JudikaturJustiz2Ob149/09i

2Ob149/09i – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. Juni 2010

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. mj Melanie W*****, geboren am 1. November 1994, und 2. mj. Fabian W*****, geboren am 28. Jänner 2003, beide vertreten durch die Mutter Sabine W*****, diese vertreten durch Salpius Rechtsanwalts GmbH in Salzburg, gegen die beklagten Parteien 1. Carlos Alberto d*****, 2. Jürgen H*****, und 3. Verband der Versicherungsunternehmen Österreichs, Schwarzenbergplatz 7, 1030 Wien, sämtliche vertreten durch Dr. Roland Garstenauer, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 11.493,87 EUR sA (erstklagende Partei) und 10.653,87 EUR sA (zweitklagende Partei), über die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 14. Mai 2009, GZ 2 R 205/08t 44, womit das Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis vom 5. September 2008, GZ 4 Cg 7/06h 40, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

1. Die Revision der klagenden Parteien wird, soweit sie gegen die Abweisung eines Teilbegehrens von jeweils 458,46 EUR samt 4 % Zinsen seit 22. 5. 2006 gerichtet ist, zurückgewiesen.

2. Im Übrigen wird der Revision Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, den klagenden Parteien die jeweils mit 1.414,25 EUR (darin 118,91 EUR USt und 700,80 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 21. 2. 2003 kam es auf der Ettenauer Landesstraße in Oberösterreich zu einer Frontalkollision zwischen einem von Michael H***** gelenkten PKW und einem vom Erstbeklagten gelenkten, vom Zweitbeklagten gehaltenen und bei einem deutschen Versicherungsunternehmen haftpflichtversicherten LKW. Michael H***** wurde bei dem Unfall getötet. Das überwiegende Verschulden im Ausmaß von zwei Drittel trifft den Erstbeklagten. In diesem Umfang haben die beklagten Parteien für die Schadensfolgen einzustehen.

Der Getötete war der leibliche Vater der am 1. 11. 1994 und am 28. 1. 2003 unehelich geborenen Kläger. Er lebte bis zu seinem Todestag mit den beiden Kindern und deren Mutter gemeinsam in einem auf der Liegenschaft EZ ***** des GB ***** errichteten Haus. Die Liegenschaft stand im Alleineigentum des Getöteten; der Einzug in das Haus war im Jahr 2000 erfolgt.

Der Getötete war in Deutschland berufstätig und erzielte im Jahr 2002 ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 2.009,39 EUR. Zur Finanzierung des Ausbaues des Hauses hatte er ein Wohnbauförderungsdarlehen und einen Fremdwährungskredit aufgenommen, die auf der Liegenschaft pfandrechtlich besichert waren. Die Rückzahlungsraten leistete er bis zu seinem Tod allein.

Die Mutter der Kläger war bis zu ihrer Karenz vor der Geburt des Zweitklägers teilzeitbeschäftigt und erzielte ein monatliches Nettoeinkommen von 872,07 EUR. Daraus bestritt sie etwa 10 % des für den Unterhalt der Kläger erforderlichen Geldaufwands, für die weiteren 90 % kam deren Vater auf.

Im Verlassenschaftsverfahren nach dem verunglückten Vater der Kläger wurde der Reinnachlass mit insgesamt 27.689,15 EUR ermittelt, wobei der Schuldenstand 225.992,99 EUR betrug. In der Tagsatzung zur Durchführung der Verlassenschaftsabhandlung vom 4. 12. 2003 gab die Mutter im Namen ihrer Kinder je zur Hälfte des Nachlasses die bedingte Erbserklärung ab. Sodann vereinbarte sie mit den hiebei durch einen Kollisionskurator vertretenen Klägern den Kauf der Erbschaft zu einem Kaufpreis von je 15.000 EUR. Punkt III des Übereinkommens lautete:

Die Erbschaftskäuferin erklärt, in Kenntnis der Bestimmungen der §§ 1278 bis 1283 ABGB zu sein, insbesondere darüber, dass Kaufgegenstand die Erbschaft mit Aktiven und Passiven ist und die Käuferin somit nicht allein in die Rechte, sondern auch in die Verbindlichkeiten der Verkäufer als Erben eintritt, soweit diese nicht bloß persönlich sind.

Die Vertragspartner sind weiters darüber informiert, dass sie beide den Erbschaftsgläubigern haften.

