JudikaturJustiz2Cg72/19v

2Cg72/19v – LG Wels Entscheidung

Entscheidung
27. Dezember 2019

Kopf

Das

Landesgericht Wels

erkennt durch den Richter Dr. David Pesendorfer in der Rechtssache der klagenden Partei D***** , vertreten durch Dr. Johannes Kirschner, Rechtsanwalt in Wels, wider die beklagte Partei Ö***** , vertreten durch Wolf Theiss Rechtsanwälte GmbH Co KG in Wien, wegen Urkundenabschrift (Streitwert EUR 1,--), Unterlassung (Streitwert EUR 10,--) und Auskunft (Streitwert EUR 100,--), Gesamtstreitwert EUR 111,--, zu Recht:

Spruch

1) Das Klagebegehren;

a) es werde festgestellt, dass die beklagte Partei schuldig ist, Daten zur Bioaffinität, Nachtschwärmereigenschaft, Heimwerkereigenschaft, Akademikereigenschaft, Lebensphase, Investment- und Distanzhandelsaffinität und Kinderlosigkeit des Klägers als personenbezogene zu behandeln und insbesondere bei allfälligen Auskunftsverlangen dem Kläger hierüber Auskunft im Sinne des Datenschutzgesetzes zu erteilen (Streitwert EUR 1,--);

b) die beklagte Partei sei schuldig, die Daten zur Bioaffinität, Nachtschwärmereigenschaft, Lebensphase, Heimwerkereigenschaft, Investment- und Distanzhandelsaffinität, Kinderlosigkeit sowie zur E-Mail-Adresse „l*****“ des Klägers binnen vier Wochen zu löschen (Streitwert EUR 10,--);

c) die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen mitzuteilen,

ca) an wen sie in den letzten 10 Jahren vor dem 26. März 2019 Daten über die klagende Partei weitergegeben habe und in welchem Umfang und

cb) anhand welcher Daten sie zur Einschätzung gelangt sei, dass die klagende Partei bioaffin, ein Nachtschwärmer, ein Heimwerker, wenig investmentaffin und distanzhandelaffin sei (Streitwert EUR 100,--);

wird abgewiesen.

2) Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei zu Handen der Beklagtenvertreterin binnen 14 Tagen die mit 691,60 Euro (darin 118 Euro Barauslagen und 95,60 Euro Umsatzsteuer) bestimmten Verfahrenskosten zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Unstrittiger Sachverhalt ( §§ 266, 267 ZPO):

Der Kläger ist ein in W***** situierter Rechtsanwalt.

Die Beklagte ist der landesweit führende Logistik- und Postdienstleister. Zu seinen Hauptgeschäftsbereichen zählen die Beförderung von Briefen, Werbesendungen, Printmedien und Paketen. Daneben verfügt die Beklagte unter anderem auch über eine Gewerbeberechtigung als „Adressverlag und Direktmarketingunternehmen“ im Sinne des § 151 Gewerbeordnung (GeWO). Demnach ist die Beklagte berechtigt, „… personenbezogene Daten aus öffentlich zugänglichen Informationen, durch Befragung der betroffenen Personen, aus Kunden- und Interessentendateisystemen Dritter oder als Marketingdateisystemen anderer Adressverlage und Direktmarketingunternehmen zu ermitteln ...“ .

Adressverlage und Direktmarketingunternehmen dürften erhobene Marketinginformationen und Marketingklassifikationen aufgrund von Marketinganalyseverfahren auch namentlich bestimmten Personen zuschreiben und diese Marketinggruppen für Marketingzwecke verwenden und unter bestimmten Voraussetzungen an Dritte übermitteln.

Über Aufforderung des Klägers vom 14. Jänner 2019 erteilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 14. Februar 2019 Auskunft über die in Bezug auf seine Person verarbeiteten, personenbezogenen Daten. Demnach seien über den Kläger folgende Daten gespeichert: Telefonnummer, Akademiker, Bioaffin, Nachtschwärmer, Heimwerker, Investmentaffin, Lebensphase (Shop), Distanzhandelaffin, Paketfrequenz, Paketrecency; Anzahl der Pakete pro Jahr; Anzahl der Wochen/Jahr, in der man Pakete bekommt; Versandhandelskäufer; Anzahl der Pakete im Zeitraum vor 6 bis 12 Monaten. Angaben zu gespeicherten E-Mail-Adressen enthielt die Auskunft nicht.

Klagebegehren und Prozessvorbringen der klagenden Partei:

Der Kläger erhob zuletzt (vgl. Klage ON 1 und Klagseinschränkung und -ausdehnung ON 5) die sich aus dem Urteilsspruch ergebenden Begehren und brachte dazu im Wesentlichen vor:

Der Kläger habe aufgrund von Medienberichten über fragwürdige Datenspeicherpraktiken der Beklagten eine Auskunft über die über ihn von der Ö***** gespeicherten Daten verlangt. Mit Schreiben vom 14. Februar 2019 wäre eine Auskunft erteilt worden, wonach über den Kläger folgende Daten gespeichert seien: Telefonnummer, Akademiker, Bioaffin, Nachtschwärmer, Heimwerker, Investmentaffin, Lebensphase (Shop), Distanzhandelaffin, Paketfrequenz, Paketrecency, Anzahl der Pakete pro Jahr, Anzahl der Wochen/Jahr, in der man Pakete bekommt, Versandhandelskäufer, Anzahl der Pakete im Zeitraum vor 6 bis 12 Monaten. Angaben zu gespeicherten Mailadressen enthielt die Auskunft nicht.

Aufgrund der darin gespeicherten persönlichen Daten habe der Kläger mit E-Mail vom 12. März 2019, gesamt von seiner Kanzleiadresse k***** weitere Auskünfte dazu verlangt, an wen die Ö***** in den letzten 10 Jahren Daten über ihn weitergegeben habe und in welchem Umfang und anhand welcher Daten die Ö***** zu der Einschätzung gelangt wäre, dass der Kläger bioaffin, Nachtschwärmer, ein Heimwerker, wenig investmentaffin, kinderlos, distanzhandelsaffin sei.

