JudikaturJustiz123Ds1/17d

123Ds1/17d – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
27. März 2017

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz als Disziplinargericht für Notare hat durch Dr. Bergmayr als Vorsitzenden, Dr. Apfolterer und Dr. K.Henhofer als weitere Mitglieder des Disziplinarsenates in der Disziplinarsache gegen Dr. ***** H***** , öffentlicher Notar *****, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Gemäß § 176 NO wird die Einleitung des Disziplinarverfahrens abgelehnt.

Text

BEGRÜNDUNG:

Nach den bisherigen, unkontroversiellen Verfahrensergebnissen hat Dr. ***** H***** als Notar jeweils über Auftrag von J***** B***** drei Kaufverträge verfasst, und zwar:

1. Kaufvertrag vom 19. August 2015, Käufer J*****, M***** und J***** R*****

2. Kaufvertrag vom 11. September bzw. 30. Dezember 2015, Käufer ***** C***** P*****

3. Kaufvertrag vom 18. Dezember 2015, Käufer C***** und J***** L*****.

In all diesen Fällen hatte J***** B***** dem Notar den Auftrag zur Vertragsverfassung erteilt, nachdem sich die Kaufinteressenten an J***** B***** gewandt hatten. Ebenso war in all diesen Fällen der Kaufpreis vor der Vertragserrichtung von den Käufern an J***** B***** überwiesen worden. Nur der erwähnte, am 11. September 2015 vom Käufer unterfertigte Kaufvertrag enthielt auch eine Vereinbarung mit dem Notar als Treuhänder. In allen drei Fällen kam es in der Folge zu keinem Zahlungsfluss an die Verkäufer, weil J***** B***** die an ihn überwiesenen Beträge anderweitig verwendet hatte.

Festzuhalten ist zunächst, dass nach den bisherigen Verfahrensergebnissen keine Anhaltspunkte dafür bestehen, Dr. ***** H***** hätte von den Machenschaften des J***** B***** gewusst oder er sei gar in diese involviert.

Nach den bisherigen Verfahrensergebnissen ergibt sich aber eine Verdachtslage dahin, dass er seinen sich aus § 52 NO ergebenden Berufspflichten insoweit nicht nachgekommen sein könnte, als er im Zuge der Erörterungen des jeweiligen Vertrages allfälligen Anhaltspunkten dafür, dass - atypischerweise - der Kaufpreis von den Käufern schon an einen Dritten - hier Josef Beiskammer - überwiesen wurde, zu wenig Augenmerk geschenkt und es deshalb unterlassen hat, die Käufer auf die Folgen und Risken dieser außergewöhnlichen Vorgangsweise hinzuweisen. Hervorzuheben ist, dass Herr C***** P***** bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme im gegen J***** B***** geführten Ermittlungsverfahren davon sprach, den Notar nur einmal, nämlich anlässlich der Vertragserrichtung, gesehen zu haben, wobei der Notar ihm nichts erklärt habe, insbesondere auch nicht, dass er den Kaufpreis auf ein Treuhandkonto des Notars überweisen müsse. Als bei der Durchbesprechung des Vertrages, welche vom Notar mit Josef Beiskammer erfolgt sei, das Treuhandkonto zur Sprache gekommen sei, habe Letzterer geäußert, dass der Kaufpreis vom Käufer schon bezahlt sei. Der Notar habe dies ohne Kommentar zur Kenntnis genommen (S. 3 des erwähnten Zeugenvernehmungsprotokolles, enthalten in ON 28).

Rechtliche Beurteilung

Damit steht allenfalls eine fahrlässige Verletzung einer Berufspflicht und damit Standespflichtverletzung (§ 155 Abs 1 Z 1 NO) im Raum. Eine solche ist nach § 156 Abs 1 Z 3 leg. cit. nur dann ein Disziplinarvergehen, wenn die Verletzung geeignet ist, bei einem oder mehreren anderen einen EUR 3.600,00 übersteigenden Schaden herbeizuführen.

Nach den Verfahrensergebnissen bestehen keine Hinweise für eine Eignung des dargestellten, von Dr. ***** H***** allenfalls gesetzten Fehlverhaltens. In diesem Zusammenhang ist zum einen in den Vordergrund zu rücken, dass der bei den Käufern dadurch eingetretene Schaden, dass J***** B***** die an ihn überwiesenen Kaufpreise anderweitig verwendet hat, nicht mit dem (nachfolgenden) Agieren von Dr. ***** H***** im Zuge der Vertragsunterrichtung (und danach) in Verbindung gebracht werden kann. Im Falle einer Aufklärung der Mieter über die mit der Überweisung des Kaufpreises an Josef Beiskammer einhergehenden Risken wären die Käufer vor der Wahl gestanden, entweder vom Abschluss des Kaufvertrages Abstand zu nehmen oder diesen dennoch abzuschließen, verbunden mit dem Risiko, den Kaufpreis allenfalls ein zweites Mal begleichen zu müssen. Mit Blick darauf, dass keinerlei Hinweise darauf bestehen, dass der Kaufpreis und der Kaufgegenstand jeweils in einem Missverhältnis zueinander gestanden seien, ist der allfällige Schaden für die Käufer jeweils der gleiche, nämlich der Verlust des an J***** B***** überwiesenen Geldbetrages.

Mangels Vorliegens einer Eignung des allenfalls Dr. ***** H***** vorzuwerfenden fahrlässigen Fehlverhaltens im Sinne der zuletzt erwähnten Gesetzesstelle besteht kein Verdacht eines Disziplinarvergehens, sondern lediglich einer von Ordnungswidrigkeiten.

Dementsprechend war spruchgemäß zu entscheiden.

RECHTSMITTELBELEHRUNG:

Gegen diese Entscheidung kann der Disziplinaranwalt Beschwerde an den Obersten Gerichtshof erheben (§ 170 NO iVm § 124 RStDG). Diese ist binnen zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung beim Oberlandesgericht einzubringen (§ 170 NO iVm § 164 Abs 1 zweiter Satz RStDG).

Rechtssätze
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