JudikaturJustiz113Ds11/17a

113Ds11/17a – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
20. August 2019

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz als Disziplinargericht für Richter hat durch den Senatspräsidenten Dr. Bergmayr als Vorsitzenden sowie die Senatspräsidentin Dr. Gföllner und den Senatspräsidenten Dr. A. Neundlinger als weitere Mitglieder des Diziplinarsenates in der Disziplinarsache gegen ***** , Richter des Bezirksgerichtes *****, wegen eines Dienstvergehens nach § 101 Abs 1 RStDG nach der am 20. August 2019 in Anwesenheit des Disziplinaranwaltes EOStA Dr. Bruno Granzer sowie des Disziplinarbeschuldigten durchgeführten öffentlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Spruch

***** ist schuldig, er hat als Richter des Bezirksgerichtes ***** entgegen der Pflicht nach § 57 Abs 1 RStDG, sein Amt unparteiisch zu erfüllen, sich im Dienst so zu verhalten, dass das Vertrauen in die Rechtspflege nicht gefährdet wird, die in der Republik Österreich geltende Rechtsordnung unverbrüchlich zu beachten, die Pflichten seines Amtes gewissenhaft zu erfüllen, die ihm übertragenen Amtsgeschäfte so rasch wie möglich zu erledigen und sich fortzubilden, dadurch verletzt, dass er

1. im Verfahren ***** U *****, in welchem dem dort Angeklagten das Ermächtigungsdelikt der sexuellen Belästigung und öffentlichen geschlechtlichen Handlungen nach dem § 218 Abs 1 Z 2 StGB angelastet wurde, in der Hauptverhandlung vom 7. Oktober 2014 den als Zeugen vorgeladenen Freund des wegen Krankheit nicht erschienenen Opfers dazu zu überreden versucht hat, das Opfer dazu zu bewegen, „für ein Eis oder für ein Glas Glühwein“ die von diesem erteilte Ermächtigung zur Strafverfolgung im Sinne des § 92 StPO zurückzuziehen,

2. im Verfahren ***** C *****

a) erst am 20. August 2014 und somit rund neun Monate nach Einbringung der Besitzstörungsklage am 13. November 2013 eine Verhandlung an Ort und Stelle durchgeführt hat,

b) einen Antrag auf Protokollberichtigung, welcher im Zusammenhang mit der in der letztgenannten Verhandlung stattgefundenen Einvernahme des Zeugen *****, welcher im Verhandlungsprotokoll nicht aufscheint, stand, unerledigt gelassen hat, und

c) mit Beschluss vom 5. Jänner 2016 das Verfahren bis zur rechtskräftigen Beendigung des beim Landesgericht ***** zu ***** Cg ***** anhängigen Verfahrens unterbrochen hat,

3. im Verfahren ***** U ***** den Angeklagten und einen Zeugen, welche der englischen, nicht aber der deutschen Sprache mächtig waren, in der Hauptverhandlung vom 9. April 2015 in englischer Sprache vernommen und dabei simultan in die deutsche Sprache übersetzt hat, wobei er den Antrag des Anklagevertreters auf Beiziehung eines Dolmetschers für die englische Sprache abgewiesen hatte,

4.) im Verfahren ***** U ***** bei einem gleichfalls der englischen, nicht aber der deutschen Sprache mächtigen Angeklagten am 27. Oktober 2015 die Hauptverhandlung ohne Beiziehung eines Dolmetschers durchgeführt hat, nachdem er einen eingangs der Hauptverhandlung vom Anklagevertreter gestellten Antrag auf Beiziehung eines Dolmetschers für die englische Sprache abgewiesen hatte,

5. im Verfahren ***** U *****

a) am 23. April 2015 ohne Vorliegen der Voraussetzungen ein Abwesenheitsurteil gefällt und

b) die Aufforderung zum Strafantritt erlassen hat, obgleich das Urteil infolge Berufung der Staatsanwaltschaft nicht rechtskräftig gewesen ist,

6. im Verfahren ***** U *****

a) am 16. Juli 2015 ohne Vorliegen der Voraussetzungen ein Abwesenheitsurteil gefällt hat und

b) die Rechtskraft des Urteils bereits einen Tag vor der ersten Zustellverfügung bestätigt hat,

7. im Verfahren ***** U ***** eine einjournalisierte ZMR-Anfrage, somit einen Bestandteil aus dem Gerichtsakt, nach Beendigung der Hauptverhandlung am 2. Februar 2016 durch den Schriftführer in einen Papierkorb entsorgen lassen hat,

8. im Verfahren ***** C *****,

a) obgleich ihm mit Beschluss vom 1. April 2016 vom Landesgericht ***** die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme von der Unterbrechung bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens ***** MSch ***** des Bezirksgerichtes ***** aufgetragen worden war, keine entsprechenden Verfahrensschritte gesetzt hat, sondern den Akt vielmehr mit Blick auf die (ausstehende) Rechtskraft im letztgenannten Verfahren mit 5. Juni 2016 kalendiert hat und

b) einem am 29. April 2016 eingebrachten Fristsetzungsantrag weder entsprochen noch diesen dem übergeordneten Gericht vorgelegt hat,

9. im Verfahren ***** U ***** am 12. November 2013 in Abwesenheit des Angeklagten und eines ebenfalls nicht erschienenen Zeugen die Hauptverhandlung durchgeführt und dabei ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 252 Abs 1 StPO unter anderem auch das Protokoll über die Einvernahme des Zeugen im Ermittlungsverfahren verlesen hat,

