JudikaturJustizOBm3/13

OBm3/13 – OPMS Entscheidung

Entscheidung
28. August 2013

Kopf

Der Oberste Patent- und Markensenat hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Brigitte SCHENK, die Räte des Obersten Patent- und Markensenates Mag. Gerald PILZ, Dr. Gerhard PRÜCKNER, Dr. Gottfried MUSGER als rechtskundige Mitglieder und den Rat des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Erich TENGLER als fachtechnisches Mitglied in der Markenrechtssache der Antragstellerin Firma   S***** G e s e l l s c h a f t   m . b . H . ,   ***** vertreten durch Piaty Müller-Mezin Schoeller Rechtsanwälte GmbH, Glacisstraße 27, 8010 Graz, wegen Eintragung der Wortmarke „STEIRERFLEISCH“, über die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Entscheidung der Rechtsmittelabteilung des Österreichischen Patentamtes vom 20. März 2013, Zl Bm 44/2011-1,2, womit die Beschwerde der Antragstellerin gegen den abweisenden Beschluss der Rechtsabteilung Österreichische Marken des Österreichischen Patentamtes vom 5. Juli 2011, AM 4378/2010-7, auf Eintragung der am 28. Juli 2010 zu AM 4378/2010 angemeldete Wortmarke „STEIRERFLEISCH“ abgewiesen und der angefochtene Beschluss bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

G r ü n d e :

Die antragstellende S***** GmbH betreibt ein Schlacht- und Zerlegeunternehmen in der Steiermark. Nach einem Bericht einer Wirtschaftszeitung im Dezember 2012 ist sie in Österreich bei Schweinefleisch Marktführer. Die Antragstellerin ist Inhaberin der Wortbildmarke AT 248 111 mit dem Wortlaut „STEIRERFLEISCH“ samt einem daneben am Beginn des Zeichens abgebildeten grünen Herz.

Am 28. Juli 2010 beantragte sie ua die Registrierung des Wortzeichens „Steirerfleisch“ als österreichische Wortmarke aufgrund bestehender Verkehrsgeltung für die Waren und Dienstleistungen der Klasse 18: Häute von Schlachttieren und Klasse 29: Fleisch, Fleisch- und Wurstwaren, Rindfleisch, Schweinefleisch, Fleischextrakte, Fertiggerichte vorwiegend aus Fleisch bestehend, Speiseöle und -fette. Die weiters beantragten Registrierungen in den Klassen 35, 40 und 44 sind nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens. Die Antragstellerin stützte ihren Antrag unter Vorlage von Urkunden (im Verfahren wurden insgesamt 177 vorgelegt) auf die Verkehrsgeltung der angemeldeten Marke.

Die Rechtsabteilung Österreichische Marken des Österreichischen Patentamts wies mit Beschluss vom 5. Juli 2011 den Eintragungsantrag unter Hinweis auf die erfolgten Amtsschreiben ab. Danach bestehe bei glatt beschreibenden Angaben ein hohes Freihaltebedürfnis, sodass an den Nachweis der Verkehrsgeltung hohe Anforderungen zu stellen seien. Es sei zwar nicht unbedingt ein demoskopisches Gutachten zu fordern, die vorgelegten Urkunden wiesen aber graphische Zusätze wie die Wortbildmarke der Antragstellerin oder andere Zusätze auf und es sei nicht der Nachweis erbracht worden, dass das grüne Herz zum Freizeichen geworden wäre, das den Gesamteindruck des angemeldeten Zeichens nicht prägen könnte. Die vorliegenden Abweichungen der verwendeten Zeichen seien so gravierende graphische Ausgestaltungen im Vergleich zum angemeldeten Zeichen, dass sie jedenfalls den Nachweis einer Verkehrsgeltung für das glatt beschreibende Wortzeichen verhinderten.

Dagegen erhob die Antragstellerin Beschwerde mit folgenden, hier zusammengefassten Argumenten:

1.           Schon die vorgelegten Urkunden, in denen kein (zusätzliches) graphisches Element aufscheine, reichten für den Nachweis der Verkehrsgeltung (Firmenbuchauszug; Bestätigung von 47 Unternehmen; eidesstättige Erklärung; Internetauftritt; Zeitungsartikel; Verleihung des Staatswappens; Lichtbilder von verpacktem Fleisch). In einer Vorentscheidung habe der Oberste Gerichtshof den Verkehrsgeltungsnachweis durch Vorlage von 30 Bestätigungen für ausreichend erachtet (4 Ob 64/04x).