Am 13. März 2019 wäre dem Kläger geantwortet worden, dass die Beantwortung der Fragen aufgrund der hohen Anfragezahl länger als gewöhnlich dauerte. Am 24. März 2019 habe der Kläger – diesmal plötzlich auf seine private E-Mail-Adresse l***** – nochmals eine „Information über die Erledigungsdauer ihrer Anfrage“ erhalten. Eine inhaltliche Beantwortung der Anfrage habe der Kläger somit auch nach Verstreichen der Absolutfrist von drei Monaten gemäß Artikel 12 Abs 3 DSGVO nicht erhalten. Weiters wäre die Auskunft der Beklagten vom 14. Februar 2019 falsch und unvollständig gewesen, da die Beklagte verschwiegen habe, dass sie die private E-Mail-Adresse des Klägers l***** gespeichert gehabt habe. Somit wäre das Grundrecht des Klägers gemäߧ 1 DSG auf Auskunft (damit auch das Recht auf Richtigstellung und das Recht auf Löschung) verletzt.

Da sich der Kläger nicht erinnern könne, der Beklagten jemals eine Zustimmung zur Speicherung seiner privaten E-Mai-Adresse l***** gegeben zu haben – die Beklagte könne diese Daten ausschließlich über Dritte, z.B. Versandunternehmen erhalten haben -, habe der Kläger diesbezüglich ein Recht auf Löschung und Mitteilung, woher die Daten stammten.

Die Klage würde auf jeden erdenklichen Rechtsgrund gestützt, insbesondere auf das Datenschutzgesetz und auf § 16 ABGB.

Der Kläger habe niemals schriftlich der Erhebung und Speicherung von Marketingdaten über seine Person zugestimmt. Er habe Anspruch auf Löschung der Daten. Damit die Beklagte nicht behaupte, ein Auskunftsbegehren und ein Löschungsbegehren stünden zueinander im Widerspruch, werde hinsichtlich des Löschungsbegehrens eine längere Frist gesetzt. Im Bereich Adresshandel biete die Beklagte mehrere Datenselektionsangebote, wobei „Datenverarbeitung zu Marketingzwecken“ nur einer von mehreren Teilbereichen ihrer Geschäftstätigkeit im Datenhandel sei.

Der Kläger habe mit Schreiben vom 12. März 2019 an die Beklagte, übermittelt am 13. März 2019 nicht nur um Datenauskunft hinsichtlich allfälliger Marketingdaten ersucht, sondern um „Mitteilung, an wen sie die letzten 10 Jahre Daten über ihn weitergegeben habe und in welchem Umfang“ . Die Beklagte habe demgegenüber sowohl in ihrem Schreiben vom 14. Februar 2019 als auch in der nunmehrigen Klagebeantwortung lediglich bekanntgegeben, dass sie keine Marketingdaten (gemeint offenbar im Sinne des § 151 Gewerbeordnung) weitergegeben habe. Damit wäre dem Auskunftsbegehren des Klägers nicht vollständig Rechnung getragen worden. Es wäre davon auszugehen, dass die Beklagte nicht jahrelang sinnlos und unter Kostenaufwand Daten über den Kläger erhebe und speichere, sondern, dass sie diesen unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten tue. Da der Kläger bei der Beklagten selbst weder biologische Lebensmittel kaufen könnte noch Investments tätigen könnte (die Beklagte sei dazu nicht befugt), mache die Erhebung und Verarbeitung solcher Daten für die Beklagte nur Sinn, weil sie mit der Datenweitergabe Geld verdiene. Die Beklagte wäre verpflichtet, eine vollständige Datenauskunft zu erteilen, die unabhängig von der Detailfrage sei, ob sie „zu Marketingzwecken“ Daten weitergeben habe und ob die weitergegebenen Daten aus ihrer Sicht Marketingdaten wären. Auffällig wäre nämlich, dass die Beklagte einen klaren Standpunkt zur Frage vermeide, ob sie in den letzten 10 Jahren irgend welche Daten über den Kläger an Dritte weitergegeben habe, abgesehen von N*****.

Unrichtig wäre die Rechtsansicht der Beklagten, dass es sich bei den gespeicherten Daten nur um „Marketingklassifikationen“ handle, die eigentlich überhaupt keinen Personenzug zum Kläger hätten und über deren Vorhandensein der Kläger gar nicht informiert würde. Personenbezogene Daten seien Informationen schon dann, wenn sie sich auf eine natürliche Person beziehen oder zumindest beziehbar wären und zu Rückschlüsse auf deren Persönlichkeit erlaubten. Der Kläger habe daher ein rechtliches Interesse an der Feststellung, dass die Beklagte bei künftigen Auskunftsbegehren verpflichtet wäre, auch über die Verarbeitung und Speicherung von Marketing-Klassifikationsdaten Auskunft zu geben und solche Daten als personenbezogene zu behandeln. Die Ansicht der Beklagten, die Bioaffinität, die Nachtschwärmereigenschaft, die Heimwerkereigenschaft und die Investment- bzw. Distanzhandelsaffinität sowie die Kinderlosigkeit einer natürlichen Person seien keine personenbezogene Daten, bestätige zudem, dass die Beklagte offenbar in Bezug auf die Schutzbestimmung des DSG bewusst rechtswidrig vorgehe und solche Daten als nicht personenbezogen behandle. Es wäre davon auszugehen, dass die Beklagte sehr wohl auch personenbezogene Daten über den Kläger gespeichert habe, die über jene hinausgingen, die in der Auskunft vom 14. Februar 2019 genannt werden.

