JudikaturJustizOm7/09

Om7/09 – OPMS Entscheidung

Entscheidung
25. November 2009

Kopf

Der Oberste Patent- und Markensenat hat durch den Präsidenten des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Erich KODEK, die Räte des Obersten Patent- und Markensenates Mag. Carmen LOIBNER-PERGER, Dr. Irmgard GRISS und Dr. Manfred VOGEL als rechtskundige Mitglieder sowie den Rat des Obersten Patent- und Markensenates Dipl.-Ing. Dr. Kurt EHRENDORFER als fachtechnisches Mitglied in der Markenrechtssache der Antragstellerin   F *****  G m b H ,   ***** vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Harald Schmidt, Mariahilfer Straße 1d, 1060 Wien, wider die Antragsgegnerin   C*****  A G ,   ***** Schweiz, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. Lothar Wiltschek, Rotenturmstraße 16-18, 1010 Wien, wegen teilweiser Unwirksamerklärung der internationalen Marke Nr 726 496 für das Gebiet der Republik Österreich, über die Berufung der Antragstellerin gegen die Endentscheidung der Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamtes vom 11. März 2009, Zl Nm 58/2005-7 den Beschluss gefasst:

Spruch

Der Berufung der Antragstellerin wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an die Nichtigkeitsabteilung zurückverwiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

G r ü n d e :

Die Antragsgegnerin ist Inhaberin der internationalen Marke IR 726 496 GOLDHASE (Priorität vom 25. August 1999), die für folgende Waren geschützt ist:

Klasse 30: Cacao, cacao d'avoine, extraits de cacao à usage alimentaire et pour la consommation, masses de chocolat et couvertures, chocolat, sucreries, massepain, succédanés de massepain, chocolat et sucreries en tant que décorations d'arbres de Noël, pralines, aussi fourrées de liquides, notamment de vins et spiritueux; pâtisserie et confiserie, poudre pour faire lever, poudre pour faire du pouding, glaces alimentaires à la crème, glaces alimentaires aux fruits, extraits de levure à usage alimentaire, poudre pour faire des glaces alimentaires.

Mit Schriftsatz vom 4. Mai 2005 beantragte die Antragstellerin, den im Warenverzeichnis angeführten Waren « chocolat, sucreries, massepain, succédanés de massepain, chocolat et sucreries en tant que décorations d'arbres de Noël, pralines, aussi fourrées de liquides, notamment de vins et spiritueux; pâtisserie et confiserie» (Schokolade, Zuckerwaren, Marzipan, Marzipanersatzmittel, Schokolade und Zuckerwaren als Christbaumschmuck, Pralinen auch gefüllt mit Flüssigkeiten, insbesondere mit Wein und Spirituosen, Backwaren und Konditorwaren) , für die die Marke unter anderem eingetragen ist, den Zusatz « toutes les produits sauf en forme du lièvre ou lapin en couleur ou sutface doré, en tant que de Pâques ou de Noël « („ alle diese Waren nicht in Form eines Hasen oder Kaninchens goldener Farbe oder Oberfläche sofern für Ostern oder Weihnachten") hinzuzufügen und die Marke damit teilweise für unwirksam zu erklären.

Die Antragstellerin stützt ihren Antrag auf § 33 iVm § 4 Abs 1 Z 4 MSchG. Es sei handelsüblich, aus Schokolade, Zuckerwerk, Marzipan und dessen Ersatzstoffen Tierfiguren herzustellen, die in Goldfolie gewickelt oder sonst goldgelb gefärbt werden. Die Antragsgegnerin bringe in goldenes Stanniolpapier gewickelte Schokoladehasen in Verkehr und werbe dafür seit 2001 massiv. In ihrer kleinsten Form eigneten sich die Hasen auch als Baumbehang.

Die Verbindung von GOLD und HASE ergebe keinen neuen, phantasievollen Gesamtbegriff, sondern werde als beschreibende Anpreisung verstanden. Der Begriff GOLDHASE sei für in goldenes Stanniolpapier gewickelte Hasenfiguren rein beschreibend und damit von der Registrierung ausgeschlossen. Im Prioritätszeitpunkt habe für die Antragsgegnerin keine Verkehrsgeltung bestanden. Das Deutsche Patentamt habe zu S 157/02 erkannt, dass bei GOLDHASE der beschreibende Charakter im Vordergrund stehe.

Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag abzuweisen.

