JudikaturJustizOm3/13

Om3/13 – OPMS Entscheidung

Entscheidung
09. Oktober 2013

Kopf

Der Oberste Patent- und Markensenat hat durch die Präsidentin des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Irmgard GRISS, die Räte des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Michael SACHS, Dr. Manfred VOGEL, Dr. Friedrich JENSIK als rechtskundige Mitglieder und die Rätin des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Ursula HUNGER als fachtechnisches Mitglied in der Markenrechtssache der Antragstellerin   M *****   A G ,  *****vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. Franz-Martin OROU, Geblergasse 93/8, 1170 Wien, wider die Antragsgegnerin   V *****   G m b H C o   K G ,  ***** Deutschland, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. Rainer KORNFELD, Mariahilfer Straße 1d, 1060 Wien, betreffend die Löschung der österreichischen Marke Nr 242 701 über die Berufung der Antragsgegnerin gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamtes vom 18. Juli 2012, Nm 18/2009, entschieden:

Spruch

Der Berufung wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass der Antrag auf Löschung der österreichischen Marke Nr 242 701 auch in Ansehung der Klasse 16 (Zeitungen und Zeitschriften) abgewiesen wird.

Die Antragstellerin ist schuldig, der Antragsgegnerin weitere 924,04 EUR an Verfahrenskosten erster Instanz (darin 184,81 EUR Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die Antragstellerin ist weiters schuldig, der Antragsgegnerin die mit 3.401,80 EUR bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin 453,65 EUR Umsatzsteuer und 680 EUR Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

G r ü n d e :

Die Antragstellerin ist Inhaberin der Wort-Bild-Marke Nr CTM 000342980 mit Priorität vom 11. Juli 1996, die in einer schwarzen Kreisfläche in weißer Schrift die Worte MM KARTON zeigt. Registriert ist diese Marke für Waren und Dienstleistungen der Klasse 16: Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten.

Die Antragsgegnerin ist Inhaberin der österreichischen Wort-Bild-Marke Nr 242 701 mit Priorität vom 13. September 2007, die aus zwei großen schwarzen Buchstaben M besteht. Diese Marke ist für Waren und Dienstleistungen der Klasse 9, der Klasse 16 und der Klasse 41 registriert.

Die Antragstellerin begehrte die Löschung der Marke der Antragsgegnerin in den Klassen 9, 16 und 41. Sie verwies auf die bessere Priorität ihrer Marke sowie die Verwechslungsfähigkeit beider Marken; überdies hob sie ihre hohe weltweite Bekanntheit als Kartonhersteller hervor. Wegen dieser Bekanntheit, insbesondere im Ursprungs- und Kernland Österreich, komme ihrer Marke ein erweiterter Schutzbereich zu.

Die Antragsgegnerin wendete ein, unter dem Titel “MM” erscheine ein Industriemagazin (auch in elektronischer Form). Allein das Zusammenfallen der Waren beider Streitteile in der Klasse 16 bedeute noch keine Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, für die die Marken der Streitteile registriert seien (Papier, Pappe, Karton einerseits und Druckereierzeugnisse andererseits).

Die Nichtigkeitsabteilung wies den Löschungsantrag in Ansehung der Klassen 9 und 41 ab und gab dem Antrag für die Klasse 16 statt. Die Waren der Klassen 9 und 41 seien den Waren der Klasse 16 keinesfalls ähnlich, sodass der Löschungsantrag für die Klassen 9 und 41 abzuweisen sei. Zwischen den Waren aus Papier und aus Pappe (Karton), für die die Marke der Antragstellerin eingetragen sei, und den Druckereierzeugnissen der Antragsgegnerin bestünden aber Überschneidungen, hier liege Warenähnlichkeit vor. Insoweit sei der Löschungsantrag wegen der besseren Priorität der Antragsmarke und der Verwechslungsfähigkeit beider Marken, die jeweils durch “MM” geprägt seien, berechtigt.