Der Kläger habe in den Jahren 2016 oder 2017 aufgrund von Zustellproblemen der Beklagten auf Ersuchen eines Mitarbeiters der Beklagten in der P***** R***** in S***** eine Online-Registrierung vorgenommen. Es habe geheißen, dass der Kläger dann Pakete an eine Wunschpostfiliale umleiten lassen könne. Der Kläger habe den Registrierungsvorgang dann jedoch abgebrochen, weil im Zuge dessen das Einscannen eines Ausweises vom System vorgegeben gewesen wäre, was der Kläger nicht habe wollen. Er habe auch versucht, seine bereits eingegebenen Daten wieder zu löschen, zumindest damals habe sich im System jedoch kein Button „Registrierung löschen“ befunden. Der Kläger habe daher bei seinem nächsten Besuch in der P***** R***** mitgeteilt, dass die Registrierung rückgängig gemacht werden möge. Dies wäre zeitlich mit der Möglichkeit zusammengefallen, beim Online-Versandhändler Amazon eine Wunschpostfiliale als Zustelladresse einzugeben, wodurch die ständigen Zustellprobleme bei der Beklagten (Hinterlegungsmitteilungen über Abholung an den automatischen Schließfächern ständig unrichtig; Nichtauffindbarkeit des laut Hinterlegungsmitteilung abzuholenden Paketes; schlechte Parkplatz- und Zufahrtssituation am R*****) entschärft gewesen wäre.

Die Beklagte habe rechtswidrig vorsätzlich eine falsche Auskunft erteilt. Sie habe in ihrer Auskunft die persönliche E-Mail-Adresse des Klägers nicht genannt, obwohl das außergerichtliche Auskunftsersuchen nicht auf die Herkunft dieses Datums gerichtet gewesen wäre, sondern allgemein auf die über den Kläger verarbeiteten Daten. Der Kläger sei dadurch in seinem Recht, seine personenbezogenen Daten kontrollieren zu können, verletzt worden.

Prozessvorbringen der beklagten Partei:

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren, beantragte kostenpflichtige Klagsabweisung und brachte dazu im Wesentlichen vor:

Die Beklagte wäre der landesweit führende Logistik- und Postdienstleister. Zu den Hauptgeschäftsbereichen zählte die Beförderung von Briefen, Werbesendungen, Printmedien und Paketen. Daneben verfüge die Beklagte unter anderem auch über eine Gewerbeberechtigung als „Adressverlag und Direktmarketingunternehmer“ im Sinne des § 151 Gewerbeordnung. Demnach wäre sie berechtigt, personenbezogene Daten aus öffentlich zugänglichen Informationen, durch Befragung der betroffenen Personen, aus Kunden- und Interessentendateisystemen Dritter oder aus Marketingdateisystemen anderer Adressverlage und Direktmarketingsunternehmen zu ermitteln. Adressverlage und Direktmarketingunternehmen dürften erhobene Marketinginformationen und Klassifikationen aufgrund von Marketinganalyseverfahren auch namentlich bestimmten Personen zuschreiben und diese Marketinggruppen für Marketingzwecke verwenden und unter bestimmten Voraussetzungen an Dritte übermitteln.

Über Aufforderung des Klägers vom 14. Jänner 2019 habe die Beklagte dies mit Schreiben vom 14. Februar 2019 Auskunft über die in Bezug auf seine Person verarbeiteten personenbezogene Daten erteilt. Die im Auskunftsschreiben angeführten Marketingdaten über den Kläger wären auf der Rechtsgrundlage der Gewerbeberechtigung der Beklagten erhoben worden. Sie wären allerdings – wie im Auskunftsschreiben auch ausgewiesen – nicht an Dritte weitergeben worden. Die vom Kläger selbst angeführte E-Mail-Adresse l***** stamme aus dem von ihm selbst angelegten Postaccount, zu dem sich der Kläger am 01. Dezember 2017 unter Angabe dieser E-Mail-Adresse angemeldet habe. Die Verarbeitung der E-Mail-Adresse wäre erforderlich, um mit dem Kläger zu kommunizieren. Vor diesem Hintergrund gehe die erhobene Klage ins Leere.

Im Punkt 1 des zunächst erhobenen Klagebegehrens verlange die Klägerin die „zur Verfügungstellung“ einer Kopie jener Urkunde, mit der er der Erhebung und Speicherung von Marketingdaten über seine Person sowie seiner privaten E-Mail-Adresse l***** zugestimmt habe. Ein Anspruch nach Artikel XLII ZPO setze allerdings das Bestehen einer gemeinschaftlichen Urkunde voraus. Weder der Bestand noch die Gemeinschaftlichkeit der Urkunde würden aber vom Kläger behauptet. Hinsichtlich der Marketingdaten behaupte der Kläger eine derartige Urkunde erst gar nicht. Der erste Teil des zunächst erhobenen Klagshauptbegehrens wäre damit unschlüssig.

Das dazu zunächst formulierte Eventualbegehren habe dem gegenüber darauf gelautet, dem Kläger mitzuteilen, von wem die Beklagte die E-Mail-Adresse l***** erhalten habe. Der Kläger habe also Mitteilung über die Herkunft der Daten verlangt. Diese Information wäre allerdings nur dann zu erteilen, wenn die Daten nicht bei der betroffenen Person selbst erhoben worden wären (Artikel 15 Abs 1 lit g DSGVO: „Wenn die personenbezogenen Daten nicht bei der betroffenen Person erhoben werden, alle verfügbaren Informationen über die Herkunft der Daten.“ ). Genau dies wäre aber der Fall gewesen. Da der Kläger die besagte E-Mail-Adresse der Beklagten gegenständlich durch Anlegen des Postaccount selbst mitgeteilt und die Beklagte das Datum somit beim Kläger erhoben habe, stünde dem Kläger kein Anspruch auf Mitteilung der Herkunft dieses Datums zu. Auch wenn damit die Herkunft der Daten ohnedies hinreichend beauskunftet sei, habe das geltend gemachte Eventualbegehren nicht zu Recht bestanden.

