JudikaturJustizOBm4/12

OBm4/12 – OPMS Entscheidung

Entscheidung
27. Februar 2013

Kopf

Der Oberste Patent- und Markensenat hat durch die Präsidentin des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Irmgard GRISS, die Räte des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Michael SACHS, Dr. Gerhard PRÜCKNER und Dr. Elisabeth LOVREK als rechtskundige Mitglieder und Rätin des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Ursula HUNGER als fachtechnisches Mitglied in der Markenrechtssache der Antragstellerin   U *****  P l c . ,  ***** Großbritannien, vertreten durch Diwok Hermann Petsche Rechtsanwälte GmbH, Schottenring 25, 1010 Wien, über die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Entscheidung der Rechtsmittelabteilung des Österreichischen Patentamtes vom 8. August 2012, Bm 39/2010-1,2, womit die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung Österreichische Marken, vom 20. Juli 2010 GZ AM 3351/2009-7, abgewiesen wurde, den B e s c h l u s s gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass dem zu AM 3351/2009 eingebrachten Antrag stattgegeben wird.

Die Wortmarke „WONDERFUL TONIGHT“ ist für folgende Waren der Klasse 3 in das Markenregister einzutragen:

„Seifen; Parfümeriewaren; ätherische Öle; Deodorantien und Antiperspirantien für den persönlichen Gebrauch; kosmetische Haarpflegemittel, insbesondere Haarlotionen, Feuchtigkeitsmittel für das Haar, Haaröle, Haartonika, Haarcremes, kosmetische Mittel zur Behandlung zum Schutz des Haares, kosmetische Mittel zur Behandlung gegen trockenes Haar; Shampoos, Conditioner, Haarsprays, Haarpuder, Haarlacke, Haarschaum, Haarglanzpräparate, Haargele; Haarfärbemittel, Haartönungsmittel, Onduliermittel für Haare; kosmetische Bade- und Duschmittel; Toilettemittel (Körperpflege); kosmetische Hautpflegepräparate; Kosmetika.“

Text

G r ü n d e :

Die Berufungswerberin stellte am 3. Juni 2009 den Antrag, das Zeichen „WONDERFUL TONIGHT“ als Marke für die im Spruch genannten Waren der Klasse 3 zu registrieren.

Am 20. Juli 2010 wies die Rechtsabteilung Österreichische Marken des Österreichischen Patentamts den Antrag auf Eintragung der Wortmarke „WONDERFUL TONIGHT“ ab. In der Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass das gegenständliche Zeichen als nicht individualisierender Unternehmenshinweis zu beurteilen sei. Es liege ein beschreibendes, nicht unterscheidungskräftiges Zeichen vor. Es bedürfe keiner besonderen Schlussfolgerung oder Gedankenoperation, um in der Bezeichnung WONDERFUL TONIGHT eine allgemeine Anpreisung der Beschaffenheit bzw der Wirkungsweise der so bezeichneten Waren zu sehen. So erwarteten durchschnittliche Konsumenten, durch die Anwendung der so bezeichneten Mittel der Klasse 3 wundervoll am (heutigen) Abend auszusehen. Für die angesprochenen Konsumenten bleibe somit keinerlei Freiraum, in dem Zeichen noch etwas Anderes als eine Werbeaussage über die Beschaffenheit der so bezeichneten Waren zu sehen.

Gegen diesen Beschluss erhob die Antragstellerin Beschwerde und begründete diese damit, dass die beiden englischen Wörter „WONDERFUL TONIGHT“ nicht Waren der angemeldeten Klasse 3 bezeichneten. Die Wortkombination sei durchaus von Originalität geprägt, sodass auch die für eine Eintragung einer Marke erforderliche Unterscheidungskraft vorliege. Das Zeichen werde von den beteiligten Verkehrskreisen als unterscheidungskräftig und phantasievoll wahrgenommen, da es sich leicht und unmittelbar einpräge. Darüber hinaus sei das Zeichen eine ungewöhnliche Wortkombination für Kosmetikprodukte, die als Zusammensetzung von „wonderful“ und „tonight“ im Englischen als solche nicht existiere.