10. im Verfahren ***** U ***** am 5. Mai 2015 die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten durchgeführt und nach Abweisung des Antrages des Bezirksanwalts auf Einvernahme zweier Zeugen und dessen Hinweis, dass diese Zeugenaussagen nicht verlesen werden dürfen, die im Akt befindlichen Anzeigen verlesen und ein Abwesenheitsurteil verkündet hat, und

11. im Verfahren ***** U ***** am 20. Jänner 2011 das Verfahren gemäß §§ 35, 37 SMG vorläufig eingestellt, am 1. Dezember 2011 fortgesetzt, am 16. Februar 2012 neuerlich eingestellt und am 6. März 2014 neuerlich fortgesetzt hat, wobei entgegen § 86 Abs 1 StPO keiner dieser Beschlüsse eine Begründung und eine Rechtsmittelbelehrung enthalten hat und entgegen § 86 Abs 2 StPO keiner dieser Beschlüsse schriftlich ausgefertigt und dem zur Beschwerde Berechtigten zugestellt wurde.

Er hat hiedurch ein Dienstvergehen nach den §§ 158 Z 1, 101 Abs 1 RStDG begangen. Gemäß den §§ 101 Abs 1, 159 lit b) RStDG wird hiefür über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von zwei (Brutto-)Monatsbezügen verhängt. Weiters hat er gemäß den §§ 160 Abs 2, 137 Abs 2 2. Satz RStDG die mit EUR 500,00 bestimmten Kosten des Verfahrens zu ersetzen.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Aufgrund der Anzeige des Präsidenten des Oberlandesgerichtes ***** vom 5. Jänner 2015 samt Beilagen (ON 1), des Protokolles über die Vernehmung des Beschuldigten vom 24. Februar 2015 (ON 7), der Anzeige des ***** vom 15. Oktober 2015 (ON 1 in ON 23) und dessen Ergänzung vom 19. Februar 2016 (Beilage ./A in ON 25 in ON 23), der Stellungnahmen des Disziplinarbeschuldigten vom 16. November 2015 (Beilage ./B in ON 9 in ON 23), vom 23. Dezember 2015 (ON 15 in ON 23), vom 5. Februar 2016 (Beilage ./A in ON 22 in ON 23), vom 4. Februar 2016 (ON 24 in ON 23), vom 21. März 2016 (ON 28 in ON 23), vom 20. Juli 2016 (ON 34 in ON 23) und vom 20. März 2018 (ON 65 in ON 23), der Bestätigung ***** (Beilage zu ON 28 im Akt ***** Hv ***** des Landesgerichtes *****), des Protokolles über die Einvernahme des Angeklagten als Beschuldigter am 11. März 2016 (ON 28 im letztzitierten Akt), des Hauptverhandlungsprotokolles vom 24. November 2017 mit den Aussagen der Zeugen *****, *****, ***** und ***** (Seite 13 ff, Seite 26, Seite 28f, und Seite 30f in ON 66 im letztzitierten Akt), der Protokolle über die Einvernahmen des Zeugen ***** (Seite 17 ff in ON 23 im Akt 7 St 49/17v der StA *****) und des Disziplinarbeschuldigten als Beschuldigter vom 10. Februar 2018 und vom 11. März 2016 (S 49 ff in ON 23 sowie ON 26 im letztzitierten Akt), der Urteile des Landesgerichtes ***** vom 24. November 2017 sowie des Oberlandesgerichtes ***** vom 11. Dezember 2018 sowie des Beschlusses des Obersten Gerichtshofes vom 11. September 2018 (ON 67, ON 84 und ON 76 in ***** Hv *****), des Auszuges aus der VJ hinsichtlich der Verfahrensschritte im Verfahren ***** C ***** des Bezirksgerichtes ***** und der Verantwortung des Disziplinarbeschuldigten in der Verhandlung am 20. August 2019 wird folgender Sachverhalt festgestellt:

*****, geboren am 26. Jänner 1952, wurde mit Wirksamkeit vom 1. Juli 1980 zum Richter des Bezirksgerichtes ***** ernannt. Bei diesem war er bis zu seinem Übertritt in den Ruhestand per 1. Februar 2017 tätig. Zuletzt war er über viele Jahre als Leiter der Gerichtsabteilung ***** für Strafsachen (Geschäftsabteilung ***** U) und für Zivilsachen (Geschäftsabteilung ***** C) zuständig. Darüber hinaus war er 1. Stellvertreter der Gerichtsvorsteherin.

Die Dienstbeschreibungen vom 26. März 1986 für das Jahr 1985 und vom 12. März 1991 für das Jahr 1990 dokumentieren einen ausgezeichneten Verwendungserfolg. Aus diesen Dienstbeschreibungen ergibt sich aber auch, dass ***** im Parteienverkehr manchmal übertrieben ironisch sei und deshalb mitunter Probleme mit den Parteienvertretern habe; aufgrund seiner zum Teil überspitzten Formulierungen errege er manchmal Anstoß bei den Parteien.

Aus dem Revisionsbericht des Bezirksgerichtes ***** 1996 ergibt sich, dass der Verwendungserfolg von ***** weit über dem Durchschnitt liege, sein Verhalten gegenüber Parteien und Parteienvertretern höflich und bestimmt, jedoch gelegentlich etwas zynisch sei.

