JudikaturJustizOm11/12

Om11/12 – OPMS Entscheidung

Entscheidung
12. Dezember 2012

Kopf

Der Oberste Patent- und Markensenat hat durch die Präsidentin des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Irmgard GRISS, die Räte des Obersten Patent- und Markensenates Hofrätin des OGH Dr. Elisabeth LOVREK, Hofrat des OGH Dr. Gottfried MUSGER, Ministerialrat Mag. Wolfgang BONT als rechtskundige Mitglieder und Rat des Obersten Patent- und Markensenates Oberrat Mag. Maximilian GÖRTLER als fachtechnisches Mitglied in der Markenrechtssache der Antragstellerin   F *****  G m b H ,  ***** Deutschland, vertreten durch Frau Mag. Birgit NOHA, Rechtsanwältin, Geblergasse 93, 1170 Wien, gegen die Antragsgegnerin   M ***** V e r w a l t u n g s g e s e l l s c h a f t   m b H ,   ***** Deutschland, vertreten durch Haffner Keschmann Patentanwalts KG, Schottengasse 3a, 1014 Wien, wegen Löschung der Marke Nr 249 861 über die Kostenberufung der Antragstellerin gegen den Beschluss der Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamtes vom 22. Mai 2012, Nm 116/2009-15, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss gefasst:

Spruch

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Die Kostenentscheidung wird dahin abgeändert, dass sie insgesamt zu lauten hat:

„Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Antragstellerin die mit 1.736,40 EUR (darin enthalten 525 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

Die Antragstellerin ist schuldig, der Antragsgegnerin die mit 406,28 EUR bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

G r ü n d e :

Die Antragstellerin beantragte am 25. September 2009 die Löschung der für die Antragsgegnerin registrierten österreichischen Marke Nr 249 861 und die Anmerkung des Löschungsantrags gemäß § 28 Abs 2 MSchG.

Die Antragsgegnerin trat in ihrer Gegenschrift vom 2. März 2010 dem Antrag zunächst entgegen, beantragte jedoch am 2. Februar 2011 selbst die Löschung der Marke.

Die Nichtigkeitsabteilung teilte den Parteien am 4. März 2011 mit, dass die Marke mit Wirksamkeit vom 2. Februar 2011 gelöscht wurde und dass das Verfahren eingestellt werde, wenn die Antragstellerin nicht unter Bescheinigung ihres rechtlichen Interesses auf einer Durchführung des Verfahrens bestehe. Sie verwies darauf, dass die Antragsgegnerin kostenersatzpflichtig sei, außer sie habe die Antragstellung nicht veranlasst. Schließlich räumte sie beiden Parteien eine Frist von einem Monat für die Erhebung des Anspruchs auf Kostenersatz sowie für die Vorlage eines (ergänzenden) Kostenverzeichnisses ein.

Innerhalb der gesetzten Frist beantragte die Antragstellerin, ihr Kosten in Gesamthöhe von 3.720,60 EUR zuzusprechen.

Die Nichtigkeitsabteilung stellte das Löschungsverfahren gemäß § 42 Abs 1 MschG iVm § 117 PatG ein und verpflichtete die Antragsgegnerin zum Ersatz der mit 1.573,70 EUR (darin enthalten 485 EUR Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten.

Gegen diese Kostenentscheidung – die im Umfang der Nichtzuerkennung von Umsatzsteuer unbekämpft blieb – wendet sich die Berufung der Antragstellerin mit dem Antrag, weitere Kosten von 1.614,30 EUR zuzusprechen.

Die Antragsgegnerin beantragt in ihrer Berufungsbeantwortung , der Kostenberufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist teilweise berechtigt.

1.     Über den Ersatz der Verfahrens- und Vertretungskosten ist gemäß § 42 Abs 1 MschG iVm § 122 PatG vorbehaltlich der §§ 122 Abs 2, 117 PatG in sinngemäßer Anwendung der §§ 40 bis 55 ZPO zu entscheiden. Im Fall des Rechtsverzichts während des anhängigen Verfahrens hat grundsätzlich der Antragsteller gemäß § 117 PatG Anspruch auf Kostenersatz.

2.     Die Antragstellerin macht in ihrer Berufung geltend, dass die Antragsgegnerin in ihrer Äußerung zum Kostenbestimmungsantrag nur gerügt habe, dass die in Deutschland ansässige Antragstellerin Umsatzsteuer beansprucht habe. Im Übrigen habe sie gegen das Kostenverzeichnis keine Einwendungen erhoben, weshalb dieses Kostenverzeichnis gemäß § 54 Abs 1a ZPO zugrunde zu legen sei.

