JudikaturJustiz14Os13/24d

14Os13/24d – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. Februar 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Februar 2024 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Nordmeyer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Schriftführerin Mag. De Rijk in der Strafsache gegen * B* wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 zweiter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG, § 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 40 Hv 154/23f des Landesgerichts Salzburg, über die Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Beschwerdegericht vom 11. Jänner 2024, AZ 9 Bs 2/24v, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

* B* wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Beschluss setzte das Oberlandesgericht Linz die am 15. Mai 2023 vom Landesgericht Linz verhängte (ON 78) und zuletzt vom Landesgericht Salzburg am 29. Dezember 2023 fortgesetzte (ON 242) Untersuchungshaft aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit a und b StPO fort (ON 246.3 der Hv Akten).

[2] Dabei ging es – unter Verweis auf die Anklageschrift (deutlich genug [vgl RIS Justiz RS0120817]) – vom dringenden Verdacht aus, * B* habe in S* und an anderen Orten – mit entsprechendem Vorsatz – vorschriftswidrig Suchtgift

A/ in einer das 25 Fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge (als Bestimmungstäter nach § 12 zweiter Fall StGB) aus Slowenien aus- und nach Österreich eingeführt oder (zu Punkt 2) einzuführen versucht, indem er

1/ vor 2023 mehr als 300 kg Cannabiskraut (Reinheitsgehalt durchschnittlich 14,6 % THCA und 1,11 % Delta 9 THC) und etwas mehr als 28 kg Kokain (Reinheitsgehalt durchschnittlich 78,4 % Cocain) durch Lkw Fahrten von einem unbekannten Lieferanten schmuggeln ließ;

2/ im Frühjahr 2023 * P* (erfolglos) anbot, ein kg Kokain von Slowenien nach Österreich zu schmuggeln;

B/ in einer das 25 Fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich insgesamt mehr als 340 kg Cannabiskraut (Reinheitsgehalt durchschnittlich 14,6 % THCA und 1,11 % Delta 9 THC), mehr als 25 kg Kokain (Reinheitsgehalt durchschnittlich 78,4 % Cocain), 500 g Amphetamin (Reinheitsgehalt 10,3 %) und mehr als vier kg Cannabisharz, zwischen Juli 2019 und Mai 2023 teils namentlich genannten „Kurieren“ sowie weiteren unbekannten „Subverkäufern“ und Abnehmern durch gewinnbringenden Verkauf überlassen;

C/ in einer das 15 Fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich rund drei kg Cannabiskraut (etwa 440 g THCA und 33,5 g Delta 9 THC) und rund ein kg Kokain (etwa 814 g Cocain), bis zum 15. Mai 2023 mit dem Vorsatz, dass es in Verkehr gesetzt werde, erworben und besessen, indem er es bis zur polizeilichen Sicherstellung in einem von ihm verwalteten Lagerraum verwahrte.

[3] Diese Taten subsumierte das Beschwerdegericht den Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 12 zweiter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG, § 15 StGB (A) und nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (B), sowie der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 und 2 SMG (C).

Rechtliche Beurteilung

[4] Mit der fristgerecht gegen diesen Beschluss eingebrachten Grundrechtsbeschwerde macht der Beschwerdeführer (wie schon in der Haftbeschwerde ausschließlich) eine Verletzung des besonderen Beschleunigungsgebots in Haftsachen (§ 9 Abs 2, § 177 Abs 1 StPO) geltend.

[5] Eine ins Gewicht fallende Säumigkeit in Haftsachen durch die behauptete verzögerte Einbringung der Anklage (vgl RIS Justiz RS0124006 [zu gerichtlichem Rechtsschutz gegen eine Verletzung des Beschleunigungsgebots durch die Staatsanwaltschaft]) liegt – nach Maßgabe eigener Beweiswürdigung des Obersten Gerichtshofs (vgl RIS Justiz RS0120790) – aus folgenden Gründen nicht vor:

[6] Im ursprünglich gegen zwölf (namentlich bekannte) Beschuldigte geführten Ermittlungsverfahren erstattete die Kriminalpolizei ihren den Beschwerdeführer betreffenden Abschlussbericht (§ 100 Abs 2 Z 4 StPO) am 4. September 2023 (ON 216). Die Staatsanwaltschaft brachte die Anklage (ON 238) am 18. Dezember 2023 gegen den Beschwerdeführer ein (ON 1.146).

[7] Bei der Prüfung der behaupteten Verzögerung ist zu berücksichtigen, dass in diesem Zeitraum (im selben Verfahren) sechs weitere Abschlussberichte zu anderen Beschuldigten bei der Staatsanwaltschaft einlangten und diese bis Ende Dezember 2023 acht weitere Anklagen gegen insgesamt zehn (fast ausschließlich inhaftierte) Beschuldigte, bei denen es sich durchwegs um „Kuriere“ und „Subverkäufer“ des Beschwerdeführers handelte, denen jeweils Suchtgifthandel im geringeren Umfang als diesem zur Last lag, einbrachte. Dass diese Anklageerhebungen großteils früher unter gleichzeitiger Trennung der gegen diese Beschuldigten geführten Verfahren erfolgten, stellt entgegen dem Beschwerdevorbringen keineswegs „Willkür der Staatsanwaltschaft“, sondern gesetzlich gebotene Vorgangsweise (§ 27 StPO) bei der Beendigung des – insgesamt umfangreichen (der Ermittlungsakt umfasste mehr als 200 Ordnungsnummern) – Ermittlungsverfahrens dar. Dabei hatte die Staatsanwaltschaft selbstredend die Ermittlungsergebnisse (einschließlich einer großen Zahl von der Kriminalpolizei entschlüsselter und ausgewerteter [über Messengerdienste ausgetauschter] Nachrichten) eingehend auf ihren Beweiswert zu prüfen, weshalb der Beschwerdeeinwand, nach Einlangen des Abschlussberichts seien „keine ersichtlichen Tätigkeiten entfaltet“ worden, nicht zutrifft.

[8] Auf die weitere Kritik an der Durchführung der – infolge Antrags auf Enthaftung vom 15. Dezember 2023 (ON 236) und ablehnender Stellungnahme der Staatsanwaltschaft (vom 18. Dezember 2023 [ON 1.146]) gebotenen – Haftverhandlung erst am 29. Dezember 2023 (ON 241) war inhaltlich nicht einzugehen, weil eine Verletzung des Beschleunigungsgebots insoweit in der Beschwerde gegen den Fortsetzungsbeschluss des Erstgerichts nicht geltend gemacht und demgemäß der Instanzenzug nicht erschöpft wurde (vgl aber § 1 Abs 1 GRBG; RIS Justiz RS0114487 [insbesondere T11 und T12]).

[9] Die Grundrechtsbeschwerde war daher ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.

Rechtssätze
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