JudikaturJustizOm4/12

Om4/12 – OPMS Entscheidung

Entscheidung
30. Mai 2012

Kopf

Der Oberste Patent- und Markensenat hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Brigitte SCHENK, die Räte des Obersten Patent- und Markensenates Mag. Carmen LOIBNER-PERGER, Dr. Gerhard PRÜCKNER und Dr. Friedrich JENSIK als rechtskundige Mitglieder und den Rat des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Johannes WERNER als fachtechnisches Mitglied in der Markenrechtssache der Antragstellerin Firma   G *****  G e s e l l s c h a f t   m b H ,   *****vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH, Tuchlauben 17, 1014 Wien, gegen die Antragsgegner W *****, wegen Löschung der Marke Nr 169 189, über die Berufung der Antragsgegner gegen die Endentscheidung der Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamtes vom 28. April 2011, GZ Nm 86/2010-6 entschieden:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die Antragsgegner sind schuldig, der Antragstellerin die mit EUR 2.721,90 bestimmten Kosten (darin enthalten EUR 453,65 Umsatzsteuer) des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

G r ü n d e :

Die Antragsgegner sind Inhaber der österreichischen Wortmarke Nr 169 189 Urgestein-Tauern-Quelle, welche mit Priorität vom 15. November 1996 für Waren der Klasse 32, Alpines Tafel-Quellwasser, eingetragen ist.

Die Antragstellerin beantragte am 11. August 2010 aus dem Grund des § 33a MSchG die Löschung dieser Marke wegen Nichtgebrauchs.

Die Markeninhaber beantragten die Abweisung des Löschungsantrags. Eine Handelskette benutze die Marke der Antragsgegnerin rechtswidrig, dagegen hätten die Antragsgegner bereits Klage eingebracht. Es hätte eine ernsthafte Markenbenutzung stattgefunden. Täglich würden 25.000 Liter Wasser aus der eigenen Quelle über eine eigene Wasserversorgungsanlage an ein Hotelunternehmen geliefert. Am 5. Juni 2002 hätten die Antragsgegner mit der Tafelwassererzeugung begonnen. Es existierten zwei Leitungen, eine zum Hotel und eine für die Abfüllung von Wasser. Beim nächstfolgenden Wassertransport am 4. Juli 2002 habe der Hausverwalter die Zufahrt zur Wasserzapfstelle blockiert und diese versiegelt, weshalb der Wassertransport nicht durchgeführt habe werden können. Man versuche, den Antragsgegnern das Hotel und die Quelle wegzunehmen. Die Versiegelung der Wasserzapfstelle stelle höhere Gewalt dar. Eine weitere Zapfstelle könne nicht so einfach gebaut werden und bedürfte der Genehmigung der Wasserrechtsbehörde. Es seien zahlreiche Verfahren anhängig. Die Antragsgegner hätten auf Schadenersatz, Räumung und Unterlassung geklagt.

Die Antragstellerin replizierte, dass im maßgeblichen Zeitraum vom 11. August 2005 bis 11. August 2010 keine Benutzung der Marke erfolgt sei. Die Blockade der Zufahrt zur Zapfstelle sei kein Rechtfertigungsgrund.

Die Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamts gab dem Löschungsantrag statt. Sie traf folgende für das Berufungsverfahren wesentliche Feststellungen:

Die Antragsgegner hätten kein Produkt unter ihrer eingetragenen Marke auf den Markt gebracht. Es habe nur die Absicht bestanden, Quellwasser unter der Bezeichnung „Primary Rock“ ins Ausland zu exportieren. Die Antragsgegner verfügten über eine wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung einer Trink- und Nutzwasserversorgungsanlage für den Hotelbetrieb mit einer täglichen maximalen Wassernutzung von 25.000 Litern. Vereinbarungsgemäß könnte die nicht für den Hotelbetrieb benötigte Wassermenge für die Tafelwasserabfüllung genutzt werden. Aus dem Wasserbuch sei für die Teilanlage (Wasserversorgungsanlage) der Name „Urgestein (Primary-Rock) Tauern-Quelle“ ersichtlich. Zur Tafelwasserherstellung diene ausschließlich die erste Leitung vor dem Hotel. Seit Juli 2002 seien die Antragsgegner wegen einer Versiegelung der Leitung gehindert, Wasser in Flaschen abzufüllen. Es seien von August 2005 bis August 2010 keine Flaschen abgefüllt worden. Die Antragsgegner hätten seit der Registrierung der Marke nie vorgehabt, Tafelwasser in Österreich zu verkaufen. Es habe die Absicht bestanden, primär nach Russland, China, Japan und eventuell in den Iran zu exportieren. Der letzte Versuch der Antragsgegner, den Tankwagen mit Wasser von der ersten Leitung zu befüllen sei am 4. Juli 2002 erfolgt. Es sei technisch nicht möglich, eine andere Leitung zu legen, um das Wasser abzufüllen. Auch von der zweiten Leitung, die sich im Hotel befinde, sei ein Abfüllen von Tafelwasser in Tankwagen oder Flaschen nicht zumutbar.