Die Erbschaftskäuferin sichert den Verkäufern hinsichtlich aller die Verlassenschaft betreffenden Passiven Klag- und Schadloshaltung zu.

[…]

Mit in Rechtskraft erwachsenem Beschluss des Abhandlungsgerichts vom 16. 12. 2003 wurde der Mutter der Kläger aufgrund des Erbschaftskaufs der Nachlass nach ihrem verstorbenen Lebensgefährten eingeantwortet. In der Folge wurden ob der Liegenschaft EZ ***** des GB ***** das Eigentumsrecht der Mutter und die Pfandrechte der Kinder zur Sicherstellung ihrer Erbschaftskaufpreisforderungen einverleibt.

Im Zeitraum vom 21. 2. 2003 bis 31. 12. 2005 leistete die Mutter der Kläger Rückzahlungen auf die beiden erwähnten Darlehen im Gesamtbetrag von 28.810,71 EUR. Sie bezog die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag. Beide Kläger erhielten im Zeitraum vom 1. 3. 2003 bis 28. 2. 2006 monatlich eine Waisenpension der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau inklusive Ausgleichszulage von jeweils 72,20 EUR sowie eine Waisenrente der deutschen Rentenversicherung Bayern Süd von jeweils 168,14 EUR ausbezahlt.

Die Kläger begehrten den Ersatz ihres Unterhaltsentgangs, den sie für den Zeitraum vom Todestag ihres Vaters bis zur Einbringung der Klage am 21. 2. 2006, demnach für 36 Monate, zuletzt mit 11.493,87 EUR (Erstklägerin) bzw 10.653,87 EUR (Zweitkläger) bezifferten. Außerdem stellten sie ein Feststellungsbegehren. Zum Leistungsbegehren brachten sie vor, ihr Schadenersatzanspruch umfasse neben dem entgangenen Geldunterhalt auch die Darlehensrückzahlungen, die der Verstorbene für die Schaffung des der Befriedigung ihres Wohnbedürfnisses dienenden Eigenheims zu leisten gehabt hätte. Ausgehend vom (damals noch mit 2.300 EUR angenommenen) durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen des Vaters und den „von der Judikatur entwickelten Grundsätzen der Berücksichtigung der Transferleistungen unter Anwendung des maßgeblichen Kürzungsfaktors“ stehe der Erstklägerin für den klagsgegenständlichen Zeitraum ein monatlicher Unterhalt von 300 EUR und dem Zweitkläger ein monatlicher Unterhalt von 265 EUR zu. Von den sich daraus errechnenden Gesamtbeträgen von 10.800 EUR (Erstklägerin) und 9.540 EUR (Zweitkläger) seien die im selben Zeitraum empfangenen Bezüge aus der Waisenpension (je 2.670,20 EUR) und der Waisenrente (je 6.053,04 EUR) in Abzug zu bringen. Zu den Differenzbeträgen von 2.129,76 EUR (Erstklägerin) und 869,76 EUR (Zweitkläger) seien sodann die anteiligen Darlehensrückzahlungen von 15.111,05 EUR je Kläger hinzuzurechnen und die daraus resultierenden Endbeträge von 17.240,81 EUR (Erstklägerin) und 15.980,81 EUR (Zweitkläger) um das anzurechnende Mitverschulden des verunglückten Vaters im Ausmaß eines Drittels zu kürzen.

Die beklagten Parteien wandten im Wesentlichen ein, die Kläger müssten sich die durch den Erbschaftsverkauf erzielten Kaufpreise anrechnen lassen. Auch die Unterhaltsbeiträge ihrer Mutter seien anzurechnen, ebenso die für die Kinder bezogene Familienbeihilfe. Die Berechnung der Kläger vernachlässige überdies, dass vom Nettoeinkommen des Verstorbenen die fixen Haushaltskosten, zu denen auch die begehrten Darlehensrückzahlungen zählen würden, abzuziehen seien und die Konsumquote der Kinder und des Verstorbenen ermittelt werden müssten. Da infolge des Erbschaftskaufs nur ihre Mutter, nicht aber die Kläger zu den Darlehensrückzahlungen verpflichtet seien, fehle es den Klägern an der Aktivlegitimation. Im Falle der Zuerkennung der begehrten Beträge würden sie ungerechtfertigt bereichert sein.

