JudikaturJustizOm8/09

Om8/09 – OPMS Entscheidung

Entscheidung
09. Dezember 2009

Kopf

Der Oberste Patent- und Markensenat hat durch den Präsidenten des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Erich Kodek, die Räte des Obersten Patent- und Markensenates Mag. Gerald Pilz, Dr. Gerhard Prückner, Dr. Manfred Vogel als rechtskundige Mitglieder sowie den Rat des Obersten Patent- und Markensenates Mag. Maximilian Görtler als fachtechnisches Mitglied in der Markenrechtssache der Antragstellerin   L *****  G m b H ,  ***** vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. Lothar Wiltschek, Rotenturmstraße 16-18, 1010 Wien, wider die Antragsgegnerin   F *****  O G H ,   *****vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Axel Friedberg, Gonzagagasse 3, 1010 Wien, wegen Löschung der österreichischen Marke Nr 225 614, über die Berufung der Antragsstellerin gegen die Endentscheidung der Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamtes vom 13. Feber 2009, Zl Nm 142/2006-3, entschieden:

Spruch

Der Berufung wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass sie wie folgt zu lauten hat:

„Die für Waren und Dienstleistungen der Klassen 20 (Möbel), 35 (Geschäftsführung, Büroarbeiten, Hilfe bei Organisation und Führung von Unternehmen, Organisationsberatung in Geschäftsangelegenheiten, betriebswirtschaftliche Beratung, Betrieb einer Im- und Exportagentur) und 39 (Transportwesen, insbesondere Dienstleistungen einer Spedition; Lagerung von Waren) registrierte Marke Nr 225 614 wird mit Wirksamkeit vom 27. Juni 2005 (Zeitpunkt ihrer Registrierung) gelöscht.“

Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Antragstellerin die mit 6.735,82 EUR bestimmten Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz (darin enthalten 866,57 EUR Umsatzsteuer und 1.536,40 EUR Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

G r ü n d e :

Die Antragstellerin ist Inhaberin der nachfolgenden österreichischen Marke Nr 205 519, die mit Priorität vom 24. Juni 2002 Schutz (ua) für die Klassen 20 (Möbel) und 35 (Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung und Büroarbeiten) genießt:

Die Antragsgegnerin ist Inhaberin nachfolgender österreichischer Marke 225 614, mit Priorität vom 27. Juni 2005 für Waren und Dienstleistungen der Klassen 20 (Möbel), 35 (Geschäftsführung, Büroarbeiten, Hilfe bei Organisation und Führung von Unternehmen, Organisationsberatung in Geschäftsangelegenheiten, betriebswirtschaftliche Beratung, Betrieb einer Im- und Exportagentur) und 39 (Transportwesen, insbesondere Dienstleistungen einer Spedition; Lagerung von Waren) registriert ist:

Die Antragstellerin beantragte mit Eingabe vom 19. Dezember 2006, die prioritätsjüngere Marke der Antragsgegnerin aufgrund des Rechts an der älteren – überdies bekannten – Marke (§ 30 MSchG) und aufgrund der prioritätsälteren Rechte an der besonderen Bezeichnung des Unternehmens „Mömax“ (§ 32 MSchG) zur Gänze zu löschen.

Das Zeichen MÖMAX werde von der Antragstellerin seit Oktober 2002 intensiv als besondere Bezeichnung ihrer „Mömax“-Möbelmärkte, also eines Teilbetriebs ihres Unternehmens (§§ 12 und 32 MSchG), verwendet; damals habe sie den ersten MÖMAX-Möbelmarkt in Dornbirn eröffnet. Inzwischen verfüge die Antragstellerin in Österreich über acht MÖMAX-Märkte. Jeder dieser Möbelmärkte setze die Grundidee des modernen Wohnens zu günstigen Preisen um. Sieben Logistikzentren sorgten für die rasche Belieferung aller Standorte. Den Kunden stehe ein MÖMAX-Fuhrpark für die Zustellung der gekauften Produkte nach Hause zur Verfügung. Aufgrund der intensiven Werbung seien die MÖMAX-Märkte und das Zeichen MÖMAX seit Jahren in Österreich überaus bekannt.