Punkt 2 des zunächst erhobenen Klagebegehrens sei auf Löschung der privaten E-Mail-Adresse des Klägers l***** gerichtet gewesen. Dass dem Kläger ein Recht auf Löschung zustehe, wäre dem Kläger im Auskunftsschreiben unter Hinweis auf die Datenschutzerklärung und unter Anführung mehrerer Kommunikationswege mitgeteilt worden. Dazu komme, dass der Kläger selbst rechtskundig und befugter Parteienvertreter wäre. Der Kläger habe jederzeit die Möglichkeit, seinen Account selbst zu löschen, in dem er sich dort einlogge und im Bereich „Einstellungen“ den Button „Registrierung löschen“ bestätige. Damit wäre auch die E-Mail-Adresse gelöscht worden. Zudem hätte der Kläger von der Beklagten auch außergerichtlich jederzeit die Löschung begehren können. Da er dies allerdings nicht getan habe, habe die Beklagte keinen Anlass zur Klagsführung gegeben. Den Kläger würden daher die diesbezüglichen Kostenfolgen treffen. Im Übrigen würde der Kläger darauf verwiesen, dass er aufgrund der begehrten Löschung der E-Mail-Adresse l***** den Service „P*****-Online“ nicht mehr nutzen könne und der Account mangels Interaktionsmöglichkeit stillgelegt werden müsste. Wenn der Kläger vor dem Hintergrund des Löschungsbegehrens zur E-Mail-Adresse die Löschung des Postaccounts wünschte, würde die Beklagte dem umgehend nachkommen.

Unter Punkt 3 des zunächst erhobenen Klagebegehrens habe der Kläger zunächst von der Beklagten schließlich die Mitteilung begehrt, an wen und in welchem Umfang dieser in den letzten 10 Jahren vor dem 26. März 2019 Daten über den Kläger weitergegeben habe, sowie anhand welcher Daten sie zur Einschätzung der genannten Affinitäten des Klägers gelangt sei. Aber auch dieses Teilbegehren ginge ins Leere. Über Antrag des Klägers vom 14. Jänner 2019 habe die Beklagte mit Schreiben vom 14. Februar 2019 Auskunft über die Verarbeitung personenbezogener Daten des Klägers gegeben. Darin habe die Beklagte dem Kläger mitgeteilt, dass sein Daten nicht zu Marketingzwecken an Dritte weitergegeben worden seien. In der Anlage zum Auskunftsschreiben wäre zudem eine Weitergabe der Nachsendedaten an das Unternehmen N***** ausgewiesen worden. Diese Datenweitergabe wäre aber aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung nach § 35 Abs 2 Postmarktgesetz erfolgt. Darüber hinaus wären keine personenbezogenen Daten des Klägers an sonstige Verantwortliche übermittelt worden und deshalb wäre auch im Auskunftsschreiben nichts erwähnt gewesen. Dem Klagebegehren sei daher mit dem Auskunftsschreiben entsprochen worden. Der Punkt 3 a des zunächst erhobenen Klagebegehrens wäre mangels Beschwer ins Leere gegangen. Auch diesbezüglich habe kein Anlass zur Klagsführung bestanden.

Zu 3 b des ursprünglichen Klagebegehrens habe der Kläger die Mitteilung verlangt, anhand welcher Daten die Beklagte zur Einschätzung gelangt sei, dass diesem die genannten Affinitäten zuordenbar wären. Die genanten Affinitäten würden aber lediglich die Zuordnung einer bestimmten Person aufgrund der Zuschreibung bestimmter Marketing-Klassifikationen im Wege eines Marketing-Analyseverfahrens zu einer Marketinggruppe darstellen. Der eigentliche Aussagegehalt des Attributs „Investmentaffin“ wäre daher nicht, dass hier über eine bestimmte Person Daten über deren Finanzgebarung erhoben und bewertet würden, sondern lediglich, dass diese Person aufgrund bestimmter soziodemographischer Umstände (Alter, Wohnort, Bildungsgrad etc.) zu einer Marketinggruppe zugeordnet worden wäre, hinsichtlich der das Vorliegen des Attributs (investmentaffin) mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit angenommen werde. Das bedeute, dass das Attribut im konkreten schwach oder sogar gar nicht ausgeprägt, die betroffene Person sogar investmentaverse sein könnte und dennoch die Zuordnung zur Marketinggruppe als solcher statisch richtig vorgenommen worden wäre. Damit handle es sich bei derartigen Marketing-Klassifikationen auch nicht um personenbezogen Daten des Klägers. Deshalb wäre auch die Auskunftserteilung ohne Rechtspflichtverletzung erfolgt. Selbst bei unterstellter Qualifikation als personenbezogenes Datum bestünde allerdings kein Anspruch auf Mitteilung, anhand welcher Daten personenbezogene Daten erhoben würden. Gegenstand einer zu erteilenden, datenschutzrechtlichen Auskunft seien stets die im Zeitpunkt des Einlangens des Auskunftverlangens tatsächlich verarbeiteten Daten, Maßstab wäre dabei die formelle Wahrheit. Es bestünde bei Durchsetzung des Auskunftsrechtes daher kein Anspruch darauf, dass die gespeicherten Daten im Sinne eines vom Betroffenen erwarteten Sollzustandes vollständig und in dem Sinn materiell richtig wären, dass sie etwa in der Vergangenheit liegende Ereignisse, z.B. die Herkunft der Daten aus einer bestimmten Quelle, wahrheitsgetreu abbildeten. Die berechneten Merkmale wären anhand von Marketing-Analyse -Verfahren auf Basis der in der Auskunft genannten Stammdaten und auf Basis von nicht personenbezogenen Marktforschungsergebnissen errechnet worden. Tatsächlich wären alle verarbeiteten Daten in der Auskunft genannt. Ein darüber hinausgehender Anspruch des Klägers bestünde nicht.

Im vorbereitenden Schriftsatz vom 26. Juli 2019 habe der Kläger Punkt 1 des Klagebegehrens abgeändert. Dem widerspreche die Beklagte. Dem Kläger wäre auch in der Klagebeantwortung bereits Auskunft über die Herkunft der E-Mail-Adresse gegeben worden. Die Herkunft sei der vom Kläger selbst angelegte Postaccount, zu dem sich der Kläger am 01. Dezember 2017 unter Angabe der E-Mail-Adresse angemeldet habe. Das Eventualbegehren auf Auskunft über die Quelle der E-Mail-Adresse l***** würde daher schon mangels rechtlichen Interesses ins Leere gehen.

