JudikaturJustizOm16/10

Om16/10 – OPMS Entscheidung

Entscheidung
30. März 2011

Kopf

Der Oberste Patent- und Markensenat hat durch die Präsidentin des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Irmgard GRISS, die Räte des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Michael SACHS, Dr. Manfred VOGEL und Dr. Friedrich JENSIK als rechtskundige Mitglieder und den Rat des Obersten Patent- und Markensenates Dipl.-Ing. Johannes MESA PASCASIO als fachtechnisches Mitglied in der Markenrechtssache des Antragstellers Herrn   H *****, vertreten durch Lippitsch Rechtsanwalt GmbH, Wastiangasse 7, 8010 Graz, gegen den Antragsgegner Herrn   G *****, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Mag. Dr. Klaus GIMPL, Stauwerkstraße 13, 1. u. 2. Stock, 3370 Ybbs, wegen Löschung der Marke Nr 218 641 über die Berufung des Antragsgegners gegen die Endentscheidung der Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamtes vom 13. April 2010, GZ Nm 53/2007-5 entschieden:

Spruch

Der Berufung wird Folge gegeben.

Die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung wird dahin abgeändert, dass der Antrag, die österreichische Marke Nr 218 641 zu löschen, abgewiesen wird.

Der Antragsteller ist schuldig, dem Antragsgegner die mit 6.556,20 EUR (darin 1.092,70 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz und die mit 3.321,90 EUR (darin EUR 453,65 Umsatzsteuer und 600 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

G r ü n d e :

Der Antragsteller begehrte die Löschung der mit Priorität vom 30. Juli 2003 für den Antragsgegner registrierten österreichischen Wortbildmarke Nr 218 641 „wachau.classic.rallye“, eingetragen für Klasse 35 (Werbung), Klasse 39 (Veranstaltung von Reisen) und Klasse 41 (sportliche und kulturelle Aktivitäten). Er stützte sich auf den Löschungsgrund des § 34 Abs 1 MSchG; der Antragsgegner sei bei der Anmeldung bösgläubig gewesen, weil er nicht der erste und einzige Nutzer des als Marke angemeldeten Zeichens gewesen sei.

Der Antragsgegner beantragte, den Löschungsantrag abzuweisen. Der Antragsteller habe zwar mit ihm gemeinsam eine Veranstaltung unter dem strittigen Zeichen durchgeführt, jedoch keine Einwendungen gegen die Idee des Antragsgegners erhoben, sich das Zeichen als Marke schützen zu lassen.

Die Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamtes gab dem Löschungsantrag statt. Sie traf unter anderem folgende Feststellungen: Antragsteller und Antragsgegner haben 2003 beschlossen, gemeinsam eine Oldtimer-Ralley unter der Bezeichnung „Wachau Classic Rallye“ zu organisieren. Der Antragsteller war für die technische Organisation, der Antragsgegner für die geschäftliche und vertragliche Abwicklung zuständig; Sponsoren wurden von beiden geworben. In einem Gespräch zwischen den Parteien im Juni 2003 warf der Antragsgegner die Idee auf, die Bezeichnung „Wachau Classic Rallye“ als Wortbildmarke schützen zu lassen, die Parteien planten damals, auch künftig bei der Organisation von Rallye-Veranstaltungen zusammenzuarbeiten. Der Antragsgegner meinte sinngemäß, „wenn wir das weiter tun, dann lassen wir uns die Marke schützen“. Der Antragsteller antwortete darauf etwa sinngemäß: „Wenn dir etwas daran liegt, dann mach die Anmeldung“, und er fügte hinzu, er wolle mit einer Markenanmeldung nichts zu tun haben, schließlich sei er Pensionist. In der Folge meldete der Antragsgegner die strittige Marke am 30. Juli 2003 auf sich an. Noch im selben Jahr endete die Zusammenarbeit zwischen den Parteien infolge von Streitigkeiten über die finanzielle Abwicklung der zuletzt organisierten Rallye.

