JudikaturJustiz21R264/16x

21R264/16x – LG Wels Entscheidung

Entscheidung
12. Oktober 2016

Kopf

Das Landesgericht Wels als Rekursgericht hat durch Dr. Lengauer als Vorsitzenden sowie die weiteren Richter Dr. Anzinger und Mag. Niedermayr in der Pflegschaftssache der mj. C***** , vertreten durch die obsorgeberechtigte Mutter M*****, diese vertreten durch Dr. Johann Hofer, öffentlicher Notar in Enns, wegen pflegschaftsgerichtlicher Genehmigung, über den Rekurs des Kindes gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Eferding vom 8. September 2016, 1 PG 154/16h-3, den

BESCHLUSS

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Wert des Entscheidungsentgegenstandes übersteigt EUR 30.000,00.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Text

Begründung:

Der zuletzt in ***** wohnhaft gewesene K***** ist am ***** verstorben. Aufgrund des Gesetzes sind seine beiden mj. Töchter Z***** und C***** erbberechtigt. Von den Vertreterinnen der beiden minderjährigen Erbinnen wurden am ***** jeweils bedingte Erbantrittserklärungen zur Hälfte des Nachlasses abgegeben. Ebenfalls am ***** schlossen die gesetzlichen Vertreterinnen der beiden mj. Erbinnen eine Vereinbarung gemäß § 810 ABGB dahin, dass M*****, die Mutter und gesetzliche Vertreterin der mj. C*****, bis auf Widerruf mit der Verwaltung und Vertretung der Verlassenschaft beauftragt wird.

In den Nachlass fällt insbesondere die Liegenschaft EZ *****, bestehend aus den Grundstücken *****. Diese Liegenschaft mit dem darauf errichteten Haus ***** befindet sich im Stadtzentrum von E***** unweit des Hauptplatzes.

Nach dem im Auftrag des Gerichtskommissärs Dr. Johann Hofer, öffentlicher Notar in Enns, eingeholten Bewertungsgutachten des Immobiliensachverständigen Dr. Thomas Brückner, MBA, vom ***** beträgt der Verkehrswert dieser Liegenschaft – bei Unterstellung der Lastenfreiheit – zum Stichtag ***** (gerundet) EUR ***** und der in der Wohnung Top ***** befindlichen Fahrnisse (Einbauküche) EUR *****. Der genannte Sachverständige ging dabei vom Mittelwert zwischen dem Sachwert von EUR ***** und dem Ertragswert von EUR ***** aus.

Bei der Baulichkeit auf der Liegenschaft handelt es sich um ein ursprünglich aus dem Mittelalter stammendes und ungefähr im Jahr ***** generalsaniertes Wohn- und Geschäftsgebäude. Bei der Generalsanierung wurden der Dachstuhl und die Installationen erneuert, die oberste Geschoßdecke wärmegedämmt sowie mehrere Gasthermen, in der Maisonettewohnung eine kontrollierte Wohnraumlüftung und im Erdgeschoß ein Geschäftslokal bzw. Büro eingebaut. In der großen Maisonnettewohnung Top 3 mit einer Wohnfläche von 101,4 m² (plus Wintergarten im Hof mit einer Fläche von zirka 23,6 m²) wurden elektrisch bedienbare Jalousien und Richtung Fürstengasse – entsprechend dem denkmalgeschützten Gebäude – Holzkastenfenster eingebaut. Die übrigen Gebäudefenster wurden durch moderne Isolierglasfenster ersetzt. Die straßenseitige Fassade wurde entsprechend dem Denkmalschutzcharakter saniert, im Innenhof wurde die Baulichkeit mittels Vollwärmeschutzfassade gedämmt. Im ersten Obergeschoß gibt es noch zwei weitere Wohnungen, die ebenfalls komplett erneuert wurden, wobei der Oberflächenstandard hier zwar etwas schlichter als bei der Maisonnettewohnung ist, aber für Vermietungszwecke einem guten Standard entspricht. Im Erdgeschoß gibt es weiters noch diverse Abstellräume. Durch die fehlende Kellerung sind trotz der Sanierung im Erdgeschoß insbesondere beim Geschäftslokal an zahlreichen Stellen Mauerfeuchtigkeitsschäden durch aufsteigende Feuchtigkeit sichtbar, woraus sich der „rückgestaute Reparaturbedarf“ in Höhe von EUR 50.000,00 für die Trockenlegung ergibt.