Es sei unbestreitbar, dass es das Wort GOLDHASE als Bezeichnung für Schokolade oder für sonstige Waren, für welche die Marke Schutz genieße, nicht gebe. Bei Eingabe des Suchbegriffs "goldhase" in google.at schienen in Österreich nur 274 Eintragungen auf, die sich praktisch zur Gänze auf die bekannte Marke der Antragsgegnerin bezögen. Das Wort GOLDHASE sei daher weder zur Bezeichnung eines Süßwarenprodukts notwendig noch werde es tatsächlich in diesem Sinn verwendet; soweit es verwendet werde, geschehe dies zur Kennzeichnung des Produkts der Antragsgegnerin.

Aus der bloßen Tatsache, dass es mit goldener Folie überzogene Osterhasen gibt, folge nicht, dass solche Produkte als GOLDHASE bezeichnet würden. Als beschreibende Angabe werde GOLDHASE nicht verstanden, ebenso wenig wie etwa das Wort GOLDLAMM, obwohl es in Goldfolie gewickelte Osterlämmer gebe.

Das Patentamt habe daher auch keine Bedenken gegen den Schutz der internationalen Marke der Antragsgegnerin für Österreich gehabt. Auch bei der Registrierung der ÖM 101 432 GOLDHASE für die Mirabell Salzburger Confiserie- und Bisquit-GmbH im Jahr 1982 habe das Patentamt nichts Beschreibendes an diesem Wort erkennen können.

Beschreibend könne ein Wort nur wegen seines Bedeutungsinhalts sein, einen solchen besitze das Wort GOLDHASE nicht. Dass Wortverbindungen mit "Gold" als Bestimmungswort schutzfähig sind, werde durch zahlreiche als Kennzeichen verwendete Wortverbindungen bewiesen, wie GOLDPERLE für Margarine, GOLDENER OKTOBER, GOLDNER SEPTEMBER, GOLDENER NOVEMBER, GOLDBRÄU, GOLDQUELL, GOLDSTERN, GOLD STAR TEA. Dass der Begriff GOLDHASE mit einem Schokoladenprodukt in Verbindung gebracht werde, sei allein darauf zurückzuführen, dass GOLDHASE als Bezeichnung des Schokoladehasen der Antragsgegnerin in Österreich Bekanntheit erreicht habe.

Die Nichtigkeitsabteilung wies den Antrag auf teilweise Unwirksamerklärung der internationalen Marke Nr 726 496 ab.

Bei der Beurteilung, ob die Bezeichnung GOLDHASE rein beschreibend sei, komme es darauf an, welche Bedeutung die beteiligten Verkehrskreise dieser Bezeichnung beimessen, wenn sie damit in Bezug auf die streitgegenständlichen Waren konfrontiert werden. Es handle sich dabei um Waren des täglichen Bedarfs; beteiligte Verkehrskreise seien daher Konsumenten wie auch Händler.

Das Zeichen setzte sich aus GOLD und HASE zusammen. Die beteiligten Verkehrskreise verstünden GOLDHASE im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren als Bezeichnung eines in Goldfolie verpackten Hasen und sähen darin lediglich eine Angabe über Form, Farbe und Qualität des Produkts. Als Zeichenbestandteil werde GOLD üblicherweise verwendet, um über dem Durchschnitt liegende Qualität auszudrücken. Die Verbindung von GOLD und HASE sei nicht eigenartig; sein Sinngehalt gehe über den der beiden miteinander verbundenen Wörter nicht hinaus. GOLDHASE werde daher nicht als Herkunftshinweis verstanden, sondern als bloßer Hinweis auf einen in Goldfolie verpackten Hasen.

Als rein beschreibende Angabe sei GOLDHASE nicht schutzfähig; der Löschungstatbestand des § 33 MSchG iVm § 4 Abs 1 Z 4 MSchG sei daher erfüllt. Die Antragstellerin habe jedoch bloß die teilweise Unwirksamerklärung der Marke durch Einschränkung des Warenverzeichnisses begehrt.

Nach der Postkantoor -Entscheidung des EuGH seien Ausnahmevermerke aus Gründen der Rechtssicherheit unzulässig, wenn sie für die beteiligten Verkehrskreise nicht ohne weiters nachzuvollziehen seien. Das gelte insbesondere für Zusätze, die den wirtschaftlichen Charakter der Ware nicht verändern oder zumindest konkretisieren.

