JudikaturJustiz2R47/05g

2R47/05g – LG Krems/Donau Entscheidung

Entscheidung
09. Juni 2005

Kopf

Das Landesgericht Krems a.d.Donau als Rekursgericht hat durch den Richter Dr.Mischer als Vorsitzenden sowie die Richterin Dr.Gruber-Neudeck und dem Richter Mag.Mörtl in der Sachwalterschaftssache *****, in *****, über den Rekurs des *****, vertreten durch Dr.Engelbert Reis, Rechtsanwalt in 3580 Horn, dieser vertreten durch Mag.Johannes Polt, Rechtsanwalt in 3580 Horn, gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Zwettl vom 24.1.2005, GZ 11 P 32/03d-65, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Text

Begründung:

Mit Beschluss des Erstgerichtes vom 26.7.2004 (ON 24) wurde für *****deren Ehegatte ***** zum Sachwalter für alle Angelegenheiten (§ 273 Abs 3 Z 3 ABGB) bestellt. Mit dem angefochtenen Beschluss enthob das Erstgericht ***** seines Amtes und bestellte zum neuen Sachwalter *****, wobei deren Kreis von Angelegenheiten umschrieben wurde mit:

Vertretung vor Ämtern und Behörden, finanzielle Angelegenheiten (§ 273 Abs 3 Z 2 ABGB). Begründet wurde dieser Beschluss damit, dass der bisherige Sachwalter der 80 jährige Gatte der Betroffenen sei, beide Ehegatten gemeinsam wirtschaften würden, sodass hier Interessenkollisionen vorliegen könnten. Der bisherige Sachwalter sei mangels entsprechender Fachausbildung nicht mehr ausreichend in der Lage, die notwendige Vertretung seiner Gattin vor Ämtern und Behörden wahrzunehmen. Da er als Gatte aber die Personensorge für seine Frau ausübe, könne die Sachwalterschaft auf die vorhin zitierten Angelegenheiten beschränkt werden.

Dagegen richtet sich der rechtzeitige Rekurs des ***** mit dem Antrag, den Beschluss ersatzlos aufzuheben, in eventu dem Rekurs Folge zu geben und den angefochtenen Beschluss dahingehend abzuändern, dass ***** weiterhin zum Sachwalter für ***** bestellt werde, in eventu den angefochtenen Beschluss im Umfang der Anfechtung aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Bezirksgericht erster Instanz zurückzuverweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig.

Im vorliegenden Fall findet das Außerstreitgesetz in der Fassung des BGBl I 2003/111 in der Fassung BGBl I 2004/128 (Artikel III) Anwendung, da der angefochtene Beschluss nach dem 1.1.2005 ergangen ist (§ 203 Abs 7 AußStrG nF).

Daraus folgt, dass auf das vorliegende Verfahren nunmehr die Bestimmungen des 9.Abschnittes des Außerstreitgesetzes (§§ 117 bis 131) anzuwenden sind.

Der bloße Wechsel in der Person des Sachwalters, die periodische Überprüfung der Sachwalterschaft nach § 283 Abs 3 ABGB und das Verfahren nach der Bestellung eines Sachwalters sollen grundsätzlich nach den Bestimmungen des allgemeinen Teiles des Außerstreitgesetzes abgewickelt werden (Fucik-Kloiber, AußStrG 393 f).

Nach der alten Rechtslage und der daraus resultierenden ständigen Rechtsprechung war gegen einen Beschluss, mit dem ein Wechsel in der Person des Sachwalters angeordnet wird, ein Rechtsmittel des bisherigen Sachwalters nicht zulässig. Dies wurde damit begründet, dass § 12 AußStrG (alte Fassung) anzuwenden ist, womit dem Beschluss bereits mit der Zustellung Wirksamkeit zukommt, sodass ab diesem Zeitpunkt der bisherige Sachwalter, der von seinem Amt enthoben wurde, nicht mehr legitimiert ist, gegen den Umbestellunsbeschluss im eigenen Namen oder im Namen des Betroffenen ein Rechtsmittel zu erheben (9 Ob 97/98z; 5 Ob 263/98g; 9 Ob 30/04h u.a.). Die fehlende Rekurslegitimation des enthobenen Sachwalters wurde auch damit begründet, dass in die eigenen Rechte des enthobenen Sachwalters durch den Enthebungsbeschluss nicht eingegriffen werde. Auf Grund des im § 2 Abs 1 Z 3 AußstrG (neue Fassung) festgelegten Parteienbegriffs und weil gemäß § 43 Abs 1 AußStrG (neue Fassung) erst mit Rechtskraft eines Beschlusses die Verbindlichkeit der Feststellung oder Rechtsgestaltung eintritt, steht dem enthobenen Sachwalter nunmehr ein Rekursrecht zu, der Rekurs ist also zulässig. Dies umso mehr, als das Erstgericht die Umbestellung an der Person des Sachwalters mit der Einschränkung der Sachwalterschaft verquickt hat.

