JudikaturJustiz12Rs90/18v

12Rs90/18v – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
12. September 2018

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Richter Dr. Klaus Henhofer als Vorsitzenden, Dr. Dieter Weiß und Dr. Barbara Jäger sowie die fachkundigen Laienrichter Gerald Grafinger und Martin Niederhammer in der Sozialrechtssache der Klägerin ***** vertreten durch ***** Kammer für Arbeiter und Angestellte für Salzburg, gegen die beklagte Partei ***** vertreten durch ihren Angestellten ***** wegen Pflegegeld über die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 18. April 2018, 11 Cgs 215/17z-10, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird abgeändert, sodass es zu lauten hat:

„Die beklagte Partei ist schuldig, der Klägerin das Pflegegeld der Stufe 1 in Höhe von EUR 157,30 monatlich unter Anrechnung des Erhöhungsbetrags für erheblich behinderte Kinder von EUR 60,00 EUR monatlich ab 1. Oktober 2017 zu gewähren.“

Die ordentliche Revision ist zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid vom 13. Juli 2006 gewährte das Land Salzburg der am 5. Juli 1997 geborenen Klägerin Pflegegeld der Stufe 1 ab 1. April 2006 nach dem Salzburger Pflegegeldgesetz.

Mit Bescheid vom 9. August 2017 hat die beklagte Partei der Klägerin das Pflegegeld mit Ablauf des September 2017 entzogen, weil die Voraussetzungen für den Anspruch auf Pflegegeld nicht mehr vorlägen und nur ein Pflegebedarf von 34 Stunden pro Monat bestehe.

Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Klage mit dem Begehren auf Gewährung des Pflegegelds im gesetzlichen Ausmaß über den 30. September 2017 hinaus.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Erstgericht dem Klagebegehren Folge gegeben und „ein darüber hinausgehendes Klagebegehren“ abgewiesen. Der Entscheidung liegt – zusammengefasst – folgender festgestellter Sachverhalt zugrunde:

Das der Zuerkennung des Pflegegelds zugrunde liegende anstaltsärztliche Gutachten ist von der Notwendigkeit der Betreuung der Klägerin bei der täglichen Körperpflege, bei der Verrichtung der Notdurft (Kontrolle nach dem Stuhlgang und gelegentliche Reinigung), beim An- und Auskleiden und beim Anlegen der Vorderarmprothese ausgegangen, hat Mobilitätshilfe im weiteren Sinn für notwendig befunden und einen Pflegebedarf im Ausmaß von 62,5 Stunden pro Monat angenommen.

Der Gesundheitszustand der Klägerin hat sich seit der Feststellung nicht verbessert. Eine prothetische Versorgung wurde zwar versucht; dies jedoch bislang ohne Erfolg.

Die Klägerin benötigt aufgrund des angeborenen Fehlens des linken Unterarms Hilfe bei der erweiterten Körperpflege (Haarwäsche, Maniküre, Pediküre und zum Teil auch beim Waschen), bei der Zu- und Aufbereitung einer vollwertigen Mahlzeit (Schneiden und Heben, auch besteht Verbrühungsgefahr) sowie Teilhilfe beim An- und Auskleiden (feinmotorische Tätigkeiten, Knöpfe, Reißverschlüsse, BH-Verschluss). Darüber hinaus benötigt sie Hilfe für die Reinigung der Wohnung und ihrer persönlichen Gebrauchsgegenstände sowie für die Pflege der Leib- und Bettwäsche.

In rechtlicher Beurteilung des Sachverhaltes ist das Erstgericht davon ausgegangen, dass aufgrund der ausdrücklichen und klaren Übergangsbestimmungen der §§ 48b ff BPGG die Voraussetzungen für die Pflegestufe 1 weiterhin gegeben seien; der aktuelle Pflegebedarf betrage 64 Stunden.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der beklagten Partei aus den Berufungsgründen der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem auf Klagsabweisung gerichteten Abänderungsantrag; hilfsweise wird die Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung beantragt.

Die Klägerin beantragt in ihrer Berufungsbeantwortung, der Berufung nicht Folge zu geben.

Die gemäß § 480 Abs 1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung zu behandelnde Berufung ist teilweise berechtigt .

