JudikaturVwGhRa 2023/01/0115

Ra 2023/01/0115 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
04. April 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer und die Hofräte Dr. Fasching, Mag. Brandl, Dr. Terlitza und Dr. Horvath als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Karger, LL.M., über die Revision des R D in I, vertreten durch die Rechtsanwaltskanzlei Dr. Lins Dr. Öztürk KG in 6700 Bludenz, Bahnhofstraße 8, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 14. März 2023, Zl. LVwG 2022/24/3078 5, betreffend Übertretung des Symbole Gesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Imst), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol (LVwG) wurde dem Revisionswerber in der Sache nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Begehung einer Verwaltungsübertretung zur Last gelegt. Er habe was am 20. Dezember 2020 um 15:00 Uhr festgestellt worden sei in einem sozialen Netzwerkesystem, nämlich auf der Plattform „Facebook“, vorsätzlich Symbole, die aufgrund der gemäß § 2 Abs. 2 Symbole Gesetz (Symbole G), BGBl. I Nr. 103/2014 idF BGBl. I Nr. 2/2019, erlassenen Symbole Bezeichnungsverordnung (Symbole BezeichnungsV), BGBl. II Nr. 23/2015 idF BGBl. II Nr. 58/2019, verboten seien, in der Öffentlichkeit unter Zuhilfenahme elektronischer Kommunikationsmittel zur Schau gestellt, wobei es sich um Symbole der gemäß § 1 Symbole G verbotenen Gruppierung der „türkisch nationalsozialistischen Grauen Wölfe“ gehandelt habe. Der Revisionswerber habe dadurch eine Übertretung nach § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Symbole Gesetz, BGBl. I Nr. 103/2014 idF BGBl. I Nr. 2/2019, iVm Anlage 1 (idF der 1. Änderung) Z 20 Symbole BezeichnungsV, BGBl. II Nr. 23/2015 idF BGBl. II Nr. 58/2019, begangen. Deswegen wurde der Revisionswerber gemäß § 3 Abs. 1 Symbole Gesetz mit einer Geldstrafe von € 400,00 sowie einer Ersatzfreiheitsstrafe von vier Tagen belegt und es wurde ihm die Leistung eines Beitrags zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens vorgeschrieben. Die Revision erklärte das LVwG für unzulässig.

2 Das LVwG stellte fest, dass der Revisionswerber ein Lichtbild, auf dem er und seine Tochter das Symbol „Wolfsgruß“ vor einem Hintergrund mit drei Halbmonden (dem Parteisymbol der Milliyetçi Hareket Partisi [Türkisch für „Partei der Nationalistischen Bewegung“, Kurzbezeichnung: MHP]) zeigten, auf seinem Facebook Account bis zum 20. Jänner 2021 gepostet gehalten habe. Er habe dadurch das Symbol „Wolfsgruß“ der „gemäß § 1 des Symbole G verbotenen Gruppierung ‚graue Wölfe‘“ in der Öffentlichkeit unter Zuhilfenahme elektronischer Kommunikationsmittel verbreitet. Der Revisionswerber sei zumindest für die Funktionsperiode 1. Jänner 2021 bis 31. Dezember 2022 als Obmann eines näher genannten Vereins tätig gewesen, der von der „Islamlandkarte“ als nationalistisch eingestuft werde. Das LVwG traf weitere Feststellungen, die ein Naheverhältnis des genannten Vereins zur MHP aufzeigen. Weiters stellte es fest, dass der Revisionswerber mit anderen Personen (in einem Bericht aus dem Jahr 2014) auf drei weiteren Lichtbildern eines näher genannten Mediums abgebildet sei, „wobei auf der Wand eine Flagge mit (wiederum) drei Halbmonden auf rotem Hintergrund hängt.“

3 In der Beweiswürdigung führte das LVwG unter anderem aus, dass es sich bei der genannten „Islamlandkarte“ um ein Forschungsprojekt des Instituts für islam theologische Studien der Universität Wien in Kooperation mit dem Österreichischen Fonds zur Dokumentation von religiös motiviertem politischen Extremismus (Dokumentationsstelle Politischer Islam) handle, welche eine Übersicht über islamische Vereine und Moscheen in Österreich biete. Weiters habe das LVwG die genannten weiteren Lichtbilder, die den Revisionswerber vor einer Flagge mit den Halbmonden zeigten, durch eine Internetrecherche gefunden. Neben weiteren Aspekten würden seine Obmannschaft im in der Islamlandkarte als nationalistisch eingestuften Verein sowie die in der Internetrecherche aufgefundenen weiteren Fotos entgegen der Behauptung des Revisionswerbers dafür sprechen, dass sein Handzeichen auf dem verfahrensgegenständlichen Lichtbild als für die „Grauen Wölfe“ einschlägiges politisches Statement und nicht davon losgelöst verwendet worden sei.

