JudikaturJustiz12Os28/24w

12Os28/24w – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. April 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. April 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Oshidari, Dr. Brenner, Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Sadoghi in Gegenwart des Schriftführers Staudinger, LL.M. (WU), in der Strafsache gegen * S* wegen Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 14. Dezember 2023, GZ 36 Hv 16/23v 68.1, sowie über dessen Beschwerde gegen den zugleich ergangenen Beschluss nach § 494a Abs 6 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde kommt dem Oberlandesgericht Wien zu.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * S* – soweit hier relevant – des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (I.A.1.), des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 erster Fall StGB (I.A.2.), des Vergehens der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB (I.A.3.), der Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (I.B.) und der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (I.C.) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er in W*

I. * K*

A. am 9. März 2023

1. am Körper vorsätzlich verletzt, indem er ihr mit der flachen Hand und den Fäusten derart heftig ins Gesicht schlug, dass sie zu Boden stürzte (US 6), und sie in weiterer Folge zuerst mit seinem Unterarm und schließlich mit beiden Händen würgte, wodurch sie punktförmige Blutungen (Petechien) im Bereich der Augenlider und in der umliegenden Gesichtshaut mit flächiger Blutunterlaufung der Augenbindehäute (Hyposphagma) im Bereich des Augenweiß, eine Blutunterlaufung des rechten Augenober- und unterlides, eine oberflächliche Schnittverletzung an der Beugeseite des linken Ringfingers über dem Fingerendglied und jeweils eine kratzerartige Hautbeschädigung an der Beugeseite des linken Zeigefingers über dem Fingerendglied sowie an der Beugeseite des linken Daumens, eine fleckförmige, stellenweise unterbrochene Hautrötung an der rechten Halsseite und drei strichförmige, längs- und quergestellte Kratzer an der rechten äußeren Bauchdecke erlitt;

2. mit Gewalt sowie durch Drohung mit dem Tod, nämlich durch die zu Punkt I.A.1. beschriebene Tathandlung sowie dadurch, dass er ihr ein Messer mit ungefähr 20 cm langer Klinge gegen den Hals hielt, zu einer Handlung, nämlich der Preisgabe des Verstecks von 3.500 Euro aus seinen Drogenverkäufen, zu nötigen versucht;

3. im Anschluss an die zu Punkt I.A.1. und 2. beschriebenen Tathandlungen widerrechtlich gefangen gehalten, indem er zwei Stunden lang mit dem Messer vor der Schlafzimmertüre stand und sie nicht aus dem Zimmer ließ;

B. mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben zur Duldung des Beischlafs und einer dem Beischlaf gleichzusetzenden Handlung genötigt, und zwar

1. am 9. März 2023 im Anschluss an die zu Punkt I.A. beschriebenen Tathandlungen, indem er auf sie einschlug und sie zum Bett schleifte, wo er zuerst mit dem Messer in der Hand versuchte, ihren Kopf gegen seinen Penis zu drücken und sie zum Oralverkehr zu zwingen, und anschließend den vaginalen Geschlechtsverkehr vollzog, wobei er sie auszog, ihre Hände festhielt und das Messer griffbereit neben das Bett legte;

2. zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt wenige Tage nach dem 9. März 2023, indem er sie gegen ihren Willen an ihren Handgelenken festhielt, ihr mehrmals mit der Hand ins Gesicht schlug und über zwei Stunden wiederholt den vaginalen Geschlechtsverkehr vollzog;

C. am 11. April 2023

1. am Körper verletzt, indem er ihr ins Gesicht schlug und sie würgte und kratzte, wodurch sie ein Hämatom am Auge, punktförmige Blutungen (Petechien) und Kratzer im Bereich der Oberlippe erlitt;

2. an der Gesundheit geschädigt, indem er ihr ohne ihr Wissen über ein Getränk das Medikament Temesta (beinhaltend den Wirkstoff Lorazepam) verabreichte, wodurch sie eine Störung der kognitiven Fähigkeiten und des Verhaltens in Form von Aggressionsschüben und Erinnerungslücken erlitt (US 9).

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

[4] Die leugnende Verantwortung des Angeklagten hat das Erstgericht mit mängelfreier Begründung als unglaubwürdig verworfen (US 10 f), weshalb es unter dem Aspekt der Urteilsvollständigkeit – entgegen dem Einwand der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) – nicht verhalten war, näher auf den Inhalt seiner Aussage einzugehen (RIS Justiz RS0098642 [T1]).

[5] Soweit sich die weitere Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zu I.A.1. des Schuldspruchs gegen die Feststellung zu einem durch die Tätlichkeiten des Angeklagten verursachten Hyposphagma richtet (US 6), bezieht sie sich zum einen bloß auf eine von mehreren Verletzungen am Körper (vgl aber RIS Justiz RS0117261 und RS0117499) und zum anderen – mit Blick auf den konstatierten Verletzungsvorsatz (US 7) – lediglich auf die Abgrenzung von Versuch und Vollendung (vgl aber RIS Justiz RS0122137).

[6] Der weiteren Kritik der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zuwider haben die Tatrichter das Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen Dr. So* erörtert (US 11). Mit ihren aus der Expertise gezogenen Schlussfolgerungen bekämpft die Beschwerde bloß die Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit der Zeugin K* (vgl aber RIS Justiz RS0106588).

[7] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die (implizierte) Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

[8] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Rechtssätze
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