1 In der Tatsachenrüge bekämpft die Berufungswerberin in die Feststellung, dass sich der Gesundheitszustand der Klägerin seit der Feststellung am 10. Mai 2005 nicht verbessert hat, und begehrt die Feststellung einer – über die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen hinausgehenden – weiteren Verringerung des Pflegebedarfs in Teilbereichen.

Abgesehen davon, dass sich die bekämpfte Feststellung unmittelbar aus dem Gutachten der Sachverständigen ***** ergibt (ON 5 S 5), vermengt die Berufungswerberin damit die Frage nach dem Gesundheitszustand einerseits und dem daraus resultierenden Pflegebedarf andererseits und begehrt solchermaßen im Ergebnis keine abweichende, sondern eine weitere Feststellung. Die Veränderungen, deren Feststellung begehrt werden, ergeben sich inhaltlich jedoch – ebenso wie zusätzlich der Wegfall der Notwendigkeit der Mobilitätshilfe im weiteren Sinn – ohnedies aus den übrigen unbekämpft gebliebenen Feststellungen.

Anzumerken ist, dass – worauf die Berufungswerberin in der Rechtsrüge hinweist – mit der Erreichung der Altersgrenze nach § 4 Abs 3 BPGG (also der Vollendung des 15. Lebensjahrs) generell eine Neueinstufung erforderlich ist, sodass die Prüfung geänderter Verhältnisse im Sinne des § 9 Abs 4 BPGG entfallen kann (OGH 10 ObS 32/15a). Eine Entziehung aufgrund geänderter Verhältnisse im Sinne des § 9 Abs 4 BPGG würde jedenfalls am Wortlaut des § 49f Abs 2 BPGG scheitern.

Rechtliche Beurteilung

2 In der Rechtsrüge vertritt die Berufungswerberin (weiterhin) die Auffassung, die Übergangsbestimmungen der §§ 48a bis 48f BPGG seien nicht anwendbar.

2.1 An sich völlig zutreffend weist die Berufungswerberin darauf hin, dass weder ein bis 30. April 2009 eingebrachter Antrag auf Erhöhung des Pflegegelds noch ein am 1. Jänner 2011, 1. Jänner 2012 oder 1. Jänner 2015 noch nicht rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren auf Zuerkennung oder Erhöhung des Pflegegelds vorliegt. Daraus ist für sie jedoch nichts zu gewinnen, weil § 48b Abs 2 und § 48f Abs f Abs 2 BPGG Regelungen für die „Minderung oder Entziehung“ eines rechtskräftig zuerkannten Pflegegeldes enthalten.

Deren Anwendung und Auslegung bedarf freilich näherer Erörterung:

2.2.1 Der Klägerin wurde das Pflegegeld nach dem Salzburger Pflegegeldgesetz, LGBl 1993/99 – in der Folge kurz SbgPGG – zuerkannt. Im Zeitpunkt der Zuerkennung hat § 4 Abs 2 SbgPGG vorgesehen, dass bei der Beurteilung des Pflegebedarfs von Kindern und Jugendlichen nur jenes Ausmaß an Pflege zu berücksichtigen ist, das über das erforderliche Ausmaß von gleichaltrigen nicht behinderten Kindern und Jugendlichen hinausgeht.

Zeitgleich mit der Novellierung des wortgleichen § 4 Abs 3 BPGG durch BGBl I 2008/128 wurde auch in § 4 Abs 2 SbgPGG – neben den Grundlagen für die Gewährung des Erschwerniszuschlags – die Altersgrenze der Vollendung des 15. Lebensjahrs für die Anwendung dieser Regel aufgenommen (Sbg.LGBl 2009/82). Übergangsbestimmungen zu diesen Änderungen waren weder in BGBl I 2008/128 noch in Sbg.LGBl 2009/82 enthalten.

2.2.2 Die Änderung der Zugangskriterien für das Pflegegeld der Stufen 1 und 2 im BPGG ab 1. Jänner 2011 auf 60 bzw 85 Stunden durch das Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl I 2010/111, wurden im SbgPGG nicht mit vollzogen.