Mit Teilanerkenntnisurteil vom 29. 11. 2007 wurde die Haftung der beklagten Parteien jene der drittbeklagten Partei beschränkt auf die gesetzliche Haftpflichtversicherungssumme zur ungeteilten Hand für zwei Drittel aller aus der Tötung des Vaters der Kläger resultierenden Schäden, insbesondere der Ansprüche aus entgangenem Unterhalt bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit der Kläger, festgestellt.

Mit seinem Endurteil verpflichtete das Erstgericht die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand, der Erstklägerin 11.035,41 EUR und dem Zweitkläger 10.195,41 EUR jeweils sA zu bezahlen. Das Mehrbegehren von jeweils 458,46 EUR sA wurde abgewiesen.

Hiebei ging das Erstgericht vom eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt aus und erörterte rechtlich, das Klagebegehren stelle im Rahmen des § 1327 ABGB auf die gesetzlichen Unterhaltsansprüche der Kläger ab. Danach stehe dem Unterhaltsberechtigten eine Unterhaltsrente in Höhe von zumindest des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs zu. Da der unterhaltspflichtige Vater bis zu seinem Tod den Geldunterhaltsbedarf der beiden Kläger zu 90 % abgedeckt habe, erscheine es gerechtfertigt, diesen als Ersatz den durch § 140 ABGB determinierten gesetzlichen Geldunterhaltsanspruch zuzuerkennen. Bei einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen von 2.009,39 EUR ergäben sich nach der Prozentsatzmethode Geldunterhaltsansprüche für die Erstklägerin von 341,60 EUR bzw nach Vollendung des 10. Lebensjahres 381,78 EUR und für den Zweitkläger von 281,31 EUR bzw 301,46 EUR. Die geltend gemachten Unterhaltsbeträge von 300 EUR (Erstklägerin) und 265 EUR (Zweitkläger) lägen deutlich darunter und seien somit jedenfalls berechtigt.

Der Getötete habe aber zu Lebzeiten nicht nur Geldunterhalt, sondern zusätzlich auch Naturalunterhalt in Form der Darlehensrückzahlungen geleistet, um das gemeinsame Wohnen sicherzustellen. Ohne den Erbschaftskauf stünde den Klägern unzweifelhaft ein Anspruch auf Ersatz dieses entgangenen Naturalunterhalts in Höhe der geleisteten Rückzahlungsraten zu. Der vernünftige, weil wirtschaftlich sinnvolle Erbschaftskauf könne nicht dazu führen, dass dieser Anspruch gegen die beklagten Parteien verloren gehe. Zwar hätten die Kläger keinen Schaden mehr, weil die Verpflichtung zur Rückzahlung der Darlehensraten auf ihre Mutter übergegangen sei. Diese sei aber nach § 1327 ABGB nicht anspruchsberechtigt, weil der Getötete ihr gegenüber nicht unterhaltspflichtig gewesen sei und sie nunmehr eine eigene Schuld erfülle. Es liege demnach ein Fall der Drittschadensliquidation vor. Von den im klagsgegenständlichen Zeitraum geleisteten Rückzahlungen im Gesamtbetrag von 28.810,71 EUR entfalle jeweils die Hälfte auf die beiden Kläger. Dies führe zu folgender Berechnung ihrer Ersatzansprüche:

Erstklägerin:

300 EUR x 36 10.800,00 EUR

abzüglich Waisenpension

(72,20 EUR x 36) 2.599,20 EUR

abzüglich Waisenrente

(168,14 EUR x 36) 6.053,04 EUR

2.147,76 EUR

zuzüglich anteiliger

Darlehensrückzahlungen 14.405,36 EUR

16.553,12 EUR

davon zwei Drittel 11.035,41 EUR

Zweitkläger:

265 EUR x 36 9.540,00 EUR

abzüglich Waisenpension

(72,20 EUR x 36) 2.599,20 EUR

abzüglich Waisenrente

(168,14 EUR x 36) 6.053,04 EUR

887,76 EUR

zuzüglich anteiliger

Darlehensrückzahlungen 14.405,36 EUR

15.293,12 EUR

davon zwei Drittel 10.195,41 EUR

Die Erbschaftskaufpreise seien nicht anzurechnen, weil sie nicht aus den Einkünften, sondern aus dem Stamm des von den Klägern geerbten Vermögens resultierten.

