JudikaturJustiz17Bs39/24w

17Bs39/24w – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
12. Februar 2024

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Dr. Röggla als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag. Schneider Reich und den Richter Ing.Mag. Kaml als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus Freiheitsstrafen über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems a.d. Donau vom 19. Jänner 2024, GZ 45 BE 1/24w 24, nichtöffentlich den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der am ** geborene tunesische Staatsangehörige A* verbüßt mittlerweile seit Juli 2017 und derzeit in der Justizanstalt Stein Freiheitsstrafen in der Gesamtdauer von über zehn Jahren, die über ihn mit den im angefochtenen Beschluss aktenkonform angeführten Urteilen der Landesgerichte Salzburg, Korneuburg, Krems a.d. Donau, Ried im Innkreis und Graz zwischen den Jahren 2015 und 2022 ausnahmslos wegen massiver Delinquenz gegen Leib und Leben, gefährlicher Drohung und Widerstands gegen die Staatsgewalt verhängt wurden. Das errechnete Strafende fällt auf den 27. August 2027, die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung zur Hälfte lagen am 11. August 2022 vor, Zwei Drittel Stichtag nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG ist der 15. April 2024.

Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Landesgericht Krems a.d. Donau als zuständiges Vollzugsgericht die bedingte Entlassung des A* zum Zwei Drittel Stichtag aus spezialpräventiven Gründen mit ausführlicher Begründung und unter Verweis auf die Stellungnahme der Anstaltsleitung ab:

Der Leiter der Justizanstalt Stein teilt in seiner Stellungnahme (ON 7) mit, dass der Strafgefangene am 12.05.2022 aus Sicherheitsgründen zum weiteren Vollzug der über ihn verhängten Freiheitsstrafen von der Justizanstalt Sonnberg in die Justizanstalt Stein überstellt wurde. Während seiner Anhaltung wurde er bereits vier Mal neuerlich wegen Körperverletzung und gefährlicher Drohung verurteilt. Außerdem weist er zahlreiche disziplinäre Verfehlungen auf. So habe er beispielsweise seinen Haftraum mit Fäkalien beschmiert, Justizwachebeamte gefährlich bedroht und mit Selbstbeschädigung, Selbstmord bzw. Brandstiftung gedroht und teilweise auch ausgeführt. Er hat sich auch seine Lippen am 17.05.2021 selbst zugenäht. Es wird auf die beigeschlossenen Ordnungsstrafverfahren hingewiesen. Der Strafgefangene wird im Normalvollzug angehalten und innerhalb der Abteilung als verschuldet unbeschäftigt geführt. Er war von 14.11.2022 bis 26.06.2023 in der internen Druckerei der Anstalt zur Arbeit eingeteilt. Ab 26.6.2023 wollte er jedoch keine Arbeit mehr verrichten und wollte sofort auf die Abteilung gebracht werden. Trotz Abmahnung, dass dies eine Ordnungswidrigkeit darstelle, beharrte der Strafgefangene darauf. Er wurde in weiterer Folge in seinem Haftraum versperrt und es wurde um seine Ablöse aus dem Betrieb der Druckerei ersucht. Eine Überstellung in den Entlassungsvollzug wurde nicht verfügt. Dem Strafgefangenen sind aufgrund des hohen Strafrests, sowie der Tatsache, dass er im Falle einer Entlassung in sein Heimatland abgeschoben wird, keine mit Freiheit verbundenen Vollzugslockerungen in Form von unbewachten Aufenthalten außerhalb der Anstalt in Aussicht gestellt worden. Diesbezüglich wurde auf ein durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, im September 2020 auf die Dauer von 10 Jahren befristet, erlassenes Einreiseverbot hingewiesen. In Anbetracht des äußerst schlechten Vollzugsverhaltens sowie der neuerlichen Verurteilungen während des aktuellen Vollzuges, kann der Anstaltsleiter eine bedingte Entlassung nicht befürworten. Insgesamt weist der Strafgefangene vier Ordnungsstrafverfügungen und ein Straferkenntnis auf.

Dagegen richtet sich die unmittelbar nach Bekanntmachung des Beschlusses erhobene, unausgeführte Beschwerde des Strafgefangenen (ON 26), der keine Berechtigung zukommt.

Denn eine bedingte Entlassung kommt abgesehen von den zeitlichen Voraussetzungen nur dann in Betracht, wenn unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird.

Den Anlassverurteilungen liegt chronologisch zugrunde:

- in den Jahren 2014/2015 die absichtliche schwere Körperverletzung eines Mannes im März 2015 mit einem Messer, die dessen linksseitige Erblindung zur Folge hatte, sowie zahlreiche weitere Körperverletzungen gegenüber anderen Personen, Nötigung und Widerstand gegen die Staatsgewalt

- im Sommer 2017 massiver Widerstand gegen die Staatsgewalt anlässlich eines Abschiebeversuchs

- im Mai 2017 die schwere Körperverletzung einer Frau durch Fußtritte gegen die am Boden Liegende, durch die sie einen Kahnbeinbruch erlitt

- im Februar 2018 die Körperverletzung eines Mithäftlings in der Justizanstalt Stein durch Faustschläge, wodurch dieser einen Nasenbeinbruch erlitt

- im Oktober 2018 die gefährliche Drohung gegenüber einem anderen Mithäftling in der Justizanstalt Stein mit einem Glas in der Hand

- im Frühjahr 2020 die schwere Körperverletzung eines anderen Mithäftlings in der Justizanstalt Ried durch Faustschläge in das Gesicht, wodurch dieser unter anderem eine Augenhöhlenfraktur erlitt

- zuletzt im Sommer 2021 die gefährliche Drohung mit dem Tode gegenüber Justizwachebeamten und Mithäftlingen in der Justizanstalt Graz unter anderem durch Vorzeigen einer Rasierklinge.

Sämtliche dieser Vorstrafen, wovon zwei im Verhältnis der §§ 31, 40 StGB zueinanderstehen, werden gegenständlich vollzogen, wobei alleine wegen der in Strafhaft begangenen Taten sieben Jahre zu verbüßen sind (!). Anlässlich der ersten Verurteilung zu einer dreijährigen Freiheitsstrafe wurde er unter Anordnung von Bewährungshilfe bedingt entlassen, die Entlassung musste jedoch aufgrund nur wenige Wochen danach begangener Taten widerrufen werden. Wie dargelegt weist der Strafgefangene auch bereits zahlreiche bis zuletzt im Herbst 2023 geahndete Ordnungswidrigkeiten auf, und wurde die Mehrzahl der Anlassurteile wegen Straftaten innerhalb des Strafvollzugs verhängt.

Nicht zu kritisieren und mit vorbildhaft ausführlicher Begründung, auf die das Beschwerdegericht zulässig (RIS Justiz RS0124017 [T2, T3, T4]) verweist, gelangte das Erstgericht zur Ablehnung der bedingten Entlassung des A* aus spezialpräventiven Erwägungen.

Eine derartige kriminelle Beharrlichkeit und Resozialisierungsresistenz steht der Annahme, A* werde durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafen von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten, in einem selbst für das Beschwerdegericht überraschend hohen Ausmaß entgegen, sodass der Beschwerde gegen den sach und rechtsrichtig gefassten Beschluss ein Erfolg zu versagen und spruchgemäß zu entscheiden war.

Gegen diesen Beschluss steht ein weiterer Rechtszug nicht zu.

Rechtssätze
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