JudikaturJustizOp2/10

Op2/10 – OPMS Entscheidung

Entscheidung
14. Juli 2010

Kopf

Der Oberste Patent- und Markensenat hat durch die Präsidentin des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Irmgard GRISS, die Räte des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Gabriele JAGETSBERGER und Dr. Gerhard PRÜCKNER als rechtskundige Mitglieder sowie die Räte des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Wolfram GÖRNER und Dipl.-Ing. Ferdinand KOSKARTI als fachtechnische Mitglieder in der Patentrechtssache der Antragstellerin   E *****, Deutschland, vertreten durch Wolf Theiss Rechtsanwälte GmbH, Schubertring 6, 1010 Wien, wider die Antragsgegnerin   D *****,   I n c . , ***** USA, vertreten durch Sonn Partner Patentanwälte, Riemergasse 14, 1010 Wien, wegen Nichtigerklärung des Patents Nr E 186 876 über die Berufung der Antragsgegnerin gegen die Endentscheidung der Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamtes vom 30. Oktober 2009, GZ N 3/2006-20, entschieden.

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Antragstellerin die mit 3.335,70 EUR bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin 555,95 EUR Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

G r ü n d e :

Die Antragsgegnerin ist Inhaberin eines österreichischen Verfahrenspatents „Verfahren zur Herstellung eines fälschungssicheren Dokuments“, dessen Eintragung am 9. August 2006 vom Österreichischen Patentamt (E 186 876) bewilligt wurde, mit der Priorität eines amerikanischen Patents, dessen Patentschrift am 24. November 1999 als europäisches Patent EP 0 455 750 B1 veröffentlicht wurde. Das Patent umfasst folgende vier Ansprüche:

1. Verfahren zur Herstellung eines Dokuments, das durch Kopiervorrichtungen der Abtastbauart nicht getreu reproduzierbar ist, wobei das Dokument ein sichtbares Originalbild (10, 40) verwendet, welches Kunstwerke, Bilder und/oder Bildformen aufweist, die aus gekrümmten Linien, Punkten und/oder Wirbeln gebildet sind, wobei das Verfahren die folgenden Schritte vorsieht: Bestimmung des Abtastteilungsabstandes p und der Breite der Abtastlinien (36) der Kopiervorrichtungen; Erzeugung eines Gittermusters aus parallelen Linien (32) mit einem Teilungsabstand d, der geringfügig größer oder kleiner ist als der Abtastteilungsabstand p, wobei die Differenz zwischen dem Teilungsabstand d der parallelen Linien und dem Abtastteilungsabstand p innerhalb eines Bereiches von ungefähr der Hälfte der Breite der Abtastlinien bis zu ungefähr der Hälfte des Abtastteilungsabstandes p liegt; und Überlagerungen des Gittermusters auf das Originalbild zur Erzeugung eines gedruckten Bildes auf dem Dokument, wobei das gedruckte Bild das Originalbild aufweist mit einem darüberliegenden übertragenen oder abgedeckten Druckmuster entsprechend dem Gittermuster und in dem das Druckmuster normalerweise durch das nackte Auge nicht unterscheidbar ist derart, dass das Originalbild und das gedruckte Bild dem nackten Auge als im Allgemeinen gleich erscheinen, wobei das Druckmuster eine sichtbare unterscheidbare Interferenz (z.B. Moiré) Muster und/oder falsche Töne, Färbungen oder Weglassungen in dem zu erzeugenden gedruckten Bild in Kopien des Dokuments hergestellt durch die Kopiervorrichtung verursacht.

2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die parallelen Linien gleichförmig beabstandet sind.

3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Teilung der parallelen Linien mit einem Azimuthwinkel erfolgt unterschiedlich von der Hauptachse des Dokumentes.

4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Druckmuster Parallellinien in mehr als einem Azimuthwinkel besitzt.

Im Nichtigkeitsverfahren ist von folgender, unter den Parteien nicht strittiger Merkmalsgliederung (Beilage K8) auszugehen:

A: Verfahren zur Herstellung eines Dokuments, das durch Kopiervorrichtungen der Abtastbauart nicht getreu reproduzierbar ist

B: wobei das Dokument ein sichtbares Originalbild (10, 40) verwendet, welches Kunstwerke, Bilder und/oder Bildformen aufweist, die aus gekrümmten Linien, Punkten und/oder Wirbeln gebildet sind (wobei das Verfahren folgende Schritte vorsieht:)

C: Bestimmung des Abtastteilungsabstandes p und der Breite der Abtastlinien (36) der Kopiervorrichtungen

D: Erzeugung eines Gittermusters aus parallelen Linien (32) mit einem Teilungsabstand d der geringfügig größer oder kleiner ist als der Abtastteilungsabstand p

E: wobei die Differenz zwischen dem Teilungsabstand d der parallelen Linien und dem Abtastteilungsabstand p innerhalb eines Bereiches von ungefähr der Hälfte der Breite der Abtastlinien bis zu ungefähr der Hälfte des Abtastteilungsabstandes p liegt und

F: Überlagerungen des Gittermusters auf das Originalbild zur Erzeugung eines gedruckten Bildes auf dem Dokument, wobei das gedruckte Bild das Originalbild aufweist mit einem darüberliegenden übertragenen oder abgedeckten Druckmuster entsprechend dem Gittermuster und in dem

G: das Druckmuster normalerweise durch das nackte Auge nicht unterscheidbar ist derart, dass das Originalbild und das gedruckte Bild dem nackten Auge als im Allgemeinen gleich erscheinen, wobei

H: das Druckmuster eine sichtbare unterscheidbare Interferenz (z.B. Moiré) Muster und/oder falsche Töne, Färbungen oder Weglassungen in dem zu erzeugenden gedruckten Bild in Kopien des Dokuments hergestellt durch die Kopiervorrichtung verursacht.

Am 27. März 2006 stellte die Antragstellerin den Antrag auf Nichtigerklärung des österreichischen Teils AT E 186 876 T1 des europäischen Patents 0 455 750 B1. Sie vertritt den Standpunkt, dass die Merkmale F und G über die ursprünglich eingereichte Anmeldung und die Unterlagen hinausgingen (Art 123 Abs 2 EPÜ; Art 138 Abs 1 lit c EPÜ; § 48 Abs 1 Z 3 PatG), dass das Patent nicht neu sei und nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe und dass dem Patent die Ausführbarkeit fehle (Art 83 EPÜ iVm § 10 Abs 1 PatV-EG). Vorgelegt wurden die von der Nichtigkeitsabteilung auf den Seiten 2 f seiner Entscheidung angeführten Urkunden.