Dieses Urteil erwuchs in seinem abweisenden Teil unangefochten in Rechtskraft.

Das im Übrigen von den beklagten Parteien angerufene Berufungsgericht änderte die erstinstanzliche Entscheidung dahin ab, dass es die zuerkannten Beträge auf 1.431,84 EUR (Erstklägerin) und 591,84 EUR (Zweitkläger) jeweils sA reduzierte und das auf jeweils (insgesamt) 10.062,03 EUR sA lautende Mehrbegehren abwies. Es sprach ferner aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.

Das Berufungsgericht teilte die Auffassung des Erstgerichts, wonach sich die Kläger auf ihre Ansprüche nach § 1327 ABGB die Erbschaftskaufpreise nicht anrechnen lassen müssten. Dabei handle es sich nicht um Einkünfte aus der angefallenen Erbschaft, sondern um Surrogate, die an die Stelle des Stamms des ererbten Vermögens getreten seien. Nach der Rechtsprechung werde der Schaden aber nur durch die laufenden Einnahmen aus der angefallenen Erbschaft gemindert, soweit diese auch schon bisher zum Unterhalt der Familien verwendet worden seien.

Im Gegensatz zur Auffassung des Erstgerichts stünde den Klägern aber auch ohne den Erbschaftskauf der Mutter kein Anspruch auf Ersatz von Darlehensrückzahlungen zu. Ihr Begehren richte sich auf den Ersatz des Unterhaltsentgangs in Höhe des gesetzlichen Unterhalts nach § 140 ABGB. Dieser diene der Deckung der gesamten Lebensbedürfnisse und umfasse daher auch den anteiligen Aufwand für die Wohnversorgung, der im zuerkannten Geldunterhalt bereits enthalten sei. Im Umfang des angestrebten Ersatzes der im Übrigen nicht von ihnen geleisteten Darlehensrückzahlungen sei ihr Begehren daher nicht berechtigt. Fragen der Drittschadensliquidation stellten sich nicht.

Die Familienbeihilfe sei bei der Berechnung des Unterhaltsentgangs des Kindes nach § 1327 ABGB außer Betracht zu lassen, wenn sie vor und nach dem Unfall für das Kind bezogen worden sei. Davon sei im konkreten Fall nach der Lebenserfahrung auszugehen. Darüber hinaus wären die von den Klägern begehrten Beträge selbst bei Berücksichtigung der Familienbeihilfe berechtigt. Eine auf der Grundlage der seit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 19. 6. 2002, Zl G 7/02, entwickelten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs durchgeführte Berechnung würde monatliche Ansprüche von 334,81 EUR für die Erstklägerin und 273,97 EUR für den Zweitkläger, demnach höhere als die begehrten Beträge ergeben.

Gebühre den Klägern der gesetzliche Unterhalt nach § 140 ABGB als Mindestanspruch nach § 1327 ABGB, stelle sich auch nicht die Frage nach der tatsächlichen Unterhaltsleistung des Vaters. Darauf, dass sich nach der Rechtsprechung der Unterhaltsentgang des Kindes nach dem Anteil bestimme, mit dem der Vater entsprechend dem Verhältnis der Einkünfte der Eltern zum Unterhalt (der Konsumquote) des Kindes beigetragen habe, komme es nicht an. Es bedürfe daher auch keiner Feststellungen zur Konsumquote der Kläger oder zu den fixen Haushaltskosten.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur Frage der Berücksichtigung von Darlehensrückzahlungen für die Schaffung von Wohnraum zur Deckung des Wohnbedürfnisses des Unterhaltsberechtigten im Rahmen des Schadenersatzanspruchs nach § 1327 ABGB bei Geltendmachung des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs nach § 140 ABGB ebenso wenig eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ersichtlich sei wie zur Frage der Berücksichtigung der Familienbeihilfe bei Bemessung des Unterhaltsentgangs nach § 1327 ABGB auf Basis des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs nach § 140 ABGB vor dem Hintergrund der neuen Rechtsprechung im Anschluss an das zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs.

Gegen den ihr Mehrbegehren von jeweils 10.062,03 EUR sA abweisenden Teil des Berufungsurteils richtet sich die Revision beider Kläger mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens auch in diesem Umfang abzuändern.