Im Revisionsbericht des Bezirksgerichtes ***** 2007 wird bemängelt, dass er zum Teil die gebotene Sorgfalt und eine straffe Verhandlungsführung nicht einhalte und darüber hinaus im Umfang mit Parteien teils die nötige Einfühlsamkeit und Distanz vermissen lasse.

Im Revisionsbericht des Bezirksgerichtes ***** 2013 wird ***** in Bezug auf seine Zivilabteilung eine rasche, effiziente und rückstandsfreie Arbeitsweise zugeschrieben. Auch in Strafsachen sei er bemüht, sehr effizient und zielstrebig zu arbeiten. Er sei auf die Verhandlungen, die er ruhig und sachlich leite, sehr gut vorbereitet. Die mündlich verkündeten Entscheidungen seien gut begründet. In Bezug auf sein Verhalten gegenüber den Parteien wird keine Kritik geübt.

Abgesehen von den auszugsweise zitierten Dienstbeschreibungen und Revisionsberichten gab es keine Beanstandungen an der Arbeitsweise und am Verhalten von *****. Die Beschreibungen lauten allesamt auf sehr gut bis ausgezeichnet und loben die effiziente und routinierte Arbeitsweise.

Disziplinarrechtlich wurde ***** dreimal auffällig.

Mit Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Disziplinargericht für Richter vom 22. Mai 2007 wurde zu Ds ***** über ***** wegen Verletzung der Amts- und Standespflichten und Begehung einer Ordnungswidrigkeit nach § 101 Abs 1 zweiter Satz RDG [alt] gemäß § 121 Abs 1 iVm § 103 Abs 1 lit a RDG [alt] die Ordnungsstrafe der Ermahnung verhängt, weil er am 16. Mai 2006 im Verfahren ***** U ***** des Bezirksgerichts ***** nach Vernehmung der Beschuldigten und eines Zeugen die Hauptverhandlung beendet hatte, ohne das Beweisverfahren ordnungsgemäß geschlossen zu haben, und damit auch der Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft die Möglichkeit genommen hatte, Schlussanträge zu stellen. Er hatte es auch unterlassen, formell einen Freispruch zu fällen, sondern anstatt dessen den Verhandlungssaal mit den Worten „So, das war‘s“ und zum Protokollführer gewandt „In das Protokoll schreiben Sie das übliche Blabla“ verlassen, wodurch er wissentlich Verfahrensvorschriften missachtet hatte.

Das Disziplinargericht stellte unter anderem aufgrund der eigenen Angaben des Disziplinarbeschuldigten weiters fest, dass es bereits mehrfach zu solcherart beendeten Verfahren gekommen war, da ***** mit dem Bezirksanwalt, mit dem er üblicherweise verhandelte, die Übung entwickelt hatte, das Verfahren „auf gekürzte Weise“ zu beenden, um es dem Bezirksanwalt zu ersparen, noch Schlussanträge stellen zu müssen, von denen klar war, dass ihnen keine Folge gegeben werden könne. Der Beschwerde des Disziplinarbeschuldigten gegen dieses Erkenntnis wurde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 12. November 2007 nicht Folge gegeben.

Am 11. Dezember 2012, rechtskräftig seit 29. Jänner 2013 erkannte das Oberlandesgericht Linz als Disziplinargericht für Richter zu Ds ***** ***** der Verletzung seiner Amts- und Standespflichten und damit eines Vergehens nach § 104 Abs 1 lit a RStDG schuldig und es verhängte über ihn nach der zitierten Gesetzesstelle die Disziplinarstrafe des Verweises.

Dieser Entscheidung lag zugrunde, dass *****

1. Anfang September 2009 im Verfahren ***** U ***** des Bezirksgerichts ***** den Akt nach Erhebung eines Strafantrags durch die Bezirksanwältin unter Verwendung der dafür vorgesehenen Stampiglie zur Einsicht und Antragstellung zurückgesandt hatte, wobei er handschriftlich hinzugefügt hatte, „Wohl nicht ernst gemeint?“;

2. Anfang November 2009 in der Begründung der Ausfertigung des Urteils im Verfahren ***** U ***** des Bezirksgerichts *****, nachdem er bei der in diesem Verfahren verhängten Geldstrafe die Höhe des einzelnen Tagessatzes nach Inkrafttreten des Budgetbegleitgesetzes 2009 den Mindestsatz unterschreitend mit EUR 3,00 bestimmt hatte, ausgeführt hatte, ihm sei dieser Irrtum unterlaufen, weil dem Gericht keine dem derzeitigen Gesetzesstand entsprechende Ausfertigung des Strafgesetzbuches zur Verfügung gestanden sei;

3. am 10. November 2009 in der Hauptverhandlung in dem zu ***** BAZ ***** der Staatsanwaltschaft ***** korrespondierendem Verfahren der als Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft anwesende Rechtspraktikantin, nachdem diese auf die Frage des Disziplinarverdächtigen nach einer Äußerung zu einer allfälligen Delegierung des Verfahrens geantwortet hatte, dazu keine Erklärung abzugeben, gefragt hatte, ob sie heute ihren Sachwalterschaftsbescheid vergessen habe, und

4. am 1. Februar 2011 im Verfahren ***** U ***** des Bezirksgerichtes ***** in dem im Bewilligungsbogen enthaltenen, am 27. Jänner 2011 gefassten Beschluss „Das Verfahren bleibt vorläufig eingestellt“ das Wort „bleibt“ durchgestrichen und durch den Passus „wird neuerlich“ ersetzt hatte.