4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Durchführung des Vorverfahrens, in dem das Verwaltungsgericht die Verfahrensakten vorlegte und die belangte Behörde eine Revisionsbeantwortung erstattete in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

5 Die Revision bringt in den Ausführungen zu ihrer Zulässigkeit unter anderem vor, dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu fehle, ob die Verwendungsverbote des Symbole G auch dann eine Strafbarkeit begründeten, wenn ein Bild aufgenommen und auf sozialen Medien veröffentlicht worden sei, bevor das dort abgebildete Symbol überhaupt dem Symbole G unterworfen worden sei. Im Revisionsfall sei das gegenständliche Lichtbild im Jahr 2016 aufgenommen und auf Facebook hochgeladen worden. Erst durch die Novelle BGBl. I Nr. 2/2019 sei das Verbot der Verwendung des Symbols „Wolfsgruß“ in das Symbole G und durch die Novelle BGBl. II Nr. 58/2019 in die Symbole BezeichnungsV aufgenommen worden. Nach Inkrafttreten dieser Bestimmungen am 1. März 2019 sei das Lichtbild zwar wie die übrigen alten Fotos des Revisionswerbers in der „Timeline“ seines Facebook Profils abrufbar gewesen, jedoch nicht mehr aktiv zur Schau gestellt worden. Weiters rügt der Revisionswerber unter anderem die Verletzung von Verfahrensvorschriften dadurch, dass ihm das LVwG kein Parteiengehör zu der Bewertung seines Vereins in der „Islamlandkarte“ als nationalistisch sowie den durch das Gericht selbst aufgefundenen weiteren Lichtbildern gewährt habe. Das LVwG habe diese Ermittlungsergebnisse herangezogen, um dem Vorbringen des Revisionswerbers die Glaubwürdigkeit abzusprechen, ohne dass dieser dazu habe Stellung nehmen und darlegen können, dass es diesen an Beweiskraft fehlt.

6 Die Revision ist aus den vorgebrachten Gründen zulässig. Sie ist auch begründet.

7 Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes, mit dem die Verwendung von Symbolen der Gruppierung Islamischer Staat und anderer Gruppierungen verboten wird (Symbole Gesetz), BGBl. I Nr. 103/2014 in der mit 1. März 2019 in Kraft getretenen Fassung BGBl. I Nr. 2/2019, lauten (auszugsweise):

Anwendungsbereich

§ 1. Dieses Bundesgesetz regelt das Verbot der Verwendung von Symbolen

[...]

4. der Gruppierung Graue Wölfe;

[...]

Verwendungsverbot

§ 2. (1) Es ist verboten, Symbole einer in § 1 genannten Gruppierung in der Öffentlichkeit einschließlich unter Zuhilfenahme elektronischer Kommunikationsmittel darzustellen, zur Schau zu stellen, zu tragen oder zu verbreiten. Als Symbole sind auch Abzeichen, Embleme und Gesten anzusehen.

(2) Die Benennung von Gruppierungen nach § 1 Z 8 und 10 erfolgt durch Verordnung der Bundesregierung. Der Bundesminister für Inneres bezeichnet durch Verordnung die Symbole im Sinne des Abs. 1.

(3) Die Verbote des Abs. 1 sind nicht anzuwenden auf

[...]

2. Gesten und bildliche Darstellungen,

[...]

wenn nicht das Ideengut einer in § 1 genannten Gruppierung gutgeheißen oder propagiert wird.

[...]

Strafbestimmung

§ 3. (1) Wer vorsätzlich einem Verbot des § 2 zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, von der Landespolizeidirektion, mit Geldstrafe bis zu 4 000 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu einem Monat zu bestrafen. Wer bereits einmal rechtskräftig nach dieser Bestimmung bestraft wurde, ist mit Geldstrafe bis zu 10 000 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

[...]