Die beklagten Parteien beantragen in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision mangels erheblicher Rechtsfrage als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

I. Zur Zulässigkeit der Revision:

1. Die Revision ist unzulässig, soweit die Kläger mit ihr auch die Abänderung des bereits in Rechtskraft erwachsenen Teils der erstinstanzlichen Entscheidung (Abweisung von jeweils 458,46 EUR sA) begehren. Das Berufungsgericht hat über diesen Teil des Klagebegehrens nicht mehr abgesprochen. Insoweit ist die Revision mangels anfechtbarer Entscheidung daher als jedenfalls unzulässig zurückzuweisen (2 Ob 191/07p).

2. Im Übrigen ist die Revision zulässig, weil dem Berufungsgericht bei der Berechnung des Unterhaltsentgangs der Kläger eine aus Gründen der Rechtssicherheit durch den Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung unterlaufen ist.

II. Zur Berechtigung der Revision:

Die Revision ist berechtigt.

Die Kläger machten sinngemäß geltend, die Kosten der Wohnversorgung seien bei der Ermittlung des Unterhaltsentgangs als fixe Haushaltskosten zu berücksichtigen und zum Konsumanteil des Berechtigten hinzuzurechnen, woraus sich dessen Ersatzanspruch ergebe. Der entgangene Naturalunterhalt stelle einen Schaden der Kläger dar. Die Zahlungen der Mutter hätten nicht den Sinn, den Schädiger und die übrigen Haftenden von ihrer Schadenersatzpflicht zu entlasten.

Hiezu wurde erwogen:

1. Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Unterhaltsentgang ist § 1327 ABGB. Danach muss, wenn aus einer körperlichen Verletzung der Tod erfolgt, den Hinterbliebenen, für deren Unterhalt der Getötete nach dem Gesetz zu sorgen hatte, das, was ihnen dadurch entgangen ist, ersetzt werden. Diese Bestimmung enthält eine Sonderregel zugunsten mittelbar Geschädigter und gewährt nach ständiger Rechtsprechung den nach dem Gesetz unterhaltsberechtigten Personen einen originären Anspruch auf Ersatz einer entgangenen tatsächlichen Unterhaltsleistung, jedoch keinen Unterhaltsanspruch (2 Ob 150/08k mwN; RIS Justiz RS0031342; vgl auch RS0031321). Wurde mehr als der gesetzliche Unterhalt geleistet, wird in der Rechtsprechung gefordert, dass die Unterhaltsleistung noch einigermaßen ins Verhältnis zur gesetzlichen Unterhaltspflicht gesetzt werden kann (2 Ob 3/08t mwN; 2 Ob 119/09b; RIS Justiz RS0031410). Wurde hingegen weniger als der gesetzliche Unterhalt geleistet, so ist dieser als Mindestanspruch nach § 1327 ABGB anzusehen. Der Schaden des Unterhaltsberechtigten liegt in diesen Fällen darin, dass seine Unterhaltsforderung für die Zukunft untergegangen ist; durch die Tötung verliert er die Möglichkeit, den gesetzlichen Unterhalt (zur Gänze) einzufordern (2 Ob 243/99w = SZ 72/135; 2 Ob 119/09b). Da die zustehenden Schadenersatzansprüche im § 1327 ABGB erschöpfend aufgezählt sind, kommt ein Ersatz nur für entgangene Leistungen mit Unterhaltscharakter in Betracht (2 Ob 11/06s; 2 Ob 99/06g mwN; 2 Ob 119/09b; RIS Justiz RS0031423). Die Hinterbliebenen sind so zu stellen, wie sie stünden, wenn der zum Unterhalt Verpflichtete nicht getötet worden wäre (2 Ob 150/08k mwN; 2 Ob 119/09b; RIS Justiz RS0031291). Dabei ist von den Verhältnissen (bis) zum Todeszeitpunkt auszugehen. Künftige Entwicklungen sind, soweit möglich, bei der Bemessung im Rahmen einer Prognose zu berücksichtigen (2 Ob 150/08k mwN; 2 Ob 119/09b; RIS Justiz RS0031835).