Die Antragsgegnerin bestritt das Vorliegen von Nichtigkeitsgründen und beantragte die Abweisung des Antrags auf Nichtigerklärung. Zum im Berufungsverfahren entscheidungswesentlichen Nichtigkeitsgrund der unzulässigen Erweiterung des Patents gegenüber der Anmeldung räumte die Antragsgegnerin zwar ein, dass die Anmeldung wegen Sprachschwierigkeiten des Erfinders etwas „holprig“ formuliert gewesen sei. Das Wort „Überlagerung“ finde sich zwar nicht wörtlich in der Anmeldung, sei aber bei der Anmeldung als im Sinne von „drauflegen“ gemeint gewesen (in der Anmeldung als „im Bild inkorporiert“ bezeichnet). Anspruch 13 beschreibe eine spezielle Ausführung bzw erläutere den Erkenntnisschritt des Erfinders, dass bei mehrmaligem Kopieren Linien auf das Bild kämen.

Die Nichtigkeitsabteilung gab dem Antrag auf Nichtigerklärung statt und erklärte das Patent E 186 876 im Ausmaß aller Ansprüche für nichtig. Die Merkmale F und G seien von der ursprünglichen Offenbarung der Anmeldungsunterlagen (der WO 1990/08046) nicht gedeckt. Aus der Entscheidungsbegründung ist Folgendes festzuhalten:

Das Merkmal F sei dem Wortlaut der Anmeldungsunterlagen nicht zu entnehmen. Dies schadete nur dann nicht, wenn das Merkmal zum Prioritätszeitpunkt für einen Fachmann auf dem Gebiet der Herstellung von Sicherheitsdokumenten (also für einen Fachmann mit überdurchschnittlichen Kenntnissen und Fähigkeiten zur Überwindung technischer Schwierigkeiten auf dem Gebiet der Erfindung, dh der Sicherheitsdrucktechnik, der möglicherweise Hintergrundwissen in Physik, Materialkunde, Optik und Fertigungstechnik von Banknoten habe und bestehende Sicherheitsmaßnahmen kenne und beteiligt an der Prüfung und Herstellung von Sicherheitsdokumenten gewesen sei und Kenntnisse über bestehende Reproduktionstechniken und Bildbearbeitungstechniken habe) aus den Anmeldungsunterlagen als selbstverständlich zwingend mitgelesen erscheine. Dies sei hier aber nicht der Fall:

Auf Seite 5, Zeilen 13-19, der ursprünglichen Anmeldung beshhreibe der Anmelder, „there had to be some way in which a pattern could be included in an image by printing it in a selected pattern.” Demnach sollte bereits das gedruckte Bild sein Muster (pattern) enthalten.

Der nächste Satz lautet: „Then, when the image was viewed trough a superimposed grid, such as previously discussed, a moiré pattern would be observed according to the degree in which the patterns interfered with each other.”

Das bedeute, dass das Bild (image), welches bereits ein Muster (pattern) enthält, nur durch das Gitter (des Kopierers) hindurch betrachtet wird, und nicht dass dieses dem Bild, wie in Merkmal F beschrieben, “darüberliegend übertragen oder abgedeckt” wird.

Auf Seite 6, Zeilen 11-12, schreibe der Anmelder außerdem „it was unnecessary to devise overlay grid means. In fact, the modern replicator contains such a grid in the fixed-pitch, parallel scan format that is used to view the image to be replicated.“

Daraus sei eindeutig zu entnehmen, dass im Rahmen der Erfindung eben nicht vorgesehen ist, ein zusätzliches Gitter vorzusehen, das dem gedruckten Bild überlagert werden muss, da das Gitter durch den Scan-Abstand der Kopiervorrichtung bereits vorhanden und definiert ist.

Weiters werde auf Seite 14 zweiter Absatz beschrieben: „The grid of Figure 1b is analogous to the earlier mentioned snow fence pattern through which one might view a background image.“

Hier werde nochmals bestätigt, dass das Bild lediglich durch das Gitter (bzw den Schneezaun) hindurch betrachtet werden soll, und nicht, dass dieses übertragen werde.

Im übernächsten Satz heiße es „The instant inventor defines the Figure 1 pattern as a type of moire distortion pattern resulting from the mapping of the Figure 1a pattern by the function of the Figure 1b grid overlay.”

Die Darstellung der Figur 1c zeige also ein Muster, das durch die Abbildung bei Betrachtung durch das Gitter gemäß Figur 1b entsteht (vergleiche auch Seite 13 “Fig. 1c is the view of Figure 1a through the grid overlay of Figure 1b“).

Auch daraus sei zu entnehmen, dass unter dem Gitter nicht das „gedruckte Bild“ gemäß Merkmal F mit einem „darüberliegenden übertragenen oder abgedeckten Druckbild entsprechend dem Gittermuster“ zu verstehen sei, sondern nur, dass das Originalbild durch das Gittermuster (des Kopierers) hindurch betrachtet werde, dh, dass das Gitter zwar „darüberliegt“ („overlain“), aber nicht dass es auch in ein Originalbild, das Druckmuster, „übertragen“ werde.

Diese Sichtweise werde nochmals bestätigt durch Seite 14, Zeile 24, Seite 15, Zeile 4, wo beschrieben sei, dass die vertikalen Gitterlinien nicht notwendig sind, sondern dass horizontale Linien ausreichen, die durch die horizontalen Scan-Linien eines Abtastkopierers realisiert werden können.

Fig 2a zeige ein gedrucktes Bild von horizontalen Linien und 2b das Scan-Muster des Reproduktionsgerätes. Auch daraus gehe klar hervor, dass das Gitter nicht dem Bild überlagert werde. Fig 2c zeige wiederum („a mapping“) eine (verzerrte) Abbildung der Fig 2a, die durch die Scan-Linien aus Fig 2b entstanden sei.

Fig 3a zeige ein Bild, das nicht von der Erfindung geschützt sei, und Fig 3b ein Bild, das von der Erfindung geschützt sei (also mit integrierten Linien mit einem bestimmten Teilungsabstand). 3c sei das unscharfe Bild 3b, als Vorstufe der Reproduktion und Fig 3d der Versuch eines Fälschers, 3c zu reproduzieren. Auch aus der Beschreibung dieser Bilder könne keine Überlagerung eines Originalbildes mit einem Raster entnommen werden, sondern nur, dass durch die „Betrachtung“ des Bildes durch die Rasterung des Kopierers Moiré-Effekte entstehen.

Die von der Antragsgegnerin genannten Stellen, die nicht bereits oben behandelt wurden, zeigten aus folgenden Gründen ebenfalls nicht, dass das Gitter einem Originalbild überlagert wird:

Seite 8, Zeilen 9-13: „He would use the moiré effect to reveal the bogus color copy of a genuine banknote, for example, by producing the note image lineations in mismatch to the scanner of the colour copier.” Dies beschreibe nicht, wie von der Antragsgegnerin behauptet, dass Linienmuster hinzugefügt werden, die dann mit dem Gitter des Abtastkopierers wechselwirken, sondern lediglich, dass die Linien aus welchen das Bild besteht (the note image lineations), zu den Scanlinien des Abtastkopierers versetzt (“in mismatch”) sind.