Aufgrund ihrer Bekanntheit genieße die Marke der Antragstellerin den erweiterten Schutz des § 10 Abs 2 MSchG. Die Marke der Antragsgegnerin sei für dieselben Waren der Klasse 20 sowie für dieselben oder weitestgehend ähnlichen Dienstleistungen der Klasse 35 registriert wie für die Marke der Antragstellerin. Durch den Gebrauch des der Marke ähnlichen Zeichens MaxMö für die Dienstleistungen „Transportwesen, insbesondere Dienstleistungen einer Spedition, Lagerung von Waren“ der Klasse 39 nütze die Antragsgegnerin die Unterscheidungskraft und Wertschätzung der Marke der Antragstellerin ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise aus und beeinträchtige sie, denn diese Dienstleistungen erbringe auch ein Möbelhaus, das Möbel lagere und zu Kunden transportiere oder transportieren lasse, und die Dienstleistungen würden daher dem Inhaber der älteren – noch dazu bekannten – Marke zugeschrieben. Die Dienstleistungen der Klasse 39 erbringe auch der Teilbetrieb MÖMAX des Unternehmens der Antragstellerin. Daher genieße die besondere Bezeichnung dieses Unternehmens mangels durchgreifender Branchenverschiedenheit Schutz auch für diese Dienstleistungen. Die Zeichen MÖMAX und MAXMÖ seien hochgradig ähnlich.

Die Antragsgegnerin stellte außer Streit, dass die Marke der Antragstellerin bekannt ist. Sie beantragte die Abweisung des Löschungsantrags mit der Behauptung, die einander gegenüberstehenden Wortbildmarken seien nicht nur grafisch, sondern auch im Klang so unterschiedlich, dass keine Verwechslungsfähigkeit bestehe.

Die Nichtigkeitsabteilung hat den Löschungsantrag abgewiesen. Abzustellen sei im Verfahren nach § 30 MSchG allein auf den Registerstand der Marke, nicht aber auf die tatsächliche Art und Weise der Verwendung im geschäftlichen Verkehr. Die bessere Priorität der Marke der Antragstellerin sei unstrittig. Bei der Prüfung der Verwechselbarkeit komme es auf das Verständnis an, das ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart vom Gesamteindruck der Marken gewinne. Die beteiligten Verkehrskreise könnten das Zeichen der Antragstellerin in zwei Varianten lesen, nämlich „möma – Sieht doch gleich besser aus“ oder „mömax – Sieht doch gleich besser aus“. Die Wortbestandteile der Marke der Antragsgegnerin fasse der Verkehr als „Maximaler Möbelmarkt MaxMö“ oder „MaxMö Maximaler Möbelmarkt“ auf und identifiziere dabei den Begriff „MaxMö“ als Zusammensetzung der ersten Buchstaben der Wörter „Maximaler“ und „Möbelmarkt“. Ausgehend von den prägenden Wortbestandteilen der Zeichen („möma“ bzw „mömax“ und „MaxMö“) seien die Wortbilder der beiden Zeichen unterschiedlich; gleiches gelte für den Wortklang und die grafische Ausgestaltung der Marken. Damit sei keine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 30 Abs 1 MSchG zu befürchten. Auch der Löschungsgrund des § 30 Abs 2 MSchG liege nicht vor, weil dieser Tatbestand gleiche oder ähnliche Marken voraussetze; eine Ähnlichkeit liege aber nicht vor. Eine Löschung komme auch nach § 32 MSchG nicht in Betracht, weil dafür eine besondere Bezeichnung des Unternehmens oder eine dieser Bezeichnung ähnliche Bezeichnung ohne Zustimmung als Marke oder als Bestandteil einer Marke registriert worden sein müsse, um die Löschung einer Marke zu begründen; aus den unterschiedlichen Wortlauten „mömax“ und „MaxMö“ ergebe sich aber, dass weder die Bezeichnung „mömax“ selbst oder eine ihr ähnliche Bezeichnung als Marke oder als Bestandteil einer Marke registriert worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung der Antragstellerin ist berechtigt.

Die Antragsgegnerin hat die Bekanntheit und die dadurch gesteigerte Kennzeichnungskraft der Marke der Antragstellerin mit dem blickfangartig hervorgehobenen Wortbestandteil „mömax“ zugestanden. Damit genießt die Marke der Antragstellerin den erweiterten Schutz des § 10 Abs 2 MSchG. Dieser gilt aufgrund eines Größenschlusses auch dann, wenn der Dritte das Zeichen für Waren oder Dienstleistungen benutzt, die mit den von der eingetragenen Marke erfassten gleich oder ähnlich sind (EuGH C-292/00 = Slg 2003, I-389; OGH 17 Ob 15/09v – Styriagra).