Die von der Antragstellerin beantragte Einschränkung des Warenverzeichnisses schließe lediglich ganz bestimmte Merkmale der ursprünglich registrierten Waren aus, nämlich Form und Farbe. Der zeitliche Umfang des Ausschlusses des Verkaufs zu Ostern oder Weihnachten sei unklar; auch diese Einschränkung sei mit der Rechtssicherheit nicht vereinbar. Die beantragte Einschränkung des Warenverzeichnisses sei daher unzulässig. Das führe zur Abweisung des Begehrens, weil die Nichtigkeitsabteilung nicht befugt sei, die Marke über den begehrten Umfang hinaus zu löschen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Antragstellerin mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass ihrem Begehren stattgegeben werde; in eventu wird beantragt, die Entscheidung aufzuheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung an die Nichtigkeitsabteilung zurückzuverweisen.

Die begehrte Einschränkung des Warenverzeichnisses sei mit der Entscheidung Postkantoor vereinbar. Form und Farbe könnten nur ein Merkmal von Schokolade-Figuren sein; deren Wesen unterscheide sich grundlegend von "Riegel"-Schokolade. Durch die Ausnahme bestimmter Formen und Farben vom (geformte und ungeformte Ware) umfassenden Begriff "Schokolade" werde dessen Schutzbereich durchaus wirtschaftlich nachvollziehbar und rechtlich relevant eingeschränkt. Als bloße Eigenschaft könnte allenfalls bloß "für Ostern oder Weihnachten" angesehen werden; Oster- und Weihnachtsware bilde aber jeweils ein eigenes Sortiment. Die Entscheidung Postkantoor dürfe nicht dahin verallgemeinert werden, dass Ausnahmevermerke schlechthin unzulässig wären; ihre Zulässigkeit sei vielmehr nach den konkreten Waren und Dienstleistungen zu beurteilen. Sollten Zweifel an der Reichweite der Entscheidung bestehen, so wäre gegebenenfalls eine Vorab-entscheidung einzuholen. Andernfalls wäre die angefochtene Entscheidung wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens aufzuheben. Die Vorsitzende des Senats der Nichtigkeitsabteilung habe die Vertreter der Parteien nach Eröffnung der mündlichen Verhandlung lediglich ersucht, zur Zulässigkeit des Disclaimers im Hinblick auf die Postkantoor -Entscheidung Stellung zu nehmen. Wäre die Entscheidung erörtert worden, hätte der Vertreter der Antragstellerin (zumindest eventualiter) die Unwirksamerklärung im Umfang der Entscheidung des Deutschen Patentamts beantragen können.

Die Antragsgegnerin hält dem entgegen, dass GOLDHASE für die beanspruchten Waren der Klasse 30 nicht rein beschreibend sei. GOLDHASE sei eine fantasievolle Neuschöpfung; das Wort GOLDHASE sei zur Bezeichnung eines Süßwarenprodukts weder notwendig noch üblich; es werde fast ausschließlich zur Bezeichnung des Produkts der Antragsgegnerin verwendet. Selbst wenn man aber den beschreibenden Charakter der Marke GOLDHASE bejahte, wäre der Antrag auf teilweise Unwirksamerklärung der Marke nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist im Sinne ihres Aufhebungsantrags berechtigt.

Nach dem - gemäß § 2 Abs 2 MSchG anwendbaren - § 33 Abs 1 MSchG kann aus einem von Amts wegen wahrzunehmenden Grund jedermann die Löschung einer Marke begehren. Von Amts wegen wahrzunehmen ist der ausschließlich beschreibende Charakter eines Zeichens; nach § 4 Abs 1 Z 4 MSchG sind von der Registrierung Zeichen ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können.

Beschreibend sind Marken, die für die beteiligten Verkehrskreise eine unmittelbare und ohne weiters erkennbare Aussage über die Art, Natur, Beschaffenheit etc der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen enthalten (EuGH Rs C-326/01 P - Universaltelefonbuch , Randnummern 26, 33 mwN). Das trifft, wie die Nichtigkeitsabteilung dargelegt hat, für GOLDHASE zu.

Dass, wie die Berufungsgegnerin ausführt, GOLDHASE fast ausschließlich für ihr Produkt verwendet werde, vermag den beschreibenden Charakter nicht zu widerlegen. Denn maßgebend ist nicht die derzeitige Verkehrsanschauung, sondern die Anschauung der beteiligten Verkehrskreise im Prioritätszeitpunkt. Dass aber GOLDHASE (schon) damals in Verbindung mit den beanspruchten Waren als Herkunftshinweis verstanden worden wäre, hat die Antragsgegnerin im Verfahren vor der Nichtigkeitsabteilung weder behauptet noch bewiesen.