2.2.3 Mit dem Pflegegeldreformgesetz 2012, BGBl I 2011/58 wurde die Gesetzgebungs- und Vollziehungskompetenz für das Pflegegeld mit Wirkung vom 1. Jänner 2012 von den Ländern auf den Bund übertragen und damit das Pflegegeld beim Bund konzentriert. Nach dem gesetzgeberischen Konzept gelten nach den landesrechtlichen Vorschriften erlassene Bescheide als Entscheidungen nach dem BPGG; Personen, denen zum 31. Dezember 2011 ein Pflegegeld nach den bisherigen landesgesetzlichen Regelungen rechtskräftig zuerkannt wurde, haben daher ab 1. Jänner 2012 Anspruch auf Pflegegeld nach den Vorschriften des BPGG in Höhe der bisher nach landesgesetzlichen Vorschriften gewährten Stufe (§ 48c Abs 1 und 2 BPGG).

Weil der Gesetzgeber – wie die Situation im SbgPGG zeigt – zu Recht davon ausgegangen ist, dass nicht alle Länder die mit dem Budgetbegleitgesetz 2011 im BPGG vollzogenen Änderungen der Zugangskriterien zu den Stufen 1 und 2 in ihren Landespflegegeldgesetzen nachvollzogen haben, wurden in § 48c Abs 2 S 3 BPGG die diesbezüglichen Übergangsbestimmungen zum Budgetbegleitgesetz 2011 – das sind § 48b Abs 1 bis 4 BPGG – für sinngemäß anwendbar erklärt (vgl die ErlRV 1208 BlgNR 24. GP 14).

2.2.4 Gemäß § 48b Abs 2 BPGG ist „eine Minderung oder Entziehung eines rechtskräftig zuerkannten Pflegegeldes wegen der gesetzlichen Änderungen der Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 4 Abs. 2 in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2011 […] nur dann zulässig, wenn auch eine wesentliche Veränderung im Ausmaß des Pflegebedarfes eingetreten ist“.

Die Materialien zum Budgetbegleitgesetz 2011 verweisen in diesem Zusammenhang darauf, dass es dem Gesetzgeber aus verfassungsrechtlicher Sicht unter dem Gleichheitssatz grundsätzlich frei stehe, die Rechtslage für die Zukunft anders und auch ungünstiger zu gestalten, sofern dies nicht zu plötzlich oder zu intensiv geschehe, sodass die Anwendung der neuen Rechtslage bei Änderungen des Pflegebedarfs verfassungsrechtlich unproblematisch wäre. Auch wegen des besonders schutzwürdigen Personenkreises solle aber dennoch auf vorhandene Einstufungen der pflegebedürftigen Menschen Bedacht genommen werden und eine Kürzung der vor Inkrafttreten des Budgetbegleitgesetzes 2011 zuerkannten Pflegegelder vermeiden werden. Dies solle „beispielsweise auch für Fälle gelten, in denen im Rahmen einer Nachuntersuchung ein zeitlicher Pflegebedarf festgestellt wurde, der sich aufgrund der geänderten Anspruchsvoraussetzungen bei der Einstufung auswirken würde“ (ErlRV 981 BlgNR 24. GP 173).

Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung ist § 48b Abs 2 BPGG vom Grundsatz getragen, dass alleine wegen der Änderungen der Anspruchsvoraussetzungen in § 4 Abs 2 BPGG idF des Budgetbegleitgesetzes 2011, BGBl I 2011/111 eine Minderung oder Entziehung eines rechtskräftig zuerkannten Pflegegeldes nicht zulässig ist; eine wesentliche Änderung im Ausmaß des Pflegebedarfs, die zur Minderung oder Entziehung berechtigt, kann vielmehr nur dann angenommen werden, wenn diese so ein Ausmaß erreicht, das auch nach der Rechtslage zum 31. Dezember 2010 zur Minderung oder Entziehung berechtigt hat (RIS-Justiz RS0129140).

