes (verschlüsseltes) Mobiltelefon für die Geldabholung übergab und in der Folge auch den dazugehörigen Entsperrungscode übermittelte; dieses Mobiltelefon wurde von B* (und seinen Mittätern) bei der Tat am 16. März 2023 (zum Zwecke der Entgegennahme telefonischer Instruktionen) verwendet und konnte letztlich auch bei ihm sichergestellt werden (ON 35.2 S 1 ff).

Die Verdachtslage zum Faktum II./ basiert auf den Angaben des Zeugen G* (ON 66.2.5 S 4), der den Angeklagten als einen der beiden Täter auf einem Lichtbild identifizieren konnte (ON 66.2.6 S 2 iVm ON 66.2.7). Der Zeuge gab zwar gegenüber den ersteinschreitenden Polizeibeamten unmittelbar nach dem Vorfall an, dass ihm der Angeklagte dreimal ins Gesicht geschlagen, während ihm der unbekannt gebliebene Mittäter in den Bauch geboxt habe (ON 66.2.6 S 2). Bei seiner polizeilichen Vernehmung am 2. April 2023 führte er demgegenüber jedoch aus, dass es „H*“ gewesen sei, der ihm dreimal mit der Faust in das Gesicht geschlagen habe, und ihm der Angeklagte mit voller Wucht in den Bauch geboxt habe (ON 66.2.5 S 4). Ausgehend davon, dass er in beiden Vernehmungen jedenfalls vom Angeklagten ausgehende Angriffshandlungen schilderte, war auch der Tatverdacht in Richtung des Vergehens der Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs 1 StGB zu bejahen; jedoch wird der Zeuge bei seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung mit dieser Aussagedivergenz zu konfrontieren sein.

Den Tatverdacht zur jeweiligen subjektive Tatseite konnte die Anklagebehörde (der Angeklagte hat sich zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen bislang nicht geäußert - ON 44.3, 48 und 66.5.4) in rechtsstaatlich unbedenklicher Weise aus dem objektiven Verhalten erschließen (RIS-Justiz RS0098671, RS0116882; Ratz , WK-StPO § 281 Rz 452).

Inwieweit die gegen den Einspruchswerber vorhandenen Verdachtsgründe ausreichen, um ihn im Sinne der Anklagevorwürfe zu überführen, bleibt den Ergebnissen der unter den Kautelen der Mündlichkeit, Kontradiktorietät und freien Beweiswürdigung stehenden Hauptverhandlung vorbehalten.

Da die Anklageschrift auch alle sonstigen Anforderungen an den Inhalt (§ 211 StPO) erfüllt, liegen Formgebrechen iSd § 212 Z 4 StPO nicht vor.

Ferner stammt die Anklage, der auch keine unrechtmäßige Verfahrensfortsetzung nach Diversion entgegensteht (§ 212 Z 8 StPO), von der dafür zuständigen öffentlichen Anklägerin (§ 212 Z 7 StPO) und richtet sich an das örtlich zuständige Landesgericht für Strafsachen Wien (§ 212 Z 6 StPO).

Der Einspruchsgrund nach § 212 Z 5 StPO liegt dann vor, wenn die Hauptverhandlung nach dem Gesetz nicht vor dem in der Anklageschrift angegebenen Schöffen- oder Geschworenengericht, sondern vor einem Gericht anderer, auch niederer Ordnung durchzuführen ist ( Birklbauer , WK-StPO § 212 Rz 26).

Die Staatsanwaltschaft stützte zufolge der im Rahmen einer als Mitglied einer kriminellen Vereinigung begangenen Tat (nach § 147 Abs 1 Z 1 StGB) die Zuständigkeit des angerufenen Schöffengerichts auf § 32 Abs 1a Z 7 StPO (ON 78 S 2).

Mit Blick auf die infrage kommende Strafbefugnis (hier im Falle verdachtskonformer Verurteilung nach § 147 Abs 2a StGB; Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren) ist jedoch der Einzelrichter des Landesgerichts für Strafsachen Wien sachlich zuständig (§ 31 Abs 4 Z 1 StPO). Denn wie die Oberstaatsanwaltschaft Wien zutreffend ausführt, wurde mit § 32 Abs 1a StPO keine neue Form der Zuständigkeit im Sinn des § 31 StPO geschaffen (RIS-Justiz RS0130518); vielmehr handelt es sich dabei „lediglich“ um eine Norm zur Besetzung eines (allein aus den Gründen des § 31 Abs 3 StPO zuständigen) Schöffengerichts.

