JudikaturJustizOm3/12

Om3/12 – OPMS Entscheidung

Entscheidung
27. Juni 2012

Kopf

Der Oberste Patent- und Markensenat hat durch die Präsidentin des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Irmgard GRISS, die Räte des Obersten Patent- und Markensenates Mag. Gerald PILZ, Dr. Elisabeth LOVREK und Dr. Friedrich JENSIK als rechtskundige Mitglieder und den Rat des Obersten Patent- und Markensenates Dipl.-Ing. Ferdinand KOSKARTI als fachtechnisches Mitglied in der Markenrechtssache der Antragstellerin P *****   G m b H ,   ***** vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. Alfred RICHTER, Grünangergasse 3/13, 1010 Wien, gegen die Antragsgegnerin   M *****  G m b H ,   ***** vertreten durch die Patentanwälte Dipl.-Ing. Walter HOLZER, Dr. Elisabeth SCHOBER, Brigittenauer Lände 50, 1200 Wien, wegen Löschung der österreichischen Marke Nr 179 572 über die Berufung der Antragstellerin gegen den Beschluss der Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamtes vom 4. Juli 2011, Nm 179/2001-9, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss gefasst:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die Antragstellerin ist schuldig, der Antragsgegnerin die mit 248,06 EUR darin enthalten 41,34 EUR USt bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

B e g r ü n d u n g :

Die Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamts stellte mit Beschluss vom 4. Juli 2011 das Löschungsverfahren betreffend die Marke Nr 179 572 ein, weil die angefochtene Marke während des laufenden Verfahrens mit Wirksamkeit vom 31. Dezember 2008 wegen Nichtzahlung der Erneuerungsgebühr gelöscht worden war. Da die angefochtene Marke erst nach Ablauf der Frist zur Erstattung der Gegenschrift erloschen sei, habe die Antragstellerin Anspruch auf Kostenersatz. Die von der Antragstellerin in Höhe von 5.882,65 EUR verzeichneten Kosten seien nur in eingeschränktem Ausmaß zuzusprechen. Für den von der Antragstellerin nach TP3B verrechneten Schriftsatz (Vorstellung) vom 29. Mai 2002 seien die Kosten nur nach TP1, für den nach TP2 verrechneten Schriftsatz vom 31. Mai 2002 ebenfalls nur nach TP1 zu bestimmen, für den nach TP3A verrechneten Schriftsatz vom 28. Juni 2002 gebühre mangels Aktenkundigkeit kein Honorar und für den nach TP3A verrechneten Schriftsatz vom 15. November 2010 sei nur TP2 der Berechnung zugrunde zu legen. Die Antragsgegnerin habe daher nur Kosten von 2.257,41 EUR (darin 326,22 EUR USt und 300,10 EUR Barauslagen) zu ersetzen.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung der Antragstellerin im Kostenpunkt, mit der sie Kostenersatz im ursprünglich verzeichneten Ausmaß anstrebt, ist nicht berechtigt.

Die Nichtigkeitsabteilung des Patentamts sowie der Oberste Patent- und Markensenat wenden in ständiger Rechtsprechung bei der Bestimmung von zuzusprechenden Vertretungskosten den Rechtsanwaltstarif sinngemäß an (vergleiche Op 3/88, PBl 1989, 127) und legen dabei, sofern von den Parteien nichts anderes in begründeter Weise beantragt wird, für Markenlöschungsverfahren einen Streitwert von 36.000 EUR zugrunde. Dies bestritten die Parteien auch hier nicht; sowohl dem Antrag auf Kostenzuspruch als auch der Kostenentscheidung liegt dies auch zugrunde.

TP 1 RATG regelt die Entlohnung für einfachste Schriftsätze (Anfragen, Mitteilungen und Ansuchen an das Gericht), beispielsweise Fristsetzungsanträge, Vertagungsbitten und Ansuchen um Akteneinsicht, Urkundenvorlagen, Vollmachtskündigungen, Anträge auf Urteilsberichtigungen, Klagezurücknahmen, leere Einsprüche gegen Zahlungsbefehle.

TP 2 RATG erfasst zahlreiche Schriftsätze, deren Erstellung zwar in der Regel keinen besonders hohen Arbeitsaufwand bedeutet, die aber doch anspruchsvoller sind als die einfachen Schriftsätze nach TP 1. Es handelt sich dabei vor allem um einfachere verfahrenseinleitende Schriftsätze und deren Beantwortungen; beispielsweise Klagen auf Zahlung des Kaufpreises einer beweglichen Sache oder des Entgelts für Arbeiten und Dienste, Klagen auf Zahlung des Bestandzinses oder Widersprüche gegen Versäumungsurteile. Außerdem bildet TP 2 den Auffangtatbestand für alle Schriftsätze, die weder unter TP 1 noch unter TP 3 fallen.