Anspruch 1: „A method for making a nonreplicable image comprising placing on a suitable medium visible and distinct lineations formed into various patterns of lines, dots and swirls to create said image.“ Dies sage lediglich aus, dass das Bild aus verschiedenen Linien gemacht/erzeugt (create) ist und nicht dass ein zusätzliches Gitter vorhanden sei.

Anspruch 9: “…depositing said image onto said medium in the form of lineations,…” Dies bedeute, wie von der Antragsgegnerin zugegeben, dass das Bild durch Linienmuster gebildet sei.

Seite 9, Zeilen 3-6, und Zeilen 15-19: „The basic method of counterfeit protection teaches the inclusion of lines, dots and/or swirls embodied and integrally formed into art, pictures and other forms of images.“ und “After creation of the authentic document, that is, one including the grid lines of predetermined pitch, the primary method of counterfeit protection, as well as the product there of, have been realized,” Auch diese Stellen beschrieben lediglich, dass die Kunstwerke Linien, Punkte usw beinhalten (“include”) und nicht, das seine Kombination von Moirè erzeugenden Gittermustern mit dem Bildteil des Dokuments vorgesehen sei, wie von der Antragsgegnerin behauptet.

Seite 11, drittletzte Zeile, bis Seite 12, Zeile 12, sowie Anspruch 10: „… providing on a matte a lineate pattern of visible image-defining lines which are of predetermined moiré-producing pitch relative to an electro-optic copy machine scan protocol…“ und „… original certificate which bears an image defined by a plurality of lines…“, „… said lineate pattern being of predetermined omission-creating, moiré-producing, mismatched pitch relative to the scanning pitch…” Diese Stellen beschrieben ebenfalls nur, dass das nicht reproduzierbare Original-Zertifikat aus Linien bestehe, die das Bild festlegen/definieren (“defined”) und dass diese Linien Moiré erzeugende Abstände („pitch“) haben. Aus dem Begriff „bilddefinierende Linie“, könne jedoch nicht, wie von der Antragsgegnerin behauptet, geschlossen werden, dass die Linien dem Bild überlagert sind, sondern nur, dass das Bild aus Linien besteht.

Seite 12, Zeilen 26-27, Seite 13, Zeile 1, Seite 14, Zeilen 8-10 und 13-15:

Die Bezeichnung „grid overlay“ in Fig 1 beziehe sich, wie bereits oben erläutert, auf das Gitter des Kopiergerätes und nicht auf ein Gitter auf der Banknote. Dies werde auch auf Seite 14 im Satz zwischen den Zeilen 10 und 13 bestätigt, da hier nochmals der Verweis auf den „Schneezaun“ erfolgt. Es könne daher aus diesen Stellen nicht, wie von der Antragsgegnerin behauptet, geschlossen werden, dass die Moiré erzeugenden Muster durch Überlagerung der Gitter über das ursprüngliche Bild eingesetzt werden.

Seite 15, Zeilen 18-23: In der Passage, dass das Bild „geschickt angeordnet“ („cleverly arranged“) werden soll, sei ein Gitter nicht einmal erwähnt, sondern es werde im zweiten Satzteil wieder auf das Scanning Protokoll des Kopierers Bezug genommen.

Seite 10 Zeilen 15-21: Auch hier werde nur beschrieben, dass die Linien „included“ sind, es werde aber nicht erklärt, ob und wie ein Gitter überlagert werden soll.

Anspruch 13: Anspruch 13 der ursprünglichen Anmeldung (WO) beschreibe ein, nicht durch die Beschreibung gestütztes Verfahren, bei dem ein repliziertes („replicant“) Dokument hergestellt werden soll, das nur unkorrekt weiter repliziert werden kann. Dazu werde ein Originaldokument, das nicht die in Anspruch 9 der PCT-Anmeldung beanspruchten Merkmale aufweist, irgendwie erhalten. Dieses „Original Dokument“ werde dann kopiert, wobei die Kopie Linien aufweisen soll, die nicht mit dem Linienabstand des „Original Dokuments“ übereinstimmen. Dies sei unverständlich, weil nirgends angegeben sei, dass das Originaldokument Linien aufweisen müsse. Dieses replizierte Dokument solle dann bei weiterer Reproduktion (photocopying machine or other electro-optical scanning devices) Moiré Effekte oder andere Verzerrungen enthalten. Nun könne man den Anspruch 13 zwar so lesen, dass hier ein „Gitter“, nämlich durch das Kopieren, einem Originalbild „überlagert“ wird, jedoch müsse hier der Argumentation der Antragstellerin beigepflichtet werden, dass diesem unabhängigen Anspruch – oder sonst irgendeiner Stelle der Anmeldung – diese spezielle Art der „Überlagerung“ im Zusammenhang mit allen Merkmalen des nunmehr erteilten Anspruchs 1 nicht entnommen werden kann. So enthalte das „Originalbild“ gemäß ursprünglichem Anspruch 13 nicht zwingend Bilder/Bildformen, die aus gekrümmten Linien, Punkten und/oder Wirbeln gebildet wären (Merkmal B). Eine Bestimmung des Abtastteilungsabstandes p und der Breite der Abtastlinien (Merkmal C) werde ebenfalls nicht vorgenommen. Die speziellen Bedingungen für den Teilungsabstand d gemäß den Merkmalen C und D seien dem Anspruch 13 ebenfalls nicht zu entnehmen. Das Ergebnis des Verfahrens gemäß ursprünglichem Anspruch 13 dürfte diesbezüglich eher ein Zufallsprodukt sein, da eindeutige Parameter, wie welches Medium zu verwenden ist oder welcher Kopierer eingesetzt werden soll, fehlten. Eine Offenbarung des Gegenstandes des nunmehr erteilten Anspruchs 1 durch den ursprünglichen Anspruch 13 sei also schon allein aus diesem Grund nicht gegeben.

Darüber hinaus offenbare zwar, wie oben ausgeführt, der angemeldete Anspruch 13 eine Art „Überlagerung“, jedoch handle es sich dabei bestenfalls lediglich um die spezielle Anweisung „stelle ein kopiergeschütztes Dokument durch Kopieren her“. Eine Überlagerung generell, wie sie im nunmehrigen Anspruch 1 unter Schutz gestellt sei (Merkmal F) sei auch dem Anspruch 13 nicht zu entnehmen.

