JudikaturJustiz2R151/98z

2R151/98z – LG Leoben Entscheidung

Entscheidung
13. August 1998

Kopf

Das Landesgericht Leoben hat als Rekursgericht durch die Richter Dr. Peter Ferstl (Vorsitz), Dr. Gustav Krempl und Dr. Günter Kafrda in der Pflegschaftssache des am 9.7.1986 geborenen D***** T***** wegen Unterhalt über den Rekurs des Revisors beim Landesgericht Leoben gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Judenburg von 3.12.1997, 6 P 2350/95g-68, beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird F o l g e gegeben.

Der angefochtene Beschluß, der im übrigen als nicht bekämpft unberührt bleibt, wird im Punkt Mühewaltung in der Weise abgeändert, daß die Gebühr der Sachverständigen U***** W***** gemäß § 43 Abs.2 GebAG für 3 Stunden mit S 1.500,--, demnach die Umsatzsteuer mit S 461,40 und die Gesamtgebühren der Sachverständigen mit S 2.769 bestimmt werden.

Die für die Auszahlung notwendigen Anordnungen obliegen dem Erstgericht.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Begründung:

Text

Mit dem angefochtenen Beschluß bestimmt das Erstgericht die Gebühr der berufskundlichen Sachverständigen U***** W***** unter anderem für Mühewaltung mit S 2.880,-- (3 Stunden zu je S 960,--) zuzüglich Umsatzsteuer und wies den Rechnungsführer an, eine detailliert ermittelte Gesamtgebühr vorläufig aus Amtsgeldern auszuzahlen.

Der Rekurs des Revisors beim Landesgericht Leoben gegen die Bemessung der Gebühr für Mühewaltung ist rechtzeitig und auch berechtigt.

Die Sachverständige hat in diesem, aber auch in einer Reihe anderer, ähnlich gelagerter Verfahren Äußerungen erstattet, die alle für die Beurteilung ihres Gebührenanspruchs herangezogen werden können.

Rechtliche Beurteilung

In den §§ 43 bis 48 GebAG werden die Tarife der Gebühr für Mühewaltung verschiedener Sachverständiger angeführt. Darin sind berufskundliche Sachverständige nicht erwähnt. Weil für diese aber einfache gewerbliche oder geschäftliche Erfahrungen iS des § 43 Abs.3 GebAG nicht ausreichen (SVSlg 34.228), ist ihre Gebühr für Mühewaltung nach § 43 Abs.2. GebAG zu bestimmen. Dabei muß einerseits auf die öffentliche Aufgabe der Rechtspflege zum Wohle der Allgemeinheit Bedacht genommen werden, andererseits ist eine weitgehende Annäherung an jene Einkünfte anzustreben, die der Sachverständige für eine gleiche oder ähnliche Tätigkeit im außergerichtlichen Erwerbsleben bezöge.

Grundsätzlich verwertet ein berufskundlicher Sachverständiger (etwa als hauptberuflich bei einem Arbeitsmarktservice Angestellter) seine beruflichen Kenntnisse, für die er - im allgemeinen - nicht höher als ein Maturant entlohnt wird. Geht man - auf Grund der für die Ausübung der Sachverständigen geforderten Praxis - vom durchschnittlichen Monatslohn eines solchen Angestellten von derzeit rund S 30.000,-- netto aus, was sicher nicht als unangemessen niedrig für einen Maturanten bezeichnet werden kann, so ergibt sich unter Zugrundelegung einer 40-Stunden-Woche ein Stundensatz von rund S 175,--. Ein unselbständig Erwerbstätiger wird die Gutachten in seiner Freizeit erstellen, sodaß ihm ein "Überstundenzuschlag" zuzubilligen wäre.

Dies ist jedoch hier bei der Sachverständigen nicht der Fall, weil sie nach Ablegung der Matura, der Lehramtsprüfung für Volks- und Hauptschulen und für den Polytechnischen Lehrgang sowie nach Seminaren und Proseminaren an der Universität Wien ihre Tätigkeit beim Landesschulrat Wien (Schülerberaterin und Lehrbeauftragte bei einer Kommission zur Neugestaltung des Lehrplans für Berufskunde an Polytechnischen Lehrgängen) 1991 beendet hat und seither ausschließlich als Sachverständige tätig ist.

Auf Grund dieser hauptberuflichen Erwerbstätigkeit als Sachverständige hat sie alle sogenannten Lohnnebenkosten selbst zu tragen. Veranschlagt man diesen Aufwand mit 100% des Nettoeinkommens, so verdoppelt sich der Stundensatz auf S 350,--. Weiters fallen zwar einerseits keinerlei Kosten für Angestellte an, andererseits hat die Sachverständige Aufwendungen für Infrastruktur (zB Einrichtung eines Arbeitszimmers, Computer), die etwa dem Angestellten eines Arbeitsmarktservice nicht oder nicht in diesem Ausmaß entstehen.

Unter Bedachtnahme auf all diese Umstände erscheint es dem Rekursgericht gerechtfertigt, den Stundensatz dieser freiberuflich tätigen Sachverständigen für Mühewaltung iS des § 34 Abs.2 GebAG mit S 500,-- festzusetzen. Dies entspricht einem Bruttoeinkommen von mehr als S 85.000,-- pro Monat, womit die Leistungen der Sachverständigen angemessen abgegolten sind. Zugleich ist dieser Betrag etwa doppelt so hoch wie die vom Oberlandesgericht Graz unselbständigen berufskundlichen Sachverständigen in Sozialrechtssachen, also in durchaus vergleichbaren Fällen zugebilligten Entschädigung für Mühewaltung (vgl 7 Rs 176/98a).

Der Tarif für Unternehmensberater ist hier nicht nur deswegen nicht heranzuziehen, weil die Sachverständige nicht eine Unternehmensberaterin ist, die nebenberuflich als berufskundliche Sachverständige tätig wäre (vgl SV 1991/3, 23 mit Interpretation der Entscheidung SV 1988/3 14), sondern auch wegen verschiedener Tätigkeitsbereiche beider Berufsgruppen (vgl hg 2 R 623/97h). Daran ändert auch die Stellungnahme einer gesetzlichen Interessenvertretung nichts. Auch daß die Sachverständige in spärlich belegten Einzelfällen bisweilen gegenüber einem außergerichtlichen Auftraggeber eine höhere Gebühr für Mühewaltung erhält, ist kein ausschlaggebenden Argument, das eine andere Entscheidung rechtfertigen würde, zumal alle Berechnungsansätze dieser Entscheidung ohnehin zum Vorteil der Sachverständigen nach oben gerundet worden sind. Ihr Hinweis auf eine höhere Entlohnung von Handwerkern geht am Kern des Problems vorbei: Die Mühewaltung solcher Sachverständiger ist grundsätzlich nach § 34 Abs.3 GebAG abzugelten; wenn in einem konkreten Verfahren die Parteien, nachdem sie Kostenvorschüsse erlegt haben, mit der Bestimmung der Gebühr in einem höheren Ausmaß einverstanden sind, läßt dies auf den vorliegenden Fall, in dem die Gebühr aus Amtsgeldern zu entrichten ist, keine Rückschlüsse zu.

Aus diesen Überlegungen ergibt sich der Erfolg des Rechtsmittels und die Abänderung des angefochtene Beschlusses.

Rechtssätze
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