JudikaturVwGhRa 2024/11/0038

Ra 2024/11/0038 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
04. April 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick und die Hofrätin Mag. Hainz Sator sowie den Hofrat Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Janitsch, über die Revision des L K in W, vertreten durch die Battlogg Rechtsanwalts GmbH in 6780 Schruns, Gerichtsweg 2, gegen das Erkenntnis und den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 25. Jänner 2024, Zl. LVwG 411 92/2023 R7, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Feldkirch), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit Bescheid vom 17. August 2023 forderte die belangte Behörde den Revisionswerber gemäß § 4 Abs. 5 iVm. § 24 Abs. 4 FSG auf, sich zum Nachweis der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen näher genannter Klassen binnen sechs Wochen ab Rechtskraft dieses Bescheides amtsärztlich untersuchen zu lassen und eine verkehrspsychologische Stellungnahme vorzulegen.

2 Begründend führte die belangte Behörde aus, der Revisionswerber habe am 18. Juni 2023 innerhalb der dritten Verlängerung der Probezeit neuerlich einen schweren Verstoß iSd. § 4 Abs. 6 FSG begangen.

3 Im vorgelegten Akt der belangten Behörde erliegt ein Zustellnachweis, nach welchem dieser Bescheid am 21. August 2023 von einer namentlich genannten Person, die den Zustellnachweis auch unterfertigt hat, als „Mitbewohner/in“ übernommen wurde.

4 Mit Bescheid vom 22. November 2023 entzog die belangte Behörde dem Revisionswerber gemäß § 24 Abs. 4 FSG die Lenkberechtigung, bis er sich amtsärztlich untersuchen lasse und die verkehrspsychologische Stellungnahme beigebracht habe. Weiters verpflichtete sie den Revisionswerber, den Führerschein abzugeben. Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid schloss die belangte Behörde aus.

5 Begründend führte die belangte Behörde aus, der Aufforderungsbescheid vom 17. August 2023 sei dem Revisionswerber am 21. August 2023 zugestellt worden und am 18. September 2023 in Rechtskraft erwachsen. Der Revisionswerber habe diesem Bescheid bislang nicht Folge geleistet.

6 Mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2023 erhob der Revisionswerber „gegen den Bescheid vom 22.11.2023 ... sowie gegen den Bescheid vom 17.08.2023 ... nach Zustellung am 05.12.2023“ Beschwerde. Zum Beschwerdeumfang führte der Revisionswerber aus, es würden beide Bescheide in ihrem gesamten Umfang angefochten. Begründend brachte er vor, er habe den gegenständlichen Verstoß am 18. Juni 2023 aus näher genannten Gründen nicht begangen. Der Revisionswerber beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie, „den angefochtenen Bescheid aufzuheben“.

7 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg der Beschwerde keine Folge und bestätigte den Bescheid vom 22. November 2023 (betreffend die Formalentziehung). Unter einem wies das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Beschwerde gegen den Bescheid vom 17. August 2023 (betreffend die Aufforderung) als unzulässig zurück. Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass die Revision gegen dieses Erkenntnis und gegen diesen Beschluss gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

8 Das Verwaltungsgericht stellte fest, der Aufforderungsbescheid vom 17. August 2023 sei am 21. August 2023 zugestellt worden, was sich beweiswürdigend aus der Aktenlage ergebe und „unstrittig“ sei. Er sei daher mit Ablauf des 18. September 2023 in Rechtskraft erwachsen. Innerhalb der sechswöchigen Frist ab Rechtskraft, welche am 31. Oktober 2023 geendet habe, habe sich der Revisionswerber weder amtsärztlich untersuchen lassen noch eine verkehrspsychologische Stellungnahme vorgelegt.

9 Sei wie hier der Aufforderungsbescheid in Rechtskraft erwachsen und der Aufforderung nicht fristgerecht nachgekommen, könne die Rechtmäßigkeit der Aufforderung im Entziehungsverfahren gemäß § 24 Abs. 4 letzter Satz FSG nicht mehr überprüft werden (Hinweis auf VwGH 15.5.2007, 2006/11/0272).

10 Der Revisionswerber habe jedoch erkennbar auch gegen den rechtskräftigen Aufforderungsbescheid vom 17. August 2023 Beschwerde erhoben, dessen Rechtmäßigkeit im gegenständlichen Verfahren jedoch nicht mehr zu überprüfen gewesen sei. Daher sei auch die vom Revisionswerber beantragte Beischaffung des Verwaltungsaktes und Vernehmung eines Zeugen zum Vorfall vom 18. Juni 2023, welcher dem Aufforderungsbescheid zu Grunde liege, nicht erforderlich.