Das Verfahren war daher nach § 215 Abs 4 erster Satz iVm § 212 Z 5 StPO dem gemäß § 31 Abs 4 Z 1 StPO (auch örtlich) zuständigen Einzelrichter des Landesgerichts für Strafsachen Wien zuzuweisen.

Gemäß § 214 Abs 3 StPO hat das Oberlandesgericht, wenn der Einspruch von einem Angeklagten erhoben wird, der sich – wie im vorliegenden Fall - in Untersuchungshaft befindet, von Amts wegen über die Haft zu entscheiden.

Über den am 3. Oktober 2023, 8.38 Uhr festgenommenen (ON 42.5 S 1; zur gerichtlich bewilligten Anordnung der Festnahme vgl ON 37), noch am selben Tag um 17.40 Uhr in die Justizanstalt Wien-Josefstadt eingelieferten A* (ON 42.1 S 1) wurde am 5. Oktober 2023 antragsgemäß (ON 1.7) aus den Haftgründen der Fluchtgefahr nach § 173 Abs 2 Z 1, Verdunkelungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 2 und Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit b StPO die Untersuchungshaft mit Wirksamkeit bis 19. Oktober 2023 verhängt (ON 49). Mit Beschlüssen vom 19. Oktober 2023 (ON 58) sowie 20. November 2023 (ON 65) wurde die Untersuchungshaft jeweils aus den bisherigen Haftgründen fortgesetzt. Infolge des vom Angeklagten eingebrachten Enthaftungsantrages vom 12. Dezember 2023 (ON 74.2) wurde am 18. Dezember 2023 (ON 75) eine Haftverhandlung durchgeführt, in der die Untersuchungshaft aus den Haftgründen der Fluchtgefahr nach § 173 Abs 2 Z 1 und Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit b StPO fortgesetzt wurde.

Die aus Anlass der gegenständlichen Entscheidung notwendig gewordene Prüfung der Haftfrage (§ 214 Abs 3 StPO) führte zu dem Ergebnis, dass dem vorstehend angesprochenen Tatverdacht sowohl in objektiver als auch subjektiver Hinsicht auch das Prädikat der Dringlichkeit aufgrund der angeführten Ermittlungsergebnisse zukommt. Demnach besteht der dringende Verdacht, dass es der Angeklagte zumindest ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, die zu I./ angeführte (Beitrags-)Handlung als Mitglied eines auf längere Zeit angelegten (seit 2018 bestehenden) kriminellen Zusammenschlusses von mehr als zwei Personen zu begehen, der darauf ausgerichtet ist/war, dass von mehreren Mitgliedern der Vereinigung schwere Betrugshandlungen (nach § 147 Abs 1 Z 1 und 3, Abs 2 StGB) zum Nachteil von betagten Personen begangen werden (§ 278 Abs 2 StGB). Der dringenden Verdachtslage nach hielt er es solcherart zumindest ernstlich für möglich und fand sich damit ab, als Mitglied der genannten kriminellen Vereinigung zur strafbaren Handlung des zu AZ 153 Hv 42/23b des Landesgerichts für Strafsachen Wien verurteilten B* (und seiner Mittäter) beizutragen, indem er diesem (im März 2023) zur Tatbegehung am 16. März 2023 ein eigens von der kriminellen Vereinigung zur Verfügung gestelltes, verschlüsseltes Mobiltelefon übergab und ihm danach den dazugehörigen Entschlüsselungscode übermittelte. Der gegebenen dringenden Verdachtslage zufolge hielt er es dabei ernstlich für möglich und fand sich damit ab, dass (der ebenso als Mitglied der genannten kriminellen Vereinigung agierende) B* und seine Mittäter dem Opfer bei der Tat – unter der wahrheitswidrigen Vorgabe, Polizeibeamte und zur Entgegennahme von Wertgegenständen befugt zu sein (vgl RIS-Justiz RS0094669) – einen falschen Polizeiausweis vorwiesen, dieses (durch die täuschungsbedingte Übergabe von Schmuck und Goldstücken) in einem 5.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen geschädigt werden sollte und er sich bzw Dritte durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig bereichern würde.

Zu II./ ist er überdies in subjektiver Hinsicht dringend verdächtig, es ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden zu haben, G* durch das Versetzen zumindest eines (Faust-)Schlages am Körper zu verletzen.

