JudikaturJustizOBm2/11

OBm2/11 – OPMS Entscheidung

Entscheidung
29. Juni 2011

Kopf

Der Oberste Patent- und Markensenat hat durch die Präsidentin des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Irmgard GRISS, die Räte des Obersten Patent- und Markensenates Mag. Carmen LOIBNER-PERGER, Dr. Manfred VOGEL und Dr. Friedrich JENSIK als rechtskundige Mitglieder und den Rat des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Erich TENGLER als fachtechnisches Mitglied in der Markenrechtssache der Antragstellerin Firma   S ***** g e s e l l s c h a f t  m b H ,***** vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. Anton CUBER, Grieskai 46, 8020 Graz, wegen Eintragung der Wortmarke TECHNOLOGY.AT, über die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Entscheidung der Rechtsmittelabteilung des Österreichischen Patentamtes vom 19. Oktober 2010, GZ Bm 13/2009-2, womit der Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung Österreichische Marken vom 15. Jänner 2009 teilweise Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass dem zu Nummer AM 4393/2003 eingebrachten Antrag, die Wortmarke „TECHNOLOGY.AT“ in das Markenregister einzutragen, auch für die beantragten Dienstleistungen der Klassen 35, 36 und 45 stattgegeben wird.

Text

G r ü n d e :

Die S*****gesellschaft mbH (in der Folge: Beschwerdeführerin) beantragte beim Patentamt mit Anmeldung AM 4393/2003 vom 8. Juli 2003 die Registrierung des Zeichens TECHNOLOGY.AT als österreichische Wortmarke für folgende Waren und Dienstleistungen:

Klasse 9:

Wissenschaftliche, Schifffahrt-, Vermessungs-, fotografische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Feuerlöschgeräte;

Klasse 16:

Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Fotografien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlereibedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit es nicht in anderen Klassen enthalten ist; Drucklettern; Druckstöcke;

Klasse 28:

Spielkarten

Klasse 35:

Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen; betriebswirtschaftliche Beratung; Beratung in Fragen der Geschäftsführung; Organisationsberatung; Beratung in Geschäftsangelegenheiten; Personalmanagementberatung; Beratungsdienste in Fragen der Geschäftsführung;

Klasse 36:

Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen; finanzielle Beratung; Versicherungsberatung;

Klasse 37:

Bauwesen; Reparaturwesen; Installationsarbeiten

Klasse 38:

Telekommunikation

Klasse 41:

Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten;

Klasse 42:

Computerberatungsdienste

Klasse 45:

Beratung in Fragen gewerblicher Schutzrechte

Die Rechtsabteilung Österreichische Marken stellte mit amtlicher Mitteilung vom 26. September 2007 die teilweise Abweisung des Antrags gemäß § 4 Abs 1 Z 3 MSchG wegen fehlender Unterscheidungskraft mit der Begründung in Aussicht, der Begriff „Technologie“ fasse alle Verfahren zur Produktion und Distribution von Waren und Dienstleistungen zusammen. Es sei üblich, Produkte oder Abläufe unter dem Schlagwort einer besonderen Technologie anzupreisen. Die beteiligten Verkehrskreise verstünden daher das Zeichen TECHNOLOGY nur als werblich-informativen Hinweis darauf, dass die so bezeichneten Waren und Dienstleistungen im Rahmen einer besonderen Technologie angeboten würden. Dieses Bedenken betreffe insbesondere die Klassen 9, 37, 38 und 42 als technologische Kernbereiche, aber auch unterstützende Waren und Dienstleistungen wie jene der Klassen 16, 35 und 41.

Mit Beschluss vom 15. Jänner 2009 wies die Rechtsabteilung Österreichische Marken unter Bezugnahme auf § 4 Abs 1 Z 3 MSchG den Antrag auf Eintragung der Wortmarke TECHNOLOGY.AT ins Markenregister teilweise, nämlich für alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen, ausgenommen die Klassen 28 und 41, ab.

Gegen diesen Beschluss erhob die Beschwerdeführerin am 26. März 2009 fristgerecht Beschwerde und beantragte, das Zeichen TECHNOLOGY.AT für alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen als Marke zu registrieren.

Die Rechtsmittelabteilung des Österreichischen Patentamtes gab dieser Beschwerde mit Beschluss vom 19. Oktober 2010 teilweise statt und hob den Beschluss der Rechtsabteilung Österreichische Marken vom 15. Jänner 2009 für folgende Waren der Klasse 16 auf: Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Pinsel, Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); für alle übrigen Waren und Dienstleistungen wurde die Beschwerde abgewiesen und die Rechtssache zur Fortsetzung des Verfahrens an die Rechtsabteilung Österreichische Marken zurückverwiesen. Dienstleistungen in den Klassen 35 bis 38, 42 und 45 erfolgten unter Einsatz einer besonderen Technik, weshalb das Publikum im Zeichenbestandteil TECHNOLOGY keinen Unternehmenshinweis erkenne. Der Zeichenbestandteil „.AT“ erwecke die Vorstellung, dass die betreffenden Waren und Dienstleistungen über das Internet abgefragt oder erworben werden könnten. Beiden Wortbestandteilen fehle damit im angeführten Umfang die Unterscheidungskraft. Das Kennzeichen als Kombination gängiger oder technischer Begriffe sei daher im abgewiesenen Umfang nicht eintragungsfähig. Anderes gelte nur für die näher angeführten Waren in Klasse 16, weil das Zeichenelement TECHNOLOGY insoweit keinen naheliegenden Bezug zur Technik aufweise und somit geeignet sei, als Herkunftshinweis angesehen zu werden.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Beschwerdeführerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass dem Antrag auf Eintragung der Wortmarke TECHNOLOGY.AT in das Markenregister auch für die Klassen 35, 36 und 45 stattgegeben werde.

