JudikaturJustizOm12/11

Om12/11 – OPMS Entscheidung

Entscheidung
28. März 2012

Kopf

Der Oberste Patent- und Markensenat hat durch die Präsidentin des Obersten Patent- und Markensenats Dr. Irmgard GRISS als Vorsitzende und die Räte des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Gerald PILZ, Dr. Manfred VOGEL und Dr. Gottfried MUSGER als rechtskundige Mitglieder sowie die Rätin des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Ursula HUNGER als fachtechnisches Mitglied in der Markenrechtssache des Antragstellers   D i p l . - I n g .   D r .   H *****, vertreten durch Wildhack Jellinek Patentanwälte OG, Landstraßer Hauptstraße 50, 1030 Wien, wider die Antragsgegnerin   F .   ***** G e s e l l s c h a f t   m . b . H . ,   *****, vertreten durch die Herren Patentanwälte Dipl.-Ing. Manfred Beer, Dipl.-Ing. Reinhard Hehenberger, Lindengas-se 8, 1070 Wien, wegen Löschung der Marke Nr 234 447, über die Berufung des Antragstellers gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamts vom 31. Jänner 2011, Nm 64/2008-5, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung entschieden:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Der Antragsteller ist schuldig, der Antragsgegnerin die mit 2.624,40 EUR bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin enthalten 437,40 EUR Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

G r ü n d e :

Die Antragstellerin ist Inhaberin der österreichischen Wortbildmarke Nr 234 447,

die mit Priorität vom 10. August 2006 für folgende Waren registriert ist:

Klasse 29: Entsprechend den der VO (EG) Nr 1263/96 zugrunde liegenden Spezifikationen hergestelltes Kürbiskernöl.

Der Antragsteller begehrt die Löschung dieser Marke nach § 33 iVm § 4 Abs 1 Z 1 lit a, § 5 und § 7 MSchG. Sie enthalte die Bundesfarben in flaggenartiger Ausprägung und das steirische Landeswappen, ohne dass die Antragsgegnerin die dafür erforderliche Berechtigung nachgewiesen hätte. Die Marke sei geeignet, beim Publikum den Eindruck einer staatlichen Genehmigung, einer Zertifizierung oder einer Prüfung des damit gekennzeichneten Kernöls hervorzurufen. Das Vorliegen einer Genehmigung zum Führen des Wappens habe die Antragsgegnerin vor der Registrierung nicht nachgewiesen.

Die Antragsgegnerin wendet ein, dass ihr das Land Steiermark das Recht verliehen habe, das Landeswappen mit einem Hinweis auf den Auszeichnungscharakter im geschäftlichen Verkehr als Kopfaufdruck auf Geschäftspapieren, auf Druckschriften und Verlautbarungen sowie in der äußeren Geschäftsbezeichnung und in sonstigen Ankündigungen zu führen. Davon sei auch die Aufnahme in eine Marke erfasst. Zudem habe sie das Wappen ohnehin nicht in der geschützten Form übernommen. Die Farben Rot-Weiß-Rot dürfe sie in die Marke aufnehmen, da sie damit weder eine öffentliche Berechtigung vortäusche noch das Ansehen der Republik Österreich beeinträchtige.

Die Nichtigkeitsabteilung wies den Löschungsantrag ab.

Die Marke bestehe nicht zur Gänze aus staatlichen Hoheitszeichen, sondern enthalte nur Elemente davon. Da die Flagge der Republik Österreich nicht in der im Wappengesetz definierten Form übernommen worden sei, liege keine Bezugnahme auf die Staatsgewalt vor, sondern lediglich ein geographischer Hinweis auf Österreich oder ein Dekorationselement. Das Landeswappen habe die Antragsgegnerin zwar in ähnlicher Form in die Marke aufgenommen; die von der amtlichen Darstellung abweichende Form des Schwanzes falle dem Durchschnittsbetrachter nicht auf. Die Steiermärkische Landesregierung habe aber am 18. Juli 1994, also vor Anmeldung der Marke, das Führen des Wappens ausdrücklich genehmigt. Davon sei auch die Aufnahme in die Marke gedeckt. Dass die Antragsgegnerin die Genehmigung bei der Anmeldung nicht vorgelegt habe, begründe keine Nichtigkeit. Eine unzulässige Nachahmung eines Wappens liege nur vor, wenn es trotz der Abwandlung im geschäftlichen Verkehr als Hoheitszeichen aufgefasst werde.

