JudikaturJustizOBm2/13

OBm2/13 – OPMS Entscheidung

Entscheidung
24. Oktober 2013

Kopf

Der Oberste Patent- und Markensenat hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Brigitte SCHENK, die Räte des Obersten Patent- und Markensenates Mag. Wolfang BONT, Dr. Manfred VOGEL, Dr. Friedrich JENSIK als rechtskundige Mitglieder und den Rat des Obersten Patent- und Markensenates Dipl.-Ing. Ferdinand KOSKARTI als fachtechnisches Mitglied in der Markenrechtssache der Antragstellerin Firma   N *****  ( a l s o   t *****  Co . , L t d . ) ,  ***** Japan, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH, Tuchlauben 17, 1014 Wien, wegen Eintragung der Wortmarke PRIMERA, über die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Entscheidung der Rechtsmittelabteilung des Österreichischen Patentamtes vom 10. Jänner 2012, Zl Bm 19/2010-1, womit die Beschwerde der Antragstellerin gegen den abweisenden Beschluss der Rechtsabteilung Österreichische Marken des Österreichischen Patentamtes vom 22. Februar 2010, AM 7150/2008-4, auf Eintragung der am 3. Februar 2005 zu AM 7150/2008 angemeldete Wortmarke PRIMERA abgewiesen und der angefochtene Beschluss bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass dem zu Nummer AM 7150/2008 eingebrachten Antrag, die Wortmarke PRIMERA für Automobile, Güterwagen, Lastkraftwagen, Lieferwagen, Gabelstapler, Zugmaschinen (Traktoren) und andere Nutzfahrzeuge sowie deren Bauteile, alle soweit sie in Klasse 12 enthalten sind, in das Markenregister einzutragen, ohne die Voraussetzungen des § 4 Abs 2 MSchG stattgegeben wird.

Die Beschwerdegebühr gemäß § 28 Abs 1 Z 1 und Z 4 Patentamtsgebührengesetz ist der Anmelderin zurückzuerstatten.

Text

G r ü n d e :

N***** (auch N***** Co., Ltd., in der Folge: Anmelderin) beantragte beim Österreichischen Patentamt mit Anmeldung AM 7150/2008 die Registrierung der beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt am 3. Februar 2005 unter der CTM-Nummer 4 271 821 angemeldeten Marke PRIMERA als österreichische Wortmarke für folgende Waren und Dienstleistungen der Klasse 12: Automobile, Güterwagen, Lastkraftwagen, Lieferwagen, Gabelstapler, Zugmaschinen (Traktoren) und andere Nutzfahrzeuge sowie deren Bauteile, alle soweit sie in Klasse 12 enthalten sind.

Die Rechtsabteilung Österreichische Marken stellte mit amtlichen Mitteilungen vom 12. Mai 2009 und vom 20. November 2009 die Abweisung des Antrags gemäß § 4 Abs 1 Z 3 MSchG wegen fehlender Unterscheidungskraft in Aussicht. Das angemeldete Zeichen entspreche dem spanischen Wort für "erste(r,-s), erstklassik, zuerst", weshalb es die beteiligten Verkehrskreise im Zusammenhang mit den so bezeichneten Waren und Dienstleistungen lediglich als allgemeinen werbemäßigen Hinweis auf die Qualität der so bezeichneten Waren in Hinblick auf Design, Technik, Sicherheit, Komfort uä und nicht als individualisierenden Unternehmenshinweis auffassten. Das Zeichen sei deshalb wegen fehlender Unterscheidungskraft von der Registrierung als Marke ausgeschlossen, sofern nicht der Nachweis der österreichischen Verkehrsgeltung erbracht werde.

Die Anmelderin äußerte sich jeweils zu den von der Rechtsabteilung aufgeworfenen Bedenken und hielt ihre Anmeldung aufrecht; einen Nachweis zum Vorliegen der Verkehrsgeltung legte sie nicht vor.

Die Rechtsabteilung Österreichische Marken wies mit Beschluss vom 22. Februar 2010 den Antrag, die Wortmarke PRIMERA in das Markenregister einzutragen, ab.

Die Rechtsmittelabteilung des Österreichischen Patentamtes wies die Beschwerde der Anmelderin mit Beschluss vom 10. Jänner 2012 ab. Das angemeldete Zeichen bestehe aus dem für die beteiligten Verkehrskreise allgemein verständlichen spanischen Wort PRIMERA, das diese im Sinne von „erstklassig“ verstünden, zumal das denselben Wortstamm beinhaltende spanische Wort „prima“ mit dessen Bedeutung Eingang in die deutsche Sprache gefunden habe. Es liege nahe, dass die Verkehrskreise den werbenden Aussagegehalt des Wortes ohne Weiteres erfassten. Werbend anpreisende Ausdrücke seien jedoch nicht unterscheidungskräftig und nicht geeignet, von den Konsumenten für Waren oder Dienstleistungen irgendeiner Kategorie als betrieblichen Herkunftshinweis erkannt zu werden. Der Sinngehalt fremdsprachiger Wörter sei bei ausreichender Kenntnis im Inland maßgebend. Nach der Lebenserfahrung sei einem erheblichen Teil der beteiligten Verkehrskreise die deutsche Bedeutung des spanischen Worters „primera“ bekannt; Spanisch zähle zu den Weltsprachen, werde im Inland unterrichtet und sei Inländern infolge Urlaubsreisen in seinem Grundvokabular geläufig. Mangels originärer Unterscheidungskraft in Bezug auf die beanspruchten Waren komme eine Eintragung des angemeldeten Zeichens nur mit Verkehrsgeltungsnachweis in Frage. Einen solchen habe die Anmelderin nicht erbracht: Die von ihr vorgelegten Werbematerialien und Inhalte von Internetplattformen ließen keine Rückschlüsse auf die österreichischen Verkehrskreise zu; auch seien die vorgelegten Verkaufszahlen mangels Herkunftsnachweises, regionaler Aufteilung und des geringen Marktanteiles von Nissan nicht für den Nachweis der österreichischen Verkehrsgeltung geeignet.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde der Anmelderin ist berechtigt.

Nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben.

Unterscheidungskräftig ist eine Marke, wenn sie unmittelbar als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden kann, so dass die maßgeblichen Verkehrskreise die Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers ohne Verwechslungsgefahr von denen anderer betrieblicher Herkunft unterscheiden können (EuGH

Rs T-471/07 - Wella AG/HABM Randnummer 15 mwN; EuGH Rs C-398/08 - Audi). Fehlt die Unterscheidungskraft, kann das Zeichen die Hauptfunktion der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis nicht erfüllen. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen; jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (OPM OBm 1/13 – Malzmeister mwN).

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes gelten Zeichen als beschreibend, wenn sie für die beteiligten Verkehrskreise eine unmittelbare und ohne weiteres erkennbare Aussage über die Art, Natur, Beschaffenheit oder ähnliches der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen enthalten, das heißt sie müssen sofort und ohne weiteres Nachdenken einen konkreten und direkten Bezug zwischen dem fraglichen Zeichen und den von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen herstellen können (EuGH C-326/01 - Universaltelefonbuch , Randnummer 33 mwN).

Enthält das Zeichen demgegenüber nur Andeutungen, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht bloß beschreibend und daher auch ohne Verkehrsgeltung registrierbar (RIS-Justiz RS0109431[T3]; OPM OBm 1/12 – Die grüne Linie). Bloße Andeutungen stehen einer Eintragung daher in der Regel nicht entgegen, so lange sie nur in phantasiehafter Weise auf bestimmte Eigenschaften hinweisen, ohne sie in sprach- oder verkehrsüblicher Form unmittelbar zu bezeichnen. Stellt ein Zeichen nur einen Zusammenhang mit einem allgemeinen Begriff her, ohne etwas Bestimmtes über Herstellung oder Beschaffenheit der Ware oder Dienstleistung auszusagen, liegt keine beschreibende Angabe vor (17 Ob 33/08i - happykauf mwN; OPM OBm 3/12 – Lounge.at).

Ob einer Fremdsprache entnommene Begriffe Kennzeichnungskraft besitzen, hängt davon ab, ob ihre Kenntnis im Inland im Prioritätszeitpunkt so weit verbreitet war, dass erhebliche Teile des angesprochenen inländischen Verkehrs einen die Identifizierungsfunktion (Kennzeichnungsfunktion) ausschließenden Sinngehalt erkennen konnten (17 Ob 27/08g – carpe diem; OPM OBm 3/11 – ATELIER PRIVE mwN).

Auf dieser Grundlage ist dem angemeldeten Zeichen Unterscheidungskraft für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen nicht abzusprechen.

Maßgeblich für die Frage, wie ein Kennzeichen aufgefasst wird, ist das Verständnis eines angemessen gut unterrichteten und angemessen aufmerksamen und kritischen Mitglieds der angesprochenen Verkehrskreise (vergleiche RIS-Justiz RS0114366 [T5]). Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen kann nicht unterstellt werden, dass überwiegende Teile der angesprochenen Verbraucherkreise in Österreich die Bedeutung des spanischen Wortes „primera“ kennen; blosse Assoziationen der Verkehrskreise mit einer romanischen Sprache (etwa mit dem Wortstamm „prima“) reichen nicht aus, dem breiten Publikum einen bestimmten eindeutigen Wortsinn zu erschließen. Davon abgesehen ist der allgemeine Begriff „erstklassig“ auch keine konkrete aussagekräftige Beschreibung der damit bezeichneten Waren.

Ist die angemeldete Marke demnach nicht geeignet, beim beteiligten Durchschnittsverbraucher mehrheitlich eindeutige Vorstellungen über Art oder Eigenschaft der der damit bezeichneten Waren hervorzurufen, besitzt sie Unterscheidungskraft (ähnlich zur Beschaffenheitsangabe bei einem italienischen Wort: 4 Ob 66/02p – cornetto). Damit liegen keine Eintragungshindernisse gemäß § 4 Abs 1 Z 3 MSchG vor; die Marke ist schutzfähig.

Der Beschwerde ist Folge zu geben und die Eintragung des angemeldeten Zeichens auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs 2 MSchG anzuordnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 28 Abs 3 PAG. Die Beschwerdegebühr gemäß § 28 Abs 1 Z 1 und Z 4 PAG ist dem Anmelder zurückzuerstatten, weil die Beschwerde Erfolg hatte und das Verfahren ohne Gegenpartei durchgeführt worden ist.

Rechtssätze
0

Keine verknüpften Rechtssätze zu diesem Paragrafen