Unter TP 3 RATG fallen aufwändigere Schriftsätze und Tagsatzungen, die der Klärung der Sach- und Rechtslage dienen (vor allem erstinstanzliches Verfahren), insbesondere all jene verfahrenseinleitenden Schriftsätze und deren Beantwortungen, die nicht schon unter TP 2 fallen; außerdem alle Anträge auf Erlassung einstweiliger Verfügungen, die gegnerischen Äußerungen zu solchen Anträgen und die Widersprüche gegen eine bewilligte einstweilige Verfügung sowie ferner alle Kostenrekurse und deren Beantwortungen.

Der Schriftsatz der Antragstellerin vom 29. Mai 2002, eingelangt am 3. Juni 2002, ist eine kurze Replik auf das Gesuch der Antragsgegnerin auf Erstreckung der Frist zur Erstattung der Gegenschrift, wobei beantragt wird, dies nicht zu bewilligen. Unter TP 1 I lit c) RATG fallen Ansuchen und Erklärungen, die Fristen, Tagsatzungen, Zustellungen und ähnliche Vorgänge des Verfahrens betreffen. Die einfache Äußerung der Antragstellerin auf das Fristgesuch des Verfahrensgegners ist als Erklärung betreffend Fristen zu werten und damit ist die Honorierung nach TP 1 zutreffend.

Der Schriftsatz der Antragstellerin vom 31. Mai 2002, der gleichzeitig mit dem vom 29. Mai 2002 am 3. Juni 2002 eingebracht und mit dem die bereits beantragte Streitanmerkung urgiert wurde, ist als Anzeige an die Behörde gemäß TP 1 I lit a) RATG zu werten, sodass auch insofern der Nichtigkeitsabteilung zu folgen ist.

Der von der Nichtigkeitsabteilung mangels Aktenkundigkeit nicht honorierte Schriftsatz der Antragstellerin vom 28. Juni 2002 ist tatsächlich im Akt der Nichtigkeitsabteilung nicht enthalten. Darüber hinaus ist dieser Schriftsatz – und zwar im Gegensatz zu allen übrigen Schriftsätzen der Parteien bzw sonstigen Aktenbestandteilen – auch nicht im Aktenspiegel des Akts Nm 179/2001 erwähnt, der den Aktenbestandteilen jeweils eine bestimmte Ordnungsnummer zuweist. Auch aus der der Berufung beigelegten Kopie des erwähnten Schriftsatzes ist kein Hinweis zu entnehmen, dass dieser tatsächlich bei der Nichtigkeitsabteilung des Patentamts eingebracht worden wäre.

Die Beweislast für das tatsächliche Einlangen einer Eingabe bei der Behörde trifft nach ständiger Rechtsprechung den Einbringer (vergleiche 3 Ob 69/10h). Denn schon nach allgemeinen Grundsätzen hat jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen zu beweisen. Eine Verschiebung der Beweislast kommt nur dann in Betracht, wenn ein allgemein, also für jedermann auf gleiche Weise bestehender Beweisnotstand vorliegt und wenn objektiv typische, also auf allgemein gültigen Erfahrungssätzen beruhende Geschehensabläufe für den Anspruchswerber sprechen. Diese Auffassung wurde auch für eingeschrieben aufgegebene Schriftsätze vertreten, obwohl in diesen Fällen eine Aufgabebestätigung der Post vorhanden ist. Die Antragstellerin hat nicht einmal behauptet, den Schriftsatz eingeschrieben aufgegeben zu haben. Die Nichtigkeitsabteilung hat daher für diesen Schriftsatz zu Recht keine Kosten zugesprochen.

Der Schriftsatz vom 15. November 2010 enthält einerseits die Erklärung, nicht auf der Verfahrensdurchführung zu beharren, und andererseits einen Antrag auf Kostenersatz unter Verzeichnung der Kosten. Ein Schriftsatz des Markeninhabers, in dem auf die erfolgte Löschung der Marke hingewiesen wird, ist nach TP 2 RATG zu honorieren (Om 5/97, PBl 1998, 36). Hier ist zwar die Äußerung der Antragstellerin gemäß zu beurteilen, nicht auf der Verfahrensdurchführung zu beharren (§ 42 Abs 1 MSchG iVm § 117 PatG). Dies ist aber durchaus mit dem vorher genannten Fall zu vergleichen, weil einerseits der Schriftsatz hier nicht mit einer Klagebeantwortung gleichzusetzen ist und andererseits nicht bloß ein nur unter TP 1 RATG fallender Kostenbestimmungsantrag vorliegt, der neben der Erklärung betreffend Verfahrensdurchführung ein weiterer Bestandteil des Schriftsatzes ist. Auch hier ist der Nichtigkeitsabteilung darin zu folgen, den Schriftsatz nach TP 2 zu honorieren.

Die Berufung im Kostenpunkt muss daher scheitern.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 42 Abs 1 MSchG und § 122 Abs 1 PatG iVm §§ 41 und 50 ZPO. Berufungen ausschließlich im Kostenpunkt und deren Beantwortungen sind gleich Kostenrekursen nach TP 3 A RATG auf Basis des strittigen Kostenbetrags zu honorieren.

Rechtssätze
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