JudikaturJustiz23R48/98t

23R48/98t – LG Wels Entscheidung

Entscheidung
24. März 1998

Kopf

Das Landesgericht Wels als Rekursgericht hat durch die Richter Dr. Sackmaier als Vorsitzenden sowie Dr. Höllwerth und Dr. Anzinger als weitere Richter in der Rechtssache der Klägerin E*****, vertreten durch *****, Rechtsanwälte in St. Pölten, wider die Beklagte R*****R***** T***** GesmbH, *****, vertreten durch *****, Rechtsanwälte in Wels, wegen (eingeschränkt AS 11) Kosten, über den Rekurs der Beklagten (Rekursinteresse S 19.775,52) gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Wels vom 13.11.1997, 5 C 1208/97 h - 5, in nichtöffentlicher Sitzung den

Spruch

Beschluß:

gefaßt :

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrte mit der beim Erstgericht am 6.5.1997 eingelangten Klage von der Beklagten als Drittschuldnerin die Zahlung von S 100.000,-- s.N. und brachte zunächst vor, daß die Beklagte diesen Betrag der J***** G***** GesmbH aus der Rechnung Nr. 1768 vom 13.6.1995 schulde. Diese Forderung sei von ihr zu 10 E 3483/95 g des BG Wels gepfändet worden. Die Beklagte habe trotz Mahnung keine Drittschuldneräußerung erstattet.

Die Beklagte gestand im erhobenen Einspruch die der Klägerin bewilligte Forderungsexekution als richtig zu, räumte ein, keine Drittschuldnererklärung abgegeben zu haben und erwiderte im übrigen, daß die von der Klägerin geltend gemachte Forderung aus der Rechnung Nr. 1768 vom 13.6.1995 nicht (mehr) bestehe, weil es sich dabei um einen Anspruch aus Frachtleistungen gehandelt habe, der gemäß Artikel 32 CMR längst verjährt sei.

Bei der anschließenden Tagsatzung am 8.10.1997 trug die Klägerin zunächst die Klage vor und die Beklagte erwiderte wie in ihrem Einspruch. Anschließend erstatteten beide Parteien ein Vorbringen zu zwei von der Beklagten behauptetermaßen nicht auf die Rechnung Nr. 1768 geleisteten Zahlungen und die Beklagte legte weiters die Rechnung Nr. 1768 in Kopie vor, welche als Beilage ./1 zum Akt genommen wurde. Nach dieser Urkundenvorlage schränkte die Klägerin noch in der ersten halben Stunde dieses Verhandlungstermines das Klagebegehren auf Kosten ein, worauf die mündliche Streitverhandlung geschlossen wurde.

Mit dem angefochtenen Urteil gab das Erstgericht dem auf Kostenzuspruch eingeschränkten Klagebegehren im Betrag von S 10.135,68 vollinhaltlich statt. Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, daß die Beklagte die zugestandenermaßen im Exekutionsverfahren unterlassene Drittschuldnererklärung erst in ihrem Einspruch nachgeholt habe, weshalb sie bis dahin jedenfalls kostenersatzpflichtig sei. Danach habe die Klägerin bei der folgenden Streitverhandlung rechtzeitig auf Kosten eingeschränkt, weshalb ihr die gesamten Verfahrenskosten zuzuerkennen gewesen seien.

Gegen diese Kostenentscheidung richtet sich der rechtzeitige Kostenrekurs der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung dahin, daß die Klägerin zum Ersatz der der Beklagten aufgelaufenen erst- instanzlichen Verfahrenskosten von S 9.639,84 verpflichtet werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

