JudikaturJustiz21R112/23d

21R112/23d – LG Wels Entscheidung

Entscheidung
21. Juni 2023

Kopf

Das Landesgericht Wels als Rekursgericht hat durch Dr. Hohensinner als Vorsitzende sowie Mag. Prielinger und Mag. Nagl, BA als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei A* B*.m.b.H. C*, A* Straße **, **, vertreten durch Dr. Stefan Gulner, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Verpflichteten Mag. D* als Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen von E* (berichtigt), Rechtsanwalt in Bad Ischl, wegen EUR 1.646,58 s.A. über den Kostenrekurs der betreibenden Partei (Rekursinteresse EUR 128,28) gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Bad Ischl vom 27.3.2023, 4 E 355/23m - 8, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss in Punkt II) abgeändert, sodass er zu lauten hat:

„Die Kosten der betreibenden Partei für den Ausdehnungsantrag vom 20.3.2023 werden mit EUR 128,28 (darin EUR 21,38 USt) bestimmt.“

Die Rekurskosten der betreibenden Partei werden mit EUR 125,40 (darin EUR 20,90 USt) als weitere Exekutionskosten bestimmt.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Mit Beschluss vom 3.3.2023 bewilligte das Erstgericht der betreibenden Partei gegen den Verpflichteten antragsgemäß die Fahrnis- und Forderungsexekution nach § 294a EO zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Forderung von EUR 1.873,81 aufgrund des vollstreckbaren Zahlungsbefehls des Bezirksgerichtes St. Pölten vom 10.1.2023, 8 C 13/23w. Der Vollzug der Fahrnisexekution verlief ohne Auffinden von pfändbaren Gegenständen.

Am 20.3.2023 beantragte die betreibende Partei die Ausdehnung des Exekutionsverfahrens nach § 54f EO auf die Bankverbindungen des Verpflichteten bei der F*, der G* AG und bei H*. Für ihren Antrag verzeichnete sie Kosten nach TP2 RATG in Höhe von EUR 177,84 inkl USt. Sie berief sich dazu darauf, dass ein Ausdehnungsantrag kein Antrag auf neuerlichen Vollzug sei und damit nach TP2 zu honorieren sei.

Mit dem angefochtenen Beschluss bewilligte das Erstgericht den Antrag, sah jedoch von einem Zuspruch von Kosten für den Exekutionsantrag mit der Begründung ab, eine Ausdehnung nach § 54f EO auf das (weitere) Exekutionsmittel sei nur nach TP1 zu honorieren. Weil ab Erlassung der Exekutionsbewilligung noch keine zehn Monate verstrichen seien, seien keine Kosten zuzusprechen.

Gegen diese Kostenentscheidung richtet sich der Rekurs der betreibenden Partei aus dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die Kosten der Bewilligung der Ausdehnung mit EUR 128,28 zu bestimmen. Hilfsweise wurde ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Verpflichtete beteiligte sich nicht am Rekursverfahren.

Dem Rekurs kommt Berechtigung zu.

Aufgrund des am 10.5.2023 eröffneten Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Verpflichteten (LG Wels 20 S *) war von amtswegen dessen Parteienbezeichnung zu berichtigen. Es ist der Insolvenzverwalter Verfahrenspartei. Eine Unterbrechung des Exekutionsverfahrens findet nicht statt ( Jelinek in Koller/Lovrek/Spitzer, IO - Insolvenzordnung 2 zu § 7 IO, Rz 15), Schubert in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze § 7 KO, Rz 14). Die hier betreffende Ausdehnung des Exekutionsverfahrens wurde bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bewilligt.

Die betreibende Partei macht geltend, die Kosten ihres Ausdehnungsantrages wären nach TP 2 RATG zuzusprechen gewesen. Da solche Schriftsätze weder in TP1 noch in TP3A RATG genannt seien, seien sie unter TP2 einzuordnen. Der Antrag auf Ausdehnung sei zweifacher Natur. Soweit er sich auf bereits bewilligte Exekutionsmittel beziehen, sei er als Antrag auf neuerlichen Vollzug zu verstehen. Soweit er sich aber auf weitere Exekutionsmittel beziehe, sei er den Wirkungen einer neuerlichen Exekutionsbewilligung vergleichbar. Hier gehe der Ausdehnungsantrag über einen bloßen Antrag auf neuerlichen Vollzug hinaus.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 54f EO (idF BGBl I Nr 86/2021) ist auf Antrag des betreibenden Gläubigers während eines anhängigen Exekutionsverfahrens zur Hereinbringung einer Geldforderung die Exekution auf weitere Exekutionsmittel auf bewegliches Vermögen auszudehnen. Soweit die Exekution schon bewilligt wurde, ist der Antrag als Antrag auf neuerlichen Vollzug zu verstehen. § 54f EO regelt den Fall, dass der Gläubiger bereits über eine Exekutionsbewilligung für ein bestimmtes Exekutionsmittel verfügt und nunmehr die Exekution für ein weiteres Exekutionsmittel beantragt. Die Möglichkeit der Ausdehnung vermeidet die neuerliche Prüfung, ob ein Exekutionstitel vorliegt. Voraussetzung ist, dass aus demselben Titel Exekution geführt wird und Parteienidentität zur bereits bewilligten Exekution besteht.