Hinsichtlich der Auskunft zu den angesprochenen Affinitäten stehe einer Umstellung auf das Feststellungsbegehren weiters auch Folgendes entgegen: Der in Punkt 2 des Urteilsbegehrens gestellte Löschungsantrag beinhalte auch einen Widerspruch gegen die Datenverarbeitung (Artikel 21 DSGVO, § 151 Gewerbeordnung). So lange der Widerspruch aufrecht wäre, würden die Daten nicht verarbeitet. Da der Kläger die weitere Verarbeitung daher aufgrund eigenen Handels untersage, schaffe er selbst eine Situation, in der eine Beauskunftung bestimmter Affinitäten des Klägers nicht möglich sei, weil allfällige Auskunftsverlangen mangels Verarbeitung der Daten des Klägers zu Marketingzwecken aufgrund des Widerspruches des Klägers schon alleine deshalb ins Leere gingen. Dieser wäre ganz unabhängig von der Rechtsfrage, ob es sich bei den betreffenden Affinitäten überhaupt um personenbezogene Daten handelte oder nicht. Dem Klagebegehren mangle es daher im erforderlichen rechtlichen Interesse. Außerdem ziele das umgestellte Klagebegehren auf die rechtliche Qualifikation eines Sachverhaltes ab. Feststellungsfähig nach § 228 ZPO wäre jedoch ausschließlich das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses oder Rechtes. Die Qualifikation, ob Daten „personenbezogen“ seien oder nicht, wäre hingegen nicht feststellungsfähig.

Im Übrigen gelte, dass § 151 Gewerbeordnung es Adressvorlagen und Direktmarketingunternehmen wie der Beklagten ermögliche, bestimmte personenbezogene Daten sowie „Marketinginformationen und -klassifikationen“ für Marketingzwecke zu verwenden und gegenüber Dritten zu verwerten. § 151 Gewerbeordnung schaffe dabei drei nebeneinander bestehende Regelungsgegenstände mit jeweils unterschiedlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen: a) Besondere Kategorien personenbezogener Daten gemäß Artikel 9 Abs 1 DSGVO (Abs 4 leg.cit); b) personenbezogene Daten (Abs 5 leg.cit); sowie c) Marketinginformationen und -klassifikationen (Abs 6 leg.cit). Die vom Kläger angesprochenen Affinitäten würden im Kontext des § 151 Gewerbeordnung den Begriff der „Marketing-Informationen und -klassifikationen“ (Abs 6) entsprechen, da hier die Durchschnittswahrscheinlichkeit für die Zuordnung von Personen in eine spezifische Marketinggruppe (z.B. „Lebensphase“) errechnet werde. Für derartige „Markeing-Informationen und – klassifikationen“, die namentlich bestimmten Personen aufgrund von Marketing-Analyse zugeschrieben würden, sehe § 151 Abs 6 Gewerbeordnung ein eigenes Regelungsregime vor. Dieses wäre sowohl begrifflich, strukturell, als auch inhaltlich von jenen Bestimmungen des § 151 Gewerbeordnung getrennt, welche die Verarbeitung personenbezogener Daten regelten (i.e. Abs 3, 4 und 5 leg.cit). Die Tatsache, dass der Gesetzgeber in § 151 Abs 3 Gewerbeordnung die Zulässigkeit der Ermittlung personenbezogener Daten durch Adressvorlage regle, dabei aber nur auf Abs 4 und 5 Bezug nehme, hinsichtlich der Erhebung von Marketing-Informationen und -klassifikationen in Abs 6 aber nicht von personenbezogen Daten spreche, zeige, dass er Letztere (in Abs 6) bewusst anders habe regeln wollen als Erstere (in Abs 4 und 5). Die gegenteilige Auslegung würde den Regelungszusammenhang unterlaufen und ließe für die Bestimmung des Abs 6 Gewerbeordnung keinen Raum. Nach den klaren Wertungen des Gesetzgebers handle es sich bei den „Affinitäten“ daher um „Marketing-Informationen und -klassifikationen“ im Sinne des § 151 Abs 6 Gewerbeordnung und damit nicht um personenbezogene Daten. Die Beklagte habe trotz der Tatsache, dass es sich bei den betroffenen Daten nicht um „personenbezogene Daten“ im Sinne von Art 4 Abs 4 DSGVO handelte, die Daten hinsichtlich der im Zeitpunkt der Auskunftserteilung verarbeiteten Marketingklassifikationen wie personenbezogene Daten behandelt und auch entsprechend beauskunftet. Dies vor dem Hintergrund, dass die Beklagte ohne Bestehen einer entsprechenden Rechtspflicht in der Beantwortung von Auskunftsverlangen ihrer Kunden ein umfassendes und transparentes Bild über sämtliche zu Marketingzwecken verwendeten Daten und Merkmale geben wolle. Ein gesetzlicher Anspruch darauf bestehe aber nicht. Schließlich wäre die vom Kläger begehrte „Auskunft im Sinne des Datenschutzgesetzes“ aber rechtlich gar nicht möglich, da das DSG keine auf die Beklagte anwendbaren Auskunftsvorschriften enthalte.

Mit Punkt 2 des ursprünglichen Klagebegehrens habe der Kläger die Löschung der privaten E-Mail-Adresse l***** begehrt. Durch die Klagsänderung richte der Kläger sein Klagebegehren nunmehr zusätzlich auf die Löschung der Marketing-Klassifikationen Bioaffinität, Nachtschwärmereigenschaft, Lebensphase, Heimwerkereigenschaft, Investment- und Distanzhandelsaffinität und Kinderlosigkeit. Das Löschungsbegehren wäre erstmals mit der Klage vom 12. Juni 2019 bzw. mit dem vorbereitenden Schriftsatz vom 26. Juli 2019 erhoben worden. Die Daten zur Bioaffinität, Nachtschwärmereigenschaft, Lebensphase, Heimwerkereigenschaft, Investment- und Distanzhandelsaffinität und Kinderlosigkeit des Klägers wären von der Beklagten darin auch gelöscht worden. Da der Kläger die Löschung der privaten E-Mail-Adresse l***** wie auch der übrigen genannten Daten zu dem auch leicht hätte außergerichtlich erwirken können, jedoch kein diesbezügliches Löschungsbegehren an die Beklagte gerichtet habe, habe die Beklagte auch keinen Anlass zur Klagsführung gegeben.