Daraus folge, dass Merkmal F den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen auch nicht implizit entnehmbar sei.

Zum Merkmal G führte die Nichtigkeitsabteilung aus:

Es sei festzustellen, dass das Druckmuster gemäß Merkmal G ein Ergebnis der Überlagerung des Gitters auf das Originalbild ist, die, wie oben beschrieben, in der ursprünglichen Anmeldung nicht offenbart war. Es gebe somit in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen keine Grundlage dafür, dass ein derartiges Druckmuster existiert, weshalb auch die Unterscheidbarkeit dieses Druckmusters vom Originalbild nicht offenbart sein könne.

Merkmal G stelle daher, ebenso wie Merkmal F eine Überschreitung der ursprünglichen Offenbarung der Anmeldungsunterlagen dar.

Der Gegenstand des Anspruches 1 werde damit gegenüber den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen unzulässig erweitert. Die Gegenstände der Ansprüche 2 bis 4 würden auf Grund ihrer Rückbeziehung auf Anspruch 1 ebenfalls unzulässig erweitert.

Die WO 1990/08046 beschreibe die Erstellung eines geschützten Bildes durch die Anordnung von Linien, Punkten und Wirbeln, sodass eine Struktur entsteht, die beim Abtasten mit einer bestimmten Kopiervorrichtung einen Moiré-Effekt erzeugt. Das Bild der zu sichernden Dokumente mit einem speziellen Gitter zu überlagern werde auch nicht durch das Zusammenlesen von mehreren Stellen der ursprünglichen Offenbarung impliziert. Der Durchschnittsfachmann, der die Anmeldung lese, könne daher den Gegenstand, wie er durch das Patent geschützt sei, aus den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen weder explizit oder implizit entnehmen. Das Patent sei gemäß § 10 PatV-EG iVm § 138 Abs 1 lit c EPÜ für nichtig zu erklären. Auf die weiteren relevierten Nichtigkeitsgründe zum Thema Neuheit, Erfindungshöhe und mangelnde Ausführbarkeit sei nicht mehr einzugehen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin mit dem Antrag auf (teilweise) Abweisung des Nichtigkeitsantrags, soweit er auf Überschreitung des Patents wegen mangelnder Offenbarung von Merkmalen in der ursprünglichen Anmeldung gestützt wird und Rückverweisung an die Nichtigkeitsabteilung zur Entscheidung über die weiters geltend gemachten Nichtigkeitsgründe.

Die Antragstellerin beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Die Berufungswerberin wiederholt im Wesentlichen ihre schon im Verfahren erster Instanz vorgetragenen Argumente. Die Merkmale F und G seien in der ursprünglichen Anmeldung (Beilage 3) zweifelsfrei offenbart. Die Merkmale C, D und E beträfen die Herleitung eines ganz bestimmten Gittermusters aus parallelen Linien, mit einem Teilungsabstand d, der geringfügig verschieden vom Abtastteilungsabstand p eines betrachteten Abtast-Kopierers sei, ansonsten wäre das Merkmal F völlig sinnlos. Aus zahlreichen im Zusammenhang zu lesenden Stellen der Beschreibung sowie in Verbindung mit den Merkmalen C, D, E und G gehe ein „Einbau“ eines Musters in das Originalbild hervor. Für ihren Standpunkt führt die Berufungswerberin ua die Figurenbeschreibungen der Figuren 1b und 1c, 2a bis 2c (Seiten 14 f der Beilage 3), die beschriebenen Erfahrungen des Erfinders beim Kopieren eines Reiseschecks (die zum Anspruch 13 der ursprünglichen Anmeldung geführt hätten) und zahlreiche Textstellen aus der Anmeldung über herzustellende Linienmuster mit dem Moiré-Effekt erzeugenden Teilungsabstand ins Treffen.

Auch in der Berufungsbeantwortung werden im Wesentlichen die schon vorgetragenen Gegenargumente wiederholt, von denen folgendes hervorzuheben ist:

Mit den Merkmalen C, D und E der PCT-Anmeldung (Beilage 3) werde nur die technische Lehre offenbart, dass die Linien des Originalbildes in ihrem Abstand zueinander zu verändern seien, nicht aber die Überlagerung eines seperaten Gitters auf ein Originalbild. Aus der von der Berufungswerberin zitierten Stelle der Anmeldung (Seite 15, Zeilen 14 ff, insbesondere 20) und den Figurenbeschreibungen samt dem beschriebenen Effekt des Kopierschutzes beim Kopieren einer Kopie sei die Gitterüberlagerungsmethode der Merkmale F und G nicht ableitbar. Die verwendeten Worte „overlay“ und „grid overlay“ würden in der Anmeldung immer im Zusammenhang mit dem Abtastvorgang im Kopierer verwendet. Die Figuren 2a bis 2c beschrieben lediglich die „geschickte Anordnung“ der Linien des Originalbildes. Das im relevierten Anspruch 13 der ursprünglichen Anmeldung behandelte Thema betreffe das Kopieren eines Originalbildes mit Linienmuster und das Herstellen einer weiteren Kopie diese Kopie „erster Generation“ und beschreibe nur Moiré-Verzerrungen beim nochmaligen Kopieren, nicht aber, dass dem zu kopierenden Objekt Linien im Sinne einer Überlagerung hinzuzufügen wären. Die auf der Seite 9, Zeilen 3-19, der ursprünglichen Anmeldung (Zusammenfassung der Erfindung) gemachten Ausführungen lehrten nur, dass das Liniengitter des Originalbilds selbst im Verhältnis zum Abtastkopierer „clever“ zu gespalten sei, eine Aussage über eine Gittermuster-Überlagerung finde sich nicht (zu diesem Thema zitiert die Antragstellerin auch mehrere Aussagen eines Gutachters in einem ausländischen Parallelverfahren über ein Schwesterpatent, Beilage K 39). Im Folgenden geht die Berufungsgegnerin im Einzelnen auf die von der Berufungswerberin relevierten Textstellen der ursprünglichen Anmeldung ein, vermisst darin explizite Anweisungen zur Gitterüberlagerungsmethode und vermeint eine auch nur implizite Offenbarung, die zwingend und eindeutig erfolgen müsse.

Zum Berufungsvorbringen und zur Gegenschrift ist Folgendes auszuführen:

1.   Nur illustrativ ist vorauszuschicken, dass in Parallelverfahren zu Schwesterpatenten in ausländischen Verfahren unterschiedliche, den OPM in keiner Weise bindende – Entscheidungen ergangen sind. Das Gericht in Den Haag hielt das Patent für wirksam (AZ HA ZA 06-2495), gegenteilig entschieden der – die Entscheidung des deutschen Bundespatentgerichts (AZ 1 Ni 5/06) abändernde - deutsche Bundesgerichtshof (Xa 124/07), der englische Supreme Court of Judicature Court of Appeal (AZ A 3/2007/0879) und das Landgericht Paris (AZ 06/05848).

