JudikaturJustiz1R171/99k

1R171/99k – LG Leoben Entscheidung

Entscheidung
24. August 1999

Kopf

Das Landesgericht Leoben hat als Berufungsgericht durch die Richter Hofrat Dr. Franz Buchrieser (Vorsitz), Dr. Wolfgang Sommerauer und Dr. Robert Wrezounik in der Rechtssache der klagenden Partei C*****F*****W*****, vertreten durch den Geschäftsführer *****, dieser vertreten durch Dr. Candidus Cortolezis, Rechtsanwalt in 8010 Graz, wider die beklagte Partei H*****S*****P*****GmbH, *****, vertreten durch Dr. Helmut Weber, Rechtsanwalt in 8940 Liezen, wegen S 38.434,-- s.A., über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Irdning vom 6.5.1999, C 548/98p-13, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird k e i n e Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 5.916,96 (davon S 986,16 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tage bei sonstiger Zwangsfolge zu ersetzen.

Die Revision ist jedenfalls unzulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit der am 25.9.1998 gerichtsanhängig gewordenen Klage forderte die Klägerin S 38.434,-- s.A. (S 43.434,-- an geleiteter Anzahlung abzüglich einer zugestandenen Bearbeitungsgebühr von S 5.000,--). Die Klägerin habe eine Hotelreservierung inclusive Nebenleistungen für das Grand Prix-Wochenende 23.7. bis 27.7.1998 am 17.6.1998, also mehr als fünf Wochen vor dem vereinbarten Termin storniert. Die beklagte Partei verweigere die Rücküberweisung der Anzahlung unter Bedachtnahme auf § 5 ÖHVB (diese seien Bestandteil des Vertrages) zu Unrecht. Der Beherberger müsse sich in Abzug bringen lassen, was er durch anderweitige Vermittlung erhalten habe bzw. hätte erhalten können und sich durch Nichterbringung der eigenen Leistung eingespart habe. Der Hotelbetrieb der beklagten Partei sei während des Grand Prix-Wochenendes restlos ausgebucht gewesen und hätten die stornierten Zimmer umgehend anderweitig vermietet werden können. Selbst wenn dies nicht der Fall gewesen wäre, müsse sich die beklagte Partei dies als grobes geschäftliches Unvermögen selbst zurechnen lassen. Ein eine Stornogebühr rechtfertigender Schaden sei nicht entstanden. Im Übrigen wäre eine Stornogebühr nur vom Zimmerpreis, nicht aber von den Nebenleistungen zu berechnen.

Die beklagte Partei bestritt, beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, eine durch Anzahlung von S 43.434,-- bestätigte Reservierung für den 23. bis 27.7.1998 sei mit Schreiben vom 17.6.1998 storniert worden. Gemäß dem - zugrunde zu legenden - § 5 ÖHVB sei eine Stornogebühr im Ausmaß des Zimmerpreises für drei Tage zu zahlen. Die Stornogebühr betrage daher S 75.750,-- Die Anzahlung werde daher zu Recht einbehalten. Das vereinbarte Reuegeld sei Entgeltersatz; ein konkreter Schade sei nicht nachzuweisen und Vorteile nicht einzuberechnen.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Erstgericht die beklagte Partei zur Zahlung von S 38.434,-- s.A. verpflichtet. Ein Zinsenmehrbegehren wurde abgewiesen. Im Rahmen der Rechtsbeurteilung führte die Vorinstanz aus, die ÖHVB (die österreichischen Hotelvertragsbedingungen) seien Bestandteil des abgeschlossenen Beherbergungsvertrages geworden. Die Klägerin habe mehr als einen Monat vor dem vereinbarten Ankunftstag den Beherbergungsvertrag durch einseitige Erklärung aufgelöst. Demnach hätte sie gemäß § 5 Abs 2 ÖHVB eine Stornogebühr zu zahlen gehabt. Wenn man berücksichtige, dass sich der Beherberger eine Eigenersparnis oder anderweitige Vermietung sogar anrechnen lassen müsse, wenn der Gast später als ein Monat vor dem Ankunftstag storniere oder ohne Stornierung einfach nicht erscheine, so könne § 5 ÖHVB insgesamt nur dahingehend ausgelegt werden, dass dies auch für den Fall der Stornierung mehr als ein Monat vor dem vereinbarten Ankunftstag gelten müsse. Andernfalls würde dies im vorliegenden Fall zum grotesken Ergebnis führen, dass der Anspruch auf Rückersatz nur dann zu Recht bestanden hätte, wäre die Klägerin später als einen Monat vor dem vereinbarten Ankunftstag vom Beherbergungsvertrag zurückgetreten. Es stehe außer Streit, dass die beklagte Partei für den fraglichen Zeitpunkt sämtliche Zimmer hätte vermieten können. Hinsichtlich der Nebenleistungen sei ihr infolge der Stornierung kein Schaden entstanden. Gemäß § 5 Abs 5 und Abs 6 ÖHVB fordere die Klägerin den Teilbetrag der Anzahlung von S 38.434,-- zu Recht zurück. Dagegen richtet sich eine fristgerecht aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Berufung der beklagten Partei. Sie beantragt, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass das Klagebegehren abgewiesen werde.