2.2.5 Diese vom Obersten Gerichtshof in der Entscheidung 10 ObS 107/13b – unter Hinweis auf Greifeneder/Liebhart , Pflegegeld 3 Rz 277; Greifeneder , Neuerungen beim Pflegegeld- Budgetbegleitgesetz 2011, ÖZPR 2011/11, 12 und Greifeneder , Frage aus der Praxis: Sind die ab 1. 1. 2011 geltenden strengeren Anspruchsvoraussetzungen für die Pflegegeldstufen 1 und 2 in Herabsetzung- bzw Entzugsverfahren maßgeblich? ÖZPR 2011/93, 116 – dargelegten Überlegungen haben ebenso Eingang in die Materialien zur abermaligen Verschärfung der Zugangskriterien durch die Änderung des BPGG, BGBl I 2015/12 gefunden wie die Ausführungen in der Regierungsvorlage zum Budgetbegleitgesetz: Auch zur Übergangsbestimmung des § 48f BPGG wird betont, diese solle sicherstellen, dass alleine wegen der gesetzlichen Änderung der Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 4 Abs 2 BPGG eine Minderung oder Entziehung eines rechtskräftig zuerkannten Pflegegelds nicht zulässig sein und § 48f Abs 2 BPGG „beispielsweise auch für Fälle gelten [soll], in denen im Rahmen einer Nachuntersuchung ein zeitlicher Pflegebedarf festgestellt wurde, der sich aufgrund der geänderten Anspruchsvoraussetzungen bei der Einstufung auswirken würde“ (IA 833/A BlgNR 25. GP 29 f, den gesamten Text der ErlRV 365 BlgNR 25. GP 4 übernehmend).

2.3 Es trifft zwar zu, dass die Erreichung des Alters, in dem eine nicht pflegebedürftige Person keiner Betreuung mehr bedarf, für sich allein eine – die Neubemessung des Pflegegelds erlaubende – „wesentliche Änderung“ im Sinne des § 9 Abs 4 BPGG darstellt, ohne dass es einer Gegenüberstellung des Zustandsbilds des Pflegebedürftigen und des damit verbundenen Pflegebedarfs zum Zeitpunkt der Gewährung zu jenem im Zeitpunkt der Neubemessung des Pflegegelds bedürfte (OGH 10 ObS 32/15a), und dass dieser Fall der Neubemessung des Pflegegelds weder im Wortlaut der Übergangsbestimmungen noch in den Materialien dazu ausdrücklich erwähnt wird.

2.3.1 Der Wortlaut des jeweils ersten Satzes des § 48f Abs 2 bzw § 48b Abs 2 BPGG nimmt zwar Bezug auf § 9 Abs 4 BPGG, geht jedoch – bei identischem Verständnis des Begriffs der „wesentlichen Veränderung“ – über diesen nicht hinaus. Auch ohne Änderung der Zugangskriterien zum Pflegegeld der Stufen 1 und 2 ist das Pflegegeld (nur) neu zu bemessen, wenn „eine für die Höhe des Pflegegeldes wesentliche Änderung eintritt“; damit trägt § 9 Abs 4 BPGG dem Grundsatz Rechnung, dass die

Rechtskraft eines Bescheids der neuerlichen Prüfung der Grundlagen dieser Entscheidung im Leistungsverfahren entgegensteht und nur eine nach dem für die Vorentscheidung maßgeblichen Zeitpunkt eingetretene wesentliche Änderung im Tatsächlichen durchbrochen wird (vgl RIS-Justiz RS0110119).

2.3.2 Durch die Wortfolge „wegen der gesetzlichen Änderungen der Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 4 Abs 2“ wird die „wesentliche Veränderung“ nicht bloß mit dem Pflegebedarf verknüpft, sondern unmittelbar auch mit den (geänderten) Anspruchsvoraussetzungen. Auch wenn für Kinder und Jugendliche bis zur Vollendung des 15. Lebensjahrs einerseits und für Erwachsene andererseits unterschiedliche Kriterien für die Ermittlung des Pflegebedarfs maßgeblich sind (OGH 10 ObS 32/15a) – wobei freilich auch bei Erwachsenen die Annahme eines Pflegebedarfs voraussetzt, dass die notwendige Maßnahme von einem gesunden Erwachsenen selbständig gesetzt werden könnte (vgl RIS-Justiz RS0107451) –, gilt doch für beide das in § 4 Abs 2 BPGG vorgesehene Einstufungsschema gleichermaßen.