Nach Zustellung des Erkenntnisses der Nichtigkeitsabteilung schränkte die Antragsgegnerin den Schutzanspruch ihrer Marke für die Klasse 16 auf “Zeitungen und Zeitschriften” ein. In der Folge löschte das Patentamt mit Beschluss vom 6. Februar 2013 die Marke der Antragsgegnerin teilweise und zwar durch Einschränkung der Klasse 16: Druckereierzeugnisse auf “Zeitungen und Zeitschriften” (mit Wirkung vom 18. Jänner 2013).

Mit ihrer Berufung strebt die Antragsgegnerin die Abänderung der Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung dahin an, dass der Löschungsantrag zur Gänze abgewiesen werde.

Die Antragstellerin beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist berechtigt.

Da sowohl die frühere Priorität der Antragsmarke als auch die Verwechslungsfähigkeit beider Marken im Berufungsverfahren nicht mehr strittig sind, bleibt allein zu prüfen, ob die Waren “Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien”, für die die Marke der Antragstellerin geschützt ist, denen der Antragsgegnerin (im verbliebenen Umfang) “Zeitungen und Zeitschriften” ähnlich sind, so dass die Verwechslungsgefahr zu bejahen und der auf § 30 Abs 1 MSchG gestützte Löschungsantrag berechtigt wäre.

Waren sind dann gleichartig oder ähnlich, wenn sie nach Auffassung der beteiligten Verkehrskreise, also der Abnehmer der betreffenden Waren, gegebenenfalls auch der den Absatz vermittelnden Händlerkreise, in einem solchen Zusammenhang stehen, dass durch den Gebrauch des Zeichens die Annahme hervorgerufen werden könnte, dass sie aus demselben oder aus wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen. Ein solcher Fall liegt insbesondere dann vor, wenn nach den in dem betreffenden Geschäftszweig herrschenden Verhältnissen die Vereinigung der Erzeugung oder des Vertriebs in einem Unternehmen naheliegt, die Waren eine verwandte Zweckbestimmung haben und der Abnehmerkreis weitgehend derselbe ist (Om 2/84 = PBl 1984, 204 mwN).

Zwar sind Zeitungen und Zeitschriften üblicherweise aus Papier hergestellt, ihre Eigenheit und Wertschätzung bestimmt sich aber nach Inhalt und äußerer Gestaltung, nicht nach der Art und Herkunft des Trägermaterials. Nach allgemeiner Auffassung sowohl der Endabnehmer als auch der vermittelnden Händler werden Zeitungen und Zeitschriften auch nicht als Waren aus Papier oder Pappe/Karton angesehen. Es liegt auch fern anzunehmen, ein Papier- und Pappeerzeuger verlege oder drucke Zeitungen und ein Zeitungsverleger oder eine Druckerei erzeuge auch das für die Herstellung von Zeitungen oder Zeitschriften erforderliche Papier. Es ist somit nicht zu befürchten, dass es zu einer Zuordnungsverwirrung kommt und die Hauptfunktion der Marke beeinträchtigt wird, die darin besteht, auf die Herkunft der markierten Ware oder Dienstleistung aus einem bestimmten Unternehmen hinzuweisen. Papier, Pappe/Karton und daraus hergestellte Waren sind daher nicht als Zeitungen und Zeitschriften ähnlich anzusehen.

Der Berufung war stattzugeben und der Löschungsantrag auch in Ansehung der (restlichen) Waren der Klasse 16 “Zeitungen und Zeitschriften” abzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster Instanz beruht auf § 42 Abs 1 MSchG iVm § 122 Abs 1 PatG sowie § 43 Abs 1 ZPO. Der in erster Instanz zu 5/6 obsiegenden Antragsgegnerin hat die Antragstellerin – zusätzlich zu dem bereits zugesprochenen Kostenersatz - jedenfalls das von der Berufungswerberin begehrte weitere Sechstel ihrer Vertretungskosten im Verfahren vor der Nichtigkeitsabteilung zu ersetzen. Weiters hat die Antragstellerin der Antragsgegnerin gemäß § 42 Abs 1 iVm § 122 Abs 1 und § 140 Abs 1 PatG sowie §§ 41 und 50 ZPO die Kosten ihrer erfolgreichen Berufung zu ersetzen.

Rechtssätze
0

Keine verknüpften Rechtssätze zu diesem Paragrafen