Mit Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Disziplinargericht für Richter vom 6. Juli 2018 wurde zu ***** Ds ***** ausgesprochen, dass ***** ein Dienstvergehen nach § 101 Abs 1 RStDG begangen hat, wobei gemäß § 101 Abs 3 RStDG von der Verhängung einer Disziplinarstrafe abgesehen wurde. Er hatte die ihn gemäß § 57 Abs 3 RStDG treffende Pflicht, wonach Richter sich in und außer Dienst so zu verhalten haben, dass das Vertrauen in die Rechtspflege und somit das Ansehen ihres Berufsstandes nicht gefährdet wird, dadurch verletzt, dass er am 3. Februar 2015 im Zuge des Verfahrens ***** U ***** des Bezirksgerichtes ***** eine Privatbeteiligte in deren Abwesenheit, jedoch in Anwesenheit des Bezirksanwaltes und eines Rechtspraktikanten als „Kampflesbe“ bezeichnet hatte.

Das monatliche Nettoeinkommen von *****, das er 14mal jährlich bezieht, beläuft sich auf ca. EUR 3.700,00. Er ist Eigentümer einer ca. ***** m² großen Wohnung an der Adresse *****, *****, der eine ***** m²große Terrasse baulich angeschlossen ist. In seinem Eigentum steht zudem ein PKW *****, Baujahr *****, mit einem Wert von ca. EUR 12.000,00. Er hat Ersparnisse und übriges Vermögen von ca. EUR 80.000,00. Er hat keine Schulden, keine Sorgepflichten und keine gerichtlichen Vorstrafen.

Mit Urteil des Landesgerichtes ***** als Schöffengericht vom 24. November 2017 wurde ***** der Verbrechen des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB schuldig erkannt und hiefür nach § 302 Abs 1 StGB in Anwendung der §§ 28 (Abs 1) und 37 (Abs 1) StGB zu einer Geldstrafe von 360 Tagessätzen, im Fall der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 180 Tagen, sowie gemäß § 389 Abs 2 StPO zum Ersatz der sich auf den Schuldspruch beziehenden Kosten des Strafverfahrens verurteilt, wobei die Höhe des einzelnen Tagessatzes gemäß § 19 Abs 2 StGB mit EUR 50,00 bestimmt wurde. Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat ***** in Innsbruck als Richter des Bezirksgerichtes *****, sohin als Beamter (§ 74 Abs 1 Z 4 StGB), seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich missbraucht, und zwar am 5. Mai 2015 im Verfahren ***** U *****, am 16. Juli 2015 im Verfahren ***** U ***** und am 23. April 2015 im Verfahren ***** U ***** mit dem Vorsatz, dadurch den jeweiligen Angeklagten und die Staatsanwaltschaft ***** als Verfahrensbeteiligte sowie die Republik Österreich an ihrem Recht auf ein faires Verfahren nach Art 6 EMRK unter Beteiligung des Angeklagten und auf eine unmittelbare gerichtliche Beweisaufnahme in einer mündlichen Hauptverhandlung (vgl Art 90 Abs 1 B-VG) zu schädigen, indem er ohne die in § 127 StPO vorgesehenen Voraussetzungen in Abwesenheit der Angeklagten verhandelte und Zeugenaussagen unter Verletzung der Bestimmung des § 252 Abs 1 StPO verlas.

Mit Urteil des Oberlandesgerichtes ***** vom 11. Dezember 2018 wurde der Strafausspruch dahin abgeändert, dass in Anwendung des § 43a Abs 1 StGB ein Drittel der Geldstrafe, also 120 Tagessätze, unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen und die Höhe des Tagessatzes auf EUR 80,00 angehoben wurde.

Im Verfahren ***** U ***** wurde dem Beschuldigten ***** vorgeworfen, er habe am 26. September 2013 im ÖBB-Zug (von Innsbruck nach Osttirol fahrend) in einem Zugabteil vor ***** onaniert und auch seinen Penis entblößt. In der Hauptverhandlung vom 7. Oktober 2014 versuchte der Disziplinarbeschuldigte als verhandlungsführender Richter den als Zeugen vorgeladenen Freund des wegen Krankheit nicht erschienen Opfers dazu zu überreden, das Opfer dazu zu bewegen, „für ein Eis oder für ein Glas Glühwein“ die von dieser erteilte Ermächtigung zur Strafverfolgung im Sinne des § 92 StPO zurückzuziehen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass dieses Vorgehen des Angeklagten von der Intention getragen war, im Hinblick auf seine Einschätzung, es werde aufgrund der Beweislage, insbesondere aufgrund des Umstandes, dass das Opfer erst sehr spät Anzeige erstattet hatte, voraussichtlich mit einem Freispruch vorzugehen sei, auf eine für das Opfer gesichtswahrende Exit-Strategie abzielte. Für die in der Hauptverhandlung Anwesenden und das Opfer war diese Äußerung jedoch geeignet, als unpassend und letztlich als Verhöhnung des Opfers empfunden zu werden. Der Disziplinarbeschuldigte haßt Verfahren nach § 218 StGB.