2. Mit dem Hinweis auf die „gesetzliche Unterhaltspflicht“ in § 1327 ABGB wird der Kreis der Unterhaltsberechtigten, nicht aber das Ausmaß der Ersatzpflicht bestimmt (RIS Justiz RS0031444). Es ist nach den dargestellten Kriterien daher zunächst zu ermitteln, welchen gesetzlichen Unterhaltsanspruch die Kläger gegen ihren Vater im Zeitpunkt des tödlichen Unfalls hatten:

2.1 Nach der Regelung des § 140 ABGB, die gemäß § 166 Satz 2 ABGB auch für uneheliche Kinder gilt, haben nicht selbsterhaltungsfähige Kinder gegenüber ihren (ehelichen oder unehelichen) Eltern Anspruch auf angemessenen Unterhalt, zu dessen Deckung jeder Elternteil entsprechend seiner Leistungspflicht („nach ihren Kräften“) anteilig beizutragen hat (2 Ob 157/00b). Der Unterhalt dient der Deckung der gesamten Lebensbedürfnisse, somit auch der Deckung des Wohnbedarfs. Der Unterhaltspflichtige hat dem Kind eine seinen Lebensverhältnissen angemessene unentgeltliche Wohnmöglichkeit zur Verfügung zu stellen, sei es im eigenen Haushalt oder anderswo (2 Ob 67/09f mwN).

2.2 Im vorliegenden Fall wurden die Kinder im gemeinsamen Haushalt der Eltern betreut und versorgt. Ihr Unterhaltsanspruch wurde durch die Betreuungsleistungen der Eltern und die Befriedigung ihrer sonstigen Bedürfnisse (weit überwiegend) aus den Einkünften des Vaters in natura erfüllt. Umstände, die einen Unterhaltsanspruch in Geld zum Entstehen hätten bringen können (Verletzung der Unterhaltspflicht durch den Vater, die Gefahr einer solchen oder eine Haushaltstrennung; vgl Hopf in KBB 2 § 140 Rz 11) haben die Kläger weder behauptet, noch gehen sie aus den Feststellungen hervor. Wurde aber den Klägern der gesetzliche Unterhalt im Haushalt ihrer Eltern als Naturalunterhalt gewährt, so besteht keine Veranlassung, diesen für die Berechnung des Unterhaltsentgangs nach § 1327 ABGB mit einem fiktiven, nach der Prozentsatzmethode berechneten Geldunterhaltsanspruch gleichzusetzen. Dies würde, wie noch näher darzulegen sein wird, im konkreten Fall zu dem nicht sachgerechten Ergebnis führen, dass den Unterhaltsberechtigten nicht der Entgang der tatsächlichen, nämlich der Befriedigung ihres Wohnbedürfnisses im väterlichen Haus dienenden Unterhaltsleistungen des Vaters, sondern lediglich der Verlust einer von den realen Verhältnissen losgelösten hypothetischen Wohnmöglichkeit abgegolten werden würde.

2.3 Die Kläger haben auch keineswegs behauptet, dass ihnen gegenüber dem Vater ein reiner Geldunterhaltsanspruch zugestanden wäre. Im Lichte der vorstehenden Erwägungen ist ihr Vorbringen zum neben den geleisteten Darlehensrückzahlungen „entgangenen Geldunterhalt“ bei verständiger Würdigung vielmehr dahin zu verstehen, dass die in diesem Zusammenhang (unter Anrechnung der Familienbeihilfe) genannten Beträge im monatlichen Durchschnitt zur Deckung ihrer Bedürfnisse mit Ausnahme des Wohnbedürfnisses aufgewendet worden sind.

Der Zuspruch dieses Teilbegehrens wird in dritter Instanz nicht mehr bekämpft und ist in Rechtskraft erwachsen. Auf die zur Berechtigung des den „Geldunterhalt“ betreffenden Anspruchsteils angestellten Überlegungen der Vorinstanzen ist im Revisionsverfahren daher nicht mehr einzugehen. Dies betrifft sowohl die Erledigung der die Anrechnung der Erbschaftskaufpreise und der Familienbeihilfe fordernden Einwände der beklagten Partei, als auch die Anrechnung der Waisenpension und der Waisenrente auf die ungekürzten Ersatzbeträge. Zu letzterem ist lediglich anzumerken, dass Aspekte der Legalzession und eines allfälligen Quotenvorrechts von den beklagten Parteien in erster Instanz ohnedies nicht geltend gemacht worden sind (zur Behauptungslast vgl RIS Justiz RS0084869).