Die klagende Partei beantragt in ihrer Berufungsbeantwortung, dem gegnerischen Rechtsmittel den Erfolg zu versagen.

Über die Berufung konnte in nichtöffentlicher Sitzung entschieden werden, da eine mündliche Berufungsverhandlung von keinem der Streitteile beantragt wurde und eine solche auch vom Berufungsgericht nicht für erforderlich erachtet wird (§ 492 ZPO).

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Bei der Rechtsbeurteilung ist von nachstehendem, unbekämpft

gebliebenen Sachverhaltssubstrat auszugehen:

Am 24.4.1998 reservierte die klagende Partei für den Zeitraum vom 24.7. bis 27.7.1998 - an diesem Wochenende fand der Formel 1 Grand Prix auf dem A1-Ring statt - bei der klagenden Partei 6 Juniorsuiten. Außerdem wurden Nebenleistungen wie ein Sektempfang, eine Weinverkostung und Hubschraubershuttleflüge vereinbart. Mi der Reservierungsbestätigung wurde die Klägerin aufgefordert, als Zeichen des Einverständnisses bis Mitte Mai 1998 eine Vorauszahlung von 30 % der Gesamtsumme, nämlich S 43.434,-- an die beklagte Partei zu überweisen. Mit Telefax vom 17.6.1998 - zu diesem Zeitpunkt war die Anzahlung bereits überwiesen worden - erklärte die klagende Partei, sie müsse auf Grund eines Unglücksfalles sämtliche für das Grand-Prix-Wochenende getätigten Reservierungen rückgängig machen und ersuche um Rücküberweisung der Anzahlung. Der klagenden Partei wurde letztlich mitgeteilt, die Anzahlung nicht refundieren zu könne, da die Buchung entsprechende Arbeits- und Vorbereitungsabläufe sowie Absagen gegenüber anderen Gästen verursacht habe. Im Zeitraum vom 23.7. bis 27.7.1998 war die Belegung des Hotel Schloss Pichlarn sehr gut; es waren jedoch nicht alle Zimmer belegt. Diese hätten aber vergeben werden können. Infolge der Stornierung des vereinbarten Rahmenprogrammes entstand kein direkter Schaden (Urteilsseiten 2 bis 3; § 498 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

Davon, dass dem abgeschlossenen Beherbergungsvertrag (zu dessen Wesen vgl RIS-Justiz RS0020600) die österreichischen Hotelvertragsbedingungen (ÖHVB) zugrunde liegen, gehen beide Streitteile aus (vgl bereits AS 3 und 10 bzw. 6).