Dem Verfahren ***** C ***** lag eine am 13. November 2013 eingebrachte Besitzstörungsklage zugrunde. Nachdem der Disziplinarbeschuldigte am 12. Dezember 2013 eine einstweilige Verfügung bewilligt hatte, wurde die erste Verhandlung am 6. März 2014 durchgeführt. Die nächste Verhandlung, ein Ortsaugenschein, fand am 27. August 2014 statt. Drei- bis viermonatige Ausschreibungsfristen waren beim Disziplinarbeschuldigten damals normal. Im Juni hat der Disziplinarbeschuldigte üblicherweise seinen Haupturlaub genommen. Da im Protokoll über den Ortsaugenschein die Angaben des Zeugen ***** nicht aufschienen, wurde ein Berichtigungsantrag gestellt. Über diesen entschied der Disziplinarbeschuldigte nicht. Dies zum einen, weil die Angaben dieses Zeugen, welche vor Ort auf einem Diktiergerät aufgenommen worden waren, auf der Aufnahme nicht enthalten und daher nicht wiederherstellbar waren, und zum anderen, weil der Disziplinarbeschuldigte plante, den Zeugen bei einer nachfolgenden Verhandlung zu vernehmen. Zu ***** Cg ***** des Landesgerichtes ***** behing ein Verfahren zwischen dem Beklagten des erwähnten Besitzstörungsverfahrens als dortigem Kläger und der Rechtsnachfolgerin der Klägerin des Besitzstörungsverfahrens als Beklagte. Gemessen am Streitgegenstand war das landesgerichtliche Verfahren für das Besitzstörungsverfahren nicht präjudiziell. Der Disziplinarbeschuldigte unterbrach am 5. Jänner 2016 das Besitzstörungsverfahren bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens ***** Cg***** des Landesgerichtes *****. Dies tat er, weil er damit rechnete, dass - wie es in der Folge auch tatsächlich geschah - es bei der für Ende Jänner 2016 im Verfahren ***** Cg ***** anberaumten Verhandlung zu einem Vergleich kommen werde, welcher auch den Gegenstand des Besitzstörungsverfahrens umfasst. Darüber hinaus kann nicht ausgeschlossen werden, dass dem Disziplinarbeschuldigten vom Landesgerichtspräsidium empfohlen worden war, mit Unterbrechung vorzugehen.

Im Verfahren ***** U ***** des Bezirksgerichtes ***** fand am 9. April 2015 die Hauptverhandlung statt. Der Angeklagte war ebenso wie ein zu vernehmender Zeuge nicht der deutschen Sprache mächtig. Vielmehr war die Kommunikation in englischer Sprache zu führen. Der Disziplinarbeschuldigte wies als verhandlungsführender Richter den auf die Beiziehung eines Dolmetscher für die englische Sprache abzielenden Antrag des Anklagevertreters ab und führte selbst Simultanübersetzungen in die deutsche Sprache durch.

Im Verfahren ***** U ***** fand am 27. Oktober 2015 die Hauptverhandlung statt. Auch in diesem Verfahren war der Angeklagte der englischen, nicht aber der deutschen Sprache mächtig. Der Disziplinarbeschuldigte wies einen eingangs der Hauptverhandlung vom Anklagevertreter gestellten Antrag auf Beiziehung eines Dolmetschers für die englische Sprache ab. Er führte die Übersetzungen selbst durch.

Der Disziplinarbeschuldigte hat seit 1980 immer selbst als Englisch-Dolmetscher fungiert, wenn es die mangelnden Sprachkenntnisse der Parteien erfordert hatten. Überdies fungierte er gleichsam als „Hausdolmetscher“. Die schon viele Jahre zuvor erfolgte Änderung der Gesetzeslage, wonach ein entsprechender Dolmetscher auch dann beizuziehen ist, wenn der verhandlungsführende Richter über entsprechende Sprachkenntnisse verfügt, waren ihm entgangen. Auf die gesetzliche Grundlage seines Antrages hatte der Bezirksanwalt jeweils nicht verwiesen.

Der Disziplinarbeschuldigte führte das Verfahren ***** U ***** des Bezirksgerichtes *****. In der Hauptverhandlung am 12. November 2013, zu der sich weder der Angeklagte noch der Zeuge ***** eingefunden hatten, wurde „die Anzeige ON 2“ - und damit auch das darin enthaltene Protokoll über die Vernehmung des genannten Zeugen im Ermittlungsverfahren - ohne Bezugnahme auf eine bestimmte Gesetzesstelle verlesen und schließlich der Angeklagte schuldig erkannt. Mit Urteil vom 17. Juni 2014 stellte der Oberste Gerichtshof fest, dass die Verlesung des erwähnten Protokolls § 252 Abs 1 StPO iVm § 458 zweiter Satz StPO verletzt. Gleichzeitig hob er das erwähnte Urteil vom 12. November 2013 sowie einen gleichzeitig mit diesem gemäß § 494a Abs 1 Z 2, Abs 4 und Abs 6 StPO gefassten Beschluss auf.