In rechtlicher Hinsicht führte die Nichtigkeitsabteilung nach Zitierung des Gesetzeswortlaut (§ 30a und § 10a MSchG) zusammengefasst aus, dass nach ebenfalls zitierter, in der Rechtsprechung vertretener Grundsätze von den beweispflichtigen Antragsgegnern (§ 33a Abs 5 MSchG) kein Nachweis einer Markenbenutzung im relevanten Zeitraum erbracht worden sei. Die zuvor verwendete Bezeichnung sei gegenüber der bekämpften Marke nicht ähnlich. Es lägen auch keine Rechtfertigungsgründe für den Nichtgebrauch der Marke vor. Nach der Rechtsprechung des EuGH seien darunter Gründe zu verstehen, die einen unmittelbaren Zusammenhang mit der Marke aufweisen, ihre Benutzung unmöglich oder unzumutbar machen und vom Willen der Markeninhaber unabhängig sind. Die Unzumutbarkeit sei im Einzelfall zu prüfen. Hier hätten die Antragsgegner einen letzten Versuch zur Abfüllung von Tafelwasser am 4. Juli 2002 unternommen. Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass es einen Rechtfertigungsgrund darstelle, dass es den Antragsgegnern unzumutbar war, Wasser abzufüllen, da der Zugang zur Zapfstelle des Wassers noch immer versperrt ist, die diesbezügliche rechtliche Lage aufgrund der Vielzahl und Dauer der gerichtlichen Verfahren noch nicht geklärt ist und die Errichtung einer anderen Leitung zum Abfüllen aus wirtschaftlichen bzw wasserbehördlichen Gründen nicht zumutbar war, könne von einer Rechtfertigung der Nichtbenutzung der eingetragenen Marke nicht ausgegangen werden, da die Antragsgegner zu keiner Zeit die Absicht gehabt hätten, die Marke in ihrer eingetragenen Form zu benutzen. Es sei lediglich die Benutzungsabsicht der Bezeichnung „Primary Rock“ durch Vorlage eines gedruckten Flaschenetiketts samt Flasche belegt worden.

Gegen die Stattgebung des Löschungsantrags richtet sich die Berufung der Antragsgegner mit den Anträgen, das Löschungsbegehren „wegen Nichtigkeit“ zurückzuweisen, in eventu aber abzuweisen.

Die Antragstellerin, beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt.

1.     Die relevierte „Nichtigkeit“ des Löschungsantrags begründen die Berufungswerber mit fehlender Antragslegitimation der Antragstellerin und eines weiteren Handelsunternehmens, die den Begriff „Tauern-Quelle“ rechtswidrig für ihre nicht existierende Quelle und das von ihnen vertriebene Mineralwasser verwendeten. Landschaften seien aber nicht eintragungsfähig.

Mit diesem Berufungsvorbringen wird gänzlich übersehen, dass es hier nicht um die Wortbildmarke der Antragstellerin bzw des Handelsunternehmens im Sinne des § 4 MSchG, sondern um die nach dem klaren Gesetzeswortlaut jedermann zustehende Antragslegitimation nach § 33a MSchG geht. Von deren Fehlen kann keine Rede sein.

2.     Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens, erblicken die Berufungswerber in der unterbliebenen Vernehmung ihrer Rechtsanwältin als Zeugin. Diese sei „seit 20 Jahren in über 40 Verfahren tätig, um unsere Wasserabfüllung durchzusetzen“. Ohne ihre Zeugenaussage sei eine erschöpfende Erörterung unmöglich. Der gerügte Verfahrensfehler liegt jedoch nicht vor:

Die Antragsgegner haben in erster Instanz die Zeugin nur zum Thema der Unterbrechung der Wasserabfüllung seit 4. Juli 2002 und eines darüber beim Landesgericht Leoben seit dem Jahr 2010 anhängigen Verfahrens beantragt (ON 4) und in der Folge den Beweisantrag nur kursorisch dahin ergänzt, dass die Zeugin „über sämtliche Verfahren in dieser Causa – es gibt ca 50 Verfahren – bescheid weiß“. Selbst in der Berufung wird das nicht näher konkretisiert, also kein einziges Verfahren (etwa ein Besitzstörungsverfahren oder Sicherungsverfahren) benannt, insbesondere fehlt es also an jeglichem Vorbringen, welche eingeleiteten Verfahren aus welchen für die Berufungswerber nicht vermeidbaren Gründen zu keinem für sie erfolgreichen Abschluss gelangten. Die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels hätte in der Berufung aber dargelegt werden müssen. Da zum Nichtgebrauch nur das einzig konkret relevierte Verfahren vor dem Landesgericht Leoben zu prüfen ist, liegt in der unterbliebenen Zeugenvernehmung keine Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens.