Im Zusammenhang mit der Sanierung und Erweiterung des Gebäudes wurde eine Vorsteuer in Höhe von EUR 48.358,08 geltend gemacht. Bei einer Fakturierung des Hausverkaufs ohne Umsatzsteuer wird der Verkaufserlös um die Vorsteuerrückrechnung in Höhe von EUR 41.104,38 gekürzt (Bestätigung der Steuerberaterin, Wirtschaftstreuhänderin und Unternehmensberaterin Mag. K***** vom 8. August 2016).

Mit schriftlichem Kaufvertrag vom ***** veräußerte der durch M***** vertretene ruhende Nachlass nach K***** den Ehegatten ***** B***** die Liegenschaft EZ ***** zum vereinbarten Kaufpreis von EUR *****, also exakt zu dem vom Sachverständigen ermittelten Verkehrswert der Liegenschaft und der Fahrnisse, wobei dem Schriftenverfasser (Gerichtskommissär) der Auftrag erteilt wurde, diesen Kaufpreis zur Bezahlung der Immobilienertragsteuer und seiner Kosten für die Abfuhr der Immobilienertragsteuer in Höhe von EUR 240,00 (inkl. USt) zu verwenden. Weiters wurde festgehalten, dass dieses Rechtsgeschäft zur Gänze mehrwertsteuerfrei abgewickelt wird, was laut Steuerberaterin der Verkäuferseite zur Konsequenz hat, dass von den Verkäufern eine Vorsteuer im Betrag von EUR 41.104,38 an das Finanzamt rückzuführen ist. Ferner wurde von den Vertragsparteien vereinbart, dass die „Rechtskraft“ (gemeint: Rechtswirksamkeit) dieses Vertrages sowohl von der abhandlungsbehördlichen als auch von der pflegschaftsbehördlichen Genehmigung hinsichtlich der beiden mj. erbberechtigten Töchter des Erblassers abhängt.

Am gleichen Tag wurde von den Vertragsparteien mit dem Schriftenverfasser eine schriftliche Treuhandvereinbarung abgeschlossen.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Steyr vom 30. August 2016, 26 A 1089/15v, wurde sowohl der Kaufvertrag als auch die Treuhandvereinbarung verlassenschaftsgerichtlich genehmigt, wobei in der Begründung ausgeführt wurde, dass ein höherer Kaufpreis trotz intensiver Bemühungen der I***** wegen vorhandener Bauschäden nicht erzielt werden konnte und der Verkauf insbesondere für die beiden mj. Erbinnen vorteilhaft zu sein erscheine, weil sie sich dadurch mit dem Eigentum verbundene Aufwendungen, wie Erhaltungskosten, Betriebskosten und insbesondere Sanierungskosten für die vorhandenen Feuchtigkeitsschäden ersparen und auch für eine allfällige Vermietung eine Sanierung mit einem Kostenaufwand von rund EUR 50.000,00 notwendig wäre.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Linz vom 3. Oktober 2016, 7 PG 244/09 h-10, wurde der Kaufvertrag hinsichtlich der mj. Z***** pflegschaftsgerichtlich genehmigt, wobei zur Begründung ausgeführt wurde, dass der vereinbarte Kaufpreis letztlich im Hinblick auf die erfolgten Verkaufsbemühungen, auch unter Einschaltung eines Maklers, nachvollziehbar sei und es andererseits wenig sinnvoll sei, dass die Minderjährige Hälfteeigentümerin einer sanierungsbedürftigen Liegenschaft wird, für die sie letztlich keine Verwendung hat, aber laufend Kosten anfallen würden.