Ausdrücklich (nur) als Beispiel für eine Konstellation, in der eine Kürzung des vor Inkrafttreten der Änderung zuerkannten Pflegegelds ausgeschlossen sein soll, wird der Fall angeführt, dass bei einer Nachuntersuchung ein geänderter zeitlicher Pflegebedarf festgestellt wurde. Auch wenn die Neubemessung nach Überschreiten der Altersgrenze des § 4 Abs 3 BPGG dabei ebensowenig genannt wird wie etwa die Anschaffung nicht einfacher Hilfsmittel, ist daher davon auszugehen, dass dem Gesetzgeber durchaus die Existenz auch anderer Fälle bewusst war, in denen eine (zulässige) Neubemessung aufgrund der geänderten Zugangskriterien zu einer Herabsetzung oder zu einem Entzug des Pflegegelds führen würde.

2.3.3 Solchermaßen ist der zweite Satz des § 48f Abs 2 BPGG – ebenso wie der jeweils erste Satz des § 48f Abs 2 und des § 48b Abs 2 BPGG – nicht (nur) als Einschränkung des § 9 Abs 4 BPGG in der „Variante“ der durch eine Änderung im Zustandsbild des Pflegebedürftigen hervorgerufenen Änderung des Pflegebedarfs zu verstehen, sondern als universelle Bestimmung über die Herabsetzung oder Entziehung des Pflegegelds bei jeglicher Form der „Neubemessung“ (vgl auch Greifeneder/Liebhart , Pflegegeld 4 Rz 4.125).

2.4 Entsprechend dem Grundsatz, dass es (allein) wegen der Gesetzesänderungen nicht zu einem Entzug oder einer Herabstufung kommen solle (vgl OGH 10 ObS 107/13b, 10 ObS 108/13z), sind daher im vorliegenden Fall aufgrund der erstmaligen Zuerkennung von Pflegegeld nach dem SbgPGG am 13. Juli 2008 für eine Herabsetzung die nach diesem (unmittelbar) vor dem Inkrafttreten des Pflegegeldreformgesetzes 2012 geltenden Anspruchsvoraussetzungen weiterhin anzuwenden (vgl auch Greifeneder/Liebhart , Pflegegeld 4 Rz 4.131).

3 Die beklagte Partei bekämpft weder die Feststellungen zum Pflegebedarf noch kritisiert sie die vom Erstgericht in rechtlicher Beurteilung dieser Feststellungen getroffene Annahme eines Pflegebedarfs von 64 Stunden, der nach der anwendbaren Rechtslage einen Anspruch auf Pflegegeld der Stufe 1 begründet. (Nicht erörtert werden muss daher, inwieweit dieser Pflegebedarf durch Verwendung von Hilfsmitteln wie einer Greifzange oder einer Schneide- bzw Fixiervorrichtung für Einarmige reduziert werden könnte; vgl OGH 10 ObS 2333/96b; Greifeneder/Liebhart , Pflegegeld 4 Rz 5.188).

4 Zutreffend weist die Berufungswerberin allerdings darauf hin, dass gemäß § 7 S 2 BPGG von der Erhöhung der Familienbeihilfe für erheblich behinderte Kinder gemäß § 8 Abs 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 ein Betrag von 60,00 Euro monatlich anzurechnen ist.

Das Vorbringen der beklagten Partei, für die Klägerin werde ein Erhöhungsbetrag für erheblich behinderte Kinder bezogen, wurde von der Klägerin weder im Verfahren erster Instanz noch in der Berufungsbeantwortung bestritten.

5 Der Berufung musste daher der Erfolg versagt bleiben, soweit die gänzliche Klagsabweisung beantragt wurde; im Hinblick auf die Berücksichtigung des Erhöhungsbetrags für erheblich behinderte Kinder war ihr jedoch teilweise Folge zu geben.

6 Die ordentliche Revision ist zulässig, weil – soweit ersichtlich – bislang höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehlt, ob die Übergangsbestimmungen der § 48f, 48c und 48b BPGG auch bei Neueinstufungen aufgrund der Erreichung des 15. Lebensjahrs anzuwenden sind.

Rechtssätze
0

Keine verknüpften Rechtssätze zu diesem Paragrafen