2.           Nach der Rechtsprechung des EuGH (C-353/03) sei es nicht notwendig, dass die angemeldete Marke eigenständig benutzt werde. Die Unterscheidungskraft könne auch durch Benutzung als Teil oder in Verbindung mit einer eingetragenen Marke erworben werden.

3.           Das dem Wort „STEIRERFLEISCH“ vorangestellte Herz sei als unoriginelle Grafik nicht prägend sondern ein schwaches Zeichen und nicht mehr als ein „Blickfang“. Bei der eingetragenen Wortbildmarke sei der Wortbestandteil maßgebend. Nach der Rechtsprechung des EuG (WBl 2005, 224) seien bloß dekorative Bildbestandteile nicht geeignet, die beherrschende Stellung eines Wortbestandteils zu schwächen. Für die Registrierung der Wortbildmarke sei nicht allein das grüne Herz sondern die Kombination des dunkelgrünen fett geschriebenen Wortbestandteils mit dem vorangestellten grünen Herz ausschlaggebend gewesen. Die Auffassung, dass zum Schutz eines rein beschreibenden Wortzeichens Nachweise ungeeignet seien, die die Verwendung dieses Wortzeichens mit nicht unterscheidungskräftigen Bestandteilen darlegten, führe in überzogener Weise dazu, dass „keine originär beschreibende Angabe jemals Verkehrsgeltung erlangen“ könnte.

4.           Bei den vom Patentamt herangezogenen, von einem Künstler entwickelten „Herz“ - Marken handle es sich um unterscheidungskräftige Ausgestaltungen, die nicht als Nachweis dienen könnten, dass das schlichte grüne Herz der Wortbildmarke der Antragstellerin Kennzeichnungskraft hätte.

5.           Dieses Herz sei bereits ein Freizeichen in dem Sinne, dass die Steiermark als „das grüne Herz Österreichs“ und Produkte mit dem grünen Herz als steirische Produkte verstanden werden. Die steirische Tourismuswerbung mit dem grünen Herz verdeutliche, dass das grüne Herz lediglich ein „steiermarkspezifisches Logo“ sei, ohne eine eigenständige Unterscheidungskraft.

Die Rechtsmittelabteilung des Österreichischen Patentamts wies die Beschwerde mit folgender zusammengefasster wesentlicher Begründung ab:

1.           Der Begriff „STEIRERFLEISCH“ sei kein Fachbegriff sondern ein solcher der Alltagssprache. Er sei rein beschreibend mit der Sachangabe „Fleisch“ und der Herkunftsangabe „Steirer“. Es komme bei der Klasse 29 auf das Verständnis des Durchschnittskonsumenten an, bei den Waren der Klasse 18 zwar auf das Verständnis der Adressaten (Unternehmer, Gewerbetreibende) diese hätten aber kein anderes Verständnis als die Endkonsumenten.

2.           Nach der (in der Entscheidung zitierten) Rechtsprechung sowohl des EuGH als auch des OGH müsse die Verkehrsgeltung sowohl personen- wie auch produktbezogen sein. Sie sei anzunehmen, wenn ein nicht unbeträchtlicher Teil der Verkehrskreise in der Bezeichnung einen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen erblicke. Bei einem Kennzeichnungsgrad von unter 50 % liege noch keine Verkehrsgeltung vor.