Die ebenfalls durch den öffentlichen Notar Dr. Johann Hofer vertretene obsorgeberechtigte Mutter der mj. C***** beantragte am 25. August 2016 gleichfalls die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung dieses Kaufvertrags und brachte dazu vor, dass laut Immobilienmakler Gespräche mit mehreren Interessenten aufgrund der aufgetretenen Feuchtigkeitsschäden im Kellerbereich und Erdgeschoß an der Höhe des Kaufpreises gescheitert sind und der Verkauf zum Schätzwert für die Minderjährigen vorteilhaft erscheine, weil durch diese Veräußerung verhindert werde, dass die beiden Halbgeschwister, die einander kaum kennen, ideelle Miteigentümer einer Liegenschaft in E***** werden, wo sie nicht ihre Lebensmittelpunkte haben, jede Erbin ihren Anteil am Kaufpreis für die eigene Zukunft verwenden kann, durch den Verkauf auch die mit dem Eigentum verbundenen Aufwendungen (Erhaltungspflicht, Schneeräumungspflicht, etc.) und die Sanierung der Feuchtigkeitsschäden vermieden werden, eine Vermietung nur mit erhöhtem Aufwand (jeweils pflegschaftsbehördliche Genehmigung der Mietverträge, Haftung für Mietvertragsgebühren, Verwaltung, etc.) verbunden wäre und die Liegenschaft außerdem vorher auf Kosten der Eigentümer in einen Zustand gebracht werden müsste, der eine Vermietung überhaupt erst ermöglicht.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht diesen Antrag in Ansehung der mj. C***** mit folgender Begründung ab:

Ein unbewegliches Gut dürfe gemäß § 223 ABGB nur im Notfall oder zum offenbaren Vorteil des minderjährigen Kindes mit gerichtlicher Genehmigung veräußert werden, wobei das Vorliegen eines Notfalles, wie z.B. Unterhaltsgefährdung oder drohende Exekution, nicht geltend gemacht wurde. Um das Vorliegen eines offenbaren Vorteils zu beurteilen, seien alle Umstände des Einzelfalles und auch ideelle Vorteile zu berücksichtigen, jedoch sei hierbei ein strenger Maßstab anzulegen, weil Grundbesitz als die sicherste Anlage gelte, die dem Minderjährigen daher ungeschmälert erhalten bleiben solle. Die Verhinderung des ideellen Eigentums von zwei Halbschwestern an einer Liegenschaft, die sich kaum kennen, könne nicht als solcher offenbarer Vorteil gesehen werden.

Ein offenbarer wirtschaftlicher Vorteil wäre für die Minderjährige erst bei einem Übersteigen des erzielten Kaufpreises des Verkehrswertes von mehr als dem Doppelten bzw. um annähernd 140 % zu erblicken (7 Ob 78/01y). Alleine durch die mündelsichere Veranlagung des durch den Kaufpreis erzielten Ertrages sei keine ausreichende Begründung für einen offenbaren Vorteil iSd § 223 ABGB gegeben (RIS-Justiz RS0081749). Bezüglich der angeführten Aufwendungen, wie Erhaltungs- und Schneeräumgspflicht, sei festzuhalten, dass diese im Vergleich zum Wert des Liegenschaftseigentums nicht als kostspielige Aufwendungen angesehen werden können. Allerdings sei auch eine Sanierung nötig, um das Objekt überhaupt vermieten zu können, sodass ein über den Kaufpreis hinausgehender wirtschaftlicher Vorteil in der Ersparnis der Sanierungskosten von zirka EUR 50.000,00 liege. Laut Sachverständigengutachten vom 8. Februar 2016 gebe es aber nur im Geschäftslokal im Erdgeschoß die Problematik, dass Feuchtigkeitsflecken bestehen, die nach bereits erfolgter Sanierung wieder hervorgekommen sind. Die anderen Einheiten wurden ebenfalls saniert und besteht das Haus weiters aus einer großen Maisonnettewohnung und zwei weiteren Wohnungen, bei denen ein „guter Standard für Vermietungszwecke“ vorliegt. Weiters wurde im Jahr 2011 eine Generalsanierung durchgeführt, so beispielsweise die Sanierung des Dachstuhls, eine Wärmedämmung, Austausch der Installationen und Einbau von Gasthermen im ganzen Haus und einer Wohnraumlüftung im Erdgeschoß, die üblicherweise als kosten- und zeitintensiv zu bezeichnen seien. Auch seien die geschätzten Sanierungskosten in Höhe eines Zehntels des augenblicklichen Wertes der Liegenschaft, die nur das Erdgeschoß eines bereits generalsanierten Hauses mit noch drei Mietwohnungen betreffen, bei Berechnung des Ertragswertes berücksichtigt worden, der wiederum der Berechnung des Verkehrswertes zugrunde gelegt worden sei. Die Ersparnis der Sanierungskosten stelle noch kein offenkundiges Überwiegen des wirtschaftlichen Nutzens des Verkaufes gegenüber der Erhaltung der Liegenschaft für die Minderjährige dar, das den bei Grundbesitz anzulegenden äußerst strengen Maßstab erfülle. Es sei daher kein offenbarer Vorteil in einem Verkauf der Liegenschaft für die Minderjährige zu erkennen, weil – im Gegenteil – ein bereits generalsaniertes Stadthaus in E***** als sicherste Wertanlage für diese anzusehen sei, sodass der Antrag auf pflegschaftsgerichtliche Genehmigung abzuweisen gewesen sei.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der rechtzeitige Rekurs des Kindes mit dem Antrag auf Abänderung dahingehend, dass der vorgelegte Kaufvertrag samt Treuhandvereinbarung pflegschaftsgerichtlich genehmigt werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Dem Rekurs kommt keine Berechtigung zu.