Nach der Intention des Gesetzgebers, soll mit der GREx (BGBl I Nr86/2021), welche mit 1.7.2021 in Kraft trat, eine Steigerung der Effizienz des Exekutionsverfahrens erreicht werden. Der betreibende Gläubiger soll zukünftig weniger Anträge stellen müssen. Die Möglichkeit der Ausdehnung auf ein neues Exekutionsobjekt dient also der Steigerung der Effizienz von Exekutionsverfahren, weil damit kein neues Verfahren eingeleitet werden muss, sondern der Vollzug (auf ein anderes Vermögensobjekt) fortgesetzt werden kann. Auf diese Weise soll auch die Kostenbelastung des Gläubigers und des Verpflichteten abgefangen oder zumindest abgefedert werden (LG Wiener Neustadt 17 R 18/22a). Die Möglichkeit weitere Exekutionsmittel zu beantragen, betrifft insbesondere die praktisch wichtige Exekution auf Kontoguthaben ( Schneider in Mohr/Pimmer/Schneider EO 17, Anm zu § 19; LG Salzburg 22 R 174/22z). Der Fall, dass der betreibende Gläubiger bereits über eine Exekutionsbewilligung für ein bestimmtes Exekutionsmittel verfügt und nunmehr die Exekution für ein weiteres Exekutionsmittel beantragt, wird in § 54f EO geregelt. Dieser schreibt im Satz 2 ausdrücklich fest, dass ein solcher Antrag als Antrag auf neuerlichen Vollzug zu verstehen ist. Nach Mohr/Eriksson/Michlits/Pesendorfer/Reichel, Gesamtreform des Exekutionsrechts – GREx (2021) Rz 49, bedarf es keiner neuerlichen Exekutionsbewilligung, um bei einem zur Durchsetzung einer Geldforderung anhängigen Exekutionsverfahren auf weitere Exekutionsmittel zu greifen. § 54f EO sei – kraft Größenschlusses – aber auch anzuwenden, wenn der betreibende Gläubiger die Ausdehnung auf weitere Vermögensobjekte eines bereits bewilligten Exekutionsmittels beantragte. Der erkennende Senat schließt sich dieser Ansicht an (so auch: LGZ Wien, 47 R 248/22a und 47 R 77/22d und offensichtlich auch LG Linz, 14 R 77/22z).

Ein Antrag auf Ausdehnung ist insofern als Antrag auf neuerlichen Vollzug zu verstehen, als er sich auf bereits bewilligte Exekutionsmittel bezieht (§ 54f S 2 EO). Soweit sich ein Ausdehnungsantrag auf bereits bewilligte Exekutionsmittel bezieht, ist er als Antrag auf neuerlichen Vollzug zu verstehen und nur soweit er sich auf weitere Exekutionsmittel bezieht, ist er den Wirkungen einer neuerlichen Exekutionsbewilligung vergleichbar. Da Neuvollzugsanträge im Exekutionsverfahren unter TP 1 III. b) RATG fallen, behandelt die überwiegende Rechtsprechung (LG Feldkirch, 2 R 3/23s; LG Steyr 1 R 127/21a = VDRÖ-E-007-2022; LG Wr. Neustadt 17 R 18/22a = VdRÖ-E-039-2022; LG Salzburg, 22 R 174/22z) den durch die GREx ermöglichten Ausdehnungsantrag daher kostenmäßig als Neuvollzugsantrag nach TP 1 RATG. Das Rekursgericht schließt sich der Ansicht an, dass ein Ausdehnungsantrag (oder ein als solcher zu behandelnder Antrag), wenn er sich auf bereits bewilligte Exekutionsmittel bezieht, als ein unter TP 1 III. b) RATG fallender Schriftsatz anzusehen ist (vgl so auch LG Linz 14 R 77/22z und 14 R 55/22i).

Hier wurde ursprünglich Fahrnis- und Forderungsexekution durch Auskunft durch den I* beantragt. Die Abfrage ergab, dass keine bezugsauszahlende Stelle (Arbeitgeber) bekannt ist. Der Ausdehnungsantrag bezieht sich nun auf weitere Exekutionsmittel, die noch nicht von der ursprünglichen Bewilligung umfasst waren. Er betrifft die Exekution von Guthaben bei drei bekannten Drittschuldnern. Damit ist aber die erfolgte Ausdehnung des Exekutionsverfahrens den Wirkungen einer neuerlichen Exekutionsbewilligung vergleichbar und unterliegt nicht der Tarifpost 1 RATG. Richtigerweise hätte das Erstgericht Kosten nach TP2 RATG zusprechen müssen. Im Rekursantrag werden diese nun mit dem einfachen Einheitssatz verzeichnet und stehen in dieser Höhe zu. Der angefochtene Beschluss war daher abzuändern und Kosten in Höhe von EUR 128,28 (inkl USt) als weitere Exekutionskosten zu bestimmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 74 EO.

Der Revisionsrekurs ist gemäß §§ 78 EO, 528 Abs 2 Z 3 ZPO jedenfalls unzulässig.

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