In ihrem Rechtsmittel gesteht die Beklagte grundsätzlich als richtig zu, daß der beklagte Drittschuldner bei unterbliebener Drittschuldnererklärung dem Kläger die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten des Drittschuldnerprozesses zu ersetzen habe. Die Prozeßführung sei allerdings nur bis zum Zeitpunkt der Aktenkundigkeit der Drittschuldnererklärung gerechtfertigt und sie habe in ihrem Einspruch alle Erklärungen abgegeben, die eine Drittschuldnererklärung hätte enthalten müssen. Zur Erhaltung des Kostenersatzanspruches hätte daher die Klägerin unverzüglich, also bereits am Beginn der Streitverhandlung vom 8.10.1997, ihr Klagebegehren auf Kosten einschränken müssen, was jedoch nicht geschehen sei. Die weitere Auseinandersetzung über die von ihr nicht auf die Rechnung Nr. 1768 geleisteten Zahlungen sei in keinem Zusammenhang mehr mit der von ihr zunächst unterlassenen Drittschuldnererklärung gestanden und es habe sie auch keine Verpflichtung getroffen, die Rechnung Nr. 1768 vorzulegen, weil dies auch im Rahmen einer Drittschuldnererklärung nicht verlangt werden könne. Infolge verspäteter Klagseinschränkung auf Kosten habe somit die Klägerin nicht nur ihre eigenen Prozeßkosten selbst zu tragen, sondern vielmehr auch die auf Beklagtenseite aufgelaufenen Prozeßkosten von S 9.639,84 zu ersetzen. Keinesfalls aber stünden der Klägerin für die Tagsatzung am 8.10.1997 Kosten nach TP 3 A RATG zu, weil bei rechtzeitiger Klagseinschränkung auf Kosten ein Anerkenntnis abgegeben hätte werden können, wonach nur mehr eine Honorierung nach TP 2 RATG vorzunehmen gewesen wäre. Wollte man dagegen in ihrem Einspruch kein eine Drittschuldnererklärung ausreichendes Vorbringen erblicken, so hätte die Klägerin überhaupt grundlos auf Kosten eingeschränkt, was wiederum zu ihrer Kostenersatzpflicht führe.

Zunächst ist nun im Forderungsexekutionsverfahren der Drittschuldner, hier die Beklagte, gemäß § 301 Abs. 1 Z 1 EO verpflichtet, sich binnen vier Wochen nach Zustellung des Zahlungsverbotes darüber zu erklären, ob und inwieweit er die gepfändete Forderung als begründet anerkenne und Zahlung zu leisten bereit sei. Kommt der Drittschuldner seiner Verpflichtung zur Erklärung über den Bestand der Forderung nicht nach, so haftet er für den daraus entstandenen Schaden. Er wird nach § 301 Abs. 3 EO schadenersatzpflichtig, wenn er die Erklärung schuldhaft, also leicht fahrlässig gar nicht oder grob schuldhaft unrichtig oder grob schuldhaft unvollständig erstattet. Der daraus resultierende Schaden besteht in der Regel in den Kosten eines vom betreibenden Gläubiger gegen den Drittschuldner erfolglos geführten Prozesses. In Abweichung von der früheren Judikatur (vgl. etwa JBl. 1984, 686) sollte durch die mit der EO-Novelle 1991 eingeführte Bestimmung des § 301 Abs. 3 Satz 1 EO die Geltendmachung dieses Schadens als Kostenersatzanspruch im Drittschuldnerprozeß ermöglicht und auf diesem Weg ein weiterer Prozeß vermieden werden. Auch wenn die Drittschuldnerklage abgewiesen wird, weil dem Verpflichteten kein Anspruch gegen den beklagten Drittschuldner zusteht, hat dieser dennoch keinen Anspruch auf Kostenersatz, sondern muß vielmehr dem Kläger Kostenersatz leisten, wenn er seiner Verpflichtung zur Abgabe der Drittschuldnererklärung nach Abs. 1 des § 301 EO (schuldhaft) nicht nachkam und aus diesem Grunde die Prozeßführung veranlaßt hatte (vgl. RV 181 BlgNR. 18. GP). Als Vorbild dieser Regelung diente zwar der § 45 ZPO (Sulzbacher in ecolex 1991, 839 [FN 22]), inhaltlich stellt aber der Kostenersatzanspruch des Klägers wegen unterlassener Drittschuldnererklärung eine Schadenersatzforderung dar (SZ 54/85) und die Kostenersatzregelung des § 301 Abs. 3 EO ist als lex specialis zu den §§ 41 ff ZPO zu verstehen (RPflSlg. E 1996/40).

Im vorliegenden Fall hat die Beklagte als richtig zugestanden, in dem vom der Klägerin zu 10 E 3483/95 g des BG Wels angestrengten Exekutionsverfahren keine Drittschuldnererklärung abgegeben zu haben. Die Beklagte hat damit die ausdrückliche gesetzliche Anordnung des § 301 Abs. 1 EO zur Abgabe einer Drittschuldnererklärung mißachtet, was die Verschuldensvermutung begründet (OLG Innsbruck 15 Ra 11/97 y). Die Beweislast für das Nichtvorliegen eines Verschuldens trifft dann den beklagten Drittschuldner (OLG Wien 34 Ra 159/93). Einen Entlastungsbeweis hat die Beklagte insoweit gar nicht angetreten, sodaß von einer schuldhaften Unterlassung der Drittschuldnererklärung auszugehen ist.