Mit der gegen diese Entscheidung gerichteten Berufung strebt der Antragsteller weiterhin die Löschung der Marke an. Die Antragsgegnerin beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt:

1. Nach § 4 Abs 1 Z 1 lit a MSchG sind Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die ausschließlich „aus Staatswappen, aus Staatsfahnen oder anderen staatlichen Hoheitszeichen oder aus Wappen inländischer Gebietskörperschaften“ bestehen. Nach § 5 MSchG dürfen Marken, die eine Auszeichnung oder eines der im § 4 Abs 1 Z 1 MSchG erwähnten Zeichen als Bestandteile enthalten, sofern die Benützung gesetzlichen Beschränkungen unterliegt, nur registriert werden, nachdem das Recht zur Benützung der Auszeichnung oder des Zeichens nachgewiesen worden ist. Nach § 7 MSchG gelten diese Bestimmungen auch für Darstellungen, die der amtlichen Ausführungsform des Zeichens ähnlich sind. Diese Bestimmungen beruhen auf Art 3 Abs 1 lit h MarkenRL iVm Art 6ter Abs 1 lit a PVÜ. Nach der letztgenannten Bestimmung kommen die Verbandsländer überein,

„die Eintragung der Wappen, Flaggen und anderen Hoheitszeichen der Verbandsländer […] sowie jeder Nachahmungen im heraldischen Sinn als Fabrik- oder Handelsmarken oder als Bestandteile solcher zurückzuweisen oder für ungültig zu erklären […], soweit die zuständigen Stellen den Gebrauch nicht erlaubt haben.“

2. Entscheidend ist daher, ob die strittigen Elemente der angegriffenen Marke Hoheitszeichen sind oder zumindest Ähnlichkeit damit aufweisen.

2.1. Dass es auf das Vorliegen eines Hoheitszeichens ankommt, folgt für die „Staatsfahne“ schon aus der grammatikalischen Interpretation von § 4 Abs 1 Z 1 lit a MSchG (arg: „oder anderen staatlichen Hoheitszeichen“; ebenso Art 6ter PVÜ). Gründe, warum die getrennt von „Staatswappen, Staatsfahnen oder anderen staatlichen Hoheitszeichen“ genannten Wappen der Gebietskörperschaften (also insbesondere Landeswappen) anders zu beurteilen wären, sind nicht erkennbar. Ihre ausdrückliche Nennung dient offenkundig nur dazu, ihren Charakter als Hoheitszeichen im Sinne von Art 6ter PVÜ klarzustellen.

2.2. Ein Hoheitszeichen kann nur vorliegen, wenn es die betreffende Gebietskörperschaft als solches in Anspruch nimmt. Für den Bund ist das nach dem Bundesgesetz über das Wappen und andere Hoheitszeichen der Republik Österreich (WappenG; BGBl 159/1984 in der Fassung BGBl I 98/2001) zu beurteilen, für das Land Steiermark nach dem Landesgesetz über den Schutz des steirischen Landeswappens (StmkWappenG, LGBl 8/1980 in der Fassung LGBl 48/2001). Demgegenüber ist unerheblich, ob das Publikum das Hoheitszeichen auch als solches erkennt (EuGH C 202/08 P und C 208/08 P, American Clothing Associates NV , Rz 45). Die Formulierung in Om 7/07 (PBl 2008, 14 – Österreich), wonach das Publikum „unmittelbar erkennen“ müsse, dass es sich bei der konkret verwendeten Darstellung um ein exklusives, ausschließlich dem Staat zuzuordnendes Zeichen handle, ist dahin zu verstehen, dass dies bei inländischen Hoheitszeichen wohl regelmäßig zutrifft; ein zusätzliches Tatbestandsmerkmal liegt darin aber nicht.