2.   Bei der Analyse des Streitpatentes beziehen sich die Parteien auf die eingangs festgestellte Merkmalanalyse (Merkmalgliederung) zum Anspruch 1 des Streitpatentes. Auch bei der Definition des Fachmannes stimmen Berufungswerberin und Nichtigkeitsabteilung grundsätzlich überein, wobei die Berufungswerberin festhält, dass als Fachmann kein Sprachwissenschaftler anzunehmen sei, weshalb nicht eine spezielle Wortwahl, sondern der technische Inhalt der ursprünglichen Anmeldung (WO, Beilage ./3) bei der Beurteilung der ursprünglichen Offenbarung zugrunde gelegt werden solle.

Dieser Verweis auf Grundsätzliches bei der Offenbarungsbetrachtung hinsichtlich der Merkmale F und G widerspricht nicht der von der Antragsgegnerin und Berufungswerberin in der Verhandlung vor der Nichtigkeitsabteilung getätigten Aussage (Verhandlungsprotokoll Seite 3, 2. Absatz ff), wonach der Ausdruck „Überlagerung“ in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen (WO) nicht vorkommt bzw der – in der Berufung nicht in Zweifel gezogenen - Feststellung der Nichtigkeitsabteilung in ihrer Entscheidung, Merkmal F sei den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen nicht zu entnehmen. Der Verweis unterstreicht vielmehr, dass die Nichtigkeitsabteilung sich in ihrer Entscheidung zu Recht mit der impliziten Offenbarung von Streitpatent und ursprünglichen Unterlagen beschäftigt hat.

Die von der Berufungswerberin geforderte Orientierung am technischen Inhalt ist allerdings im Sinne der Argumentation der Nichtigkeitsabteilung zu verstehen, wonach die Bedeutung der verwendeten sprachlichen Begriffe unabhängig von der Person des Erfinders objektiv zu bewerten ist und die Verwendung von unzutreffenden bzw falschen Begriffen nicht zu einer Erweiterung des Interpretationsspielraumes für den Offenbarungsgehalt der ursprünglichen Anmeldung führen darf. In diesem Sinne sind auch die Ursachen einer Überschreitung der ursprünglichen Offenbarung ohne Relevanz für die Feststellung, ob eine solche vorliegt.

Der Klarheit halber wird auch noch darauf hingewiesen, dass die von der Berufungswerberin in der Berufungsschrift (Punkt 2) zitierten „Merkmale F und G im Ursprungstext“ – wobei mit dem Wort „Ursprungstext“ offenbar die WO gemeint ist -, keine Zitate der Merkmale F und G in englischer Sprache aus dem „Ursprungstext“ sein können, da diese Merkmale in entsprechender sprachlicher Ausgestaltung nicht in der WO vorkommen, sondern es sich dabei ganz offensichtlich um die englischen Übersetzungen der Merkmale F und G aus dem deutschsprachigen Streitpatent gemäß Merkmalsanalyse (Beilage ./8) handelt und deren Vorliegen in englischsprachiger Übersetzung keinen Einfluss auf die Sache an sich haben kann.

3.   Der in der Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung maßgeblich angeführte Nichtigkeitsgrund ist die Überschreitung der Offenbarung der WO durch die Merkmale F und G des Streitpatentes. Um feststellen zu können, ob eine Überschreitung der Offenbarung des Streitpatentes gegenüber der WO vorliegt, sind die Offenbarungen der WO und des Streitpatentes miteinander vom Standpunkt eines Durchschnittsfachmanns aus zu vergleichen.

Diesbezüglich argumentiert die Berufungswerberin, dass die übrigen Merkmale von Anspruch 1 des Streitpatentes, namentlich Merkmale C, D und E, die der Herleitung eines speziellen Gittermusters mit entsprechendem Teilungsabstand d seiner Linien/Muster bezogen auf den Abtastteilungsabstand p dienten, ohne das Merkmal F sinnlos wären und zu keinem Ergebnis führten. Dieses spezielle Gittermuster von Merkmal F wäre zu einem ganz bestimmten Zweck zu erzeugen, nämlich für das Vorsehen im Originalbild oder eben „Überlagern“ auf das Originalbild. Diese Sinnlosigkeit sieht die Berufungswerberin als Indiz dafür an, dass Merkmal F, insbesondere der Begriff „Überlagern“, so zu interpretieren wäre, dass er verfahrenstechnisch Sinn macht, weshalb auch eine teleologische Betrachtungsweise bei der Offenbarungsüberprüfung angebracht gewesen wäre.

Es ist davon auszugehen, dass ein Durchschnittsfachmann zur Beurteilung der Offenbarung des Merkmals F des Streitpatentes dieses zunächst wörtlich auffasst, nämlich als „Überlagerung des Gittermusters auf das Originalbild zur Erzeugung eines gedruckten Bildes, wobei das gedruckte Bild das Originalbild aufweist mit einem darüber liegenden übertragenen oder abgedeckten Druckmuster entsprechend dem Gittermuster“. Die Formulierung „Überlagerung des Gittermusters auf das Originalbild“ lässt bereits an eine Überlagerung im wörtlichen Sinne denken, dass heißt eine zusätzliche Gitterstruktur. Diese Auffassung wird durch die Formulierung „mit einem darüber liegenden … Druckmuster entsprechend dem Gittermuster“ bestärkt, die ganz klar für eine zusätzliche Musterstruktur spricht, die über bzw zusätzlich über dem Originalbild gelagert ist. Der Fachmann ist dadurch angehalten, einen zusätzlichen Verfahrensschritt, nämlich das Aufbringen eines Musters in Form einer Gitterstruktur über das Originalbild, anzunehmen, und wird darin im Zusammenhang mit Merkmal D des Streitpatentes „Erzeugung eines Gittermusters …“, welches die Herstellung eines eigenen Gittermusters ohne Bezug zu einem Bild oder dessen Ausgestaltung als Gittermuster betrifft, noch weiter bestärkt.

