JudikaturVwGhRo 2024/01/0002

Ro 2024/01/0002 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
08. April 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer und die Hofräte Dr. Fasching und Dr. Horvath als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Karger, LL.M., über die Revision des K K S in B, vertreten durch Mag. Dr. Robert H. Schertler und Dr. Gerhard Paischer, Rechtsanwälte in 5280 Braunau am Inn, Berggasse 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 17. Oktober 2023, Zl. LVwG 753021/7/ER/CK, betreffend Staatsbürgerschaft (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Oberösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - in der Sache der Antrag des Revisionswerbers, eines irakischen Staatsangehörigen, auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft „mit gleichzeitiger Erstreckung“ auf seine Ehefrau und seine drei minderjährigen Kinder gemäß §§ 10, 10a, 12, 16, 17 und 18 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) abgewiesen und eine Revision für zulässig erklärt.

2 Begründend führte das Verwaltungsgericht - soweit für den gegenständlichen Revisionsfall von Bedeutung - aus, der Revisionswerber habe das Modul 2 der Integrationsvereinbarung nicht erfüllt. Er habe weder einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 12 iVm § 10 Abs. 2 Z 1 Integrationsgesetz (IntG) vorgelegt, noch erfülle er eine der sonstigen Voraussetzungen im Sinne des § 10 Abs. 2 Z 3 bis 8 IntG, aufgrund derer das Modul 2 der Integrationsvereinbarung als erfüllt gelte.

3 Der Revisionswerber verfüge über ein von einem näher genannten „Sprachinstitut“ mit Datum 7. September 2020 ausgestelltes Zertifikat über den erfolgreichen Abschluss der Prüfung „telc Deutsch B2“, wodurch er den weiteren Angaben im Zertifikat zufolge Kenntnisse der deutschen Sprache nachgewiesen habe, die dem Niveau B2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen entsprächen.

4 In der mündlichen Verhandlung sei offenkundig geworden, dass der Revisionswerber „jedenfalls weit von der Erreichung eines Sprachniveaus B2 wie auf dem vorgelegten Zertifikat ausgewiesen entfernt“ sei.

5 Da gemäß § 10a Abs. 1 StbG Voraussetzung jeglicher Verleihung der Staatsbürgerschaft der Nachweis entsprechender Sprachkenntnisse sei und ein Ausnahmetatbestand gemäß § 10a Abs. 2 StbG nicht vorliege, erfülle der Revisionswerber nicht sämtliche erforderlichen Voraussetzungen für die Verleihung der Staatsbürgerschaft.

6 Zur Zulässigkeit einer Revision führte das Verwaltungsgericht aus, dass „hinsichtlich der aktuellen Fassung des StbG keine Judikatur zu der Frage existiert, ob das Verwaltungsgericht abweichend von einem vorgelegten Sprachzertifikat aufgrund in der Verhandlung unmittelbar wahrgenommener, eindeutiger Eindrücke beweiswürdigend zu dem Ergebnis kommen kann, dass jedenfalls keine Sprachkenntnisse auf dem attestierten Niveau vorliegen.“ Es bestehe lediglich - näher angeführte - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (aus dem Jahr 2004) zu § 10a StbG idF BGBl. I Nr. 124/1998.

7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Revision.

8 In dem vom Verwaltungsgericht durchgeführten Vorverfahren erstattete die belangte Behörde eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Zurückweisung, in eventu Abweisung der Revision beantragt.

9 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

12 Eine die Zulässigkeit der Revision begründende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt (nur) dann vor, wenn die Entscheidung über die Revision von der Lösung dieser Rechtsfrage abhängt.

13 Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision im Sinne des Art. 133 Abs. 4 zweite Variante B VG („weil ... eine solche Rechtsprechung fehlt“) ist das Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu einer konkreten Rechtsfrage.

14 Reicht die Begründung der Zulässigkeit der Revision durch das Verwaltungsgericht für deren Zulässigkeit nicht aus oder erachtet der Revisionswerber andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für gegeben, hat der Revisionswerber nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch in einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeitsgründe gesondert darzulegen (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 15.1.2024, Ro 2023/10/0029, mwN).

15 Die gegenständliche Revision enthält unter dem Punkt „Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage“ kein in der Sache über die Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Erkenntnis hinausgehendes (weiteres) Zulässigkeitsvorbringen.

16 Die für die Entscheidung des vorliegenden Revisionsfalls wesentliche Rechtsfrage ist durch die (rezente) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt.

17 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 26. Jänner 2023, Ro 2021/01/0001 bis 0006, zur Frage der Erbringung des Nachweises über ausreichende Deutschkenntnisse im Sinne des § 10a Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 4 Z 2 StbG (nach der seit der Staatsbürgerschaftsrechts Novelle 2005 diesbezüglich maßgeblichen Rechtslage) klargestellt, dass ein Fremder, dessen Muttersprache nicht die deutsche Sprache ist und der keine der Möglichkeiten des § 10 Abs. 2 Z 3 bis 8 IntG erfüllt, den Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse gemäß § 7 Abs. 2 Z 2 IntG nur durch Vorlage eines Nachweises des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 12 IntG (§ 10 Abs. 2 Z 1 IntG) erbringen kann (wobei die Integrationsprüfung nach § 12 Abs. 2 erster Satz leg. cit. zur Erfüllung des Moduls 2 neben Sprach- auch Werteinhalte umfasst). Ob insofern ein Verleihungswerber gemäß § 10a Abs. 4 Z 2 StbG den Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse gemäß § 7 Abs 2 Z 2 IntG erbracht hat, ist eine reine Rechtsfrage (vgl. Rn. 12 und 19 dieses Erkenntnisses, auf dessen nähere Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 iVm Abs. 9 VwGG verwiesen wird).

18 Der Revisionswerber hat nach den unstrittigen Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis keinen Nachweis über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 12 IntG (als Nachweis für die Erfüllung des Moduls 2 der Integrationsvereinbarung) erbracht, weshalb sein Verleihungsansuchen nach Maßgabe des § 10a Abs. 1 iVm Abs. 4 StbG im Ergebnis zu Recht abgewiesen wurde.

19 Im vorliegenden Revisionsfall werden vor dem Hintergrund der erwähnten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

20 Von der Durchführung der in der Revision beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG Abstand genommen werden.

21 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 8. April 2024

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