Die Rechtsmittelabteilung des Österreichischen Patentamts wies die Beschwerde mit Entscheidung vom 8. August 2012 ab. Die Wortkombination „WONDERFUL TONIGHT“ werde von den Verkehrskreisen lediglich als Werbeslogan, nicht aber als Marke – im Sinne eines betrieblichen Herkunftshinweises – wahrgenommen. Auch wenn die Wortkombination „WONDERFUL TONIGHT“ keinen grammatikalisch richtigen Satz ergebe, liege dennoch nur eine werbliche Aussage vor. Schlagwortartige Verkürzungen in Werbeslogans seien üblich. Die Wortkombination „WONDERFUL TONIGHT“ sei auch auf Grund der allgemeinen Sprachkenntnisse als werbliche Aussage zu verstehen, die ein Konsument als „you are/you will be (look/feel/smell) wonderful tonight“ auffassen werde. Im Hinblick auf die beanspruchten Waren gebe die Aussage „heute Abend wundervoll sein“ das (Werbe-)Versprechen, mit Hilfe der Waren heute Abend wundervoll auszusehen/wundervoll zu duften/sich heute Abend wundervoll zu fühlen. Der Aussagegehalt des Satzes ergebe sich unmittelbar aus der kurzen Wortfolge „wonderful tonight“, sodass dem angemeldeten Zeichen keine über die werbliche Aussage hinausgehende Bedeutung zukomme. Da darüber hinaus den Waren in der Klasse 3 der Effekt zugeschrieben werden könne, das Aussehen von Konsumenten positiv zu beeinflussen, sei das gegenständliche Zeichen mit dem ihm immanenten Aussagegehalt keineswegs eine ungewöhnliche Wortkombination für die angemeldeten Waren. „WONDERFUL TONIGHT“ sei somit lediglich als werbliche Aussage, nicht jedoch als Marke mit individualisierender Herkunftsfunktion zu verstehen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde der Antragstellerin. Dem Zeichen „WONDERFUL TONIGHT“ komme Unterscheidungskraft zu. Es sei unüblich, Kosmetikprodukte mit dem Begriff „WONDERFUL TONIGHT“ zu bezeichnen, weshalb durchaus eine Unterscheidungsfähigkeit gegenüber Kosmetikprodukten anderer Hersteller vorliege. Nur wenn die Unterscheidungskraft völlig fehle, sei eine Markenanmeldung unzulässig.

Die Wortkombination von „wonderful“ und „tonight“ sei eine im allgemeinen englischen Sprachgebrauch grammatikalisch unrichtige und nicht verwendete Kombination. Insbesondere sei sie auch keine schlagwortartige Verkürzung. Selbst wenn eine solche vorläge, wäre dies kein Hinderungsgrund für eine Markenregistrierung, weil ein Slogan gleichzeitig als Werbebotschaft und als Hinweis auf die betriebliche Herkunft verstanden werden könne. Alle Marken, die aus Zeichen und Angaben bestehen, enthielten naturgemäß in mehr oder weniger großem Umfang Sachaussagen. Selbst prägnante und einprägsame Slogans, die der Syntax und den grammatikalischen Regeln vollinhaltlich folgten, seien grundsätzlich eintragungsfähig.

Da die Wortkombination „WONDERFUL TONIGHT“ gewöhnlich nicht für Präsentationen von Kosmetika verwendet werde, sei sie auch geeignet, bei den beteiligten Verkehrskreisen einen Erinnerungseindruck zu hinterlassen und als Wiedererkennungsmittel zu dienen.

Ein Freihaltungsbedürfnis bestehe nicht. Die englische Markenbehörde habe gegen eine Eintragung der Marke keine Bedenken gehabt. Die Marke sei in Großbritannien von den zuständigen Markenbehörden registriert worden.