Der Schutz der bekannten Marke setzt zwar keine Verwechslungsgefahr voraus, wohl aber eine solche Ähnlichkeit, dass das Publikum die Zeichen gedanklich miteinander verknüpft (EuGH C-408/01 = Slg 2003, I-12537 - Adidas-Salomon und Adidas Benelux; EuGH C-487/07 – L’Oréal mwN). Das Bestehen einer solchen Verknüpfung ist unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (EuGH C-252/07 = ÖBl-LS 2009/80 – Intel Corporation). Die einander gegenüberstehenden Zeichen müssen einander gleich oder ähnlich sein, weil es typischerweise nur dadurch zu einer Rufausbeutung, Rufbeeinträchtigung oder Verwässerung der bekannten Marke kommen kann (4 Ob 122/05b = SZ 2005/173 – Red Dragon; RIS-Justiz RS0120364).

Eine derartige Ähnlichkeit zwischen den Marken der Streitteile ist hier zu bejahen: Beide Marken werden von ihren Wortbestandteilen „Mömax“ bzw „MaxMö“ geprägt, die jeweils aus zwei identischen Silben bestehen, die im Zeichen der Antragsgegnerin nur vertauscht sind. Dieser bloße Silbentausch bei einem aus fünf Buchstaben bestehenden dominierenden Markenbestandteil bewirkt eine hochgradige Ähnlichkeit im Wortbild.

Die bekannte Marke ist zwar nach Art 5 Abs 2 MarkenRL nur gegen eine unlautere Beeinträchtigung oder Ausnutzung der Unterscheidungskraft oder Wertschätzung geschützt (4 Ob 36/04d – Firn; 4 Ob 122/05b – Red Dragon; RIS-Justiz RS0118990, RS0115930); das bloße Bestehen einer gedanklichen Verknüpfung reicht dafür nicht aus (EuGH C-252/07 – Intel Corporation Rz 31 f; EuGH C-487/07 – L’Oréal Rz 37). Bei Verwendung eines identischen oder ähnlichen Zeichens liegt es allerdings wegen der bei bekannten Marken offenkundigen Möglichkeit einer Rufausnutzung nahe, unlautere Motive zu vermuten (4 Ob 122/05b – Red Dragon; 17 Ob 15/09v - STYRIAGRA; RIS-Justiz RS0120365). Das trifft nach der Rechtsprechung des EuGH insbesondere dann zu, wenn ein Dritter versucht, „sich durch die Verwendung eines Zeichens, das einer bekannten Marke ähnlich ist, in den Bereich der Sogwirkung dieser Marke zu begeben, um von ihrer Anziehungskraft, ihrem Ruf und ihrem Ansehen zu profitieren, und ohne jede finanzielle Gegenleistung und ohne dafür eigene Anstrengungen machen zu müssen, die wirtschaftlichen Anstrengungen des Markeninhabers zur Schaffung und Aufrechterhaltung des Images dieser Marke auszunutzen“ (EuGH C-487/07 – L’Oréal Rz 49).

Gleiches muss auch für das Ausnutzen nicht der Wertschätzung, sonder der Unterscheidungskraft einer bekannten Marke gelten: Verwendet ein Dritter die bekannte Marke, um dadurch das Interesse des Publikums auf sein Produkt zu lenken, so profitiert er von der Bekanntheit dieser Marke, ohne dafür eigene Anstrengungen machen zu müssen; er hängt sich an die Bekanntheit der fremden Marke an, um den Absatz seiner eigenen Waren oder Dienstleistungen zu fördern (17 Ob 15/09v – STYRIAGRA).

Im vorliegend Fall besteht kein Zweifel, dass die Antragsgegnerin die hohe Bekanntheit der Marke der Antragstellerin bei der gegebenen Branchenidentität ausnutzt, um mit Hilfe ihrer – im Wesentlichen nur durch Silbenrotation aus der älteren Marke gebildeten – ähnlichen jüngeren Marke Interesse auf ihre eigenen Produkte und Dienstleistungen zu lenken. Darin liegt nach der oben dargestellten Rechtsprechung ein unlauteres Ausnutzen (zumindest) der Unterscheidungskraft der bekannten Marke. Es besteht zumindest die ernsthafte Gefahr, dass die Benützung der Marke der Antragsgegnerin das wirtschaftliche Verhalten des Durchschnittsverbrauchers künftig verändern wird, was als Nachweis für die Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft genügt (EuGH C-252/07 = ÖBl-LS 2009/80 – Intel Corporation). Der Löschungstatbestand des § 30 Abs 2 MSchG ist damit erfüllt.

Der Berufung ist Folge zu geben und die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, dass dem Löschungsantrag stattgegeben wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 42 Abs 1 MSchG iVm § 122 Abs 1 und § 140 PatG sowie §§ 41, 50 ZPO. Die Bemessungsgrundlage beträgt 36.000 EUR (§ 5 Z 14 AHK).

Rechtssätze
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