Im Rekurs wird ein wesentlicher Verfahrensfehler darin erblickt, dass das Erstgericht den „vermeintlich festgestellten Inhaltsmangel“, wonach das Vorliegen eines Notfalles nicht geltend gemacht worden sei, nicht zu sanieren versucht habe. Leide ein Anbringen an einem Form- oder Inhaltsmangel, so dürfe dieses aber nicht sogleich ab- bzw. zurückgewiesen werden.

In rechtlicher Hinsicht wird geltend gemacht, dass das Motiv, die erbl. Liegenschaft zu verkaufen, in besonderem Maße darin begründet liege, dass eine Erhaltung der Liegenschaft durch die Obsorgeberechtigten keineswegs sichergestellt werden könne, zumal im Verlassenschaftsverfahren lediglich ein Konto mit einem Guthabenstand per Todestag von zirka EUR 400,00 vorhanden sei, die beiden Minderjährigen selbst keine sonstigen Vermögenswerte besitzen und eine kostendeckende Finanzierung durch die Mieterträge (nur eines der Appartments war vermietet) bereits vor dem Todeszeitpunkt nicht sichergestellt werden habe können. Dazu komme, dass die derzeitigen Wohnverhältnisse der beiden Erbinnen schlecht seien, die derzeitige Wohnstätte der mj. Z***** aufgrund der Lage und Ausstattung als Substandard zu bezeichnen sei und zudem gerichtsbekannt sei, dass in Ansehung dieses Kindes zu 7 PS 244/09h des Bezirksgerichtes Linz ein Verfahren anhängig war, in welchem aufgrund der Suchtproblematik der Mutter und der „nicht einfachen Lebenssituation“ des Vaters (Erblassers) die Obsorge auf die Großmutter M***** übertragen wurde, sodass der Unterhalt dieses Kindes nach allgemeinen Lebenserfahrungen evident gefährdet sei. Würden die beiden erbl. Töchter im Grundbuch als Eigentümer eingetragen, so müssten diese gemeinsam als Solidarschuldner für alle Verbindlichkeiten betreffend die erbl. Liegenschaft einstehen, sodass der Zahlungsausfall der einen Tochter reflexartig die Zahlungspflicht der anderen Tochter im Außenverhältnis berühre, was im Sinne des „allgemeinen Besten“ für die jeweiligen Obsorgeberechtigten nicht wünschenswert sein könne. Auch C***** müsse ihre bisherige Wohnung wegen baulicher Mängel aufgeben. Trotz Einschaltung eines Maklers habe bisher nur eine Wohnung vermietet werden können und bestehe daher die Gefahr, dass die beiden Erbinnen bei großen Aufwendungen für Verwaltung, Erhaltung und Instandsetzung und nicht gesicherten Mieteinnahmen ihr Vermögen verlieren bzw. zumindest reduzieren. Weiters müsste jeder Mietvertrag auch durch beide Obsorgeberechtigte gezeichnet und dann den jeweiligen Gerichten zur Genehmigung gemäß § 167 Abs 3 ABGB vorgelegt werden. Es sei daher keineswegs ein Vorteil, sondern vielmehr ein gravierender Nachteil für die beiden mj. Erbinnen, in E***** ein schlecht vermietbares Stadthaus zu haben, für welches hohe Instandsetzungs-, Sanierungs- und Verwaltungskosten aufzuwenden seien, deren Finanzierung sie in existentielle Schwierigkeiten stürzen würde. Es sei beabsichtigt, für beide Erbinnen aus dem Verkaufserlös jeweils eine Eigentumswohnung zu erwerben, was bereits jetzt ihren Lebensumständen und ihrer Wohnqualität zugute käme. Weiters könne der Logik entsprechend