2.1 § 54 Abs 1a ZPO bestimmt – nach Aufhebung des Worts „ungeprüft“ durch den Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 5. Oktober 2011, G 84/11, kundgemacht am 21.11.2011 (BGBl 108/2011) – dass das am Schluss der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz (§ 193) dem Gericht zu übergebende Kostenverzeichnis gleichzeitig auch dem Gegner auszuhändigen ist. Erhebt dieser binnen einer Notfrist von 14 Tagen keine begründeten Einwendungen, hat das Gericht seiner Entscheidung die verzeichneten Kosten zugrunde zu legen.

2.2 Nach dem klaren Wortlaut dieser Regelung, insbesondere dem Klammerzitat „§ 193“ ist somit klargestellt, dass nur die am Schluss der Verhandlung erster Instanz tatsächlich gelegte Kostennote einwendungspflichtig ist (4 Ob 66/10z mH auf die Materialien; Obermaier , Kostenhandbuch2 29). Eine mündliche Verhandlung fand hier nicht statt. § 54 Abs 1a ZPO ist daher nicht anzuwenden.

3. Für den Fall der Einstellung des Markenlöschungsverfahrens ohne mündliche Verhandlung verbietet sich mangels Vorliegens einer Regelungslücke eine analoge Anwendung des § 23 Abs 6 RATG. Zutreffend hat daher die Nichtigkeitsabteilung für den Löschungsantrag nur 50 % Einheitssatz zuerkannt (OPM Om 6/99 PBl 2000, 126).

4. Ebenfalls zutreffend ging die Nichtigkeitsabteilung davon aus, dass der von der Antragstellerin unaufgefordert eingebrachte Schriftsatz vom

14. Juli 2010 nicht zu honorieren ist: Der Schriftsatz wiederholt im Wesentlichen nur das bereits im Löschungsantrag erstattete Vorbringen und war daher für die Rechtsverfolgung weder notwendig noch zweckmäßig.

5. Berechtigt ist allerdings das Berufungsvorbringen, wonach ihr für den im Löschungsantrag enthaltenen Antrag auf Streitanmerkung die verzeichneten Barauslagen zuzuerkennen seien. Die Streitanmerkung hat gemäß § 28 Abs 3 MschG iVm § 45 Abs 2 PatG die Wirkung, dass die Entscheidung auch gegen die Personen, welche erst nach dem Zeitpunkt des Einlangens des Gesuchs um Streitanmerkung beim Patentamt Eintragungen in das Patentregister erwirkt haben, ihre volle Wirksamkeit äußert. Als Annex des kontradiktorischen Streitverfahrens werden bei der Streitanmerkung typischerweise „entgegengesetzte Interessen“ (vergleiche § 78 Abs 2 AußStrG) verfolgt. Der Antragstellerin sind daher die beantragten Barauslagen zuzusprechen (zum vergleichbaren Fall einer grundbuchsrechtlichen Streitanmerkung 1 Ob 56/10g mwN).

6. Berechtigt ist auch der Einwand der Antragstellerin, sie habe den Antrag auf Kostenbestimmung – dessen nach TP 1 verzeichnete Kosten die Nichtigkeitsabteilung nicht zuerkannte – in Entsprechung des Auftrags der Nichtigkeitsabteilung gestellt: Die Nichtigkeitsabteilung verwies in ihrem Beschluss vom 4. März 2011 ausdrücklich darauf, dass beiden Parteien eine Frist von je einem Monat nach Zustellung des Beschlusses für die Erhebung des Anspruches auf Kostenersatz sowie für die Vorlage eines (ergänzenden) Kostenverzeichnisses eingeräumt werde. Zwar hat gemäß § 117 PatG im Fall des Rechtsverzichts während anhängigen Verfahrens grundsätzlich der Antragsteller Anspruch auf Kostenersatz. Dem Antragsgegner kann jedoch Kostenersatz gebühren, wenn er durch sein Verhalten zur Antragstellung nicht Anlass gegeben hat. Unter diesen Umständen ist der Antragstellerin darin beizupflichten, dass der in Entsprechung der Aufforderung der Nichtigkeitsabteilung eingebrachte Kostenbestimmungsantrag der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung diente, stellte doch die Antragstellerin damit klar, dass sie – dem Grundsatz des § 117 PatG entsprechend – Kostenersatz beansprucht.

7. Daraus folgt, dass der Antragstellerin in Abänderung der Kostenentscheidung der Nichtigkeitsabteilung die beantragten Barauslagen für die Streitanmerkung ebenso zuzusprechen sind wie die Kosten für den Kostenbestimmungsantrag. Rechnerisch obsiegte die Antragstellerin mit ihrer Kostenberufung jedoch lediglich geringfügig iSd der zu § 43 Abs 2 ZPO ergangenen Rechtsprechung ( Fucik in Rechberger ³ § 43 ZPO Rz 10 mwN). Der Antragsgegnerin sind daher die Kosten ihrer Berufungsbeantwortung zur Gänze zuzusprechen.

Rechtssätze
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