Am 5. Mai 2015 fand im Verfahren ***** U *****, am 16. Juli 2015 im Verfahren ***** U ***** und am 23. April 2015 im Verfahren ***** U ***** je des Bezirksgerichtes ***** die Hauptverhandlung statt. Auch in diesen Verfahren verhandelte der Disziplinarbeschuldigte ohne Vorliegen der in § 427 StPO vorgesehenen Voraussetzungen in Abwesenheit des Angeklagten und er verlas Zeugenaussagen unter Verletzung der Bestimmung des § 252 Abs 1 StPO, wobei er im Verfahren ***** U ***** nach Abweisung des Antrages des Bezirksanwaltes auf Einvernehmung zweier Zeugen von diesem den Hinweis erhalten hatte, dass diese Zeugenaussagen nicht verlesen werden dürfen.

Im erwähnten Verfahren ***** U ***** wurde die Anmeldung eines Rechtsmittels sowohl vom Disziplinarbeschuldigten als auch von der Kanzlei übersehen, dementsprechend irrig eine Endverfügung erlassen und in der Folge die Strafvollzugsanordnung abgefertigt.

Im erwähnten Verfahren ***** U ***** erfolgte die Zustellung des Abwesenheitsurteils mit internationalem Rückschein nach Rumänien. Das Poststück wurde nicht behoben und kam mit vielen Stempeln versehen zurück. Das Datum der Rechtskraft wurde irrtümlich statt mit 10. Oktober 2015 mit 10. August 2015 und damit bereits einen Tag vor der ersten Zustellverfügung festgestellt.

Im Zusammenhang mit der Aktenführung ging es dem Disziplinarbeschuldigten immer darum, den Akt möglichst dünn zu halten. Dementsprechend hatte er der Kanzlei die Anweisungen gegeben, ZMR-Anfragen gar nicht einzujournalisieren. Sein Plan war immer, den entscheidenden Inhalt einer solchen Anfrage im Protokoll festzuhalten, sodass man danach die Auskunft wegwerfen kann.

Im Verfahren ***** U ***** veranlasste der Disziplinarbeschuldigte, dass der Schriftführer die einjournalisierte ZMR-Anfrage in den Papierkorb entsorgte.

Im Verfahren ***** C ***** des Bezirksgerichtes ***** fasste der Disziplinarbeschuldigte am 29. Oktober 2015 den Beschluss auf Unterbrechung des Verfahrens bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens ***** MSch *****. Mit Beschluss des LG ***** vom 1. April 2016 wurde dieser Beschluss aufgehoben und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme vom herangezogenen Unterbrechungsgrund aufgetragen. Der Disziplinarbeschuldigte setzte in der Folge keine entsprechenden Verfahrensschritte, sondern kalendierte den Akt mit Blick auf die (ausstehende) Rechtskraft im erwähnten MSch-Verfahren mit 5. Juni 2016. Weiters entsprach er weder einem am 29. April 2016 eingebrachten Fristsetzungsantrag noch legte er diesen dem übergeordneten Gericht vor. Der Disziplinarbeschuldigte setzte die Anordnung des Landesgerichtes ***** nicht um, weil er vermeiden wollte, dass die in seinem Verfahren zu treffende Entscheidung nicht in Einklang zu jener im MSch-Verfahren steht. Möglich ist, dass der Disziplinarbeschuldigte die Einbringung des Fristsetzungsantrages übersehen hat. Es kann auch sein, dass er ihn zwar wahrgenommen hat, er sich aber der Tragweite eines solchen nicht bewusst gewesen ist.

Im Verfahren ***** U ***** des Bezirksgerichtes ***** brachte die Staatsanwaltschaft ***** - nach Fortsetzung des zunächst iSd § 35 Abs 1 SMG diversionell erledigten Strafverfahrens gemäß § 38 Abs 1 Z 3 SMG - am 1. Oktober 2010 Strafantrag gegen ***** wegen eines als Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG beurteilten Verhaltens ein. Mit Beschluss vom 20. Jänner 2011 stellte der Disziplinarbeschuldigte nach Anhörung der Staatsanwaltschaft das Verfahren gemäß §§ 35, 37 SMG unter Bestimmung einer Probezeit von zwei Jahren „bei amtsärztlichen Kontrollen alle sechs Monate“ vorläufig ein. Dieser Beschluss enthält weder eine Begründung noch eine Rechtsmittelbelehrung. Der Disziplinarbeschuldigte unterließ es zudem auch, den Beschluss schriftlich auszufertigen und die Zustellung einer Ausfertigung an die Staatsanwaltschaft anzuordnen. Der Angeklagte wurde über den Inhalt des Beschlusses lediglich mit einer formlosen „Mitteilung des Gerichts“ verständigt. Am 1. Dezember 2011 fasste der Disziplinarbeschuldigte den Beschluss „auf Fortsetzung des Verfahrens“; auch dieser - weder begründete noch mit einer Rechtsmittelbelehrung versehene - Beschluss wurde nicht ausgefertigt und weder an den Angeklagten noch an die Staatsanwaltschaft zugestellt. In der Hauptverhandlung am 16. Februar 2012 fasste der Disziplinarbeschuldigte den Beschluss „auf neuerliche Einstellung des Verfahrens unter Bestimmung einer Probezeit von zwei Jahren, verbunden mit der Weisung „amtsärztlicher Kontrollen alle 12 Monate“. Auch dieser - in der Hauptverhandlung verkündete - Beschluss erfolgte ohne Angabe einer Gesetzesstelle und enthielt weder eine Begründung noch eine Rechtsmittelbelehrung; ebenso unterblieb eine entsprechende Ausfertigung und demgemäß auch eine Zustellung an die (zur Beschwerde berechtigte) Staatsanwaltschaft. Am 6. März 2014 fasste der Disziplinarbeschuldigte (erneut) einen „Beschluss auf Fortsetzung“, welcher jedoch weder eine allenfalls bezughabende Gesetzesstelle nennt noch eine Begründung oder eine Rechtsmittelbelehrung enthält; auch wurde der Beschluss nicht ausgefertigt und unterblieb demgemäß auch seine Zustellung an den Angeklagten und die Staatsanwaltschaft.