ein Verkauf zum Schätzwert auch dann von wirtschaftlichem Vorteil sein, wenn alle anderen Lösungsansätze noch nachteiliger seien. Der Gesetzgeber sei bei der Schaffung des § 223 ABGB augenscheinlich davon ausgegangen, dass unbewegliche Güter erfahrungsgemäß am wenigstens von konjunkturellen Schwankungen betroffen und daher als Sicherungsmittel besonders tauglich seien. Im vorliegenden Fall bestehe jedoch die erhebliche Gefahr, dass die notwendigen Aufwendungen fremdfinanziert werden müssten und diese aufgrund der „klammen finanziellen Lage Tag für Tag“ das Vermögen schmälerten. Es sei zum heutigen Tag auch unsicher, ob die anfallende „Belastung“ EUR 50.000,00 nicht sogar übersteigen wird, zumal das ganze Haus neu ausgemalt werden müsse, das Sicherheitsglas beim Treppenaufgang in der Maisonnettewohnung einen riesigen Sprung habe und gewechselt werden müsse, der Wintergarten fachmännisch gereinigt gehöre und ein Sichtschutz angebracht werden müsse, der Innenhof komplett verwildert sei, eigentlich alle Schlösser gewechselt und neu gemacht gehörten und „so etwas wie eine Verriegelung mit Kamera usw. für die Maisonettewohnung“ nicht mehr installiert worden sei. Schließlich hätten weder die erbl. Kinder noch die Obsorgeberechtigten bislang erheblichen Kontakt miteinander gehabt und seien sich diese in dem Punkt einig, dass die erbl. Liegenschaft verkauft werden soll. Es sei nicht ersichtlich, warum die Minderjährigen sich zu einer aufoktroyierten Zweckgemeinschaft zusammenfinden sollten, die von keinem der Kinder momentan gewünscht sei und auch erhebliche Risken für die Zukunft in sich berge. Es stelle sich überhaupt die Frage, ob es sich bei den Feuchtigkeitsschäden um wirtschaftlich sanierbare Schäden handelt, zumal Grundfeuchtigkeitsprobleme sehr schwer zu beheben seien, die Abdichtung an den Außenseiten des Gebäudes nicht möglich sei und mangels Behebung der Ursache für die Feuchtigkeitsschäden tendenziell von einer weiteren Verschlechterung der Bausubstanz auszugehen sei.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Rekursvorbringen der Antragstellerin findet jedoch in weiten Teilen in der eingeschränkten Neuerungserlaubnis des § 49 Abs 2 AußStrG keine Deckung und ist daher insoweit vom Rekursgericht bei der vorliegenden Entscheidung nicht zu berücksichtigen. Gemäß § 49 Abs 2 AußStrG ist das Vorbringen von Tatsachen und Beweismitteln, die zur Zeit der Entscheidung erster Instanz bereits eingetreten oder vorhanden waren (nova reperta), im Rekurs grundsätzlich nur zulässig, wenn sie nicht schon vor Fassung des Beschlusses erster Instanz vorgebracht werden hätten können. Sofern die betreffenden Umstände nicht ohnehin schon eindeutig und zweifelsfrei dem Akteninhalt zu entnehmen sind, hat der Rechtsmittelwerber die Zulässigkeit der Neuerungen zu behaupten und schlüssig darzulegen und erforderlichenfalls auch zu bescheinigen, dass die Verspätung (Unterlassung) des Vorbringens auf einer entschuldbaren Fehlleistung beruht (RIS-Justiz RS0120290). Ein derartiges Vorbringen ist dem Rekurs aber auch nicht andeutungsweise zu entnehmen.