Die Beschwerde ist berechtigt.

Die Beschwerdeführerin macht geltend, es sei - folge man der Argumentation der Rechtsmittelabteilung des Österreichischen Patentamtes - nicht nachvollziehbar, warum das Zeichen TECHNOLOGY.AT nicht auch für Dienstleistungen der Klassen 35, 36 und 45 als Marke eingetragen worden sei. Alle diese Klassen enthielten in unterschiedlicher Ausprägung die Dienstleistung „Beratung“, worunter man umgangssprachlich ein strukturiertes Gespräch, eine korrespondierende Kommunikationsform oder auch eine praktische Anleitung verstehe, die zum Ziel habe, eine Aufgabe oder ein Problem zu lösen. Die Dienstleistung der Beratung werde im Wesentlichen durch geistigen Einsatz und direkten Kontakt zum Beratenen erbracht, ohne dass weitere Mittel, etwa der Einsatz einer besonderen Technologie, erforderlich wären. Daher verweise der Zeichenbestandteil TECHNOLOGY nicht unmittelbar auf die in den genannten Klassen angeführten Dienstleistungen und sei geeignet, vom Publikum als Herkunftshinweis verstanden zu werden. Daraus folge Unterscheidungskraft und Schutzfähigkeit dieses Zeichenbestandteils und der gesamten Wortmarke auch für die von der Beschwerde betroffenen Klassen.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Patent- und Markensenat hat erwogen:

Eine Marke ist unterscheidungskräftig im Sinne des § 4 Abs 1 Z 3 MSchG, wenn sie geeignet ist, die Ware oder Dienstleistung, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Ware oder Dienstleistung somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Nur unter dieser Bedingung kann eine Marke ihre Hauptfunktion als betrieblicher Herkunftshinweis erfüllen (EuGH Rs C 108/97 – Chiemsee Rn 46; 4 Ob 38/06a – Shopping City; OBm 2/10).

Ob ein Zeichen Unterscheidungskraft besitzt, hängt bei Begriffen, die einer Fremdsprache entnommen sind, davon ab, ob ihre Kenntnis im Inland im Prioritätszeitpunkt so weit verbreitet war, dass der inländische Verkehr einen die Identifizierungsfunktion ausschließenden Sinngehalt erkennen konnte (4 Ob 10/03d mwN).

Von der Registrierung ausgeschlossen sind insbesondere Zeichen, die deshalb keine Unterscheidungskraft haben, weil sie die beteiligten Verkehrskreise zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen als beschreibenden Hinweis auf die Art der Tätigkeit des betreffenden Unternehmens verstehen können (§ 4 Abs 1 Z 4 MSchG; vergleiche RIS-Justiz RS0109431). Dies ist der Fall, wenn der im Wort enthaltene Hinweis auf die Herstellung, die Beschaffenheit oder die Bestimmung der Ware oder Dienstleistung innerhalb der beteiligten Verkehrskreise allgemein und ohne besondere Denkarbeit erfasst werden kann (17 Ob 4/08z - intima mwN; RIS-Justiz RS0066456). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind Marken beschreibend, wenn sie für die beteiligten Verkehrskreise eine unmittelbare und ohne weiteres erkennbare Aussage über die Art, Natur, Beschaffenheit uä der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen enthalten (EuGH Rs 326/01 - Universaltelefonbuch Rn 33 mwN).

Unter Anwendung dieser Grundsätze ist der Beschwerdeführerin zuzustimmen, dass das Kennzeichen TECHNOLOGY.AT auch für Dienstleistungen der Klassen 35, 36 und 45 unterscheidungskräftig ist. Bei diesen handelt es sich im Kern um Beratungsdienste in unterschiedlichem Ausmaß, die keinen Einsatz besonderer Verfahrenstechniken (Technologie) erfordern. Das Publikum, dem der englischsprachige Begriff „Technology“ in seiner Bedeutung als Methode, Technik bzw Verfahrenstechnik bekannt ist, wird dieses Zeichen daher auch nicht mit Beratungsdienstleistungen im weiteren Sinn gedanklich in Verbindung bringen. Enthält demnach der Zeichenbestandteil TECHNOLOGY keine Aussage über die Natur, Art oder Beschaffenheit der damit gekennzeichneten Dienstleistungen, besitzt er insoweit Unterscheidungskraft; dies gilt dann umso mehr auch für das als Marke angemeldete Kennzeichen TECHNOLOGY.AT in seiner Gesamtheit.

Der Beschwerde war Folge zu geben.

Rechtssätze
0

Keine verknüpften Rechtssätze zu diesem Paragrafen