Die Antragstellerin hat nicht die Unwirksamerklärung der Marke zur Gänze, sondern die Beifügung eines einschränkenden Zusatzes begehrt. Die Nichtigkeitsabteilung hat die Einschränkung für unzulässig erachtet und sich dabei auf die Entscheidung Postkantoor des EuGH gestützt.

In dieser Entscheidung (Rs C-363/99 - Postkantoor ) ging es (ua) um die Frage, ob es mit der Marken-Richtlinie und der Pariser Verbandsübereinkunft vereinbar ist, eine Marke für bestimmte Waren oder Dienstleistungen mit der Beschränkung einzutragen, dass die Eintragung für die Waren oder Dienstleistungen nur gilt, soweit sie eine bestimmte Beschaffenheit oder bestimmte Beschaffenheiten nicht besitzen (zB die Hinterlegung des Zeichens " Postkantoor“ für die Dienstleistungen "Betreuung von Direct-mailing-Kampagnen" und "Ausgabe von Briefmarken", soweit diese keinen Bezug zu einem Postamt haben).

In seiner Antwort hat der Gerichtshof klargestellt, dass ein Unternehmen nicht gehindert ist, die Eintragung einer Marke nicht für alle Waren und Dienstleistungen einer Klasse zu beantragen, sondern sich darauf beschränken kann, die Eintragung nur für bestimmte Waren oder Dienstleistungen zu beantragen (Randnummer 126). Wird aber die Eintragung für bestimmte Waren oder Dienstleistungen beantragt, so ist es nicht zulässig, dass die zuständige Behörde die Marke nur insoweit einträgt, als die fraglichen Waren oder Dienstleistungen ein bestimmtes Merkmal nicht aufweisen (Randnummer 128). Begründet hat der Gerichtshof seine Auffassung damit, dass eine solche Praxis zu Rechtsunsicherheit über den Umfang des Markenschutzes führen würde. Dritte - insbesondere Konkurrenten - wären im Allgemeinen nicht darüber informiert, dass sich bei bestimmten Waren oder Dienstleistungen der durch die Marke verliehene Schutz nicht auf diejenigen Waren oder Dienstleistungen erstreckt, die ein bestimmtes Merkmal aufweisen, und könnten so dazu veranlasst werden, bei der Beschreibung ihrer eigenen Produkte auf die Verwendung der Zeichen oder Angaben zu verzichten, aus denen die Marke besteht und die dieses Merkmal beschreiben (Randnummer 129).

Die Nichtigkeitsabteilung hat die von der Antragstellerin begehrte Einschränkung als Angabe bestimmter Merkmale gewertet, bei deren Vorliegen kein Markenschutz bestehen solle. Die Berufungswerberin hält dem entgegen, dass die von ihr genannten Merkmale - Form und Farbe - nur bei Schokolade-Figuren vorliegen könnten, die sich von "Riegel"-Schokolade grundlegend unterschieden. Durch die Ausnahme bestimmter Formen und Farben vom (geformte und ungeformte) Ware umfassenden Begriff "Schokolade" werde dessen Schutzbereich durchaus wirtschaftlich nachvollziehbar und rechtlich relevant eingeschränkt. Auch Oster- und Weihnachtsware bilde ein eigenes Sortiment.

Die Berufungswerberin verkennt, dass es nicht darauf ankommt, ob es möglich ist, bestimmte Waren aufgrund der in der Einschränkung angeführten Merkmale von den Waren zu unterscheiden, für die die Marke geschützt ist. Maßgebend ist vielmehr, dass der Schutzbereich durch die Nennung (oder auch den Ausschluss) bestimmter Waren und Dienstleistungen bestimmt werden muss. Werden hingegen, wie in der beantragten Einschränkung, bestimmte Merkmale der beanspruchten Waren angeführt, bei deren Vorliegen die Waren nicht in den Schutzbereich fallen sollen, so kann dies zu Rechtsunsicherheit führen. Sind nämlich Waren im Warenverzeichnis angeführt, sollen sie unter bestimmten Voraussetzungen aber doch nicht in den Schutzbereich fallen, dann ist für die Mitbewerber nicht klar erkennbar, dass und in welchem Umfang sie das Zeichen verwenden dürfen.