Der Rekurs ist auch berechtigt.

Wenn nun im Rekurs ausgeführt wird, dass die Kenntnisse und Fähigkeiten des enthobenen Sachwalters in einem Ermittlungsverfahren festzustellen gewesen wären, so moniert der Rekurswerber, dass ihm das rechtliche Gehör verwehrt wurde.

Im § 15 AußStrG (neue Fassung) ist das rechtliche Gehör ausdrücklich verankert. Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst das Recht jeder Partei (Anspruch auf allseitiges rechtliches Gehör), zu Verfahrensvorgängen, die erkennbar für sie wesentliche Tatsachen betreffen, Stellung zu nehmen. Die Parteien haben das Recht zum gesamten Sachverhalt, wie er sich unmittelbar vor Erlassung der Entscheidung bietet, in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht Stellung zu nehmen, wobei den Parteien bereits vor Erlassung einer gerichtlichen Entscheidung hiezu Gelegenheit zu geben ist. Die Entscheidung soll sich nur auf Tatsachen stützen, zu denen die Parteien Stellung nehmen konnten (Fucik/Kloiber, AußStrG 2005 § 15 RZ 1). Auch in Verfahren, die von amtswegen eingeleitet werden, so wie hier, ist den Parteien der Gegenstand des Verfahrens durch das Gericht bekanntzugeben und ihnen eine Stellungnahmemöglichkeit einzuräumen.

Das Erstgericht wird daher die Betroffene und den bisherigen Sachwalter mit der beabsichtigten Umbestellung zu konfrontieren haben, zweckmäßigerweise im Rahmen eines Einvernahmetermines. In der dann zu treffenden Entscheidung ist genau zu begründen, auf Grund welcher konkreten Umstände eine Interessenkollision zwischen der Betroffenen und ihrem Sachwalter besteht sowie warum der Sachwalter nicht in der Lage ist, die Vertretung der Betroffenen wahrzunehmen. Das Erstgericht hat weiters neben der Umbestellung in der Person des Sachwalters auch eine Einschränkung des Wirkungskreises des neu bestellten Sachwalters vorgenommen. Dazu wurde weder die Betroffene noch der Rekurswerber befragt. Im Verfahren zur Einschränkung der Sachwalterschaft sind gemäß § 128 Abs 1 AußStrG nF grundsätzlich die Vorschriften des Bestellungsverfahrens anzuwenden. Für die Einschränkung der Sachwalterschaft verweist § 128 Abs 1 auf die Bestellungsvorschriften (§§ 117 bis 127) und verleiht dem bestellten Sachwalter die Befugnisse eines Verfahrenssachwalters. Sollte das Erstgericht eine Einschränkung der Sachwalterschaft nach wie vor für sachgerecht halten, so ist es nicht notwendig, eine Erstanhörung und mündliche Verhandlung durchzuführen und einen Sachverständigen zu bestellen, sondern gemäß § 128 Abs 2 nur dann, wenn dies die betroffene Person oder ihr Vertreter verlangt (Fucik/Kloiber aaO, § 128 RZ 1).

Eine meritorische Entscheidung des Rekursgerichtes hatte nicht zu erfolgen, sondern es war spruchgemäß zu beschließen, weil dadurch der Verfahrensaufwand und die den Parteien erwachsenen Kosten voraussichtlich erheblich verringert werden (§ 57 AußStrG nF). Ein Gehörverstoß soll auch nicht dazu führen, dass die Partei eine Instanz verliert und das Ermittlungsverfahren von der ersten in die zweite Instanz verlagert wird (Fucik-Kloiber, AußStrG RZ 3 zu § 15). Landesgericht Krems a.d.Donau