3.           Zu den Waren der Klasse 18 hätten die vorgelegten Unterlagen keinen Bezug aufgewiesen.

Die vorgelegten Kundenbestätigungen stammten überwiegend von Gewerbetreibenden (Fleischverarbeitungs- oder Verpackungsunternehmen) und könnten ua wegen des vorgefertigten Eindrucks (Layout; gleicher Schreibfehler) und des fehlenden Bezugs zu den Waren der Klassen 18 und 29 nicht für eine österreichweite Verkehrsgeltung berücksichtigt werden. Die vorgelegten weiteren Urkunden wiesen mehrheitlich die registrierte Wortbildmarke bzw eine graphisch ähnliche Komponente (Herz) neben dem angemeldeten Wortzeichen auf, sodass von keiner markenmäßigen Verwendung des angemeldeten Wortzeichens ausgegangen werden könne. Es komme auf den Gesamteindruck des verwendeten Zeichens an. Die Unterlagen mit einer Wortbildgestaltung seien für den Verkehrsgeltungsnachweis des Wortzeichens nur bedingt geeignet. Werde die Wortmarke nie isoliert, sondern nur zusammen mit einem weiteren Kennzeichen benutzt, seien die Angaben zu Marktposition, Umsätzen und Werbeankündigungen nicht genügend aussagekräftig, weil sie nur darauf schließen ließen, dass die konkrete, durch mehrere Merkmale gekennzeichnete Gestaltung Verkehrsgeltung habe. In einem solchen Fall sei die Einholung eines demoskopischen Gutachtens das geeignetste Beweismittel. Im Hinblick auf die häufige Verwendung der angemeldeten Wortfolge als Teil einer Wortbildmarke bleibe unklar, ob die Beteiligten Verkehrskreise auch das Wortzeichen allein als Unternehmenshinweis wahrnehmen.

Gegen diese Entscheidung der Rechtsmittelabteilung richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin mit dem Antrag auf Aufhebung und auf Ausspruch dahin, dass kein Registrierungshindernis nach § 4 Abs 1 Z 4 MSchG vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerde ist nicht berechtigt.

Die Beschwerdeführerin wiederholt im Wesentlichen ihre schon im Verfahren vorgetragenen und oben wiedergegebenen Argumente zu den Themen der mangelnden Unterscheidungskraft des Bildbestandteils „grünes Herz“ und dessen Entwicklung zu einem Freizeichen, sodass dessen Verwendung kein Hindernis für das Entstehen der Verkehrsgeltung des Wortbestandteils sein könne. Weiters wird neuerlich das Argument vorgetragen, für die Bejahung der Verkehrsgeltung genüge es, wenn diese nur für den „B2B-Bereich“ also für „Zwischenhändler, Verarbeiter etc“ nachgewiesen werde. Dazu ist Folgendes auszuführen:

1.           Gemäß § 4 Abs 1 Z 4 MSchG sind Zeichen von der Registrierung als Marke ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung des Wertes, der geographischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können. Gemäß § 4 Abs 2 MSchG wird die Registrierung jedoch in den Fällen des Abs 1 Z 3, 4 und 5 zugelassen, wenn das Zeichen innerhalb der beteiligten Verkehrskreise vor der Anmeldung in Folge seiner Benutzung Unterscheidungskraft im Inland erworben hat.

Die Bezeichnung „STEIRERFLEISCH“ bezeichnet die Art der Ware und ihre Herkunft. Der rein beschreibende Charakter ist nicht strittig.

2.           Der Beschwerdeführerin kann durchaus zugestimmt werden, dass der Nachweis der Verkehrsgeltung nicht nur durch ein demoskopisches Gutachten erbracht werden kann. Die von ihr zitierte Entscheidung 4 Ob 64/04x nennt für die Beweisführung neben „in erster Linie durch Kammergutachten oder Sachverständigenbeweis, allenfalls auch durch demoskopische Gutachten“ auch die Vernehmung von Auskunftspersonen oder Parteien sowie Urkunden über das Ergebnis von Umfragen in den beteiligten Verkehrskreisen. Im vorliegenden Fall wurden Sachverhaltsfeststellungen nur aufgrund der vorgelegten Urkunden getroffen, sodass eine Überprüfung in rechtlicher Hinsicht vorzunehmen ist und die Beschwerde nicht schon daran scheitert, dass die aufgrund unmittelbar aufgenommener Beweise (Zeugenbeweis; Beweis durch Parteienvernehmung) vorgenommene Beweiswürdigung im Verfahren vor dem Obersten Patent- und Markensenat nicht nachgeprüft werden könnte (vergleiche Op 3/08-2).