Die schuldhaft unterlassene Drittschuldnererklärung führt zur Kostenersatzpflicht nach Maßgabe des § 301 Abs. 3 EO, was von der Beklagten im grundsätzlichen auch nicht bezweifelt wird. Sie beruft sich allerdings darauf, daß sie mit ihrem Einspruch die Drittschuldnererklärung nachgeholt habe und die Klägerin dann zur Erhaltung ihres Kostenersatzanspruches verpflichtet gewesen wäre, ihr Klagebegehren unmittelbar am Beginn der Verhandlung vom 8.10.1997 auf Kosten einzuschränken. Nachdem dies nicht geschehen sei, müsse die Klägerin ex tunc als zur Gänze unterliegend angesehen werden, zu welchem Standpunkt sich die Beklagte insbesondere auf eine zu EvBl. 1995/69 veröffentlichte Entscheidung des OLG Graz (dieser offenbar folgend Feil, EO 4, Rz. 4 zu § 301 EO) beruft. Dieser Meinung vermag sich allerdings das Rekursgericht nicht anzuschließen. Das OLG Graz ging in der genannten Entscheidung davon aus, daß auch eine zunächst gerechtfertigte Klagsführung dann ungerechtfertigt werde, wenn das Klagebegehren weiter aufrecht erhalten werde, obwohl sich herausgestellt hatte, daß es nicht oder nicht mehr gerechtfertigt sei. Reagiere der Kläger in einer solchen Situation nicht rechtzeitig mit einer Klagseinschränkung auf Kosten, dann sei er im Prozeß als unterliegend anzusehen und werde damit selbst kostenersatzpflichtig, was nach Ansicht des OLG Graz auch im Anwendungsbereich des § 301 Abs. 3 EO zum Tragen komme. Diese allgemeinen Regeln bei der gebotenen Klagseinschränkung auf Kosten bilden allerdings nach Ansicht des erkennenden Senates im Anwendungsbereich des § 301 Abs. 3 EO schon deshalb keine tragfähige Argumentationsgrundlage, weil ihnen üblicherweise der Fall zugrundeliegt, daß der klageweise geltend gemachte Anspruch erfüllt oder der Kläger sonstwie schadlos gestellt wird, wonach dann ein urteilsmäßiger Zuspruch nicht mehr erfolgen kann. In diesem Fall ist der Kläger zur unverzüglichen Klagseinschränkung verhalten, widrigenfalls er seinen Kostenersatzanspruch verlieren würde. § 301 Abs. 3 EO regelt demgegenüber einen völlig anderen Fall, der eben mit normalen Kostenregeln nicht erfaßbar ist. Die in § 301 Abs. 3 EO normierte Kostenersatzpflicht des Drittschuldners wird nämlich praktisch überhaupt nur dann relevant, wenn das Klagebegehren von Anfang an materiell unberechtigt war. Dieser Sonderfall ist daher - wie oben schon angesprochen - als lex specialis zu den §§ 41 ff ZPO zu werten und eine kombinierte Anwendung ist im Hinblick auf den materiellen Schadenersatzcharakter der Kostenersatzpflicht nach § 301 Abs. 3 EO ausgeschlossen. Die Richtigkeit dieser Ansicht ergibt sich im übrigen auch schon aus der vor der EO-Novelle 1991 ergangenen Judikatur, weil auch danach vom Drittschuldner, der die Drittschuldnererklärung unterlassen hatte, die Kosten des Drittschuldnerprozesses bis zu dem Zeitpunkt zu ersetzen waren, zu dem dann der Drittschuldner seine Erklärung nachholte und zwar auch in dem Fall, daß der Kläger dann den Drittschuldnerprozeß nicht auf Kosten einschränkte, sondern (erfolglos) weiterführte (EvBl. 1973/8). In diesem Fall blieben zwar dem Drittschuldner die mit der inhaltlichen Überprüfung seiner Erklärung verbundenen Verfahrenskosten erspart, seine Kostenersatzpflicht für den Verfahrensaufwand bis zur Nachholung der Drittschuldnererklärung blieb allerdings aufrecht. An dieser materiellen Einschätzung hat die EO-Novelle 1991 nichts geändert, sondern erklärtermaßen lediglich die Geltendmachung dieses Ersatzanspruches durch Berücksichtigung im Rahmen der Kostenentscheidung vereinfacht.