3.    Die Rüge falscher bzw aktenwidrig getroffener Feststellungen ist nicht berechtigt.

3.1.     Mit dem Hinweis auf die Bezeichnung der Wasseranlage im Wasserbuch, die auch den Bestandteil „Primary Rock“ enthält, kann die zutreffende Beweiswürdigung der Nichtigkeitsabteilung, dass die Antragsgegner kein Produkt unter der eingetragenen Marke auf den Markt gebracht haben, nicht entkräftet werden. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus den vorgelegten Urkunden. Im Übrigen ist die Anfechtung der Beweiswürdigung dem Obersten Patent- und Markensenat verwehrt, wenn in erster Instanz Beweise unmittelbar aufgenommen wurden (Op 3/08-2, OGM 1/08 mwN).

3.2.     Die Feststellung, dass die Antragsgegner einen fixen Markt für Russland vorbereitet haben, entspricht der Parteiaussage des Zweitantragsgegners (Seite 4 des Verhandlungsprotokolls vom 28. April 2011). Dass die Vorbereitungen, wie in der Berufung mit dem Wort „lediglich“ suggeriert wird, nur für Russland erfolgte, wurde gerade nicht festgestellt.

3.3.     Inwiefern die in der Berufung behaupteten Messeteilnahmen für das Thema einer nachzuweisenden Markenbenutzung relevant sein sollen, ist nicht nachvollziehbar. Sollte damit auf eine Absicht für den allein maßgeblichen Gebrauch im Inland (vergleiche dazu Kucsko marken.schutz 622) gemeint sein, wie aus den folgenden Berufungsausführen abgeleitet werden kann, ist dazu Folgendes auszuführen:

3.4.     Der Vorwurf, die Feststellung, dass die Antragsgegner nie vorhatten, Tafelwasser in Österreich zu verkaufen, sei eine „Ungeheuerlichkeit“, ist nicht berechtigt, beruht die Feststellung doch wiederum auf der eigenen Aussage des Zweitantragsgegners. Danach hatte er nie die Absicht, das Wasser in Österreich zu verkaufen. „Der Wassermarkt in Österreich ist übersättigt. Es hat nur der Export primär nach Russland, China, Japan und eventuell in den Iran Sinn“ (Verhandlungsprotokoll Seite 5). Die „Ungeheuerlichkeit“ liegt also beim Berufungsvorbringen.

4.     Ob die Rechtsauffassung, die Bezeichnung „Primary Rock Tauern-Quelle“ sei die Originalübersetzung der österreichischen Marke und daher mit dieser ähnlich, zu teilen ist, braucht schon deshalb nicht näher untersucht werden, weil ein markenerhaltender Gebrauch der ersteren Bezeichnung im relevanten Zeitraum nicht erfolgte und es nur auf Rechtfertigungsgründe für den Nichtgebrauch ankommt.

5.     Zur fehlenden Rechtsfertigung ist Folgendes auszuführen:

Nur Umstände, die dem Einfluss des Markeninhabers nicht zugänglich sind, wie insbesondere höhere Gewalt, können das Unterlassen der Markenbenutzung rechtfertigen. Das Hindernis muss nach Auffassungen im Schrifttum und der Rechtsprechung des EuGH in vom Willen des Markeninhabers unabhängigen Umständen liegen (Om 2/11-3 mwN). Solche Umstände haben die Antragsgegner nicht nachgewiesen. Wohl können behördliche Verfahren und ihre Dauer unter Umständen den Nichtgebrauch der Marke rechtfertigen (Ströbele/Hacker Markengesetz9 § 26d MarkenG Rz 70; Om 2/11-3). Die Antragsgegner hätten also im Rahmen ihrer Behauptungslast auszuführen gehabt, mit welchen der behaupteten zahlreichen Verfahren sie sich zielführend gegen die Verhinderung des Wasserabfüllens (Versiegelung der Wasserleitung) wandten und weshalb dort bislang ein Erfolg scheiterte. Wenn sie sich zu dem Thema konkret nur auf das aus dem Jahr 2010 eingeleitete Verfahren beriefen (Unterlassungsklage, mit 18. August 2010 datiert, also nach Einbringung des Löschungsantrags) kann von einem vom Willen des Markeninhabers unabhängigen Verhinderungsgrund keine Rede sein, liegen doch unverzüglich zu ergreifende und auch Erfolg versprechende Rechtsbehelfe gegen die schon im Juli 2002 erfolgte Zutrittsverweigerung und Absperrung der Wasserleitung auf der Hand.

Die Berufung der Antragsgegner erweist sich aus den dargelegten Gründen als unberechtigt. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 42 Abs 1 MSchG iVm §§ 122 Abs 1, 140 PatG sowie §§ 41, 50 ZPO.

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