Bei der Interpretation der WO fällt dem Fachmann zunächst auf, dass im dortigen Schutzbegehren kein dem Anspruch 1 des Streitpatentes entsprechender Anspruch vorliegt. Zweifellos konsultiert der Durchschnittsfachmann aufgrund der offensichtlichen Unterschiede der Anspruchssätze die Beschreibung der WO, um zunächst Klarheit betreffend des Begriffes „Überlagerung“ zu gewinnen. Der Begriff „Überlagerung“ wird dort jedoch einerseits nur im Zusammenhang mit der Illustration des Moiré-Effektes im erfindungsgemäßen Zusammenhang (zB Figuren 1b und 1c, entsprechende Figurenbeschreibungen, Seite 14, „Snow fence“ Seite 11 Zeilen 5 ff) gebraucht, andererseits wird dort als besonderer Vorteil der Erfindung ausdrücklich festgestellt (Seite 6 Zeilen 7 ff), dass keine zusätzliche Gitterstruktur für die Ausführung der Erfindung notwendig ist. Zudem ergibt sich bei der Annahme, ein zusätzliches Gitter überlagern zu müssen, hinsichtlich der in der WO klar offenbarten Ausführungsform, ein Originalbild in Form von Linienmustern darzustellen (zB entsprechend Figur 3 und zugehöriger Text), ein Widerspruch, wenn dabei ein nicht aus Linienmustern bestehendes Originalbild mit einem Gitter/Raster überlagert werden soll, da dabei, einerseits, nicht unbedingt ein Moiré-Effekt zu erwarten wäre, andererseits, um einen Moiré-Effekt zu ermöglichen, die Gestaltung der Linien – auch, um Merkmal G Genüge zu tun, also für das bloße Auge nicht erkennbar zu sein -, in einer Form zu wählen wäre, die ebenfalls nicht der Offenbarung des Streitpatentes bzw der WO zu entnehmen ist.

Die Informationen bzw Schlüsse, die der Fachmann aus der Offenbarung der WO erhält bzw ziehen kann, sind daher ungeeignet, Klarheit über die Ausführung eines Verfahrens nach Anspruch 1 des Streitpatents unter Einbeziehung des Merkmals F zu gewinnen. Um die Erfindung gemäß der Offenbarung der WO überhaupt im Sinne des Streitpatents ausführen zu können, müsste der Fachmann sie zumindest hinsichtlich des Merkmales F in einer Art und Weise umdeuten, dass der Begriff „Überlagerung“ die Darstellung eines Bildes unter Verwendung eines erfindungsgemäß beabstandeten Gittermusters im Sinne der Offenbarung der ursprünglichen Unterlagen (WO) bedeutet. Die Offenbarung einer Erfindung unter ausschließlicher und selektiver Missachtung bestimmter Beschreibungsteile zu deuten, die ausdrücklich auf die Illustration des erfinderischen Effektes bzw die Vorteile der Erfindung abgestellt sind, darf jedoch vom Durchschnittsfachmann nicht erwartet werden. Die Forderung einer solchen Interpretationsleistung durch den Fachmann wäre nicht nur ein Hinweis auf eine mangelhafte (technische) Offenbarung des Erfindungsgegenstandes des Streitpatents, sondern entbehrte einer gesetzlichen Grundlage, da das erteilte Patent eine für den Fachmann ausführbare Erfindung zu offenbaren hat (§ 87a und § 91 PatG). Zudem wäre eine derartige Interpretation unter Ergänzung von (wesentlichen) Merkmalen, wenn überhaupt, nur vom Erfinder selbst zu erwarten, keinesfalls aber von einem Durchschnittsfachmann.

Unabhängig von den Merkmalen C, D und E ist einem Fachmann daher nicht zuzutrauen, aus der Offenbarung der WO das Merkmal F des Streitpatents herauszulesen – nicht einmal unter der Annahme, dass die Merkmale C, D und E in ihrer im Streitpatent gegebenen Form den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen entnommen werden könnten, was von der Berufungsgegnerin in Frage gestellt wird und auch von der Nichtigkeitsabteilung zumindest hinsichtlich der Offenbarung durch Anspruch 13 verneint wird.

4.   Um zu zeigen, dass die WO Merkmal F offenbart, diskutiert die Berufungswerberin im Berufungsschriftsatz auch verschiedene Begriffe wie sie an unterschiedlichen Stellen oder Beschreibung der WO verwendet werden, wie „zurichten“ oder „Zurichtung“, „include“, „Einbau“, „einrichten“, „arranged cleverly“ sowie „Raster“ und argumentiert, dass alle diese Begriffe gleichbedeutend mit dem Begriff „Überlagerung“ („overlay“) seien und damit das Einfügen eines ausgewählten Linien- oder Gittermusters durch Druck in ein ursprüngliches Bild gemeint wäre.

Unter „Zurichtung“ bzw „zurichten“ (Beilage ./10) wird in der Drucktechnik eine Feinanpassung der Druckkraftverteilung in der Druckmaschine verstanden und nicht die erfindungsgemäße Ausführung eines Originalbildes in Linien/Mustern mit entsprechend geeignetem Abstand (siehe Baufeldt et al „Informationen übertragen und drucken“, Verlag Beruf+Schule, 4. Auflage, [1984]). Auch der Terminus „arranged cleverly“ kann keine Überlagerung implizieren, sondern weist vielmehr auf eine Darstellung eines Bildes in erfindungsgemäßer Form hin, also eine Gestaltung, welche erfindungsgemäße Linien und Muster zur Darstellung des Bildes per se verwendet, ohne irgendwelche Muster überlagern zu müssen, wie auch aus Figur 3 klar hervorgeht. Die Berufungswerberin interpretiert das Wort „overlay“ auch als „Einbau“ „eines Musters in das (Original)Bild“. Der Einbau eines Musters bedeutet jedoch die Gestaltung eines Originalbildes unter Verwendung oder in Form eines (Gitter)Musters, so dass das Bild aus dem Muster aufgebaut wird bzw daraus besteht. Eine Überlagerung hingegen bedeutet etwas Zusätzliches, wie eine als entsprechendes Muster ausgeformte (Druck)Schicht. Letztere Interpretation wird auch durch die Beschreibungsteile der WO betreffend die Illustration des erfindungsgemäßen Effekts (Seiten 13/14 WO) unterstützt, auch wenn sie die Berufungswerberin zur Argumentation des Gegenteils heranzuziehen versucht.

Die von der Berufungswerberin angeführten Hinweise, zB auf ein „Raster“ des Originalbildes im Sinne einer „Überlagerung eines Linien- oder Gittermusters“, wobei offenbar der Begriff „images by periodically spaced lines“ aus der WO als Raster bezeichnet wird, sowie die Darstellung eines Bildes durch ein Linienmuster, werden in der WO unbestritten geoffenbart. Damit könnte auch die Darstellung eines Bildes in Rasterform umfasst sein. Ebenso wenig ist die Tatsache zu bestreiten, dass ein Linienmuster in einem Bild vorhanden sein kann, auch wenn es nicht mit freiem Auge erkennbar sein mag (Merkmal G). Allerdings können diese Argumente keinen Verfahrensschritt entsprechend Merkmal F rechtfertigen. Ebenso wenig kann ein solcher im Rahmen der erfindungsgemäßen technischen Lösung daraus abgeleitet werden. Merkmal F ist nämlich, wie oben bereits ausgeführt, dezidiert auf die Überlagerung mit einem Gittermuster ausgerichtet, sieht also ein zum Originalbild zusätzliches Muster vor. Es ist jedoch nicht nachvollziehbar, weshalb ein Fachmann, der die Ausführungen der WO liest, in das dort dargestellte erfindungsgemäße Verfahren von sich aus eine Überlagerung eines Bildes als Merkmal aufnehmen sollte, um damit ein Verfahren im Sinne des Anspruch 1 des Streitpatents zu erhalten, wo doch in der WO klar dargestellt wird, dass das Bild selbst in entsprechender Art gestaltet werden muss, auch wenn diese Darstellung durch einen Kopiervorgang gemäß Anspruch 13 der WO geschieht.