Zur Frage, ob der Disziplinarbeschuldigte in dem Verfahren ***** U ***** die ihm angelastete Äußerung abgegeben hat, liegen übereinstimmende Verfahrensergebnisse vor. Die festgestellte Wirkung dieser Äußerung ergibt sich daraus, dass das Opfer *****, welches bereits vor Anklageerhebung die Ermächtigung zur Strafverfolgung erteilt hatte, in der Hauptverhandlung vom 1. April 2014 klargestellt hatte, dies im Hinblick auf die leugnende Verantwortung des Angeklagten aufrecht erhalten zu wollen. Gut nachvollziehbar schilderte *****, der Lebensgefährte von *****, die Wirkung der Äußerung des Disziplinarbeschuldigten („surreal“, „unpassend“; S 28f in ON 66 in 24 Hv 54/17f des Landesgerichtes *****). Die nicht auszuschließende Intention seiner Äußerung ergibt sich aus der diesbezüglichen Verantwortung des Disziplinarbeschuldigten, seine Einstellung zu Verfahren nach § 218 StGB aus seiner diesbezüglichen Erklärung gegenüber der Vorsteherin des Bezirksgerichtes Innsbruck.

Zu allen weiteren Feststellungen liegen übereinstimmende Verfahrensergebnisse vor, welche sich insbesondere auch mit den diesbezüglichen Angaben des Disziplinarbeschuldigten decken.

Rechtliche Beurteilung

Rechtlich ergibt sich hinsichtlich der vom Disziplinarbeschuldigten im Verfahren ***** U ***** abgegebenen Äußerung mit Blick auf seine Grundeinstellung gegenüber Verfahren nach § 218 StGB auch unter Berücksichtigung seiner Intention der Vorwurf, zum einen das Verfahren nicht unparteiisch geführt zu haben und zum anderen ein Verhalten gesetzt zu haben, durch welches das Vertrauen in die Rechtspflege gefährdet wird.

Die erst rund neun Monate nach Einbringung der Besitzstörungsklage im Verfahren ***** C ***** und erst fünf Monate und drei Wochen nach der ersten Verhandlung erfolgte Durchführung eines Ortsaugenscheins bedeutet auch unter Berücksichtigung der Verantwortung des Disziplinarbeschuldigten, drei- bis viermonatige Ausschreibungsfristen seien damals bei ihm normal gewesen, üblicherweise habe er im Juni seinen Haupturlaub genommen, einen Verstoß gegen die Verpflichtung, die Amtsgeschäfte so rasch wie möglich zu erledigen; weiters wurde damit das Vertrauen in die Rechtspflege gefährdet. Gleiches gilt für das Unterbleiben einer Entscheidung über den Protokollberichtigungsantrag. Der Plan des Disziplinarbeschuldigten, angesichts der mangelnden Wiederherstellbarkeit des Protokolls über die Zeugeneinvernahme den Zeugen in einer nachfolgenden Verhandlung zu vernehmen, vermag in Anbetracht der vielen Monate, über welche der Antrag unerledigt geblieben ist, an dieser Wertung nichts zu ändern.

Mit Blick auf die mangelnde Präjudizialität des Ausganges des Verfahrens ***** Cg ***** des Landesgerichtes ***** für das zuletzt erwähnte bezirksgerichtliche Verfahren ist in der dennoch durch den Disziplinarbeschuldigten erfolgten Unterbrechung ein Verhalten zu sehen, durch welches das Vertrauen in die Rechtspflege gefährdet wird; gleichzeitig stellt sie einen Verstoß gegen die Verpflichtung, die Rechtsordnung unverbrüchlich zu beachten, dar.

Durch das Unterbleiben der Beiziehung eines Dolmetschers für die englische Sprache in den Verfahren ***** U ***** und ***** U ***** ist angesichts der eindeutigen, keinen Spielraum offen lassenden Gesetzeslage (§ 126 Abs 1 letzter Satz StPO) zum einen ein Verhalten zu sehen, durch welches das Vertrauen in die Rechtspflege gefährdet wird. Der Verantwortung des Disziplinarbeschuldigten, die aktuelle Gesetzeslage nicht gekannt zu haben, folgend kommt in seinem Verhalten auch ein Verstoß gegen die Fortbildungsverpflichtung zum Ausdruck.

Mit der in vier Fällen erfolgten Fällung eines Abwesenheitsurteiles ohne Vorliegen der Voraussetzungen ist ein Verhalten zu erblicken, durch welches das Vertrauen in die Rechtspflege gefährdet wird. Der erste dieser Fälle (***** U *****) zeigt gleichzeitig, dass sich der Disziplinarbeschuldigte nicht ausreichend fortgebildet hat. In den drei weiteren Fällen (***** U *****, ***** U ***** und ***** U *****) trifft den Disziplinarbeschuldigten der Vorwurf, die Rechtsordnung nicht beachtet zu haben.