(3) Der Versuch ist strafbar.“

8 Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung der Bundesministerin für Inneres zur Bezeichnung von Symbolen, deren Verwendung verboten ist (Symbole BezeichnungsV), BGBl. II Nr. 23/2015 in der mit 1. März 2019 in Kraft getretenen Fassung BGBl. II Nr. 58/2019, lauten (auszugsweise):

Bezeichnung der Symbole

§ 1. Diese Verordnung bezeichnet im Anhang die Symbole, deren Verwendung gemäß § 2 Abs. 1 Symbole Gesetz, BGBl. I. Nr. 103/2014, verboten ist.

[...]

Anhang

[...]

[...]“

Zum Verwendungsverbot nach dem Symbole G iVm der Symbole BezeichnungsV

9 Zu der vom Revisionswerber aufgeworfenen Rechtsfrage, ob auch vor Inkrafttreten des Symbole G und der Symbole BezeichnungsV bzw. deren Änderungen angefertigte und auf sozialen Netzwerken veröffentlichte und auch noch nach dem Inkrafttreten abrufbar gebliebene Abbildungen von Symbolen den in diesen Rechtsakten vorgesehenen Verwendungsverboten unterliegen, ist Folgendes auszuführen:.

10 Nach dem weiten Wortlaut des § 2 Abs. 1 Symbole G wird verboten, die erfassten Symbole „in der Öffentlichkeit einschließlich unter Zuhilfenahme elektronischer Kommunikationsmittel darzustellen, zur Schau zu stellen, zu tragen oder zu verbreiten.“ Die Anführung dieser verschiedenen Formen des visuellen Zugänglichmachens der Symbole spricht für ein weites Verständnis dieser Verbotsnorm. Der Gesetzgeber will ausdrücklich verschiedenste Formen des visuellen Zugänglichmachens von Symbolen gegenüber der Öffentlichkeit verbieten und bezieht darin die Zuhilfenahme elektronischer Kommunikationsmittel ausdrücklich ein. Es ist für die ausdrücklich angesprochenen elektronischen Kommunikationsmittel einschließlich sozialer Netzwerke geradezu typisch, dass sie die Möglichkeit bieten, dort veröffentlichte Inhalte nicht nur kurzzeitig und einmalig, sondern auch für längere Zeiträume und für einen potentiell unbegrenzten Kreis von Betrachtern zugänglich zu machen und auf diese Weise besonders weit zu verbreiten. Umgekehrt liegt die Verfügungsgewalt, den aufrechten Zugang zu auf diese Weise elektronisch veröffentlichten Inhalten und damit deren fortlaufende Verbreitung wieder zu beenden, typischerweise bei demjenigen, der sie zuvor veröffentlicht hat. Das Zugänglichmachen von Symbolen über elektronische Kommunikationsmittel gegenüber der Öffentlichkeit stellt sich daher auch für denjenigen, der den Inhalt zugänglich hält letztlich nicht als einmaliger Publikationsakt, sondern als andauernder Vorgang dar. Vor diesem Hintergrund spricht die ausdrückliche Einbeziehung der „Zuhilfenahme elektronischer Kommunikationsmittel“ in das Verbot nach § 2 Abs. 1 Symbole G dafür, dass davon nicht nur nach dessen Inkrafttreten neu hinzukommende, sondern auch jene elektronischen Veröffentlichungen von Symbolen erfasst sein sollen, die schon zuvor vorhanden waren und ungeachtet des Verbots weiterhin aufrechterhalten werden.

11 Auch die Materialien zum Symbole G stützen diese Auslegung. Der Besondere Teil der Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur StF des Symbole G lautet auszugsweise (vgl. 346 BlgNR 25. GP 5):

„[...]