In der mündlichen Verhandlung hat die Berufungswerberin auf den Beschluss des Bundespatentgerichts 26 W (pat) 21/07 verwiesen, in dem ein ähnlicher Zusatz für zulässig erachtet worden sei. Gegenstand des Beschlusses war die für verschiedene Dienstleistungen angemeldete Marke ZEITLAGER. Die ursprüngliche Anmeldung umfasste auch Dienstleistungen im Bereich des Lagerwesens; im Zuge des Verfahrens schränkte die Anmelderin das Warenverzeichnis aber um diese Dienstleistungen ein und fügte den noch beanspruchten Dienstleistungen aus dem Marketing-, Geschäftsführungs- und Organisationsbereich den einschränkenden Zusatz "ausgenommen in Zusammenhang mit Zwischenlagern von Gegenständen" an. Letztlich verblieben im Dienstleistungsverzeichnis nur Dienstleistungen, für die ZEITLAGER selbst ohne einschränkenden Zusatz nicht unmittelbar beschreibend war. Im Übrigen vermöchte auch eine abweichende Meinung des Bundespatentgerichts an der Verbindlichkeit der Postkantoor -Entscheidung nichts zu ändern.

Die Nichtigkeitsabteilung hat daher die Zulässigkeit der beantragten Einschränkung zu Recht im Sinne der Postkantoor -Entscheidung verneint. In ihrer Verfahrensrüge macht die Berufungswerberin geltend, dass das Verfahren vor - der Nichtigkeitsabteilung mangelhaft geblieben sei, weil Inhalt und Konsequenzen dieser Entscheidung nicht erörtert worden seien.

Die Berufungswerberin verweist auf § 182a ZPO; diese Bestimmung gehört zu den zivilverfahrensrechtlichen Bestimmungen, die im Verfahren zur Löschung oder Unwirksamerklärung von Marken anzuwenden sind (§ 42 Abs 1 MSchG; § 119 Abs 1 PatG). Nach § 182a ZPO hat das Gericht das Sach- und Rechtsvorbringen der Parteien mit diesen zu erörtern. Außer in Nebenansprüchen darf das Gericht seine Entscheidung auf rechtliche Gesichtspunkte, die eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, nur stützen, wenn es diese mit den Parteien erörtert (§ 182) und ihnen Gelegenheit zur Äußerung gegeben hat.

§ 182a ZPO normiert damit das Verbot der Überraschungsentscheidung. Das Gericht muss seine Rechtsansicht mit den Parteien erörtern, wenn die Parteien rechtserhebliche Tatsachen erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten haben ( Fucik in Rechberger, ZPO3 § 182a ZPO mwN).

Nach dem Verhandlungsprotokoll hat die Vorsitzende im Verfahren vor der Nichtigkeitsabteilung zu Beginn der Verhandlung die Vertretung der Streitteile ersucht, zur Zulässigkeit des beantragten Disclaimers im Hinblick auf die Postkantoor -Entscheidung Stellung zu nehmen. Der Antragstellervertreter hat auf seine bisherigen schriftlichen Ausführungen verwiesen und den Antrag auf teilweise Unwirksamerklärung und Kostenersatz aufrecht erhalten. Eine Einschränkung auf Weihnachten und Ostern sei aufgrund der Postkantoor -Entscheidung nicht ausgeschlossen. Der Vertreter der Antragsgegnerin hat erklärt, den gesamten Antrag auf Unwirksamerklärung für unrichtig zu halten und sich daher nicht mit der Frage beschäftigt zu haben, ob man eine jahreszeitlich beschränkte unwirksame Marke beantragen könne.

Die Stellungnahmen der beiden Parteienvertreter zeigen, dass ihnen der Inhalt der Postkantoor -Entscheidung nicht bewusst war. Die Berufungswerberin gesteht dies auch zu und macht geltend, dass ihr Vertreter, wäre die Entscheidung erörtert worden, Vorbringen zum Unterschied zwischen Schokoladefiguren und Schokoladetafeln sowie Waren- und Dienstleistungsmerkmalen erstattet hätte. Nach dem Ergebnis dieser Erörterung hätte er den Antrag dahin ändern können, dass (zumindest eventualiter) die Unwirksamerklärung im Umfang der Entscheidung des Deutschen Patentamts beantragt werde.

Das im Verfahren vor der Nichtigkeitsabteilung unterbliebene Vorbringen betrifft rechtserhebliche Tatsachen. Wäre die Postkantoor -Entscheidung erörtert worden, hätten die Parteien Gelegenheit gehabt, ihr Vorbringen und die von ihnen gestellten Anträge zu ergänzen. Durch die fehlende Erörterung ist das Verfahren vor der Nichtigkeitsabteilung damit mangelhaft geblieben. Die angefochtene Entscheidung war daher aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an die Nichtigkeitsabteilung zurückzuverweisen.

Der Ausspruch über die Kosten beruht auf § 42 Abs 1 MSchG iVm § 122 Abs 1 und § 140 Abs 1 PatG sowie § 52 Abs 1 ZPO.

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