3. Die Bundesfarben Rot-Weiß-Rot (§ 3 Abs 1 WappenG) sind nach der Rechtsprechung des Obersten Patent- und Markensenats nur dann Hoheitszeichen im Sinne von § 4 Abs 1 Z 1 lit a MSchG, wenn sie in der typischen Flaggenform (§ 3 Abs 2 WappenG) angeordnet sind (OPM Om 7/07, PBl 2008, 14 – Österreich). Das trifft hier nicht zu, weil die Farben nicht flaggenartig, sondern – wegen der erkennbaren Anpassung an die Krümmung des Wappenschilds - eher in Form einer Banderole dargestellt sind. Der Verkehr nimmt sie daher als dekoratives Element wahr, das zwar einen Österreichbezug herstellt, aber nicht auf die Inanspruchnahme staatlicher Hoheitsgewalt hinweist. Daher sind die Farben im konkreten Fall gleich zu beurteilen wie ein verbaler Hinweis auf die Herkunft aus Österreich: sie sind zwar für sich allein nicht (originär) kennzeichnungskräftig, erwecken aber in den angesprochenen Kreisen keine Assoziation zur Ausübung hoheitlicher Befugnisse. Der Tatbestand des § 5 MSchG (allenfalls iVm § 7 MSchG) ist damit nicht erfüllt.

4. Das Landeswappen hat die Antragsgegnerin nicht in jener Form in die Marke aufgenommen, die nach Landesrecht als Hoheitszeichen gilt.

4.1. Die maßgebenden Bestimmungen des Steiermärkischen Wappengesetzes lauten wie folgt:

§ 1. (1) Das Wappen des Landes ist in grünem Schild der rotgehörnte und gewaffnete silberne Panther, der aus dem Rachen Flammen hervorstößt. Der Wappenschild trägt den historischen Hut.

(2) Die in der Anlage enthaltene Darstellung bildet einen Bestandteil des Gesetzes.

[…]

(5) Die Landesregierung kann einer physischen oder juristischen Person, die ein gewerbliches oder land und forstwirtschaftliches Unternehmen betreibt, die Auszeichnung verleihen, im geschäftlichen Verkehr das Landeswappen mit einem entsprechenden Hinweis auf den Auszeichnungscharakter als Kopfaufdruck auf Geschäftspapieren, auf Druckschriften und Verlautbarungen sowie in der äußeren Geschäftsbezeichnung und in sonstigen Ankündigungen führen zu dürfen.

[…]

§ 2. Jede sonstige Verwendung des Landeswappens, insbesondere die Erzeugung von Fremdenverkehrsartikeln, Ansichtskarten und Gebrauchsgegenständen aller Art mit dem Landeswappen als Ausschmückung bedarf ebenfalls der Bewilligung der Landesregierung. Die Bewilligung ist, erforderlichenfalls unter Vorschreibung von Auflagen, zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass das Landeswappen in einer seiner Bedeutung gemäßen Weise verwendet wird.“

Im Anhang des Gesetzes ist das Landeswappen in folgender Weise dargestellt:

4.2. Zweifellos ist der silberne Panther im grünen Schild seit jeher das Wappen des Landes Steiermark. Aus § 1 Abs 1 StmkWappenG und der Darstellung im Anhang des Gesetzes ergibt sich jedoch, dass das Land Steiermark nur das Vollwappen – also den silbernen Panther im grünen Schild mit dem „historischen Hut“ (Herzogshut) als Rangkrone – als Hoheitszeichen in Anspruch nimmt. Nur in dieser Form handelt es sich daher um ein exklusives, ausschließlich dem Land zugeordnetes Zeichen, das unter § 4 Abs 1 Z 1 lit a MSchG und damit auch unter § 5 und § 7 MSchG zu subsumieren ist. Hingegen wird der Verkehr die Darstellung des Wappens ohne Rangkrone zwar als Bezugnahme auf das Land Steiermark – im Sinn eines historisch gewachsenen Teils der Republik Österreich – verstehen; ein markenrechtlich relevanter Hinweis auf das Land als Gebietskörperschaft (Gliedstaat) mit hoheitlichen Aufgaben und Befugnissen kann darin aber wegen der im Wappengesetz enthaltenen Beschränkung auf das Vollwappen schon aus rechtlichen Gründen nicht liegen. Damit übereinstimmend führt das Land Steiermark in seinem offiziellen Internetauftritt aus, dass „das Wappen mit dem silbernen Panther im grünen Schild ohne den Herzogshut ohnehin frei verwendet werden“ könne (http://www.verwaltung.steiermark.at/cms/ziel/3396667/DE/; Abfrage vom 28. März 2012).

4.3. Entscheidend für den Charakter als Hoheitszeichen ist daher der „historische Hut“. Ihn hat die Antragsgegnerin nicht in die Marke aufgenommen, sodass dort das aus Sicht des Landes entscheidende Merkmal für das Vorliegen eines Hoheitszeichens fehlt. Aus diesem Grund besteht auch keine markenrechtlich relevante Ähnlichkeit der in die Marke aufgenommenen Darstellung mit der amtlichen Ausführungsform (§ 7 MSchG). Der Tatbestand des § 5 MSchG (allenfalls iVm § 7 MSchG) ist daher auch im Zusammenhang mit der behaupteten Verwendung des Landeswappens nicht erfüllt.

4.4. Aus diesem Grund ist unerheblich, ob die Verleihung des Landeswappens als Auszeichnung im Sinne von § 1 Abs 5 StmkWappenG tatsächlich, wie die Nichtigkeitsabteilung annimmt, auch dessen Aufnahme in ein Unternehmenskennzeichen deckt. Dagegen spricht, dass § 1 Abs 5 StmkWappenG diese Nutzungsform nicht nennt, sondern ganz im Gegenteil beim „Führen“ des Landeswappens einen Hinweis auf den „Auszeichnungscharakter“ verlangt. Die Verleihung des Wappens soll es dem Unternehmen daher ermöglichen, mit der dadurch ausgedrückten Wertschätzung des Landes zu werben . Bei Aufnahme in ein Unternehmenskennzeichen wäre das Wappen aber darüber hinaus Teil eines Herkunftshinweises und hätte daher eine weitere, von der Wertung des § 1 Abs 5 StmkWappenG wohl nicht mehr gedeckte Funktion. Eine solche Nutzung wird daher eher eine „sonstige Verwendung“ im Sinne von § 2 StmkWappenG sein, die einer eigenen Genehmigung bedürfte. Abschließend ist diese Frage hier aber nicht zu klären, weil aus den dargestellten Gründen ohnehin keine Wappenverwendung im Sinne des § 4 Abs 1 Z 1 lit a, § 5 und § 7 MSchG vorliegt.

5. Andere Löschungsgründe macht der Antragsteller nicht geltend. Seine Berufung muss daher scheitern.

6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 42 Abs 1 MSchG iVm §§ 122 Abs 1, 140 PatG sowie §§ 41, 50 ZPO. Die von der Antragsgegnerin verzeichneten Kosten für die Verrichtung der Berufungsverhandlung gebühren nur in jenem Ausmaß, das sich aus § 23 Abs 9 RATG ergibt (dh dreifacher Einheitssatz zur Berufung). Die insofern offenkundige Unrichtigkeit des Kostenverzeichnisses ist – nach Aufhebung des Wortes „ungeprüft“ durch den Verfassungsgerichtshof (G 84/11, G 87/11, G 101/11, G 102/11) - in verfassungskonformer Interpretation von § 54 Abs 1a ZPO trotz unterbliebener Rüge wahrzunehmen (VfGH G 280/09; OM 1/11 - Neptun).

Rechtssätze
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