3.           Auf die vorgelegten Bestätigungen ihrer eigenen Kunden kann sich die Beschwerdeführerin im Ergebnis nicht mit Erfolg berufen, weil diese Kunden aufgrund ihrer Geschäftsbeziehung selbstverständlich wussten, dass sich die verwendete Bezeichnung nicht nur auf die Waren sondern auch auf den Lieferanten bezieht. Ob auch andere nicht belieferte Unternehmen die Bezeichnung in diesem Sinn verstanden haben, wäre nachzuweisen gewesen.

4.           Dem auf die Entscheidung des EuGH vom 7. Juli 2005, C-53/03, gestützten Argument, die Verwendung der Wortbildmarke könne nicht dem Entstehen der Unterscheidungskraft des angemeldeten Wortzeichens entgegenstehen, ist zunächst zu entgegnen, dass in der bekämpften Entscheidung der Rechtsmittelabteilung ohnehin nur festgestellt wurde, dass „all jene Unterlagen, welche diese Wortbildgestaltung aufweisen, nur bedingt geeignet (sind), um eine österreichische Verkehrsgeltung für das Wortzeichen „STEIRERFLEISCH“ nachzuweisen“. Diese eingeschränkte Aussagekraft der Urkunden trifft durchaus zu. Gerade dann, wenn der Bildbestandteil (das grüne Herz) eine schwache Unterscheidungskraft aufweist und die Verkehrskreise ihn – wie die Beschwerdeführerin ja selbst ausführt – als Hinweis auf eine Herkunft aus der Steiermark verstehen, fehlt diesem Markenbestandteil jeglicher Hinweis für eine Zuordnung zu einem Unternehmen. Wenn erst die Kombination zweier bloß beschreibender Markenelemente diese Zuordnung möglich machen, ein einzelner Teil aber nicht ausreicht, ist es sehr unwahrscheinlich, dass die Verwendung beider Teile, also der Wortbildmarke der Antragstellerin, im Laufe der Zeit dazu führt, dass die Verkehrskreise auch die Verwendung des rein beschreibenden Wortbestandteils (wie dies beispielsweise bei den etikettierten „STEIRERFLEISCH“ Produkten in den Supermärkten der Fall war) einen Unternehmensbezug erkennen. Diese Ansicht steht mit der zitierten Entscheidung des EuGH nicht im Widerspruch. Dort wurde nur ausgeführt, dass die erforderliche Identifizierung der Ware durch die Verkehrskreise als von einem bestimmten Unternehmen stammend und damit das Entstehen der Unterscheidungskraft sich auch aus der Benutzung eines Teils einer eingetragenen Marke als deren Bestandteil ergeben könne . Ob dies der Fall ist, ist aber eine von der Antragstellerin zu beweisende Tatfrage. Wenn die Rechtsmittelabteilung daher der bloßen Markenverwendung der Wortbildmarke nur eine geringe (bedingte) Beweiskraft zubilligte liegt darin keine Fehlbeurteilung.

5.           Der unter Hinweis auf ein beim EuGH anhängiges Verfahren („Kornspitz“) vertretenen Ansicht, es würde genügen, nur den Nachweis der Verkehrsgeltung im Bereich der Zwischenhändler und Verarbeiter zu erbringen und dass dieser Nachweis auch erbracht worden sei, kann nicht beigepflichtet werden. Ob für die Beweisführung tatsächlich auch ein Teil der angesprochenen Kreise ausreicht (vergleiche 4 Ob 10/93), also eine Trennung in Händlerkreise und Verbraucherkreise vorgenommen werden könnte, kann hier dahingestellt bleiben, weil jedenfalls mit den vorgelegten Urkunden auch kein Nachweis erbracht wurde, dass in Händlerkreisen bereits die Verkehrsgeltung des angemeldeten Wortzeichens eingetreten wäre. Die zahlreichen Kundenbestätigungen (Beilagen 4 bis 44) reichen aus dem schon erläuterten Grund (P 3) nicht aus.

6.           Aus den dargelegten Gründen ist die Ansicht der Rechtsmittelabteilung, mit den vorgelegten Urkunden sei der Nachweis, dass die beteiligten Verkehrskreise das angemeldete Zeichen zum Anmeldetag als Unternehmenshinweis im erforderlichen Ausmaß verstanden (dazu 4 Ob 38/06a), nicht erbracht worden, zu bestätigen.

Rechtssätze
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