Besagter Anspruch 13 der WO ist auf ein Verfahren zur Darstellung eines Originalbildes in einer erfindungsgemäß (kopier)geschützten Form abgestellt, wobei dieses im Kopieren und der damit verbundenen Darstellung eines Bildes als Linienmuster entsprechend der Beabstandung der Scanzeilen der Kopiervorrichtung besteht. Dieses Verfahren bedeutet jedoch keine „Überlagerung“ eines Originalbildes mit Linien, sondern die Darstellung eines Bildes in Form eines Linienmusters durch einen (ersten) Kopiervorgang. Eine “Überlagerung“ im Sinne von Merkmal F ergibt sich daher auch nicht auf Basis der Offenbarung von und zu Anspruch 13, die zwar im Wesentlichen der Geschichte entspricht, wie der Erfinder zu seiner Erfindung kam, nämlich durch Kopierversuche mit Reiseschecks, allerdings weder explizit noch implizit eine verfahrenstechnisch relevante bzw zwingend notwendige „Überlagerung“ im Sinne von Merkmal F offenbart.

Auch die von der Berufungswerberin verwendete, auf Anspruch 13 basierende Formulierung, dass „mit Hilfe eines Abtast-Kopierers in das kopierte Bild ein Linienmuster überlagert wird“ ist eine dem Fachmann schon allein wegen des offensichtlichen Widerspruches mit den genannten Vorteilen der Erfindung, nämlich die durch die Scanvorrichtung des Kopierers bedingte Linienstruktur zur Ausformung des Originalbildes in Linienmustern zu benützen, ferne Interpretation, die den Fachmann jedenfalls nicht dazu drängt, ein „spezielles Muster über das Originalbild zu legen“.

Das Wort „overlay“ wird in der WO, wie zum Teil schon erwähnt, insgesamt sieben Mal verwendet, davon, wie die Berufungswerberin selbst feststellt, sechs Mal im Zusammenhang mit der Illustration des erfindungsgemäßen Moiré-Effekts (Figurenauflistung, Figurenbeschreibung der Figuren 1b und 1c) und einmal, um festzustellen, dass das erfindungsgemäße Verfahren eben keiner überlagerter Gittermuster bedürfe, da diese mit den fix beab-standeten Scaneinrichtungen der Kopiervorrichtungen bereits gegeben seien. Der Fachmann liest dementsprechend in der Offenbarung der WO keinerlei Notwendigkeit für ein „Überlagern“ eines Originalbildes mit einem Gittermuster – schon gar nicht im Zusammenhang mit der Bildherstellung im erfindungsgemäßen Sinn der WO.

Bei der Interpretation des technischen Inhaltes des Streitpatents und dessen ursprünglichen Anmeldungsunterlagen (WO) durch einen Fachmann, ist daher nicht davon auszugehen, dass dieser einerseits das Merkmal F des Streitpatents als zwingendes Merkmal der WO entnehmen kann bzw warum er dies tun sollte, andererseits ist nicht einzusehen, weshalb der Fachmann, selbst unter Zuhilfenahme der Offenbarungen der WO bzw des Streitpatents, zum Zweck der Ausführung des im Streitpatent beschriebenen Verfahrens das dort angeführte Merkmal F dahin auslegen sollte, dass es sich bei der „Überlagerung“ eines Originalbildes mit einem Gittermuster eigentlich um die Darstellung eines Originalbildes durch Linien etc mit geeignetem Abstand handelt.

5.   Die Nichtigkeitsabteilung hält in ihrer Entscheidung fest, dass auch offenbart sein könne, was in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen nicht ausdrücklich erwähnt werde, für den Fachmann jedoch bei der Ausführung der Erfindung selbstverständlich sei und deshalb als zwingend dazugehörend mitgelesen werde. „Eine implizite Offenbarung“ umfasse demnach „lediglich das dem Fachmann als zwingend erforderlich Bekannte“, nicht jedoch die dem Fachmann günstigste bzw wahrscheinlichste technische Lösung des erfinderischen Problems.

Dem kann prinzipiell zugestimmt werden. Das Wesen einer Erfindung ist die technische Lösung der jeweiligen erfindungsgemäßen Problemstellung. Diese ist, um den gesetzlichen Anforderungen zu genügen (§§ 87a, 91 PatG) am Anmeldetag, durch technische Merkmale genau und unterscheidend gekennzeichnet, explizit zu charakterisieren, wobei jedoch nur wesentliche Merkmale anzuführen sind, nicht jedoch – auch um Weitläufigkeiten zu vermeiden -, für den Fachmann Selbstverständliches und was der Fachmann, auch im Hinblick auf die Ausführung der Erfindung, im Rahmen der expliziten Offenbarung der Erfindung impliziert, also aus funktioneller Notwendigkeit zwingend einbringen/ergänzen muss, um die Erfindung ausführen zu können. Darunter fallen konsequenter Weise auch Maßnahmen, die wesentlich bzw für die Ausführung einer Erfindung zwingend notwendig sind und die erfindungsgemäße technische Lösung diesbezüglich funktionell ergänzen. Davon kann allerdings nur umfasst sein, was zum Zeitpunkt der Priorität einem Fachmann (an sich) bekannt ist. Keinesfalls fallen darunter äquivalente, neue bzw eigene technische Lösungswege oder (zusätzliche) Merkmale, die neue bzw eigene technische Lösungen des erfindungsgemäßen Problems ergeben, also durch deren Aufnahme der ursprüngliche erfindungsgemäße Lösungsweg verlassen und damit das Wesen der Erfindung abgeändert wird.

Es besteht daher ein grundlegender Unterscheid zur Bestimmung des tatsächlichen Schutzbereichs eines Schutzbegehrens (§ 22a PatG), die auch technisch äquivalente Lösungen für ein erfindungsgemäßes technisches Problem umfasst, sofern diese innerhalb der Grenzen liegen, welche einerseits durch im Sinne der Rechtssicherheit für Dritte notwendigen hinreichenden Vorhersagbarkeit des Schutzbereichs, andererseits durch den Umstand bestimmt werden, dass eine Fachperson dafür nicht erfinderisch tätig werden muss (zB OGH 4 Ob 178/03k; Op 1/08, PBl 2010, 31).