Die Wortkombination „WONDERFUL TONIGHT“ sei ausreichend originell, für die beteiligten Verkehrskreise leicht und unmittelbar einprägsam und ein unterscheidungskräftiges Zeichen.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Patent- und Markensenat hat dazu Folgendes erwogen:

I.1. Das Zeichen „WONDERFUL TONIGHT“, bestehend aus den englischen Wörtern „wonderful“ und „tonight“, ist eine grammatikalisch unvollständige und auslegungsbedürftige Wortkombination. Aus mehreren Wörtern zusammengesetzte Zeichen, etwa Werbeslogans, können sowohl als Werbebotschaft als auch als Hinweis auf die betriebliche Herkunft verstanden werden ( Engin-Deniz , MSchG², 81f), wenn sie nicht bloß beschreibende Aussagen über die Waren oder Dienstleistungen enthalten (RIS-Justiz RS0122385). Sie sind nach den selben Kriterien wie herkömmliche Wortmarken zu prüfen (OPM OBm 1/12), insbesondere dahin, ob sie Bestandteile enthalten, die einen gewissen Interpretationsaufwand erfordern und die über die offenkundige Werbeaussage hinaus die maßgeblichen Verkehrskreise in die Lage versetzen, sich den Ausdruck leicht und unmittelbar als unterscheidungskräftige Marke für die bezeichneten Waren oder Dienstleistungen einzuprägen (OGH 17 Ob 21/11d).

2. Nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben. Unterscheidungskräftig ist eine Marke, wenn sie geeignet ist, die Ware oder Dienstleistung, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Fehlt die Unterscheidungskraft, kann das Zeichen die Hauptfunktion der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis nicht erfüllen (OPM Om 10/09-3 mit Hinweisen auf EuGH-Judikatur;

OGH 4 Ob 38/06a mwN). Bei nur beschreibenden Zeichen fehlt die Unterscheidungskraft. Unter Bezugnahme auf die Rsp des EuGH hat der OGH schon mehrfach ausgesprochen, dass nur solche Zeichen als rein beschreibend verstanden werden, deren Begriffsinhalt von den beteiligten Verkehrskreisen zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschlossen werden kann und die als beschreibender Hinweis auf das damit bezeichnete Objekt verstanden werden. Dies ist der Fall, wenn der im Wort enthaltene Hinweis auf die Herstellung, die Beschaffenheit oder die Bestimmung der Ware oder Dienstleistung innerhalb der beteiligten Verkehrskreise allgemein und ohne besondere Denkarbeit erfasst werden kann. Enthält das Zeichen demgegenüber nur Andeutungen einer bestimmten Beschaffenheit, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht rein beschreibend und daher auch ohne Verkehrsgeltung zu schützen (OGH 17 Ob 4/08z mwN; OPM Om 10/09).

II. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Auffassung nicht zu teilen, die angemeldete Wortkombination werde von den maßgeblichen Verkehrskreisen nur als Hinweis auf Wareneigenschaften verstanden:

Von einer konkreten oder umfassenden Warenbeschreibung kann keine Rede sein. Der Adressat wird zunächst zum Nachdenken schon darüber angeregt, wer oder was heute Abend wundervoll sein soll, nämlich das Produkt (beispielsweise eine Seife oder ein Haarfärbemittel) oder aber der Käufer nach der Anwendung des Produkts. Der Hinweis ist nur eine blumige Beschreibung der Wirkungsweise der Waren ohne konkret fassbaren Bedeutungsinhalt, der mit dem Begriff „wundervoll“ nicht hergestellt werden kann. In der Kombination mit der zeitlichen Komponente „heute Abend“ liegt ein die Fantasie anregender Anreiz zu Gedankenarbeit und keineswegs nur eine ohne eine solche leicht erfassbare reine Warenbeschreibung.

Ein allgemeines Freihaltebedürfnis an der Wortkombination für Waren der Klasse 3 besteht nicht. Es fehlt jeder Anhaltspunkt, dass die aus englischen Wörtern bestehende Kombination eine allgemein gebräuchliche Warenbezeichnung wäre (vergleiche OGH 4 Ob 2383/96m).

Rechtssätze
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