Schließlich gehe auch der Punkt 3 des Klagebegehrens ins Leere, insoferne damit Auskunft begehrt würde, an wen und in welchem Umfang die Beklagte diese in den letzten 10 Jahren vor dem 26. März 2019 Daten über den Kläger weitergegeben habe sowie anhand welcher Daten sie zur Einschätzung der genannten Affinitäten des Klägers gelangt wäre. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 14. Februar 2019 und erneut mit der Klagebeantwortung vom 24. Juli 2019 vollständig Auskunft erteilt. Abgesehen von der Weitergabe der Nachsendedaten an das Unternehmen N***** aufgrund der gesetzlichen Verpflichtung gemäß § 35 Abs 2 Postamtsgesetz wären keine Daten des Klägers an sonstige Verantwortliche übermittelt worden. Die von der Beklagten erteilte Antwort umfasse nicht nur die nicht stattgefundene Datenweitergabe zu Marketingzwecken, sondern auch die Datenweitergabe zu jeglichen sonstigen Verwendungszwecken.

Auch zu Punkt 3 b des Urteilsbegehrens, anhand welcher Daten die Beklagte zur Einschätzung der genannten Affinitäten des Klägers gelangt sei, wäre bereits in der Klagebeantwortung ausgeführt worden, nämlich dass eine solche Information nicht von der gesetzlichen Auskunftspflicht erfasst wäre. Dies zum einen, da es sich bei den genannten Marketing-Klassifikationen schon um keine personenbezogenen Daten handelte; zum anderen, da der gesetzliche Auskunftsanspruch selbst im Falle seiner Anwendbarkeit keinen allgemeinen Ausforschungsanspruch hinsichlich Informationsquellen und Verarbeitungsmustern begründete.

Feststellungen des Gerichtes:

Das Gericht legt seiner Entscheidung neben den eingangs angeführten, unstrittigen Umständen - im Umfang des Vorbringens der Parteien – noch nachstehenden Sachverhalt zugrunde:

Über Aufforderung des Klägers vom 14. Jänner 2019 erteilte die Beklagte diesem mit Schreiben vom 14. Februar 2019 Auskunft über die in Bezug auf seine Person verarbeiteten personenbezogene Daten. Die im Auskunftsschreiben angeführten Marketingdaten über den Kläger wurden auf der Rechtsgrundlage der Gewerbeberechtigung der Beklagten erhoben. Nicht feststellbar ist, dass sie an Dritte weitergeben worden wären.

Nicht feststellbar ist, dass die vom Kläger selbst angeführte E-Mail-Adresse l***** aus anderer Quelle als dem von ihm selbst angelegten Postaccount, zu dem sich der Kläger am 01. Dezember 2017 unter Angabe dieser E-Mail-Adresse angemeldet hatte, stammte. Nicht feststellbar ist, dass die Verarbeitung der E-Mail-Adresse nicht deshalb erforderlich wäre, um mit dem Kläger zu kommunizieren.

Dass dem Kläger ein Recht auf Löschung (der privaten email-Adresse) zustehe, wurde dem Kläger im Auskunftsschreiben unter Hinweis auf die Datenschutzerklärung und unter Anführung mehrerer Kommunikationswege mitgeteilt. Der Kläger ist zudem selbst rechtskundig und befugter Parteienvertreter.

Der Kläger hatte jederzeit die Möglichkeit, seinen Account selbst zu löschen, in dem er sich dort einlogge und im Bereich „Einstellungen“ den Button „Registrierung löschen“ bestätigt. Damit wäre auch die E-Mail-Adresse gelöscht worden. (unstrittig) Der Kläger hatte von der Beklagten außergerichtlich nicht die Löschung begehrt. (s. PV Kläger AS 50)

Über Antrag des Klägers vom 14. Jänner 2019 hat die Beklagte mit Schreiben vom 14. Februar 2019 Auskunft über die Verarbeitung personenbezogener Daten des Klägers gegeben. Darin hat die Beklagte dem Kläger mitgeteilt, dass seine Daten nicht zu Marketingzwecken an Dritte weitergegeben worden seien. In der Anlage zum Auskunftsschreiben wurde zudem eine Weitergabe der Nachsendedaten an das Unternehmen N***** ausgewiesen. (vgl. Beilage ./2) Nicht feststellbar ist, dass darüber hinaus personenbezogene Daten des Klägers an sonstige Verantwortliche übermittelt worden wären.

Die genannten Affinitäten stellen lediglich die Zuordnung einer bestimmten Person aufgrund der Zuschreibung bestimmter Marketing-Klassifikationen im Wege eines Marketing-Analyseverfahrens zu einer Marketinggruppe dar. Der eigentliche Aussagegehalt des Attributs „Investmentaffin“ wäre daher nicht, dass hier über eine bestimmte Person Daten über deren Finanzgebarung erhoben und bewertet würden, sondern lediglich, dass diese Person aufgrund bestimmter soziodemographischer Umstände (Alter, Wohnort, Bildungsgrad etc.) zu einer Marketinggruppe zugeordnet worden wäre, hinsichtlich der das Vorliegen des Attributs (investmentaffin) mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit angenommen werde. Das bedeute, dass das Attribut im konkreten schwach oder sogar gar nicht ausgeprägt, die betroffene Person sogar investmentaverse sein könnte und dennoch die Zuordnung zur Marketinggruppe als solcher statisch richtig vorgenommen worden wäre. Anderes ist nicht feststellbar.

Beweiswürdigung des Gerichtes:

Der derart festgestellte Sachverhalt gründet insbesondere auf den jeweils angeführten Beweismitteln. Insoferne dazu im Rahmen dieser Beweiswürdigung keine weiteren Erörterungen erfolgen, wurden die jeweiligen Bezugsstellen – insbesondere auch die zitierten Gutachten, Aussagen und Urkunden – als nachvollziehbar, schlüssig und glaubwürdig erachtet. Über die bezogenen Belegstellen hinaus wurden aber sämtliche aufgenommenen Beweise – auch soweit sie nicht ausdrücklich angeführt sind – beachtet und gegeneinander abgewogen.