§ 5 ÖHVB ist mit "Rücktritt vom Beherbergungsvertrag" betitelt. Nach Abs 1 des § 5 ÖHVB kann der Beherbergungsvertrag bis spätestens drei Monate vor dem vereinbarten Ankunftstag ohne Entrichtung einer Stornogebühr einseitig gelöst werden. Erfolgt der Rücktritt bis zu einem Monat vor dem vereinbarten Anreisetag, ist eine Stornogebühr in der Höhe des Zimmerpreises für drei Tage zu zahlen (Abs 2). Abs 3 (Abs 4 mit der Bedachtnahme auf eine geleistete Anzahlung) normiert das Recht des Beherbergers, vom Vertrag zurückzutreten, wenn der Gast nicht erscheint. Nach Abs 5 ist der Gast zur Entgeltzahlung verpflichtet, wenn er die bestellten Räume bzw. die Pensionsleistung nicht in Anspruch nimmt. "Der Beherberger" muss jedoch in Abzug bringen, was er sich infolge Nichtinanspruchnahme seines Leistungsangebotes erspart oder was er durch anderweitige Vermietung der bestellten Räume erhalten hat". Dem Beherberger obliegt es nach Abs 6, "sich um eine anderweitige Vermietung der nicht in Anspruch genommenen Räume den Umständen entsprechend zu bemühen (§ 1107 ABGB)".

Während nun der Sinnzusammenhang der Textierung des § 5 Abs 5 ÖHVB dafür spricht, dieser betreffe jeden Fall, bei dem der Gast (sei es infolge einer Stornierung weniger als ein Monat vor dem Ankunftstag, sei es, dass er überhaupt nicht erscheint) verpflichtet ist, das Entgelt zu zahlen, kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, der Abs 6 beziehe sich ausschließlich auf die dem Abs 5 zuzuordnenden Fälle und sei auf eine Stornierung mehr als ein Monat vor der geplanten Ankunft (§ 5 Abs 2 ÖHVB) unanwendbar.

§ 5 Abs 6 ÖHVB ist vielmehr dahingehend zu interpretieren, dass damit die allgemein gültige Bestimmung des § 1107 ABGB (Binder in Schwimann, Praxiskommentar ABGB, § 1107 Rz 3) eine sich auf den Beherbergungsvertrag beziehende Präzisierung erfährt, in dem dem Beherberger - allgemein und daher auch für den Fall des § 5 Abs 2 ÖHVB geltend - die Obliegenheit überbunden wird, sich um eine anderweitige Vermietung zu bemühen (vgl die Ausführungen von König, Buchungsstornierungen im Fremdenverkehr, RdW 1989, 187; Müller, Rechtsfolgen von Stornierungen im Fremdenverkehr, WBl 1991, 245 und Roth, Stornierungen von Hotelreservierungen, JBl 1991, 1, denen die Tendenz zu einem allgemeinen Anrechnungsgebot, insbesondere bei nachgewiesener anderweitiger Vermietungsmöglichkeit durch den Beherberger entnommen werden kann). Darauf, ob der Stornobetrag nun als Reuegeld (§ 909 ABGB) oder als Konventionalstrafe anzusehen ist (vgl dazu Reischauer in Rummel I², § 909 Rz 7, 11 und Binder aaO, § 909 Rz 11), kommt es daher hier gar nicht an.

In diesem Zusammenhang ist den Überlegungen des Erstgerichtes beizupflichten, wonach es nicht einsichtig wäre, einem Gast die Beweisführung, der Beherberger hätte die stornierten Räume anderweitig vergeben können und daher gar keinen Nachteil erlitten, nur deshalb zu versagen, da er (was wohl auch im Interesse des Beherbergungsbetriebes liegt) bereits früher als ein Monat vor dem vereinbarten Anreisetag (nicht aber bereits mehr als drei Monate zuvor) stornierte.

Aus den dargestellten Erwägungen teilt das Berufungsgericht die Rechtsmeinung des Erstgerichtes. Die beklagte Partei, der auch durch die Stornierung der vereinbarten Nebenleistung kein Schaden erwachsen war, gestand die Möglichkeit der Vergabe der von der Stornierung betroffenen Zimmer und damit die Erzielung entsprechender Einnahmen zu. Ein Grund für das Unterbleiben der Vermietung wurde nicht behauptet. Da der beklagten Partei daher aus der etwa fünf Wochen vor dem Ankunftstag erfolgten Stornierung ei einem dem § 5 Abs 6 ÖHVB entsprechenden Verhalten kein Nachteil entstanden wäre, muss sie dies gegen sich gelten lassen, sodass die Forderung der klagenden Partei nach Rückzahlung der (reduzierten) Anzahlung zu Recht besteht. Der Berufung war daher der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Der Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision fußt auf § 502 Abs 2 ZPO.

Landesgericht Leoben,

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