Die Berücksichtigung neuer Tatsachen aus Gründen des Kindeswohls kommt grundsätzlich nur in Obsorge- und Kontaktrechtsstreitigkeiten in Betracht (4 Ob 178/11x; RIS-Justiz RS0050037 [T5, T8]; vgl. auch RIS-Justiz RS0119918 (T1]). Das im Verlassenschafts- verfahren eingeholte Schätzgutachten wurde von der Antragstellerin selbst vorgelegt, sodass sich ihr mit diesem im Widerspruch stehendes Rekursvorbringen, dass der notwendige Sanierungsbedarf insgesamt rund EUR 100.000,00 und damit das Doppelte des vom Immobiliensachverständigen veranschlagten „rückgestauten Reparaturbedarfs“ betrage, als im Rekursverfahren unzulässige und damit unbeachtliche Neuerung erweist. Gleiches gilt auch für die Behauptung der Antragstellerin, dass die beiden Minderjährigen jeweils den Erwerb einer Eigentumswohnung aus dem (ihnen jeweils verbleibenden) Verkaufserlös beabsichtigten und dass trotz Einschaltung eines Maklers bisher nur eine Wohnung vermietet werden habe können, wobei letzteres schon insofern wenig überzeugend ist, als im Rahmen des anhängigen Verlassenschaftsverfahrens eine Veräußerung der Liegenschaft beabsichtigt war und der Abschluss von Mietverträgen über die aktuell nicht vermieteten Wohnungen überhaupt nicht zur Diskussion stand.

Wie bereits das Erstgericht zutreffend ausführte, darf gemäß § 223 ABGB ein unbewegliches Gut nur im Notfall oder zum offenbaren Vorteil des minderjährigen Kindes mit gerichtlicher Genehmigung veräußert werden. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass ein Grundbesitz grundsätzlich die sicherste Anlage ist, die deshalb dem Minderjährigen ungeschmälert verbleiben soll (RIS-Justiz RS0081749; zuletzt etwa 4 Ob 64/15p). Dem Willen des Gesetzgebers entsprechend muss daher bei Liegenschaften im Allgemeinen ein äußerst strenger Maßstab angelegt werden, um das unbewegliche Vermögen des Minderjährigen seiner großen wirtschaftlichen Bedeutung wegen zu erhalten (4 Ob 64/15p; RIS-Justiz RS0081747). Es können somit nur aktuelle und akute Gründe die Veräußerung eines unbeweglichen Gutes rechtfertigen, wobei stets allein auf die Interessen des minderjährigen Kindes abzustellen ist und Anliegen der mit der Obsorge betrauten Person, etwa ihre Belastung und Inanspruchnahme durch die Verwaltung des unbeweglichen Vermögens, außer Betracht bleiben ( Kathrein in Fenyves/Kerschner, Vonkilch , Klang 3 § 232 ABGB Rz 7).

Eine durch einen Notfall iSd § 223 ABGB berechtigte Veräußerung stellt auf die Unvermeidlichkeit dieser Vorgangsweise für den Minderjährigen ab. Sie kann insbesondere zur sonst nicht gewährleisteten Deckung des Unterhalts des Kindes oder zur Verhinderung einer drohenden Exekution bzw. Insolvenz erfolgen oder angesichts unverhältnismäßig hoher und für den Minderjährigen finanziell nicht mehr verkraftbarer Erhaltungskosten gerechtfertigt sein, sofern eine andere Lösung (z.B. Vermietung oder Verpachtung) nicht durchführbar ist (vgl. Weitzenböck in Schwimann/Kodek 4 § 223 ABGB Rz 2; Beck in Gitschthaler/Höllwerth , AußStrG § 132 Rz 21; Tschugguel/Cohen in Kletecka/Schauer , ABGB-ON 1.02 § 224 Rz 10; Kathrein aaO Rz 9, je mwN; Hopf in KBB 4 § 223 ABGB Rz 2).

Ein offenbarer Vorteil iSd § 223 ABGB ist etwa dann gegeben, wenn der Kaufpreis mehr als das Doppelte des Verkehrswertes beträgt (7 Ob 78/01y mwN; Weitzenböck aaO Rz 3; Beck aaO Rz 22; Kathrein aaO, Hopf aaO). Die Möglichkeit einer Liegenschaftsveräußerung um 23 % über dem Verkehrswert samt der Möglichkeit mündelsicherer Veranlagung des Erlöses begründet hingegen grundsätzlich noch keinen offenbaren Vorteil (vgl. 4 Ob 567/95; Weitzenböck aaO Rz 3; Beck aaO Rz 22). In gleicher Weise reicht auch der durch die mündelsichere Veranlagung eines Verwertungserlöses erzielte Ertrag – der überdies durch die Kapitalertragsteuer vermindert wird – zur Begründung eines offenbaren Vorteils iSd § 223 ABGB nicht aus (4 Ob 567/95; Beck aaO Rz 20). Kein offenbarer Vorteil liegt auch dann vor, wenn ein Liegenschaftsanteil nur deshalb veräußert werden soll, weil auch andere Miteigentümer veräußern bzw. veräußern wollen ( Weitzenböck aaO Rz 3 mwN; LGZ Wien in EFSlg 130.753). Schon gar nicht kann von einem offenbaren Vorteil für den Minderjährigen ausgegangen werden, wenn der Verkehrswert der Liegenschaft den vereinbarten Kaufpreis übersteigt (vgl. 1 Ob 199/15v; 2 Ob 196/05w).