3. Gegenstand der Prüfung durch den Obersten Gerichtshof ist somit allein die noch strittige Frage, ob den Klägern zusätzlich zu den bereits zugesprochenen Beträgen der Ersatz der von ihrer Mutter zur Rückzahlung der beiden Darlehen aufgewendeten Beträge gebührt:

3.1 In der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist anerkannt, dass die Verschaffung einer angemessenen Wohnmöglichkeit zu den Leistungen mit Unterhaltscharakter zu zählen ist (2 Ob 11/06s mwN; RIS Justiz RS0031464; Reischauer in Rummel , ABGB 3 II/2b § 1327 Rz 31). Der Entgang der Wohnversorgung durch die Eltern stellt daher einen Posten des Anspruchs der Waisen nach § 1327 ABGB dar (2 Ob 11/06s mwN; RIS Justiz RS0031647).

Nach den Feststellungen ist davon auszugehen, dass die Rückzahlungsraten Darlehen betreffen, die der Vater zur Schaffung einer Wohnmöglichkeit für sich, seine Lebensgefährtin und die gemeinsamen (geborenen und noch ungeborenen) Kinder in dem auf seiner Liegenschaft befindlichen Haus aufgenommen hatte. Sie dienten den Klägern daher der Deckung ihres Wohnbedarfs. Nach ständiger Rechtsprechung gehören derartige Rückzahlungsraten zu den sogenannten Fixkosten (2 Ob 74/01y mwN; 2 Ob 108/05d; vgl RIS Justiz RS0031384; Reischauer aaO Rz 31 und 32), das sind jene Kosten der Haushaltsführung, die sich durch den Wegfall des Verstorbenen in ihrer Höhe nicht wesentlich ändern und Unterhaltscharakter haben (2 Ob 108/05d mwN; RIS Justiz RS0031808). Diese Kosten sind daher bei der Ermittlung des Unterhaltsentgangs der Hinterbliebenen (anteilig) zu berücksichtigen, wie sie nun von ihnen zu tragen sind (8 Ob 143/80; 2 Ob 83/88; vgl Reischauer aaO Rz 31). Eine damit notwendigerweise verbundene Vermögensbildung steht dem nicht entgegen ( Reischauer aaO Rz 31 mwN).

3.2 Der Vater der Kläger hat die Rückzahlungsraten allein bezahlt. Dass die damit verbundenen Leistungen zu dem seinen Kindern durch Deckung ihres angemessenen Wohnbedarfs geschuldeten Naturalunterhalt in einem groben Missverhältnis gestanden wären, wurde von den beklagten Parteien nicht behauptet. Der Tod ihres Vaters bewirkte, dass die Kläger nun selbst für die Rückzahlung des hypothekarisch besicherten Darlehens zu sorgen hatten, um den Verlust der Wohnmöglichkeit im väterlichen Haus abzuwenden. Auf welche Weise dies geschah, ist für ihre Anspruchsberechtigung bedeutungslos. Es kann den Schädiger und die übrigen Haftpflichtigen daher auch nicht entlasten, wenn die Mutter der Kläger im Wege des Erbschaftskaufs die Verpflichtung zur Rückzahlung der Darlehen im eigenen Namen rechtsgeschäftlich übernahm (vgl 2 Ob 148/01f; 2 Ob 11/06s; auch RIS Justiz RS0022789, RS0031301). Auf eine Konsumquote der Mutter ist im vorliegenden Fall nicht Bedacht zu nehmen, weil der Getötete ihr gegenüber nicht unterhaltspflichtig war. Dies hat zur Folge, dass die Kläger zur anteiligen Geltendmachung der seit dem Tod des Vaters von ihrer Mutter geleisteten Rückzahlungsraten berechtigt sind.

4. In Stattgebung der Revision ist das Urteil des Erstgerichts daher wiederherzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründe sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Ein Kostenzuspruch für die Berufungsbeantwortung kommt allerdings nicht in Betracht, weil für diesen Schriftsatz keine Kosten verzeichnet worden sind. Die Kosten der Revision sind den Klägern nach dem Verhältnis ihrer Anteile am Streitwert (je 50 %) zuzusprechen, wobei sich die Bemessungsgrundlage nach ihrem mit insgesamt 19.207,14 EUR zu beziffernden Revisionsinteresse richtet. Auf die teilweise absolute Unzulässigkeit der Revision wurde in der Revisionsbeantwortung nicht hingewiesen.

Rechtssätze
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