Zu § 2:

Abs. 1: Hiermit wird festgelegt, dass das zur Schau stellen, Tragen oder Verbreiten von Symbolen der in § 1 genannten Gruppierungen in der Öffentlichkeit verboten ist. Das Verbot schließt auch eine vergleichbare Verwendung durch elektronische Kommunikationsmittel, insbesondere im Internet, mit ein. Als Symbole sind auch Darstellungen auf Abzeichen und Emblemen, sowie Fahnen, Flaggen und sonstige versinnbildlichende Zeichen anzusehen. Durch das Verbot wird ermöglicht, dass jede Art des öffentlichen Aufscheinens der erwähnten Symbole unterbunden werden kann. Öffentlich ist eine Handlung, wenn sie von einem größeren Personenkreis wahrgenommen werden kann. Dabei kommt es auf die objektive Wahrnehmbarkeit an. Unter Verbreitung ist die Bekanntgabe an die Allgemeinheit, zumindest aber an einen größeren Personenkreis zu verstehen.

[...]“

12 Diese Ausführungen insbesondere über die Einbeziehung elektronischer Kommunikationsmittel verbunden mit der Erläuterung, durch das Verbot werde ermöglicht, dass „jede Art des öffentlichen Aufscheinens“ der betreffenden Symbole unterbunden werden könne bekräftigen das schon nach dem Wortlaut naheliegende Verständnis, wonach die Verbote des Symbole G auch dann zur Anwendung kommen sollen, wenn verbotene Symbole zwar vor dessen Inkrafttreten über elektronische Kommunikationsmittel gegenüber der Öffentlichkeit abrufbar gemacht wurden, aber auch danach noch abrufbar gehalten werden.

13 Damit in Zusammenhang steht die in der Revision implizit aufgeworfene Frage nach der Einordnung, ob es sich beim Verstoß gegen § 2 Abs. 1 Symbole G iVm der Symbole BezeichnungsV um ein Zustands oder Dauerdelikt handelt: Während bei einem Zustandsdelikt nur die Herbeiführung eines rechtswidrigen Zustandes, nicht aber dessen Aufrechterhaltung pönalisiert wird, beginnt bei einem Dauerdelikt das Unrecht der Tat mit der Vornahme der Handlung und endet erst mit deren Aufhören. Das Dauerdelikt weist Merkmale sowohl eines Begehungs als auch eines Unterlassungsdelikts auf, weil einerseits die Herbeiführung des Erfolges, andererseits aber auch die anschließende Unterlassung des Beseitigens des geschaffenen gesetzwidrigen Zustandes kriminalisiert wird. Ob ein Zustands oder ein Dauerdelikt vorliegt, bestimmt sich nach dem anzuwendenden Straftatbestand vor dem Hintergrund des Zwecks der Strafnorm (vgl. VwGH 19.12.2022, Ra 2021/03/0146, mwN).

14 Vor dem Hintergrund des eindeutigen Regelungsanliegens des hier in Rede stehenden Verwendungsverbotes, das öffentliche Aufscheinen erfasster Symbole überhaupt zu unterbinden, liegt zweifellos ein Dauerdelikt vor, weil offenkundig nicht nur das einmalige Herbeiführen des Zugangs der Öffentlichkeit zu solcherart verbotenen Symbolen, sondern auch das Aufrechterhalten des Zugangs zu diesen pönalisiert sein soll (ähnlich erneut VwGH 19.12.2022, Ra 2021/03/0146, zur Qualifikation des Verbots des Zugänglichmachens von Futtermitteln zur Verhinderung der Anlockung oder Fütterung von Wild als Dauerdelikt).

15 Die Novelle BGBl. I Nr. 2/2019 zum Symbole G hat an diesem Verständnis nichts geändert. Mit ihrem Inkrafttreten am 1. März 2019 können unter anderem auch den „Grauen Wölfen“ zuzuordnende im Verordnungsweg zu bezeichnende Symbole Verwendungsverboten unterworfen werden, was durch die unter einem in Kraft getretene Änderung der Symbole BezeichnungsV BGBl II Nr. 58/2019 auch für den „Wolfsgruß“ geschehen ist.

16 In Bezug auf das dargelegte Verständnis des Symbole G iVm der Symbole BezeichnungsV ist zu betonen, dass eine verfassungsrechtlich bedenkliche rückwirkende Bestrafung ausgeschlossen ist. Dauert daher die Veröffentlichung eines Symbols über ein elektronisches Kommunikationsmittel etwa durch dessen Abrufbarhalten an und wird währenddessen die Verwendung des Symbols dem Symbole G iVm der Symbole BezeichnungsV unterstellt, kommen ein Verstoß dagegen und eine Bestrafung deswegen nur für die Zeit nach Inkrafttreten des Verbotes der Verwendung des Symbols insbesondere durch Fortsetzen des Abrufbarhaltens in Betracht.