In ihrer rechtlichen Beurteilung führte die Nichtigkeitsabteilung aus, bösgläubig im Sinne des § 34 MSchG handle, wer eine Marke rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig anmelde, also ein formales Markenrecht ohne sachlich gerechtfertigten Grund zur Erreichung eines verwerflichen Zweckes ausnutze. Entscheidend sei das zur Anmeldung führende Motiv. Für die Annahme eines sittenwidrigen Markenrechtserwerbes genüge die Absicht, die Marke zu erwerben, um den Benutzer des Kennzeichens zu behindern. Im Anlassfall hätten zwischen den Parteien infolge ihrer Zusammenarbeit wechselseitige Loyalitätspflichten bestanden, die der Antragsgegner durch Anmeldung der strittigen Marke auf sich allein verletzt habe. Im Zeitpunkt der Markenanmeldung habe dem Antragsgegner schon bewusst sein müssen, dass es im Zusammenhang mit der zuletzt veranstalteten Rallye und deren Abrechnung zu Problemen mit dem Antragsteller kommen werde und dass die weitere Zusammenarbeit voraussichtlich ein Ende finden werde. Eine eindeutige Zustimmung des Antragstellers zur Markenanmeldung für den Antragsgegner allein sei nicht vorgelegen. Die Markenanmeldung habe somit offenbar den Zweck verfolgt, ein durch den Antragsteller (mit-)aufgebautes System stören und dem Antragsteller die Verwendung der strittigen Marke untersagen zu können. Dieser Umstand und die Verletzung von Loyalitäts- und Sorgfaltspflichten führten dazu, dass der Markeninhaber die Vermutung, die Markenanmeldung sei in Behinderungsabsicht erfolgt, nicht ausreichend entkräften habe können.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Antragsgegners mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung abzuändern und den Löschungsantrag abzuweisen.

Der Antragsgegner beantragt, die Berufung abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist berechtigt.

Für die Beurteilung der Bösgläubigkeit einer Markenanmeldung ist die Absicht des Anmelders zum Zeitpunkt der Anmeldung zu berücksichtigen, wobei dieses subjektive Tatbestandsmerkmal anhand der objektiven Fallumstände bestimmt werden muss (EuGH Rs C-529/07 – Lindt Sprüngli, Randnummern 41 f). Sittenwidrig ist ein Markenrechtserwerb dann, wenn der Erwerber - in welcher Weise auch immer - zur Wahrung der geschäftlichen Interessen eines anderen, der das Zeichen schon gebraucht hat, verpflichtet ist oder war, dessen ungeachtet jedoch das Markenrecht an diesem oder einem ähnlichen Zeichen für gleiche oder gleichartige Waren ohne Zustimmung des bisherigen Benützers erwirbt (RIS-Justiz RS0109597[T1]). Die Beweislast dafür, dass der Markenanmelder im Zeitpunkt der Anmeldung bösgläubig war, trägt nach allgemeinen Grundsätzen derjenige, der die Löschung der Marke aus dem Grund des § 34 MSchG begehrt.

Entgegen der Auffassung der Nichtigkeitsabteilung hat der Antragsteller keine Umstände bewiesen, aus denen der Schluss gezogen werden könnte, der Markeninhaber wäre im Zeitpunkt der Anmeldung der strittigen Marke bösgläubig gewesen. Dem festgestellten Sachverhalt ist zu entnehmen, dass der Antragsgegner den Antragsteller vor der Markenanmeldung von seinem beabsichtigten Vorgehen informiert hat und aus dessen Stellungnahme den Schluss ziehen durfte, sein Geschäftspartner habe kein eigenes Interesse an einer Markenanmeldung, trete aber einer Markenanmeldung durch den Antragsgegner auch nicht entgegen. Damit lag die Zustimmung des bisherigen Mitbenutzers des später als Marke registrierten Zeichens zur geplanten Markenanmeldung des Antragsgegners vor, weshalb die Anmeldung keine Loyalitätspflichten verletzt oder sonst geeignet ist, den Antragsgegner in seinen geschäftlichen Interessen zu beeinträchtigen.

Der Antragsteller ist auf seine Äußerung in der Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft St. Pölten vom 2. Feber 2004 zu verweisen, in der er betont, dass zwischen ihm und dem Antragsgegner weder ein Gesellschaftsverhältnis, noch eine wie immer geartete Haftungsgemeinschaft bestanden hat. Auch dieses Beweisergebnis lässt den deutlichen Willen des Antragstellers erkennen, keine wie immer geartete Zusammenarbeit in rechtlich verbindlicher Form mit dem Antragsgegner eingehen zu wollen, und unterstreicht damit den festgestellten Sachverhalt, wonach der Antragsteller im Zeitpunkt der Anmeldung der Marke kein Interesse an einem gemeinsamen Markenrecht gehabt hat.

Der Berufung ist Folge zu geben und der Antrag, die Marke wegen Bösgläubigkeit des Anmelders bei der Anmeldung zu löschen, abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 42 Abs 1 MSchG iVm §§ 122 Abs 1, 140 Abs 1 PatG und §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Die Bemessungsgrundlage beträgt unter Bedachtnahme auf § 5 Z 14 AHK 36.000 EUR.

Rechtssätze
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