Jedenfalls mit Blick darauf, dass beim Disziplinarbeschuldigten schon im Revisionsbericht des Jahres 2007 bemängelt worden war, dass er zum Teil die gebotene Sorgfalt nicht einhalte, sind die verfrühte Aufforderung zum Strafantritt und die ebensolche Bestätigung der Rechtskraft des Urteils in den Verfahren ***** U ***** und ***** U ***** ebenso als Mangel an Gewissenhaftigkeit bei der Erfüllung der Pflichten des Amtes zu werten. Gleiches gilt für die Veranlassung der Entsorgung einer im Verfahren ***** U ***** einjournalisierten ZMR-Anfrage.

Indem der Disziplinarbeschuldigte den im Verfahren ***** C ***** vom Landesgericht ***** erteilten Auftrag nicht erfüllte, hat er neuerlich ein Verhalten gesetzt, durch welches zum einen das Vertrauen in die Rechtspflege gefährdet wurde und das zum anderen einen Verstoß gegen die Verpflichtung zur unverbrüchlichen Beachtung der Rechtsordnung darstellt. Mit Blick darauf, dass diese Anordnung keinen Spielraum offen ließ, vermag an diesem Ergebnis die Intention des Disziplinarbeschuldigten, eine Diskrepanz der in seinem Verfahren zu treffenden zur Entscheidung zu jener im MSch-Verfahren zu vermeiden, nichts zu ändern.

Da der Umstand, dass der Disziplinarbeschuldigte im letztgenannten Verfahren dem eingebrachten Fristsetzungsantrag weder entsprochen hat noch diesen dem übergeordneten Gericht vorgelegt hat, entweder darauf zurückzuführen ist, dass er die Einbringung des Fristsetzungsantrages übersehen hat, oder darauf, dass er ihn zwar wahrgenommen hat, er sich aber der Tragweite eines solchen nicht bewusst gewesen ist, ist in diesem Verhalten zum einen eines zu erblicken, durch welches das Vertrauen in die Rechtspflege gefährdet wird, und zum anderen liegt darin ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur gewissenhaften Amtserfüllung.

In den gesetzeswidrigen Vorgehensweisen im Verfahren ***** U ***** hinwieder ist ebenso ein Verhalten zu erblicken, durch welches das Vertrauen in die Rechtspflege gefährdet werden kann. Darüber hinaus zeigt es einen Wissensmangel auf.

Die dargestellten wiederholten und mehrschichtigen Verstöße gegen die in § 57 Abs 1 normierten Pflichten des Richters zur ordnungsgemäßen Dienstleistung stellen ein Dienstvergehen nach § 101 Abs 1 RStDG dar.

Bei der Strafzumessung war das nahezu umfassende Geständnis und die - ohne allerdings einen Verstoß gegen Art 6 Abs 1 MRK zu bewirken - auf die gesetzlich vorgesehene Unterbrechung des Disziplinarverfahrens während der Anhängigkeit eines Strafverfahrens zurückzuführende unverhältnismäßig lange Verfahrensdauer mildernd.

Erschwerend wog zum einen die Faktenhäufung - deren Berücksichtigung stellt keinen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot dar, übersteigt doch die Wiederholung der Pflichtverletzungen das für eine Qualifikation von Dienstvergehen erforderliche Maß deutlich (RIS-Justiz RS0072703 [T1]) - über einen längeren Zeitraum und zum anderen der erwähnte Verweis.

Mit Blick auf die vorliegenden Erschwerungsgründe, wobei darüber hinaus auch die erwähnte Ermahnung nicht gänzlich außer Acht gelassen werden kann, kann mit der niedrigstschwelligsten Disziplinarstrafe, einem Verweis, nicht mehr das Auslangen gefunden werden, sondern ist eine Geldstrafe zu verhängen. Die für die Wahl dieser Disziplinarstrafenart genannten Gründe stehen auch einer Ausmittlung mit dem niedrigsten Ausmaß, einem einzigen Monatsbezug, entgegen. Bei der Auslotung des Gewichts des Vorwurfes, im Verfahren ***** C ***** zu Unrecht einen Unterbrechungsbeschluss gefasst zu haben, ist zum einen zu berücksichtigen, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dem Disziplinarbeschuldigten sei vom Landesgerichtspräsidium ein solches Vorgehen empfohlen worden, und zum anderen, dass es wenige Wochen nach der Unterbrechung entsprechend der Erwartung des Disziplinarbeschuldigten zu einer Beendigung des Cg-Verfahrens durch einen Vergleich gekommen ist, welcher auch das bezirksgerichtliche Verfahren umfasst hat. In spezialpräventiver Hinsicht hinwieder ist zu bedenken, dass ein Teil der Vorwürfe die dargestellten strafrechtlichen Konsequenzen hatte und der Disziplinarbeschuldigte sich bereits im Ruhestand befindet. Alles in allem ist die Geldstrafe mit zwei (Brutto-)Monatsbezügen festzulegen.

Die Entscheidung über die Kosten des Disziplinarverfahrens gründet auf § 137 Abs 2 RStDG und berücksichtigt die Einkommensverhältnisse des Disziplinarbeschuldigten und den Verfahrensumfang.

Rechtssätze
0

Keine verknüpften Rechtssätze zu diesem Paragrafen