JudikaturJustiz15Os63/21k

15Os63/21k – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. August 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. August 2021 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in der Strafsache gegen A***** K***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 41 Hv 18/18i des Landesgerichts Feldkirch, über den Antrag des Verurteilten auf Erneuerung des Strafverfahrens nach § 363a Abs 1 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 62 Abs 1 zweiter Satz OGH Geo 2019) den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

[1] Mit Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 8. Juli 2019, GZ 41 Hv 18/18i 55, wurde A***** K***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (1), mehrerer Verbrechen der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1, Abs 3 Z 1 erster Fall und Abs 4 vierter Fall StGB idF vor BGBl I 2019/105 (2/b und 2/c), mehrerer Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (3) und der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1 StGB (2/a) sowie der Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (4) und der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (5) schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

[2] Die vom Genannten dagegen erhobene Nichtigkeitsbeschwerde wies der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom 29. Jänner 2020, AZ 13 Os 103/19z, zurück; seiner Berufung gab das Oberlandesgericht Innsbruck mit Urteil vom 17. Juni 2020, AZ 6 Bs 41/20k, nicht Folge.

[3] Mit Beschluss vom 4. September 2020, GZ 41 Hv 18/18i 108, wies das Landesgericht Feldkirch den Antrag des Verurteilten auf Wiederaufnahme dieses Strafverfahrens ab; seiner dagegen erhobenen Beschwerde gab das Oberlandesgericht Innsbruck mit (K***** am 26. November 2020 zugestelltem) Beschluss vom 18. November 2020, AZ 7 Bs 250/20b, keine Folge.

Rechtliche Beurteilung

[4] Unter Behauptung einer Verletzung des Art 6 Abs 1 und 2 MRK, weil das Beschwerdegericht die vom Wiederaufnahmewerber angebotenen Beweise vorgreifend und außerhalb einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gewürdigt sowie die Unschuldsvermutung verletzt habe, begehrt der Verurteilte mit einem beim Obersten Gerichtshof eingebrachten Antrag die Erneuerung des (Wiederaufnahme )Verfahrens gemäß § 363a Abs 1 StPO.

[5] Art 6 Abs 1 MRK findet auf Verfahren über „zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen“ („civil rights“) und auf Verfahren über die „Stichhaltigkeit einer strafrechtlichen Anklage“ Anwendung, Art 6 Abs 2 und 3 MRK nur auf letztere.

[6] Verfahren über außerordentliche Rechtsbehelfe, die lediglich auf die Wiederaufnahme rechtskräftig abgeschlossener Verfahren gerichtet und ihrer Natur sowie Reichweite nach nicht als gewöhnliche Rechtsmittel anzusehen sind, fallen nach ständiger Rechtsprechung sowohl des EGMR als auch des Obersten Gerichtshofs grundsätzlich nicht in den Anwendungsbereich des Art 6 MRK. Denn sie haben – anders als ein wiederaufgenommenes Verfahren, in dem der Fall neuerlich geprüft wird – weder „zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen“ noch „strafrechtliche Anklagen“ zum Gegenstand (RIS Justiz RS0120762, RS0105689, RS0131773).

[7] Dass der EGMR von seiner Rechtsprechung in jüngster Zeit mehrfach abgegangen sei, behauptet der Erneuerungswerber ohne Bezugnahme auf konkrete Entscheidungen (vgl aber Grabenwarter/Pabel , EMRK 7 § 24 Rz 16 mwN).

[8] Der Erneuerungsantrag war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 363b Abs 2 StPO).

Rechtssätze
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