Die vom OLG Graz in EvBl. 1995/69 vertretene Ansicht einer zur Wahrung des Kostenersatzanspruches notwendigen sofortigen Klagseinschränkung bei Nachholung der Drittschuldnererklärung würde überdies auch zu einer unverständlichen Erschwerung der Situation des Gläubigers des Exekutionsverfahrens und Klägers im Drittschuldnerprozeß führen. Wie die Beklagte zutreffend ausführt, muß der Drittschuldner im Exekutionsverfahren die von ihm abgegebene Erklärung inhaltlich nicht beweisen, womit der Klägerin im Drittschuldnerprozeß nach nachgeholter Drittschuldnererklärung auch keine beweismäßige Grundlage dafür zur Verfügung steht, ob diese Drittschuldnererklärung richtig ist oder ob es demgegenüber angezeigt wäre, dieser zu mißtrauen und sie im weiteren Prozeß inhaltlich und damit das Klagebegehren materiell überprüfen zu lassen. Folgt man der genannten vom OLG Graz vertretenen Ansicht, so müßte der Kläger im letztgenannten Fall, um sich zumindest die bis zur nachgeholten Drittschuldnererklärung aufgelaufenen und jedenfalls durch deren Unterlassung im Exekutionsverfahren veranlaßten Prozeßkosten zu sichern, das Klagebegehren sofort nach der nachgeholten Drittschuldnererklärung auf Kosten einschränken und dann wieder eine neue Klage einbringen, mit der dann inhaltlich die Richtigkeit der Drittschuldnererklärung überprüft würde. Diese Konsequenz kann wohl nicht Sinn der mit der EO-Novelle 1991 im Bereich des § 301 EO gewünschten Vereinfachung sein und ist daher abzulehnen.

Aus den zuvor dargestellten Erwägungen geht daher das Rekursgericht (mit HG Wien 1 R 671/96 i und OLG Linz 11 Ra 71/95) davon aus, daß der Drittschuldner im Drittschuldnerprozeß bei im Exekutionsverfahren schuldhaft unterlassener Drittschuldnererklärung nach § 301 Abs. 3 Satz 1 EO jedenfalls für den Verfahrensaufwand bis zur Nachholung der Drittschuldnererklärung dem Kläger kostenersatzpflichtig wird.

Im vorliegenden Fall hat nun die Beklagte, worin ihr durchaus zu folgen ist, die von ihr nach § 301 Abs. 1 Z 1 EO zu fordernden Erklärungen mit ihrem Einspruch ON 3 nachgeholt. Nach dem weiteren Prozeßablauf war der Klägerin dann, sofern sie sich - wie hier - mit dem Inhalt dieser nachgeholten Drittschuldnererklärung zufriedengeben wollte, die Einschränkung des Klagebegehrens auf Kosten beim folgenden Termin am 8.10.1997 möglich. Bei dieser Verhandlung ist die Einschränkung auf Kosten zwar tatsächlich nicht unmittelbar bei Verhandlungsbeginn, aber noch innerhalb der ersten halben Verhandlungsstunde erfolgt, was kostenmäßig auf den Verhandlungsbeginn zurückwirkte. Dies hat andererseits auch zur Folge, daß der Beklagten überhaupt kein gesonderter, die inhaltliche Überprüfung der Drittschuldnererklärung betreffender Verfahrensaufwand entstanden ist, der ihr ersetzt werden könnte. Ein Kostenersatzanspruch der Beklagten scheidet damit aus.

Soweit die Beklagte letztlich meint, es dürften der Klägerin die Kosten für die Verhandlung am 8.10.1997 nicht nach TP 3 A, sondern lediglich nach TP 2 RATG honoriert werden, weil sie bei einer früheren Klagseinschränkung auf Kosten ein Anerkenntnis hätte abgeben können, so ist der Beklagten entgegenzuhalten, daß ihr ein solches Anerkenntnis mit der gewünschten Kostenfolge ohnehin auch beim gegebenen Verfahrensverlauf mit dem angestrebten Ergebnis möglich gewesen wäre, weil eine Erörterung des dem Klagebegehren zugrundeliegenden Sachverhaltes ohnehin nicht erfolgt war, sondern lediglich verfahrensfremde Zahlungen angesprochen wurden. Wenn die Beklagte dann aber aus einem anderen, ihrem Rekurs zugrundeliegenden Rechtsstandpunkt im Sinne eines gänzlichen Verlustes des Kostenersatzanspruches der Klägerin ein Anerkenntnis unterläßt, so hat sie das daraus resultierende Kostenrisiko selbst zu tragen.

Dem Kostenrekurs der Beklagten war somit ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Rekurskosten beruht auf den §§ 50, 40 ZPO.

Der Revisionsrekurs ist nach § 528 Abs. 2 Z 1, 2 und 3 ZPO jedenfalls unzulässig.

Landesgericht Wels

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