JudikaturVwGhRa 2024/19/0136

Ra 2024/19/0136 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
11. April 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Funk Leisch und den Hofrat Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Salama, über die Revision des N N H (auch H G N oder N N H), vertreten durch Dr. Max Kapferer, Mag. Thomas Lechner und Dr. Martin Dellasega, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2/2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. November 2023, I407 2263890 1/12E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Ägyptens, stellte am 17. August 2021 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er im Wesentlichen damit begründete, als Christ von der Gesellschaft unterdrückt und von der ägyptischen Regierung diskriminiert zu werden.

2 Mit Bescheid vom 27. Oktober 2022 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Ägypten zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

4 Mit Beschluss vom 25. Jänner 2024, E 4054/2023 5, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis gerichteten Beschwerde des Revisionswerbers ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zu Entscheidung ab.

5 Daraufhin erhob der Revisionswerber die vorliegende außerordentliche Revision.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit vor, das BVwG habe eine grob mangelhafte Beweiswürdigung durchgeführt sowie seine amtswegige Ermittlungspflicht verletzt und sei dadurch von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. Das BVwG habe die Gesetzeslage zu § 19 Abs. 1 AsylG 2005 verkannt und, sich mit dem Inhalt der vorgelegten Urkunden nicht auseinandergesetzt und nicht überprüft, ob diese echt oder unecht seien.

10 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 14.12.2023, Ra 2023/19/0453, mwN).

11 Das BVwG erachtete das Fluchtvorbringen des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in welcher der Revisionswerber zu seinen Fluchtgründen befragt wurde als nicht glaubhaft und stützte sich in seiner Beweiswürdigung tragend auf die teils widersprüchlichen und wenig nachvollziehbaren Angaben des Revisionswerbers.

12 Der Revision gelingt es mit ihren allgemein gehaltenen Ausführungen nicht aufzuzeigen, dass das BVwG eine die Rechtssicherheit beeinträchtigende, unvertretbare Beweiswürdigung vorgenommen oder die Erforderlichkeit weiterer amtswegiger Erhebungen in grob fehlerhafter Weise beurteilt hätte:

13 Richtig ist zwar, dass der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung wiederholt Bedenken gegen die unreflektierte Verwertung von Beweisergebnissen der Erstbefragung erhoben hat, weil sich diese Einvernahme nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat. Gleichwohl hat der Verwaltungsgerichtshof aber betont, dass es nicht generell unzulässig ist, sich auf eine Steigerung des Fluchtvorbringens zwischen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der weiteren Einvernahme eines Asylwerbers zu stützen (vgl. etwa VwGH 25.6.2019, Ra 2018/19/0546, mwN). Im vorliegenden Fall stützte sich das BVwG in seiner Beweiswürdigung aber nicht bloß auf Widersprüche zwischen der Erstbefragung und der Einvernahme des Revisionswerbers, sondern darüber hinaus auf zusätzliche, für sich tragende Erwägungen, denen die Revision nicht entgegentritt. Die Beweiswürdigung begegnet damit auch aus diesem Blickwinkel keinen Bedenken im Sinne der dargestellten Rechtsprechung (vgl. VwGH 21.11.2019, Ra 2019/14/0429, mwN).

14 Vor diesem Hintergrund gelingt es der Revision auch nicht, die Relevanz der vorgebrachten Ermittlungsmängel konkret darzulegen (vgl. zum Erfordernis der Relevanzdarlegung bei Geltendmachung von Verfahrensmängeln etwa VwGH 14.12.2023, Ra 2023/19/0144, mwN).

15 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 11. April 2024

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