Weite Teile des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes waren unstrittig im Sinne der §§ 266, 267 ZPO.

Zur Feststellung des strittigen Teiles des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes konnte sich das erkennende Gericht auf die beiderseits vorgelegten Urkunden sowie auf die Angaben des Klägers (AS 50) im Rahmen der Parteienvernehmung stützen.

Weitergehende Beweisergebnisse lagen nicht vor, sodass sich das Gericht auch auf Negativfeststellungen zu stützen hatte. Somit gab es keine, zumal validen Anhaltspunkte dafür, dass Marketingdaten an Dritte weitergegeben worden wären und die genannten Affinitäten nicht bloß die Zuordnung einer bestimmten Person aufgrund der Zuschreibung bestimmter Marketing-Klassifikationen im Wege eines Marketing-Analyseverfahrens zu einer Marketinggruppe darstellten.

Rechtliche Beurteilung

Rechtliche Beurteilung durch das Gericht:

Über Aufforderung des Klägers vom 14. Jänner 2019 erteilte die Beklagte diesem mit Schreiben vom 14. Februar 2019 Auskunft über die in Bezug auf seine Person verarbeiteten personenbezogene Daten erteilt. Die im Auskunftsschreiben angeführten Marketingdaten über den Kläger waren auf der Rechtsgrundlage der Gewerbeberechtigung der Beklagten erhoben und nicht an Dritte weitergeben worden. Die vom Kläger selbst angeführte E-Mail-Adresse l***** stammte aus dem von ihm selbst angelegten Postaccount, zu dem sich der Kläger am 01. Dezember 2017 unter Angabe dieser E-Mail-Adresse angemeldet habe. Die Verarbeitung der E-Mail-Adresse war erforderlich, um mit dem Kläger zu kommunizieren. Vor diesem Hintergrund gehe die erhobene Klage ins Leere.

Im Punkt 1 des zunächst erhobenen Klagebegehrens verlangte die Klägerin die „zur Verfügungstellung“ einer Kopie jener Urkunde, mit der er der Erhebung und Speicherung von Marketingdaten über seine Person sowie seiner privaten E-Mail-Adresse l***** zugestimmt habe. Ein Anspruch nach Artikel XLII ZPO setzt allerdings das Bestehen einer gemeinschaftlichen Urkunde voraus. Weder der Bestand noch die Gemeinschaftlichkeit der Urkunde würden aber vom Kläger behauptet. Hinsichtlich der Marketingdaten behaupte der Kläger eine derartige Urkunde erst gar nicht.

Das dazu zunächst formulierte Begehren hatte dem gegenüber darauf gelautet, dem Kläger mitzuteilen, von wem die Beklagte die E-Mail-Adresse l***** erhalten habe. Der Kläger hatte also Mitteilung über die Herkunft der Daten verlangt. Diese Information wäre allerdings nur dann zu erteilen, wenn die Daten nicht bei der betroffenen Person selbst erhoben worden wären (Artikel 15 Abs 1 lit g DSGVO: „Wenn die personenbezogenen Daten nicht bei der betroffenen Person erhoben werden, alle verfügbaren Informationen über die Herkunft der Daten.“ ). Da der Kläger die besagte E-Mail-Adresse der Beklagten gegenständlich durch Anlegen des Postaccount selbst mitgeteilt und die Beklagte das Datum somit beim Kläger erhoben habe, stünde dem Kläger kein Anspruch auf Mitteilung der Herkunft dieses Datums zu.

Punkt 2 des zunächst erhobenen Klagebegehrens war auf Löschung der privaten E-Mail-Adresse des Klägers l***** gerichtet gewesen. Dass dem Kläger ein Recht auf Löschung zustehe, wurde dem Kläger im Auskunftsschreiben unter Hinweis auf die Datenschutzerklärung und unter Anführung mehrerer Kommunikationswege mitgeteilt worden. Dazu kommt, dass der Kläger selbst rechtskundig und befugter Parteienvertreter ist.

Unter Punkt 3 des zunächst erhobenen Klagebegehrens hatte der Kläger zunächst von der Beklagten schließlich die Mitteilung begehrt, an wen und in welchem Umfang dieser in den letzten 10 Jahren vor dem 26. März 2019 Daten über den Kläger weitergegeben habe, sowie anhand welcher Daten sie zur Einschätzung der genannten Affinitäten des Klägers gelangt sei. Aber auch dieses Teilbegehren geht ins Leere. Über Antrag des Klägers vom 14. Jänner 2019 gab die Beklagte mit Schreiben vom 14. Februar 2019 Auskunft über die Verarbeitung personenbezogener Daten des Klägers. Darin hat die Beklagte dem Kläger mitgeteilt, dass sein Daten nicht zu Marketingzwecken an Dritte weitergegeben worden seien. In der Anlage zum Auskunftsschreiben wäre zudem eine Weitergabe der Nachsendedaten an das Unternehmen N***** ausgewiesen worden. Diese Datenweitergabe erfolgte aber aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung nach § 35 Abs 2 Postmarktgesetz. Darüber hinaus wurde abern keine personenbezogenen Daten des Klägers an sonstige Verantwortliche übermittelt worden. Dem Klagebegehren ist daher mit dem Auskunftsschreiben entsprochen worden.

Zu 3 b des ursprünglichen Klagebegehrens hat der Kläger die Mitteilung verlangt, anhand welcher Daten die Beklagte zur Einschätzung gelangt sei, dass diesem die genannten Affinitäten zuordenbar wären. Die genannten Affinitäten stellen aber lediglich die Zuordnung einer bestimmten Person aufgrund der Zuschreibung bestimmter Marketing-Klassifikationen im Wege eines Marketing-Analyseverfahrens zu einer Marketinggruppe dar. Der eigentliche Aussagegehalt des Attributs „investmentaffin“ wäre demnach nicht, dass hier über eine bestimmte Person Daten über deren Finanzgebarung erhoben und bewertet würden, sondern lediglich, dass diese Person aufgrund bestimmter soziodemographischer Umstände (Alter, Wohnort, Bildungsgrad etc.) zu einer Marketinggruppe zugeordnet worden wäre, hinsichtlich der das Vorliegen des Attributs (investmentaffin) mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit angenommen werde. Das bedeutet, dass das Attribut im konkreten schwach oder sogar gar nicht ausgeprägt, die betroffene Person sogar investmentavers sein könnte und dennoch die Zuordnung zur Marketinggruppe als solcher statisch richtig vorgenommen worden wäre. Damit handle es sich bei derartigen Marketing-Klassifikationen nicht um personenbezogen Daten des Klägers.