17 Im Ergebnis ist für den Revisionsfall daher davon auszugehen, dass der Umstand, dass das verfahrensgegenständliche Lichtbild bereits im Jahr 2016 auf dem Facebook Profil des Revisionswerbers abrufbar gemacht wurde, es nicht ausschließt, dass dessen Abrufbarhalten seit Inkrafttreten der Einbeziehung des „Wolfsgrußes“ der „Grauen Wölfe“ in die dem Symbole G iVm der Symbole BezeichnungsV unterliegenden Symbole am 1. März 2019 gegen das darin vorgesehene Verbot von dessen Verwendung verstößt. Diese Verwendung des Symbols kann daher unter den weiteren gesetzlichen Voraussetzungen (vgl. insb die Ausnahmen vom Verbot der Verwendung der Symbole nach § 2 Abs. 3 und das Erfordernis vorsätzlichen Handelns nach § 3 Abs. 1 Symbole G) eine Verwaltungsübertretung darstellen.

Zur Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften:

18 Gemäß § 45 Abs. 3 AVG, der gemäß § 24 VStG auch in Strafverfahren anzuwenden ist (vgl. dazu § 38 VwGVG für das Beschwerdeverfahren), ist den Parteien Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis einer Beweisaufnahme Kenntnis zu erlangen und dazu Stellung zu nehmen (vgl. VwGH 24.1.2022, Ra 2020/02/0018).

19 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es mit den ein rechtsstaatliches Verwaltungsverfahren tragenden Grundsätzen des Parteiengehörs und der freien Beweiswürdigung unvereinbar, einen Bescheid auf Beweismittel zu stützen, welche der Partei nicht zugänglich gemacht worden sind; das gilt auch für Erkenntnisse der Verwaltungsgerichte. Dem Parteiengehör unterliegt nicht nur eine von der Behörde getroffene Auswahl jener Ergebnisse des Beweisverfahrens, welche die Behörde zur Untermauerung der von ihr getroffenen Tatsachenfeststellungen für erforderlich hält, sondern der gesamte Inhalt der Ergebnisse der Beweisaufnahme (vgl. VwGH 25.9.2019, Ra 2019/19/0380, mwN).

20 Der Revisionswerber rügt, dass ihm das LVwG kein Parteiengehör zu der Beurteilung der „Islamlandkarte“, wonach jener Verein, dessen Obmann er war, als nationalistisch eingestuft werde, sowie zu den durch das Gericht selbst ermittelten weiteren drei Lichtbildern gewährt habe.

21 Diese Beweisergebnisse sind den Verfahrensakten ausschließlich in einem vom übrigen Akt des LVwG gesonderten Teil zu entnehmen, der in einem mit „interne Recherche“ betitelten eigenen Mantelbogen verwahrt ist.

22 Aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem LVwG geht hervor, dass dort der Umstand der Obmannschaft des Revisionswerbers im genannten Verein kurz erörtert wurde und der Revisionswerber diesen in kurzen Worten als unpolitischen Kulturverein beschrieb. Hingegen wird weder die „Islamlandkarte“ als solche noch die Beurteilung des genannten Vereins durch diese im Verhandlungsprotokoll erwähnt. Dasselbe gilt für die durch das LVwG im Zuge der Beweiswürdigung herangezogenen (weiteren) Lichtbilder.

23 Mit Blick auf diese Aktenlage geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass dem Revisionswerber zu diesen Ermittlungsergebnissen kein Parteiengehör gewährt wurde. Das LVwG stützte sich dennoch darauf.

24 Die Relevanz dieses Verfahrensmangels kann entgegen der Ansicht der belangten Behörde in der Revisionsbeantwortung auch nicht von vornherein ausgeschlossen werden, weil dem Revisionswerber die Möglichkeit vorenthalten wurde, zu diesen Ermittlungsergebnissen Stellung zu nehmen und das LVwG einen Konnex zwischen der Verbreitung des verfahrensgegenständlichen Lichtbilds durch den Revisionswerber und der Gruppe „Graue Wölfe“ unter anderem auf Grund dieser Ermittlungsergebnisse bejaht hat.

25 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.

26 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 4. April 2024

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