Für eine Veräußerung der Liegenschaft spricht im vorliegenden Fall, dass die beiden minderjährigen Erbinnen ihren Lebensmittelpunkt jeweils nicht in E***** haben, einander nicht kennen, überdies einkommenslos sind und über keinerlei (sonstiges) Vermögen verfügen, sodass sie wirtschaftlich nicht in der Lage sind, den „rückgestauten Reparaturbedarf“ für die Trockenlegung des Erdgeschoßes von rund EUR 50.000,00 zu finanzieren. Andererseits bezieht sich dieser Sanierungsbedarf nicht auch auf die im Rahmen der Generalsanierung zirka 2011 (gemäß der Kurzbeschreibung der Baulichkeiten durch den Immobilien-Sachverständigen) bzw. 2013 (laut Mitteilung der Steuerberaterin Mag. K***** vom 8. August 2016) komplett erneuerten Wohnungen, wobei auch die beiden kleineren und schlichter als die große Maisonnettewohnung ausgestatteten Wohnungen im Obergeschoß einen guten Standard für Vermietungszwecke aufweisen und sich aus dem eingeholten Bewertungsgutachten alleine für die drei Wohnungen ein nachhaltig erzielbarer Monatsreinertrag von rund EUR 1.400,00 (78 % von EUR 21.758,00 = EUR 16.971,24 : 12 = 1.414,27) ergibt, sodass bei Vermietung aller drei Wohnungen die laufenden Instandhaltungs- und Verwaltungskosten jedenfalls problemlos aus den Mietzinseinnahmen finanziert werden können. Dazu kommt, dass den Minderjährigen bei einer Veräußerung der Liegenschaft (samt Einbauküche) zu einem Kaufpreis von EUR 486.500,00 letztlich deutlich weniger als der Verkehrswert des Liegenschaft verbleibt, weil von ihnen nicht nur die anfallende Immobilienertragsteuer zu entrichten ist, sondern auch die vom Verstorbenen geltend gemachte Vorsteuer von EUR 48.358,08 bei einem Verkauf ohne Umsatzsteuer mit einem Teilbetrag von EUR 41.104,38 an das Finanzamt rückgeführt werden muss.

Das Rekursgericht teilt daher im Ergebnis die Rechtsansicht des Erstgerichtes, dass – ungeachtet des Umstandes, dass sich der von den Ehegatten Buchberger angebotene Kaufpreis von EUR 486.500,00 als das eindeutig beste Kaufanbot erwies, welches von der seit März 2016 mit dem Verkauf der Liegenschaft beauftragten Maklergesellschaft erzielt werden konnte – die Veräußerung der Liegenschaft weder zur Überbrückung einer (aktuellen) Notlage des antragstellenden Kindes erforderlich ist, noch zu dessen offenkundigen Vorteil erfolgt. Dem gegenständlichen Kaufvertrag wurde vom Erstgericht somit zu Recht die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung in Ansehung der minderjährigen gesetzlichen Erbin versagt, sodass deren Rekurs ein Erfolg versagt bleiben musste.

Im Hinblick auf den vereinbarten Kaufpreis von EUR 486.500,00 ist von einem EUR 30.000,00 übersteigenden Wert des Entscheidungsgegenstandes auszugehen. Der ordentliche Revisionsrekurs war nach § 62 Abs 1 AußStrG nicht zuzulassen, weil die Frage, ob die Voraussetzungen einer pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung vorliegen, immer nur anhand des konkreten Einzelfalles beurteilt werden kann und daher grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage darstellt und eine Einzelfallentscheidung für den Obersten Gerichtshof nur dann überprüfbar ist, wenn im Interesse der Rechtssicherheit ein grober Fehler bei der Auslegung der anzuwendenden Rechtsnorm korrigiert werden müsste (RIS-Justiz RS0048176 [T2], RS0097948, RS0044088; zuletzt etwa 3 Ob 99/14a und 4 Ob 64/15p).

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