Ausgehend vom somit als dringend einzustufenden Tatverdacht in Richtung des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 12 dritter Fall, 146, 147 Abs 1 Z 1 und 3, Abs 2 und 2a StGB und des Vergehens der Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs 1 StGB liegt zunächst der Haftgrund der Fluchtgefahr nach § 173 Abs 2 Z 1 StPO vor. Fluchtgefahr ist anzunehmen, weil A* als Staatsangehöriger der Russischen Föderation in Österreich (zum Zeitpunkt seiner Festnahme) ohne Unterstand (ON 48 S 1) und (zufolge seiner Beschäftigungslosigkeit) auch wirtschaftlich nicht integriert war. Zudem leistete er in dem (unter anderem auch) wegen des Faktums II./ geführten Ermittlungsverfahren einem polizeilichen Ladungsbescheid vom 7. August 2023 keine Folge und konnte in der Folge auch nicht an der von ihm angegebenen Meldeadresse angetroffen werden (ON 66.3.2); letztlich musste er in dem bereits zu AZ 58 BAZ 270/23y der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt gegen ihn geführten Ermittlungsverfahren auch wegen dieser Tat zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben werden (vgl ON 66.4). Geordnete Lebensverhältnisse im Sinne des § 173 Abs 3 erster Satz StPO liegen solcherart nicht vor, vielmehr lässt dies im Gegenteil konkret befürchten, dass der Angeklagte sich auf freiem Fuß belassen dem Verfahren durch Verborgenhalten (weiterhin) zu entziehen suchen wird.

In Abweichung zum erstgerichtlichen Beschluss über die Fortsetzung der Untersuchungshaft anlässlich der Haftverhandlung vom 18. Dezember 2023 (ON 75) war – unter Wahrung des rechtlichen Gehörs des Angeklagten durch die ihm eingeräumte Möglichkeit zur diesbezüglichen Äußerung - hingegen auch der Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit a StPO zu bejahen. A* wird (als Mitglied einer kriminellen Vereinigung) die Beteiligung an einem arbeitsteilig und äußerst professionell begangenen Betrugsfaktum - unter Ausnützung einer vermeintlich besonderen Vertrauensstellung, nämlich der Vorgabe, von der Polizei sein - zur Last gelegt, wobei sich die Tat (tatplangemäß) gegen eine betagte (hier: zum Tatzeitpunkt 81-jährige) und damit unter einem besonderen Schutz der Gesellschaft stehende Person richtete. Zumal eine solche Tat geeignet ist, weitreichende Beunruhigung und Besorgnis – (auch) bei betagten Personen - herbeizuführen, manifestiert sich in ihr ein besonders hoher gesellschaftlicher Störwert; solcherart liegt eine Anlasstat mit schweren Folgen vor (RIS-Justiz RS0108487; Kirchbacher/Rami , WK-StPO § 173 Rz 43; Nimmervoll , Haftrecht 3 E 641 ff; Fabrizy/Kirchbacher , StPO 14 § 173 Rz 10).

Vor dem Hintergrund, dass sich der Angeklagte nach der dringenden Verdachtslage bedenkenlos dazu verstand, als Mitglied der vorgenannten kriminellen Vereinigung an einem arbeitsteilig und äußerst professionell begangenen Betrugsfaktum zum Nachteil einer betagten Person mitzuwirken, besteht ungeachtet des Umstandes, dass er bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist, angesichts seiner nach wie vor bestehenden prekären finanziellen Situation (vgl ON 48 S 1) sowie der in der Tatbegehung zum Ausdruck kommenden kriminellen Energie die konkrete Gefahr, dieser werde auf freiem Fuß neuerlich eine strafbare Handlung mit schweren Folgen begehen, die gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet ist wie die ihm nunmehr angelastete Straftat mit schweren Folgen.

Demgegenüber ist jedoch der Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit b StPO – wie vom Erstgericht zuletzt noch angenommen - nicht (mehr) gegeben. Dem unbescholtenen Angeklagten werden zwar zwei (real konkurrierende) Tathandlungen vorgeworfen, jedoch müssen diese gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet sein ( Kirchbacher/Rami , WK-StPO § 173 Rz 48), was im Gegenstand (mit Blick auf die jeweils geschützten Rechtsgüter in Form fremden Vermögens zu I./ und körperlicher Integrität zu II./) nicht der Fall ist.

Die vorliegenden Haftgründe der Flucht- und Tatbegehungsgefahr erweisen sich als so gewichtig, dass sie durch gelindere Mittel des § 173 Abs 5 StPO nicht zweckentsprechend substituiert werden können.

Angesichts eines (hier) relevanten Strafrahmens von sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe steht die bislang etwa dreieinhalb Monate andauernde, somit nicht einmal die Strafuntergrenze erreichende Untersuchungshaft weder außer Verhältnis zu der (im Falle verdachtskonformer Verurteilung) zu erwartenden Strafe noch zur Bedeutung der dem Angeklagten angelasteten strafbaren Handlungen.

Der Entfall der Haftfrist ergibt sich aus § 175 Abs 5 StPO.

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