Das in der WO offenbarte erfindungsgemäße Verfahren betrifft die Sicherung von Dokumenten vor Vervielfältigung, insbesondere durch Kopiervorrichtungen. Dabei wird der so genannte Moiré-Effekt ausgenutzt, also optische Verzerrung(seindrücke), die sich durch geringe Unterschiede bei der Überlagerung von Linien oder Mustern ergeben. Dies ergibt sich durch Ausnützung des Umstands, dass die Scaneinrichtungen von handelsüblichen Kopiervorrichtungen fest beabstandet angeordnet sind und damit erzeugte Druckwerke in entsprechenden Streifen ausgeführt werden. Wird ein Muster/Bild in, mit den Abständen der Scaneinrichtungen einer Kopiervorrichtung divergierenden, Mustern dargestellt, so wird die Kopie auf dem Moiré-Effekt beruhende, erkennbare Fehler aufweisen und somit als Kopie kenntlich.

Bezüglich der Offenbarung der WO hat die Berufungswerberin zwar insofern Recht, als dort Gitterstrukturen erwähnt werden, die man als Überlagerung eines Bildes interpretieren kann (zB Figuren 1b und 1c, entsprechende Figurenbeschreibungen, Seite 14, „Snow fence“, Seite 11 Zeilen 5 ff). Allerdings weist die Beschreibung auch explizit auf einen offenbar erfindungswesentlichen Vorteil hin, der einer solchen Interpretation entgegensteht, nämlich, dass die vorliegende Erfindung eben keiner zusätzlicher bzw überlagerter Gitterstrukturen bedarf, um Schutz (bzw Kennzeichnung) vor der Vervielfältigung durch Kopiervorrichtungen zu bieten, sondern eben die durch die bereits in Kopiervorrichtungen üblicherweise enthaltenen Scaneinrichtungen geschaffenen Gitter/Linienstrukturen ausnützt (Seite 6, Zeilen 7 ff). Dadurch wird dem Fachmann deutlich gemacht, dass die, eine überlagerte Gitterstruktur betreffenden Textabschnitte der Beschreibung sowohl der WO als auch des Streitpatents, lediglich der Illustration des der Erfindung zugrunde liegenden technischen Effekts dienen und nicht Teil der technischen Lösung der zugrunde liegenden erfindungsgemäßen Problemstellung sind.

Daran erkennt der Fachmann auch, dass eine, zu den bereits durch die Scanner von Kopiereinrichtungen erzeugten Linienstrukturen hinzutretende weitere Überlagerung eines Bildes mit einer zusätzlichen Gitterstruktur, wie Merkmal F des Streitpatents es vorsieht, kein zwingend notwendiges Merkmal ist, welches als an sich bekannte Maßnahme für die Ausführung der Erfindung vorzusehen wäre. Genau genommen handelt es sich dabei nicht einmal um eine äquivalente Ausführungsform, sondern um eine neue, alternative technische Lösung zu der in der WO offenbarten technischen Lösung des erfindungsgemäßen Problems. Dies ist auch daran zu erkennen, dass der Fachmann aufgrund der Offenbarung der WO gar nicht in der Lage wäre, das Verfahren des Streitpatents auszuführen, da darin nirgendwo Anleitung gegeben wird, wie und womit eine derartige Überlagerung durchzuführen wäre.

Ein Fachmann, der die gegenständliche Erfindung gemäß der Offenbarung der WO ausführen wollte, kann daher aus den genannten Gründen nur zu dem Schluss kommen, dass eine zusätzliche, überlagerte Gitterstruktur gemäß Merkmal F des Streitpatents nicht zur technischen Lösung des erfindungsgemäßen Problems gemäß der Offenbarung der WO gehört. Das Merkmal F wird ausschließlich im Anspruch 1 des Streitpatents offenbart. Seine Aufnahme in den Anspruch 1 des Streitpatents betrifft daher ohne Zweifel das Wesen der in der WO offenbarten Erfindung, indem es für den Fachmann einen nicht äquivalenten, alternativen Lösungsweg für das zugrunde liegende technische Problem, ie die Darstellung eines Bildes in Form von Linienmustern, aufzeigt, nämlich eine Überlagerung eines Bildes mit einem entsprechenden Gittermuster, und geht damit über die ursprüngliche Offenbarung der WO hinaus. Das Merkmal F des Streitpatents ist daher weder explizit noch implizit den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen zum Streitpatent, also der WO Schrift, zu entnehmen.

6.   Da das Streitpatent somit bereits aufgrund der zu Merkmal F angeführten Argumente von der Nichtigkeitsabteilung zu Recht als nichtig erkannt wurde, muss auf die zu Merkmal G gebrachten Ausführungen der Berufungswerberin nicht eingegangen werden. Es wird dazu lediglich bemerkt, dass sich die von der Berufungswerberin als Offenbarung angeführte Textstelle, ie WO Seite 8, Zeile 13, nicht auf ein überlagertes Gittermuster und dessen Unkenntlichkeit bezieht, sondern darauf, dass die Ausführung eines Banknotenzeichens in Linien in Abweichung zu einem Scanner geschieht, wobei dieses die Banknote darstellende Linienmuster dem bloßen Auge nicht erkennbar sein soll („producing the note image lineations in mismatch to the scanner of a color copier.“ „The mismatch would be slight and not noticeable to the naked eye …”). Dadurch wird jedenfalls nicht nachgewiesen, dass eine Überlagerung eines Bildes mit einem Gittermuster gemäß Merkmal F der WO zu entnehmen ist. Insofern ist auch das Argument der Berufungswerberin ohne Relevanz, dass die Nichtigkeitsabteilung die mangelnde Offenbarung von Merkmal G lediglich aufgrund des Fehlens des Überlagerungsdruckmusters in Form von Merkmal F angenommen habe.

Die zahlreichen von der Berufungswerberin angeführten und aus der WO entnommenen Textpassagen hat die Nichtigkeitsabteilung bezogen auf die implizite Offenbarung einer „Überlagerung“ im Sinne von Merkmal F des Streitpatents in zutreffender Weise erörtert. Dabei wurden zur Auslegung des Patentanspruchs entsprechend der Rechtsprechung des OPM die Beschreibung und Zeichnungen nachvollziehbar beurteilt (Op 3/09).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 122 Abs 1 und 140 PatG iVm § 41 Abs 1 und § 50 Abs 1 ZPO. Die Bemessungsgrundlage von 200.000 EUR ist unstrittig.

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