Im vorbereitenden Schriftsatz vom 26. Juli 2019 änderte der Kläger Punkt 1 des Klagebegehrens ab. Dem Kläger wurde auch in der Klagebeantwortung bereits Auskunft über die Herkunft der E-Mail-Adresse gegeben. Die Herkunft ist der vom Kläger selbst angelegte Postaccount, zu dem sich der Kläger am 01. Dezember 2017 unter Angabe der E-Mail-Adresse angemeldet hatte.

Im Übrigen ermöglicht es § 151 Gewerbeordnung Adressvorlagen und Direktmarketingunternehmen wie der Beklagten, bestimmte personenbezogene Daten sowie „Marketinginformationen und -klassifikationen“ für Marketingzwecke zu verwenden und gegenüber Dritten zu verwerten. § 151 Gewerbeordnung schafft dabei drei nebeneinander bestehende Regelungsgegenstände mit jeweils unterschiedlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen: a) besondere Kategorien personenbezogener Daten gemäß Artikel 9 Abs 1 DSGVO (Abs 4 leg.cit); b) personenbezogene Daten (Abs 5 leg.cit); sowie c) Marketinginformationen und -klassifikationen (Abs 6 leg.cit). Die vom Kläger angesprochenen Affinitäten entsprechen im Kontext des § 151 Gewerbeordnung dem Begriff der „Marketing-Informationen und -klassifikationen“ (Abs 6), da hier die Durchschnittswahrscheinlichkeit für die Zuordnung von Personen in eine spezifische Marketinggruppe (z.B. „Lebensphase“) errechnet wird. Für derartige „Markeing-Informationen und – klassifikationen“, die namentlich bestimmten Personen aufgrund von Marketing-Analyse zugeschrieben würden, sieht § 151 Abs 6 Gewerbeordnung ein eigenes Regelungsregime vor. Dieses ist sowohl begrifflich, strukturell, als auch inhaltlich von jenen Bestimmungen des § 151 Gewerbeordnung getrennt, welche die Verarbeitung personenbezogener Daten regelten (i.e. Abs 3, 4 und 5 leg.cit). Die Tatsache, dass der Gesetzgeber in § 151 Abs 3 Gewerbeordnung die Zulässigkeit der Ermittlung personenbezogener Daten durch Adressvorlage regelt, dabei aber nur auf Abs 4 und 5 Bezug nimmt, hinsichtlich der Erhebung von Marketing-Informationen und -klassifikationen in Abs 6 aber nicht von personenbezogen Daten spricht, zeigt, dass er Letztere (in Abs 6) bewusst anders regeln wollte als Erstere (in Abs 4 und 5). Die gegenteilige Auslegung würde den Regelungszusammenhang unterlaufen und ließe für die Bestimmung des Abs 6 Gewerbeordnung keinen Raum. Nach den klaren Wertungen des Gesetzgebers handle es sich bei den „Affinitäten“ daher um „Marketing-Informationen und -klassifikationen“ im Sinne des § 151 Abs 6 Gewerbeordnung und damit nicht um personenbezogene Daten.

Mit Punkt 2 des ursprünglichen Klagebegehrens begehrte der Kläger die Löschung der privaten E-Mail-Adresse l*****. Durch die Klagsänderung richtet der Kläger sein Klagebegehren nunmehr zusätzlich auf die Löschung der Marketing-Klassifikationen Bioaffinität, Nachtschwärmereigenschaft, Lebensphase, Heimwerkereigenschaft, Investment- und Distanzhandelsaffinität und Kinderlosigkeit. Das Löschungsbegehren wurde erstmals mit der Klage vom 12. Juni 2019 bzw. mit dem vorbereitenden Schriftsatz vom 26. Juli 2019 erhoben. Die Daten zur Bioaffinität, Nachtschwärmereigenschaft, Lebensphase, Heimwerkereigenschaft, Investment- und Distanzhandelsaffinität und Kinderlosigkeit des Klägers wurden von der Beklagten darin auch gelöscht.

Schließlich geht auch der Punkt 3 des Klagebegehrens ins Leere, insoferne damit Auskunft begehrt würde, an wen und in welchem Umfang die Beklagte diese in den letzten 10 Jahren vor dem 26. März 2019 Daten über den Kläger weitergegeben habe sowie anhand welcher Daten sie zur Einschätzung der genannten Affinitäten des Klägers gelangt wäre. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 14. Februar 2019 und erneut mit der Klagebeantwortung vom 24. Juli 2019 vollständig Auskunft erteilt. Abgesehen von der Weitergabe der Nachsendedaten an das Unternehmen N***** aufgrund der gesetzlichen Verpflichtung gemäß § 35 Abs 2 Postamtsgesetz wurden demnach keine Daten des Klägers an sonstige Verantwortliche übermittelt. Die von der Beklagten erteilte Antwort umfasst nicht nur die nicht stattgefundene Datenweitergabe zu Marketingzwecken, sondern auch die Datenweitergabe zu jeglichen sonstigen Verwendungszwecken.

Auch zu Punkt 3 b des Urteilsbegehrens, anhand welcher Daten die Beklagte zur Einschätzung der genannten Affinitäten des Klägers gelangt sei, wurde bereits in der Klagebeantwortung ausgeführt, nämlich dass eine solche Information nicht von der gesetzlichen Auskunftspflicht erfasst wäre.

Das Klagebegehren wird daher abgewiesen.

Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 41, 54 Abs 1 a ZPO. Kosteneinwendungen wurden nicht erhoben.

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