11 Die beantragte mündliche Verhandlung habe gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen können, weil gegenständlich nur eine Rechtsfrage zu klären gewesen sei und sich der dazu notwendige Sachverhalt aus der Aktenlage ergebe.

12 Gegen dieses Erkenntnis und erkennbar auch gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

13 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B VG).

14 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

15 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

16 In der demnach für die Zulässigkeit der Revision allein maßgeglichen Zulässigkeitsbegründung wird vorgebracht, das Verwaltungsgericht habe sich mit der Frage, wann und wem der Aufforderungsbescheid vom 17. August 2023 zugestellt worden sei, nicht auseinandergesetzt, wobei ihm eine unvertretbare Beweiswürdigung unterlaufen sei. Der Zustellnachweis trage nicht die Unterschrift des Revisionswerbers. In der Beschwerde sei vorgebracht worden, dass dieser Bescheid dem Revisionswerber erst am 5. Dezember 2023 zugestellt worden sei, sodass die Beschwerde vom 15. Dezember 2023 rechtzeitig gewesen sei. Dies wäre bei Durchführung einer mündlichen Verhandlung hervorgekommen. In einer solchen Verhandlung wäre bei Einvernahme des beantragten Zeugen und der beantragten „Akteneinsicht“ auch festgestellt worden, dass der Revisionswerber die angelastete Verwaltungsübertretung am 18. Juni 2023 nicht begangen habe. Zu dieser Feststellung wäre das Verwaltungsgericht auch gelangt, wenn es die Beschwerde der belangten Behörde übermittelt hätte.

17 Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht dargelegt:

18 Für die Erlassung eines Bescheides nach § 24 Abs. 4 letzter Satz FSG ist es erforderlich, dass der Besitzer einer Lenkberechtigung einer an ihn rechtskräftig ergangenen Aufforderung bis zur Erlassung des Entziehungsbescheides keine Folge geleistet hat. Die Entziehung der Lenkberechtigung nach der genannten Gesetzesstelle setzt die Rechtskraft des Aufforderungsbescheides voraus, dessen Rechtmäßigkeit im Entziehungsverfahren nicht mehr überprüft werden kann (vgl. VwGH 15.5.2007, 2006/11/0272, mwN; vgl. auch VwGH 3.11.2015, Ra 2015/11/0061; 12.11.2018, Ra 2018/11/0165).

19 Die Revision behauptet Verfahrensmängel, bei deren Unterbleiben das Verwaltungsgericht zum Ergebnis gekommen wäre, dass der Aufforderungsbescheid vom 17. August 2023 dem Revisionswerber nicht, wie vom Verwaltungsgericht angenommen, am 21. August 2023, sondern erst am 5. Dezember 2023 zugestellt worden (und daher bei Erlassung des Entziehungsbescheides vom 22. November 2023 noch nicht rechtskräftig gewesen) sei.

20 Der Revision gelingt es aber nicht, die Relevanz der geltend gemachten Mängel für den Verfahrensausgang darzutun, das heißt, dass diese abstrakt geeignet sein müssen, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen für die revisionswerbende Partei günstigeren Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. etwa VwGH 17.3.2021, Ra 2021/11/0040, mwN). Sie legt nämlich nicht konkret auf den Revisionsfall bezogen dar, aus welchen Gründen das Verwaltungsgericht zu welchen Feststellungen über den Zustellvorgang des Aufforderungsbescheides hätte kommen können, aus denen sich entgegen dem aktenkundigen Zustellnachweis auf dem Aufforderungsbescheid, wonach dieser am 21. August 2023 von einer namentlich genannten „Mitbewohnerin“ des Revisionswerbers übernommen wurde ergeben hätte, dass der Bescheid dem Revisionswerber nicht bereits an diesem Tag im Wege einer Ersatzzustellung, sondern erst am 5. Dezember 2023 wirksam zugestellt wurde.

21 Angesichts dessen kommt es aber für die Zulässigkeit der Revision auf die Frage, ob der Revisionswerber bei dem Vorfall vom 18. Juni 2023 einen schweren Verstoß iSd. § 4 Abs. 6 FSG begangen hat, nicht mehr an.

22 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 4. April 2024

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